Archiv: 2012 Transmongolia

34. Tag: Samstag, der 1. September 2012

Samstag, den 1. September 2012

Grünes Land

95 Kilometer von Xianghuangqing nach Shangdu bei leichtem Rückenwind, Wolken, dann Regen und angenehmen 22 Grad, 316 Höhenmeter

Wer China als Umwelt zerstörende Industriemacht mit rauchenden Dreckschleudern kennt, der kann hier in der Inneren Mongolei leicht widerlegt werden. Natürlich gibt es sie auch noch, die Industriemoloche, in denen das Atmen schwer fällt, aber spätestens seit 2008, seit dem Jahr der Olympischen Spiele hat ein Umdenken eingesetzt. das haben wir in den ersten Städten und Städtchen schon gesehen, im Stadtverkehr setzt man auf Elektrokarren und E-Bikes und in einigen Städten sind Motorräder verboten, so dass alle lautlos auf ihren schicken Elektroflitzern durch die Straßen huschen.

Hier im Norden, wo immer der Wind weht, entstehen die größten Windparks der Welt, heute fahren wir fast den ganzen Tag durch „grüne Landschaften“, zum einen hat die Wüste ein Ende und es wechselt Grasland mit Landwirtschaft, zum anderen haben wir heute mehrere große Windkraftanlagen gesehen mit mehreren hundert Windrädern, die sich fleißig im Wind drehten, der uns heute gut anschob und uns gestern kräftig ins Gesicht geblasen hat.

Erstmals brauchen wir heute auch nicht auf ein ordentliches Mittag verzichten, die letzten beiden Tage gab es einfach keine Orte auf der Strecke und so haben wir auf Cupnoodles und Kekse zurückgegriffen, heute gibt es ein kleines Restaurant mit freundlicher Bedienung und einfachen und leckeren Gerichten.

Trotz des einsetzenden Regens sind die letzten 50 Kilometer ein Kinderspiel und nach zwei Stunden sind wir in Shangdou, das Hotel ist leicht schmuddelig, aber es gelingt mir dann doch noch ein saubereres Zimmer aufzutreiben und dann steht einem Mittagsschlaf nichts mehr im Wege, während draußen der Regen ans Fenster klopft.

Martina und Wolfgang hatten trotz des Regens einen Erkundungsspaziergang vorgenommen und ich verlasse mich auf Martinas Restauranttipp. Der erweist sich als Volltreffer, das Lammfleisch mit Zwiebeln war grandios, die Schweinerippchen super zart und der Spinat genial einfach mit Knoblauch und Sojasoße. Während des Essens saß ich fast nackt im Lokal, denn zwei Läden weiter war der Schneider, der währendessen meine Reißverschluss reparierte. Auf dem Rückweg ins Hotel regnet es immer noch. Soll es doch, Hauptsache, morgen ist es wieder etwas besser.

33. Tag: Freitag, der 31. August 2012

Samstag, den 1. September 2012

Immer wieder der Wind

123 Kilometer von Sonnidbanner nach Xinghuangqing, 525 Höhenmeter durch die Grassteppe bei windigen 25 Grad und wenig Sonne

Vom Wind hängt alles ab. Als wir heute Morgen das Hotel verlassen pfeift es wieder heftig aus der falschen Richtung. Manchmal, wenn die Straße einen Knick macht kommen wir nur mit 11 km/h vorwärts.

Wir stoppen noch einmal auf dem kleinen Markt, um ein bisschen Obst für den Tag zu tanken, denn auch heute werden wir unterwegs auf keine einzige Ortschaft stoßen.

Dafür sind wir nicht mehr auf der langweiligen Autobahn, sondern auf einer winzigen Nebenstraße fast ohne Verkehr. Und auch die Landschaft verändert sich, es wird ein wenig grüner und hügeliger. Dazu scheinen wir auch endgültig der Hitze entkommen zu sein, es ist leicht bedeckt und, Dank dem Wind, angenehm kühl.

Da in der Steppe wieder etwas mehr wächst sehen wir auch wieder große Viehherden, vor allem Pferde, Kühe und Schafe, allerdings wohnen die Bauern in weit verstreuten Häusern, Jurten sieht man nicht mehr.

