Reisetipps Russland

 

Tourismus in Russland

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich ein gigantischer Raum zwischen Europa und Zentralasien ergeben, der sich zu bereisen lohnt. Lohnen tat es sich schon früher, aber in der Vor-Gorbatschow Ära waren die Möglichkeiten selbst für uns Ostdeutsche limitiert. Obwohl nach der Öffnung des Landes einige Restriktionen fielen, ist vor allem eine Reise hinter den Ural und abseits der Haupttouristenattraktionen immer noch eine Reise in den Postsozialismus, wo sowjetische Mentalität, Phlegmatismus und Alkoholismus den Alltag prägen. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen ist eine Reise nach Russland für viele Globetrotter eine Option.

In den Hochburgen des Tourismus, vielleicht abgesehen von Moskau und St. Petersburg darf man nicht hinter die Kulissen gucken, denn schon hinter der neu-gestalteten Fassaden fängt es an zu bröckeln und in den Nebenstraßen hat sich seit 20 Jahren nichts verändert und in den 20 Jahren davor nur sehr wenig- „Potemkinsche Dörfer“ nannte man so etwas früher, heute betrifft es ein ganze Land.

Neben den historischen Sehenswürdigkeiten gibt es jedoch immer noch genügen Gründe, das Land zu bereisen und das sind natürlich seine grandiosen Landschaften vom Ural über den Baikal bis nach Kamtschatka, Regionen in denen sich Natur noch in seiner ureigensten Form genießen lässt. Und natürlich auch der Nostalgie wegen, kaum in einem anderen Land (außer vielleicht in Nordkorea) kann man die Reste des Personenkults um Lenin bewundern und ab und zu trifft man auch noch auf den Generalissimus Stalin.

Von touristischen Strukturen lässt sich eigentlich nur im europäischen Teil Russlands sprechen und auch hier nur auf den Strecken, welche von den üblichen Rundreisen abgedeckt werden, also Moskau, Novgorod, Pskow, St. Peterburg, jeweils einen Schritt weiter beginnt schon das Abenteuer mit schlechten und überteuerten Hotels und Herbergen, katastrophaler Infrastrukturn und nicht gerade optimaler Restaurantstruktur.

Und genau da sind auch die Probleme mit denen sich der Reiseradler herum zu schlagen hat.

Radfahren in Russland

Wer im europäischen Teil Russlands noch mit guten Straßen rechnet, der hat sich gründlich verschätzt. Gerade hier sieht es katastrophal aus. Der Verkehr kann mitunter sehr dicht sein, die Straßen sind schmal und mitunter löchrige Rumpelpisten und schlimmer, desweiteren sind russische Trucks Radfahrer nicht gewöhnt. Alternativen zu den Hauptrouten sind selten und können sehr schnell auf einer nicht asphaltierten Piste und etwas weiter im Nichts enden.

Trotz zahlreicher Warnungen war es kein größeres Problem in Moskau zu radeln, die Einfahrt in die Stadt war auf der Autobahn kein zu großes Problem, ca. 120 km vor Moskau wurde diese richtig gut zu fahren. In Moskau gibt es straffen und dichten Verkehr, aber wer es gewohnt ist, sich in Berlin durchzusetzen, der schafft es auch in Moskau; gerade in einer kleinen Gruppe, kann man sich in einem kleinen Block formieren und kommt gut durch. Kurz gesagt, russische Großstädte sind kein Vergnügen und es ist gefählich, aber das Risiko ist kalkulierbar und mit einer Extraportion Vorsicht kommt man auch ins Zentrum und wieder heraus. Gleiches gilt für alle großen Städte, lediglich die Qualität der Straßen ist unterschiedlich.

Die besten Straßen befinden sich zwischen Moskau und dem Ural, da hier die Industriezentren des Landes liegen, hinter dem Ural gibt es dann nicht mehr all zu viel Auswahl an Routen, die Hauptstrecke zum Baikal hat seit der Eröffnung der Strecke durch den Zaren auch schon asphaltierte Abschnitte, Spaß beiseite, die Strecke ist vornehmlich ordentlich zu befahren bei wechselhaft straffem Verkehr, ca. 200 km waren 2011  immer noch eine staubige und holprige Dreckspiste, auf der Hälfte der Strecke wird allerdings gearbeitet und so kann man bis Mitte des Jahrhunderts parrallel zur Fertigstellung von BER mit einem Abschluss der Arbeiten zu rechnen; bis dahin dürfte aber der Verfall auf anderen Abschnitten schon wieder voran geschritten sein.

