Archiv: 2012 Transmongolia

9. Tag: Dienstag, der 7. August 2012

Dienstag, den 7. August 2012

Ewenken, Altgläubige, Kosaken und Burjaten

Stadrundgang und Fahrt ins ethnologische Freilichtmuseum von Ulan Ude mit mit toller Führung bei sonnigen 27 Grad

Eine Stunde länger schlafen hat sich gelohnt, ich fühle mich zum ersten Male auf der Tour richtig ausgeschlafen. zu allem Überfluss funktioniert auch das warme Wasser, also kann ich schnell vor dem Frühstück noch meine Wäsche durchziehen.

Um 10 Uhr treffen wir auf Natascha, eine Sprachwissenschaftlerin aus Ulan Ude, die uns heute durch die Stadt und durchs Freilichtmuseum führen wird.

Natürlich beginnen wir unseren Rundgang wieder am Leninkopf, der mit 7,5 Metern der größte seiner Arte der Welt ist. Zwar wird Lenin heute nicht mehr so viel gelesen oder zitiert, aber sein steinernes Konterfei hat es allein mit seinen Ausmaßen als größte Porträtbüste der Welt ins Guinness Buch der Rekorde geschafft, während das Land aus nachvollziehbaren Gründen den Generalissimus Stalin fast ständig aus der bildhauerischen Kunstgeschichte getilgt hat.

Noch einmal gehen wir dann die Fußgängerzone der 400.000 Einwohnerstadt entlang. Hier befinden sich einige gut erhaltene Häuser aus dem 18. Jahrhundert. Eines, dies beherbergt heute das Stadtmuseum, gehörte einem reichen Händler und der letzte Zar soll während seine Sibirienaufenthaltes hier genächtigt haben.

Einen Ausflug wert ist das Freilichtmuseum, welches sich ein paar Kilometer außerhalb vor den Toren der Stadt befindet. Die großzügige Anlage gibt Einblicke in die Kultur und Traditionen der multikulturellen Einwohner der Region. Die Urbevölkerung, die Ewenken, ein indigenes Volk von Jägern und Rentierzüchtern hat sich seine Sprache und Tradition bis heute bewahrt. Gelebt haben die Ewenken in hüttenartigen Zelten aus Birkenrinde, die Winterzelte wurden noch einmal mit Fellen überzogen. Bis heute Züchten die Ewenken Rentiere und folgen einem halbnomadischen Lebensstil. Sie haben auch als einzige Volksgruppe die Genehmigung eine limitierte Anzahl der geschützten Baikalrobbe zu jagen. Von den Ewenken, diesem naturverbundenen Volk kommt auch der Schamanismus. Die Weißen Schamanen sind für Rituale des Alltagslebens zuständig, während die schwarzen Schamanen die bösen Geister vertrieben. Noch heute gibt es in den ewenkischen Siedlungen und auch unter den Burjaten Schamanen und auch moderne Menschen besuchen die „Geisterjäger“ um sich Rat zu holen.

Obwohl die Burjaten lediglich 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen wurden sie zu den Namensgebern der Republik. Obwohl den Mongolen in Aussehen, Kultur und Tradition sehr ähnlich werden sie schon zu Dschingis Khans Zeiten als eigene Volksgruppe gezählt. Einstmals ein komplett nomadisches Volk wurden die Burjaten schon sehr früh, also im 17. und 18. Jahrhundert sesshaft. Sehr schön dokumentiert das Museum diese Entwicklung. Anfangs lebten die Burjaten ausschließlich in beweglichen Jurten, dann wurden hölzerne „Jurten“ errichtet für die Sommer- oder Winterlager und schließlich gingen die Burjaten komplett zu den Holzhäusern im russischen Stil über.

Die interessanteste Volksgruppe hier sind wohl die Altgläubigen oder Altorthodoxen. Im Jahre 1666 lösten sie sich von der russisch orthodoxen Kirche und bildeten ihre eigene Religionsgemeinschaft. Diese Gruppen bildeten im europäischen Teil jedoch eine Gefahr für den Zaren und seine Regierung, deshalb wurden Teile der Altorthodoxen aus den Regionen des heutigen Polens oder der Ukraine hierher verbannt. Anderen wurde der „freiwillige“ Umzug in die Region nahe gelegt. Mit ihrer entwickelten Ackerbautechnik und ihrem Fleiß konnten sie in Sibirien die Grundlagen für eine Agrarproduktion im europäischen Stil legen. Die Altgläubigen gelten unter den Russen als besonders fleißig, genügsam, gesund und robust. Die Frauen haben zwischen 10 und 20 Kindern zur Welt gebracht, laut bösartigen Witzeleien wegen ihrer Unterhosenfreien Bekleidung unter den Röcken und der gebückten Haltung auf dem Kartoffelfeld; einmal auf dem Kartoffelfeld Unkraut jäten und schon wieder schwanger!