Nach der Hälfte der Strecke macht die Straße einen Knick um 30 Grad und wir drehen in den Wind und nun sieht es ganz anders aus, Wir fliegen die kleinen Hügel und Berge hinauf und hinunter bis am Horizont die ersten Gebäude einer kleinen Stadt auftauchen. Xinghuangqing ist eine reine Retortenstadt, nur neue und moderne Gebäude und die Straße durch den Ort flankiert mit hunderten Lampen. Im ersten Hotel werden wir abgewiesen, Ausländer dürfen nicht beherbergt werden und im zweiten Hotel kommt dann recht schnell die Polizei und zieht sich Passkopien. So liegt der Gedanke nahe, dass der Wohlstand der Stadt aus strategisch wichtiger Quelle kommt, möglicherweise der Rüstungsindustrie.

Das Abendessen ist wieder lecker und wir wandeln noch einmal die Hauptstraße entlang. Auf dem überdimensionierten Platz gibt es eine gigantische Skulptur mit drei Pferden, davor eine riesiger Bildschirm auf dem eine Gala des chinesischen Fernsehens läuft. Niemand interessiert sich dafür. Dafür wurden Lautsprecherboxen aufgestellt und auf der einen Seite wird Tango getanzt und auf der anderen Seite machen 50 Frauen im fortgeschrittenen Alter Popgymnastik. Obwohl wir immer noch in der Wüste sind ist der Platz eingefasst mit Blumen und in ein paar Jahren werden die frisch gepflanzten Bäume an heißen Sommertagen kühlen Schatten spenden.

 

32. Tag: Donnerstag, der 30. August 2012

Samstag, den 1. September 2012

Autobahn durch den Jurassic Park

124 Kilometer von Erlian nach Sonnidbanner, 399 Höhenmeter auf der Autobahn durch die Wüste, 28 Grad bei Sonne und wechselnden Winden

Im Grenzort ist noch viel geplant, denn gerade im Außenviertel wird gebaut wie wild, neue Wohnviertel und Gewerbeanlagen entstehen hier. Dann sind wir wieder in der Wüste, allerdings in der Luxuswüste auf der Autobahn mit wenig Verkehr und chinesischem Flüsterasphalt. Links und rechst ein skurriles Bild, Windräder und Dinosaurier in der weiten Landschaft. Vor ein paar Jahren hat man im rahmen eines Kunstprojektes an die 200 lebensgroße Sauriernachbildungen in die Wüste gesetzt, vor den Hintergrund eines Windparks. Prähistorie und saubere Zukunft in einer Landschaft. Beeindruckt fahren wir durch die Gegend, der Jurassic Park erstreckt sich fast über 10 Kilometer.

Dann sind wir auf einsamer Autobahn mitten in der Wüste, zu sehen gibt es nicht viel und der Wind kreiselt ein wenig, manchmal geht es ganz flott vorwärts, meist aber kämpfen wir mit Kantenwind von schräg vorne. Glücklicherweise ist es nicht mehr so heiß, wie an den Vortagen. Einzige Abwechslung sind ein paar Motorradfahrer, die gerade auf einer Tour durch die Grassteppe der Inneren Mongolei sind und mit uns ein wenig plauschen. Unser Mittag ist recht einfach, wir haben uns gestern eine Thermoskanne besorgt und gießen uns Cupnoodles auf, dazu gibt es Obst und Gurken und Kekse, danach kann es gestärkt weiter gehen.

Gegen 17 Uhr taucht dann unser Zielort auf. Bei der Einfahrt entdecke ich noch einen kleinen Tempel, der um eine alte (aber neu renovierte) Pagode errichtet wird. Im hinteren Gebäude bekommen die Buddhafiguren gerade mit der Sprühpistole die Haare blau gefärbt und im vorderen Tempel läuft eine buddhistische Zeremonie des Nonnenordens.

Abends finden wir ein sehr schönes kleines Lokal mit leckerem Essen, leider sind wir nur zu viert mit dem Fahrer, so dass ich immer nur eine begrenzte Auswahl an Gerichten ordern kann. Es ist immer der Vorteil einer großen Gruppe in China essen zu gehen, weil man dann die Speisekarte einmal hoch und runter bestellen kann.

Ab 21.30 werden im Städtchen die Bürgersteige hoch geklappt und es ist totenstill in der Nacht, fast zu still, um gut schlafen zu können.