Die Kartensituation für Russland ist dem Straßenzustand angemessen, es gibt nur Überblickskarten ohne kyrillische Umschrift. Für den europäischen Teil Russlands findet man in gut sortierten Kartenl��den noch einen Straßenatlanten (1: 750.000), diesen gibt es auch fürs gesamte Land, allerdings nur mit einem Maßstab von 1: 1.500.000). Man könnte dann auf im Internet verteilte russische Militärkarten umsteigen, die sind dann eben wieder zu detailliert und alle mindestens 20 Jahre alt. Ein Vorteil/Nachteil der russischen Straßenkarten ist, dass sie durchweg in kyrillischen Alphabet gehalten sind, so wie die Straßenschilder im gesamten Land auch.

Russische GPS Kartensind im europäischen Teil hinreichend gut und nach Osten hin zunehmend schlechter werden, außerdem ist vorher die Kompatiblität wegen der kyrillischen Zeichen zu klären.

Aber hier bin ich auch nicht mehr auf dem neuesten Stand, zb. was die frage angeht, wie gut „Maps me“ in Russland ist.

Es gibt zum Mitbringen des Rades in Russland kaum eine Alternative, in Moskau und St. Peterburg finden sich auch passable Radläden mit ausschließlich teurem Material, ansonsten gibt es kaum eine Möglichkeiten, sich irgendwo im Land mit Ersatzteilen zu versorgen oder eine professionelle Reparatur machen zu lassen. Im Ernstfall sollte man mit einem lokalen Sportklub/Radklub Kontakt aufnehmen, die haben dann auch Kontakte zu fähigen Monteuren und begnadeten Bastlern.

An-und Abreise/ Flüge

Für Flüge nach Russland und im Land wird man kaum um Aeroflot oder Russian Ailines herumkommen, hier paart sich dann lausiger Service mit Unfreundlichkeit des Personals. Fahrradmitnahme ist gegen Aufpreis und Voranmeldung möglich. Auf internationalen Strecken darf nur ein Gepäckstück eingecheckt werden, das Essen ist lausig, es gibt unterwegs keinerlei Alkohol zu trinken und die gezeigte Filmunterhaltung bietet drittklassige Filme aus den 80er und 90er Jahren.

Im Internet gibt es dazu eine Reihe von Buchungsportalen, die äußerst günstige Flüge nachRussland vermitteln, wichtig ist es hierbei, nicht nur auf die Flugpreise, sondern auch auf die Flugzeiten zu achten, um nicht stundenlang in Moskau hängen zu bleiben.

Natürlich ist die Anreise aus den Nachbarländern auch mit dem Fahrrad möglich. Mit einem gültigen Visum stellt dies auch kein Problem dar, ebenso wie die Ausreise aus Russland, mit der Ausnahme von Georgien, zu dem Russland keine Beziehungen mehr unterhält und aus diesem Grunde sind auch alle Grenzübergänge geschlossen worden.

Visa

Die Politik der Visaerteilung für Russland ist sehr restriktiv, man muss grundsätzlich eine Auslandskrankenversicherung und Flugbuchung vorlegen, mitunter auch Hotelreservierungen, bei Aufenthalten, die drei Wochen überschreiten ist eine Einladung notwendig. In den Botschaften und Konsulaten wartet schon eine lange Reihe ungeduldiger Antragsteller und die Gebühren sind recht hoch. Dies ist eine diplomatische Geste auf die Bedingungen, die russische Bürger vorfinden, wenn sie bei einem deutschen Konsulat oder der Botschaft zur Erlangung eines Visums für Deutschland vorsprechen.

Deshalb sollte man sich zur Beschaffung eines russischen Visums an ein auf Russland spezialisiertes Reisebüro wenden, diese haben Beziehungen zur Botschaft und besorgen auch die notwendigen Einladungen zur Visabeschaffung bis hin zu dreimonatigen Businessvisa.

Bei einer Russalndreise hat man die Pflicht sich bei den örtlichen Behörden registrieren zu lassen, vor allem, wenn man sich länger als drei Tage an einem Ort aufhält. Diese Anmeldepflicht übernehmen die Hotels, natürlich gegen einen Aufpreis, für den Reisenden sehr gern, die bei der Abreise ausgehändigten Papiere müssen mitgeführt und im nächsten Hotel wieder vorgelegt werden, bei längeren Reisen sammelt sich ein beachtlicher Berg an „Registrationen“ an.

Kleinere private Herbergen verzichten schon ganz gerne Mal auf den Papierkram, welche Konsequenzen dies haben kann ist unklar, bei der Ausreise wurden die Registrationen (bisher) von mir nicht gefordert.