Wichtig für die Region waren auch die Kosaken, Gemeinschaften freier Reiterverbände, die im Dienste des Zaren Anfang des 17. Jahrhunderts Sibirien kolonialisierten und bis zum Pazifischen Ozean vordrangen. Dabei gründeten sie Stützpunkte, aus denen später Siedlungen und heutige Städte hervorgingen…………….

Natascha hat uns viel zu den einzelnen Gruppen erklärt und morgen auf dem Rad sollten wir fit genug sein, burjatische, altorthodoxe und russische Gehöfte voneinander unterscheiden zu können. Bolschoi spassibo, dewuschka!

Auf dem Rückweg in die Stadt brauchen wir dann dringend eine Stärkung und besuchen ein burjatisches Lokal. Die Inhaberin ist Künstlerin und hat eine großartige kleine Ausstellung schweren Silberschmucks burjatischer Frauen. Bis zu 15 kg Schmuck sollen Burjatinnen haben anlegen können. Wir probieren Posui (gefüllte Teigtaschen und einen Brotaufstrich aus Roggenmehl und Sahne, leider gibt es keine Airag (Stutenmilch), das muss also nach bis in die Mongolei warten.

Auch am Abend besuchen wir ein burjatisch-mongolisches Restaurant und lassen uns gut bewirten, allerdings versuchen wir uns noch ein letztes Mal am Baikalfisch und gebackenen Teigtaschen, bevor es morgen dann nach Süden in Richtung der mongolischen Grenze geht.

8. Tag: Montag, der 6. August 2012

Dienstag, den 7. August 2012

In die burjatische Hauptstadt

64 Kilometer von Illinka nach Ulan Ude, nachmittags ein wenig Regen beim Stadtspaziergang bei 22 bis 24 Grad, 300 Höhenmeter

Pünktlich nach dem Frühstück hört es auf zu regnen und wir machen usn auf den Weg in die burjatische Hauptstadt. Es geht leicder nur auf der Haupttrasse entlang und nach dem gestrigen Baltika No.9 und Baltika No.3 strampelt es sich erstaunlich schlecht und auch der kleine Pass mit 200 Höhenmetern strampelt sich nur mit leichter Mühe, dabei müssten wir nach den letzten Tagen ja einiges gewöhnt sein.

Auch wenn es nicht regnet ist alles grau in grau, also radeln wir bias zum Mittag zügig durch und dann taucht auch die Hauptstadt der Republik Burjatien auf. Eine richtige Großstadt ist es mit 400.000 Einwohnern nicht, aber für sibirische Verhältnisse eben doch. Als wir vom Rad steigen fängt es wieder an zu regnen. Was für eine tolle Planung!

Die Hotelzimmer im „Burjatia“ sind nicht schlecht, außer, dass es kein warmes Wasser gibt, das sei in der ganzen Stadt abgestellt, wegen Wartungsarbeiten, für mindestens drei Wochen. Aber genau das kenne ich auch noch aus dem letzten Jahr, wir sind eben in Russland.

Nach einer kurzen Erfrischung pilgern wir ein wenig durch die Straßen der Stadt. Zuerst statten wir dem großen Leninkopf einen Besuch ab, schönere Bilder können wir hoffentlich morgen bei besserem Wetter produzieren. Heute zieht es uns erst einmal mehr in ein Kaffee. Danach schlendern wir die Fußgängerzone bis zur orthodoxen Kirche hinunter und beobachten die Leute, ob es nun die Alkoholiker mit ihrem Bier in der Hand sind oder die adretten Bujatinnen, die die Blicke auf sich ziehen, der Spaziergang durch die Stadt lohnt sich.

Für das Abendessen habe ich ein tolles russisches Restaurant im Viesier, hier hatten wir im letzten Jahr fürstlich getafelt. Besonders die Spezialitäten mit Aubegiene, kleine Röllchen mit Ziegenkäse und Nussfüllung waren einfach grandios.