 

31. Tag: Mittwoch, der 29. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Formel I an der Grenze

Grenzübertritt von Zamin Ud in der Mongolei nach Erlian ich China, vielleicht 2 km auf dem Rad, Spaziergang in dem Städtchen

Im letzten Jahr war der Grenzübertritt ein Abenteuer der besonderen Art gewesen. Da man die Grenze nicht zu Fußn oder per Rad überqueren darf, muss man ein Fahrzeug anmieten, welches eine Lizens für den Grenzbetrieb besitzt. Das sind einmal vollgestopfte Busse, in die man kein Fahrrad hinein bekommt und zum anderen im Grenzort zugelassene Jeeps russischer oder auch japanischer Bauart. Einen tieferen Sinn besitzt die Regel nur, wenn man sie als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme betrachtet. Die Folge ist, dass die Plätze in den Jeeps einzeln verkauft werden und wegen der großen Zahl an Grenzgängern pro Tag ein großer Andrang entdsteht und jeder Jeepfahrer will natürlich effizent arbeiten und so schnell wie möglich durchkommen.

Im letzten Jahr hatten wir daher ein absolutes Verkehrs und Drängelchaos wahrnehmen können, mit Jeeps, dicht an dich gedrängt, die gnadenlos um die nächste Lücke und die nächsten 10 cm vorwärts kämpften.

Aufgrund dieser Erfahrung brachen wir heute gleich um 6.30 Uhr auf, luden die Räder auf den Jeep und erwarteten nun, in Richtung Grenze zu fahren. Doch es ging erst einmal in die falsche Richtung, auf eine Art verdreckten Parkplatz, wo sich unser Jeep neben drei anderen aufstellte. In der nächsten halben Stunde erschienen dann immer mehr Jeeps und stellten sich in einer Reihe nebeneinander auf. Genau um 7.20 Uhr rief dann die zum Jeep gehörende Beifahrerin ein Kommando an den Fahrer, der knallte den Gang rein un gab Vollgas, ebenso ging es beoi den anderen Fahrzeugen. Das erste Nadelöhr, den Eingang zum Parkplatz passierten wir noch in der Poolposition, dann auf der Straße in Richtung des ersten Grenzpostens verloren wir ein paar Positionen gegen die japanischen Jeeps, die natürlicvh schneller waren. Dann ging es rechts in die Prärie, dort stand irgendwo ein Grenzsoldat mit ein paar Zetteln in der Hand. Über die Piste jagend, ohne auf teure Stoßdämpfer Rücksicht nehmen zu müssen, kämpfte sich der UAS-Jeep wieder etwas nach vorne, während der Fahrt ergatterte der Fahrer einen Zettel aus der Hand des Postens und wieder ging es auf die Straße zurück…..nur noch 800 Meter bis zum Tor und vor uns nur wenige Fahrzeuge. Dann kommt die Einfahrt in die Boxengasse, wo überholen nicht mehr möglich ist und die Fahrzeuge kommen zum Stehen. Dicht wird zusammen gerückt, die Fahrzeuge stehen Stoßstange an Stoßstange, ohne einen Millimeter Platz dazwischen. Unser Jeep läuft auf Platz 11 von vielleicht 45 Fahrzeugen im Pulk ein, kein schlechtes Resultat. Und den richtigen Stress, der sich hier in ein paar Stunden abspielt, den haben wir gut umgangen.

Alles andere läuft dann im Vergleich zum letzten Jahr zivilisiert ab, es werden immer mal wieder drei oder vier Fahrzeuge durchgewunken. Zwischendrin üben sich die Fahrer im Ringkampf, auch hier ist unser Fahrer nicht übel und drückt nach einigen Minuten seinen Gegner in den Sand. Danach klopfen sich alle den Staub aus der Jeans und klopfen sich freundschaftlich auf die Schulter. Dann kommt die mongolische Grenze, wir tragen das Gepäck durch Gebäude und werden ohne Probleme ausgestempelt, dann geht es auf die chinesische Seite und wir werden genauso ohne Probleme wieder eingestempelt und haben es damit nach China geschafft!

In Erlian werden wir dann aus dem Jeep geworfen und treffen nach einer halben Stunde auch auf unseren neuen Fahrer, Herrn Zhang und dann geht es erst einmal ins Hotel. Doch dort wollen wir nicht lange verweilen und uns natürlich erst einmal im „neuen“ Land umsehen und staunen.

Kommt man nämlich über die Grenze, dann erwartet einen der Kulturschock. Saubere Straßen, moderne Gebäude, Grünanlagen, ein paar Bäume und keine Löcher auf den Straßen und Gehwegen. Wir wandeln in der Gluthitze durchs Städtchen und staunen und der Rest des Tages ist Schlemmen. Zuerst finden wir ein Cafe mit gutem Kaffee, dann essen wir unser erstes chinesisches mahl zu Mittag: Tofu mit hundertjährigen Eiern, sauer-scharfe Kartoffeln, chinesische Klopfgurke und frittierte Bohnen. Alles mehr als lecker und ich fühle mich fast wie zu Hause.