Beste Reisezeit/ Wetter und Klima

Im gesamten Land herrscht Kontinentalklima, das heißt warme und mitunter heiße Sommer und bitterkalte Winter. Niederschläge sind nicht zu häufig und recht gleichmäßig übers Jahr verteilt.

Spätes Frühjahr und Herbst sind daher die besten Reisezeiten. Im Winter sollte man schon eine diche Speckschicht mitbringen, es herrschen Temperaturen von weniger als -20 Grad, hinter dem Ural geht es noch sehr sehr weit drunter.

Viel Spaß werden dem Reisenden die Mücken bereiten, die gibt es landesweit in großen Mengen, gängige Chemikalien halten die halbe Nacht vor. Auch wenn Wissdenschaftler verbreiten, dass Mücken nur zur Zeit des Sonnenauf und Untergangs stechen, so scheint diese Erkenntnis noch nicht bis hinter den Ural vorgedrungen zu sein. Bei Ausflügen durch hohe Gras oder hinter ein Gebüsch wird man den ganzen Tag blutrünstig umschwärmt. Noch interessanter für den Radfahrer ist das weite Vorkommen von Bremsen in Form von Rinderbremsen, Pferdebremsen und gemeinen Viehbremsen, welche sich dem Radfahrer in großen Schwärmen anschließen und die auch durch Geschwindigkeitswechsel nicht abzuschütteln sind. Sie lieben vor allem hektische Bewegungen und Schweiß und die Chemokeule hilft, wenn überhaupt, dann nur eine halbe Stunde vor.

Hotels und Übernachtungen

Auch bei Hotels und Übernachtungen erwartet uns ein breites Spektrum an bösen Überraschungen. Vor allem wichtig ist es, dass Preis und Leistung meist in keinerlei Verhältnis zueinander stehen. In Moskau und St. Petersburg wird man auch nur in der Nähe des Zentrums eine Übernachtung von unter 80 €/Person finden und auch dabei kann man Glück oder Pech mit der Größe und Qualität des Zimmers haben.

In anderen Großstädten schwankt die Qualität der Zimmer sehr stark. In den meisten Hotels findet man teuere Etagen mit renoviertren Zimmern, ein wenig preiswerter ist es dann ein paar Stockwerke nach unten, sowjetische Ausstattung mit den dazugehörigen Mängeln.

In Kleinstädten weitab vom Schuss ist es manchmal schwierig überhaupt ein Zimmer zu finden, da das Hotel einfach die Zimmer als Bureauräume vermietet hat. Je weiter man in die Provinz kommt, desto abenteuerlicher werden die „Löcher“. Schlampiger Service, Warmwasserausfall, Internetausfall, durchgelegen Betten, Discothek im Hause sind die Standardprobleme.

Ein Silberstreif am Horizont sind in den Touristenhochburgen aufkommende Minihotels für Backpacker, diese jedoch zu finden ist ein mittelgroßes Problem, meist kann die neue LP Ausgabe helfen.

Auf dem Weg durch Sibirien befinden sich aller ca. 50 bis 80 km irgendwelche Truckstops mit unterschiedlicher Skala nach unten. Einige neue Stationen haben den spröden Charme einer Jugenherberge, also einfaches Bett, Gemeinschaftsdusche und recht sauber. Andere sprerren den Übernachtungswilligen in einen fensterlosen Raum mit 2 Jugendzimmerdoppelstockbetten mit einer gefühlten Temperatur von 35 Grad; Übernachtungspreis immer noch stattliche 20 €/Person.

In touristischen Gebieten kann man sich eine ganze Datscha mit Sauna anmieten, das ist aber meist noch teuerer als ein Hotel, denn hier vergnügen sich gern die russischen Neureichen mit blonden, hochhackigen und dickbrüstigen Gespielinnen.

Weiteab der Städte bleibt dann noch die Möglichkeit zu zelten, Zeltplätze gibt es nicht, aber man findet überall einen Feldweg, der einen zu einer idyllischen (mückenversuchten) Wiese führt.