Heute sind wir anfangs die einzigen Gäste, der Bestellprozess zieht sich leider etwas hin, da es viele gericht leider nicht gibt, obwohl sie auf der Karte stehen. Inzwischen hat sich der Laden dann mit vier Tischen doch eztwas gefüllt und der Koch ist gnadenlos überlastet, ebenso wie die Bedienung mit der Zuordnung der Speisen. Das Essen, Omul in zwei Varianten, überbackenen Kartoffeln und diverse Salate schmecken sehr gut und stechen positiv vom Raststättenessen an der M55 ab, die langen Wartezeiten waren allerdings nur mit sehr viel Humor zu ertragen.

Am Platz vor dem Theater steht ein schöner Springbrunnen, der rhytmisch zu burjatischer Musik sprudelt und die Fontänen leuchten in bunten Farben. Hier treffen sich die Jugendlichen oder Familien auf ein abendliches Sit-Out. Mich ruft aber recht schnell dann die Arbeit, das Internet im Hotel ist preislich recht deftig und ich will versuchen in einer Stunde so viel wie möglich zu schaffen.

Gegen Mitternacht ist es dann auch angenehm ruhig in der Stadt, ich genieße bei einem Glas Kwas, dem russischen Brotgetränk noch die schöne Aussicht aus dem 6. Stock des „Burjatia“ und darf dann bis 8.00 Uhr morgens ausschlafen.

 

 

7. Tag: Sonntag, der 5. August 2012

Montag, den 6. August 2012

Übers Land

102 Kilometer von Posolskoe durchs Selengadelta nach Illinka, 22 Grad, während des Radelns kein Regen, dafür ruhiges beschauliches Sträßchen durchs Delta

Als ich um 7 Uhr meine Sonnengrüße mache, topft es draußen dicke Regentropfen vom Himmel. Entsprechend packen wir uns auch schon wasserfest ein, aber in dem Augenblick, als wir aufbrachen hört es auf zu regnen.

Die Strecke hier durchs Selengadelta ist eine der schönsten, die wir in Russland fahren. Die kleine Straße ist asphaltiert (natürlich mit großen Löchern drin), aber es gibt so gut wie keinen Verkehr, aller 10 Minuten rattert vielleicht einmal ein Lada vorbei. Am Anfang haben wir auf der linken Seite noch den Baikalsee, von dem wir uns heute verabschieden müssen, aber ich hoffe ja, dass ich 2014 hierher wieder zurückkehre, wenn ich von Berlin nach Singapur fahren will, natürlich führt der Weg dann wieder durch Sibirien und auch hier am Baikal entlang.

Doch bald entschwindet der See im Nebel und wir fahren durch grüne Wiesen und Weiden, die Kühe starren uns Radler ausdruckslos wiederkäuend an. In den kleinen Dörfern sind die Häuser meist recht gut in Schuss und man kann den Traum vom schönen Landleben träumen, allerdings ist das, und vor allem in Russland nur ein Traum, denn die Winter sind hart und Arbeit haben viele auch nicht und auch wenn der Omul lecker ist, aber jeden Tag Omul mit Kartoffeln und Dill machen auch keine ausgeglichene Diät aus.

Gemütlich ziehen die kleinen Dörfer vorbei und gegen Mittag erreichen wir nach 60 Kilometern die M55 Hauptmagistrale wieder.

Das Mittagessen in einer Raststätte ist erstaunlich gut, der beste Borschtsch bisher und auch die Soljanka ist sie wie sie sein soll. Dazu natürlich ein paar leckere Salate, ich entscheide mich, wie immer für die Rote Beete mit Käse und Knoblauch.

Die restlichen Kilometer durch die flache Landschaft spulen wir dann schnell herunter, ab und zu nehmen wir die „Abkürzung“ durch ein Dorf durch. Die Leute sind nett und freundlich und winken uns lachend zu. Überall muss ich zurückrufen woher wir kommen und wohin wir fahren. Erstaunlicherweise kommt dann kein ungläubiges Kopfschütteln zurück sondern ein „Gute Reise!“. Eine schöne alte Kirche wird mitten im Dorf rekonstruiert. Der Garten drumherum und das Gebäude sehen noch sehr verfallen aus, aber überall stehen Gerüste und die Kuppeln der Kirche mit den Zwiebeltürmchen sind schon frisch vergoldet. Auch hier ist es wie überall auf der Welt. Die einfachen Leute haben kein Geld und fahren seit 25 jahren in ihren rostigen Ladas durch die Gegend und das eigene >Haus fällt zusammen, aber die Kirche hat immer Geld für tolle Prunkbauten.