Während Martina und Wolfgang dann noch weiter durchs Städtchen spazieren, schreibe ich meine Berichte und dann treffen wir uns wieder zum Abendessen, welches wieder genauso lecker ist, die Pfunde, die wir in Russland und der Mongolei verloren haben, werden hier wohl recht bald wiederkommen.

30. Tag: Dienstag, der 28. August 2012

Mittwoch, den 29. August 2012

Bis zur letzten Grenze

38 Kilometer von unserem Camp nach Zamin Du bis zur mongolisch-chinesischen Grenze, alles sandige Piste, 111 Höhenmeter bei sehr sonnigen 32 Grad

Um halb sechs war ich noch einmal vor dem Zelt, um „nach den Pferden zu sehen“, wie es der mongolische Nomade ausdrückt. Die Sterne verblassten schon am Himmel und am Horizont erschien ein goldener Streifen, obwohl es noch eine knappe Stunde bis zum Sonnenaufgang ist. Es ist angenehm kühl und eigentlich verspüre ich Lust, mich sofort aufs Rad zu setzen und in den Sonnenaufgang zu radeln. Doch bis zum Frühstück dauert es noch eine Weile und aus dem Bus, wo es sich der Fahrer bequem gemacht hat, ertönen die Geräusche eines gesunden Schlafes.

Um 8 Uhr als wir dann aufbrechen ist es immer noch angenehm und so stört die üble, versandete Piste nicht zu arg. Auch haben wir einen leichten Wind der immer mal wieder dreht und angenehm erfrischt. Heute haben wir nur noch tiefste Wiese, stellenweise gibt es kaum noch trockenes Gesträuch, von Mensch und Tier ist weit und breit nichts zu sehen. Davon ausgenommen sind dicke, gefährlich anmutende Grillen und die kleinen Echsen, die flink davonjagen, wenn man ihnen zu Nahe kommt.

Als wir uns dann einen sandigen Hügel hinauf gearbeitet haben, erscheinen am Horizont die ersten Umrisse von Gebäuden der Grenzstadt und ein großer Windpark, der sich wohl schon auf der chinesischen Seite befindet. Inzwischen ist es richtig heiß geworden und auch wenn das Ziel schon in Sicht ist, sind immer noch 18 Kilometer zu radeln und diese haben es in sich. Kaum noch ein Stück der Piste ist nicht versandet und sobald man den Lenker ein wenig bewegt, schert das Hinterrad aus und man muss absteigen und aus dem Sandloch schieben, denn anfahren ist ebenfalls nicht möglich.

Die LKW Fahrer sind recht rücksichtsvoll und suchen meist die wind abgewandte Seite, um an uns vorbei zu düsen, inzwischen knallt die Sonne richtig heftig und dann ist es sehr unangenehm, wenn man dazu noch einmal komplett eingestaubt wird.

Am frühen Nachmittag erreichen wir dann den Stadtrand oder besser den Rand der Siedlung und suchen uns ein Lokal im Zentrum für unser letztes mongolisches Mittagessen. Der Nachmittag bleibt dann, um die Klamotten und den Körper zu entstauben, auf der anderen Seite der Grenze geht es zwar weiter durch die Wüste, aber wir rechnen mit chinesischem „Flüsterasphalt“ und nach drei Nächten in der Wüste tut ein wenig Körperpflege gut, damit die Haare wieder kämmbar werden.

Am Abend heißt es dann Abschied nehmen von Mugi, unserer Organisatorin, Köchin und gute Laune Fee von „Mongolei-Reise“. Wir hoffen, dass wir die „Transmongolia“ Tour im nächsten Jahr wieder fahren und beraten sogar noch eine weitere Radtour hier in der Mongolei. Allerdings nicht hier unten im Süden in der Wüste, sondern in den grünen Steppen und Bergen des Nordens bis hin zu alten Hauptstadt des mongolischen Großreiches- Kharakorum.

Auch verabschiedet sich Carola wieder von uns, sie will zurück nach Ulaan Baatar und dort ein Schulprojekt ankurbeln, wir wünschen ihr dabei viel Glück. Unser Abschlussessen gerät viel zu groß, eigentlich hätte nur der dicke Salat gereicht und die Hauptmahlzeit hätten wir auslassen können. Abschließend ziehen wir noch in die Bar, auf ein paar Biere und eine Flasche Wein: Gute fahrt Carola! Tschüß und Danke an Mugi!