Sprachen in Russland

Die Amtssprache im ganzen Land ist Russisch, in verschiedenen Regionen mit Minoritäten werden auch andere Sprachen, wie z.B. Burjatisch und Tatarisch gesprochen, aber mit Russisch kommt man durchs ganze Land. Ohne Russisch sieht es außerhalb der Touristenzentren sehr schlecht aus, auch in Hotels ist man meist nicht in der Lage eine andere Sprache zu sprechen. Dafür kann einem aber im letzten Dorf der Bauer Aljoscha über den Weg laufen, der in Wühnsdorf , Boitzenburg oder Oranienburg drei Jahre mit der Sowjetarmmee stationiert war. Ebenso trifft man mitunter auch auf Studenten mit ein paar Auslandssemestern in den Staaten und wirklich mehr als brilliantem Englisch, aber das ist die absolute Ausnahme. In dieser Hinsicht bin ich glücklich, im Ostteil Deutschlands geboren worden zu sein und den Sprachunterricht damals nicht zu sehr gehasst zu haben. Gerade auf dem Land in kleineren Hotels oder Läden haben die Angestellten mitunter auch nicht das geringste Interesse an Kommunikation, aber wie immer gilt auch in Russland, mit ein paar Grundfloskeln und einem herzlichen Lächeln öffnet man viele Tore.

Essen und Verpflegung

Für Essen und Verpflegung in Russland sind fast europäische Preise zu kalkulieren, in den Großstädten gibt es ein recht breites Angebot an Restaurants internationaler Coleuer, es gibt also Chinesen und Pizzerien etc. als auch Restaurants mit nationaler und regionaler Küche.

In Kleinstädten wird es schwierig das eine der beiden ortsansässigen Lokale zu finden, man muss sich durchfragen. An den Landstraßen gibt es in unregelmäßigen Abständen Raststätten mit sättigendem Angebot.

Russische Küche kann recht vielfältig sein. Charakteristisch sind schwere mayonaiselastige Salate, einige recht ordentliche Suppen, gefüllte Teigtaschen und Gerichte mit reichlich Fett und Fleisch. Vegetarier werden es schwer haben im Land. Grillfreunde werden ihre Freude an den landesweit angebotenen Schaliks haben.

Auf den Märkten sollte man unbedingt Räucherfisch und diverse Kaviare probieren.

In Supermärkten und Lebensmittelläden findet man eine recht ordentliche Auswahl an Wurst und Käse und Brot, beeindruckend sind überall die Wodkaregale und sehr praktisch ist, dass Bier in Plastikflaschen verschiedener Gröe bis hin zu 2 Liter Flaschen angeboten wird. Neben Lightbieren gibt es auch Starkbiere mit einem Alkoholgehalt von 8%, danach noch eine 100 Gramm Ration Wodka (sto gramm) und die Mücken stören nicht mehr so sehr, zumal mit Malaria oder Dengue Fieber laut Internetangaben nicht zu rechnen ist.

Geld und Umtausch

Die russische Währung ist der Rubel, welcher in Banken in größeren Städten umgerubelt werden kann. Traveller Schechks sind nicht mehr gern gesehen. Mit dem Tausch von Euro hatten wir im ganzen Land keine Probleme. Für einen Eurobekam man 2011 ca. 40 Rubel, heute (2017) liegt der Kurs bei ca. 60 Rubeln für den Euro.  Das Preisniveau in Russland entspricht fast dem europäischen Niveau, das betrifft Lebensmittel (insbesondere in Restaurants), Übernachtungen und Transporte.

In vielen Hotels werden Kreditkarten akzeptiert, wir hatten allerdings oft Probleme, dass die Kartenleser keine Verbindung herstellen konnten, so dass man immer genügend Cash dabei haben sollte. Theoretisch kann man von Bankautamten auch mit der EC-Karte Geld ziehen, die Abhebesumme ist limitiert, meist sind 10.000 Rubel möglich. Mitunter muss man mehrere Automaten abklappern.

Krankenschutz

Eine Auslandskrankenversicherung ist vorgeschrieben und der Beleg bei der Botschaft zur Visaerteilung vorgelegt werden. In einer großen Stadt kann man sich dann auch ein ordentliches Krankenhaus und damit westlichen Standard leisten, in der Provinz liegt das ehemals fortschrittliche Gesundheitssystem am Boden und es empfielt sich, dort nicht krank zu werden oder auf das wirksamste Heilmittel der russischen Hausmedizin zurück zu greifen: Wodka.

Kriminalität

In einem Land, dass in den letzten Jahren seine sozialen Widersprüche verschärft hat, bildete sich auch eine hohe Kriminalitätsrate heraus. In Kleinstädten wird davon abgeraten, sich nachts auf der Straße allein zu bewegen, wegen herumziehender, randalierender Jugendlicher, Hooligans. Ansonsten gilt es auf der Hut zu sein und die übliche Vorsicht walten zu lassen, eigentlich kommt man als Ausländer nicht mit der organisierten Kriminalität in Verbindung, vorausgesetzt man meidet Drogen und Prostitution.