Durch unsere Ortsdurchfahrten haben wir natürlich unseren Fahrer Mischa verloren und sausen auch glatt am Hotel vorbei, aber nach einer halben Stunde haben wir uns wieder gefunden. Eigentlich sind wir heute nicht in einem richtigen Hotel, sondern nur in einem Motel an der M 55. Hervorragend geplant haben wir, dass wir gerade, als wir unsere Räder und Sachen in die Zimmer bringt draußen ordentlich anfängt zu regnen.

Am Abend machen wir es uns im Restaurant gemütlich. Das Essen ist mehr als vorzüglich, es gibt gegrilltes Gemüse, noch einmal Omul Fisch in der Alufolie und nette Salate. Danach schauen wir uns auf meinem Computer die Bilder des letzten Jahres an und während es draußen regnet probieren wir uns durch die Biere der Baltika-Serie. Besonders gut schmecken Baltika No.3, welches das normale Pilsner ist und Baltika No.9, ein Starkbier mit 8% Alkohol, welches super schmeckt und gut dreht. Mit zwei dieser Biere kann man dann auch die Straßengeräusche während des Einschlafens hervorragend ausblenden und auch die Züge der Transsibirischen Eisenbahn rattern nicht mehr so laut vorbei.

6. Tag: Samstag der 4. August 2012

Montag, den 6. August 2012

Im Delta der Selenga

Ruhetag in Posolskoe, Botsausflug ins Delta der Selenga, Spaziergang im Dorf und sonst nicht viel bei wechselnden Winden, leicht bedeckt 20 bis 25 Grad, 97 Höhenmeter

Leider hatten wir keine Zeit vereinbart fürs Yoga, so mache nur im Zimmer ein paar Sonnengrüße, denn ich hatte zu lange und zu gut geschlafen um noch an den Strand zu gehen. Das Frühstück ist gewöhnungsbedürftig, gestern hatte es noch Milchreis gegeben, heute ist es „Gretschka“, Graupenbrei mit Zucker und etwas Quark.

Um 9 Uhr quetschen wir uns dann zu fünft plus den Fahrer Michail, einen kräftigen Burjaten in den 20 Jahre alten Lada Niva und tuckeln 15 Kilometer über schlechte Straße zwei Dörfer weiter und dann auf einem Feldweg zu einem Gehöft an einem Flussarm. Hier wohnt Michail mit seiner burjatischen Familie, die eigentlich eine Landwirtschaft mit 50 Kühen betreibt. Auf der Wiese am Flussarm liegen noch eine Menge kleiner Bootswracks und ein oder zwei noch gangbare Kähne. In eines mit einem modernen Motor bestückt steigen wir dann, es ist nur wenig bequemer als der Niva zuvor.

Mehr als zwei Stunden kreuzen wir dann in kleinen und größeren Flussarmen, es gibt viel Schilf, viele gelbe Blumen auf dem Wasser und viel Vogelgetier, welches mit Lärm und Wellen des Bootes aufscheuchen. Das Wetter ist leider nicht so schön wie am Vortag, es ist bedeckt und weiß nicht so recht, ob es ein wenig regnen soll und im Fahrtwind wird es schnell sehr frisch, so haben wir recht schnell alle verfügbaren Sachen am Körper. Wir bekommen einen schönen Überblick über die Größe des Deltas und auch an den Flussbiegungen gibt es heilige Orte und wir opfern den Schamanen ein Rubel, die in Wasser geworfen werden. Vor allem im Frühjahr und Herbst muss es hier noch reger zugehen, wenn zwischen 4 und 7 Millionen Zugvögel hier Rast einlegen. Dass wir die seltene Baikalrobbe zu Gesicht bekommen hatten wir nicht erwartet und natürlich haben wir sie auch nicht gesehen.

In den 80er Jahren war hier im Selengadelta eine große Zellulosefabrik errichtet worden, die wegen der massiven Verschmutzung des Baikalsees unrühmliche Berühmtheit erlangte. Davon bekommt man aber glücklicherweise nichts mit, was auch an der Selbstheilungskraft des Sees liegt. Durch seine niedrige Wassertemperatur kann mehr Sauerstoff gelöst werden, als in warmen Gewässern und so enthält der See reges Leben. Für die Sauberhaltung sorgen vor allem winzige Krebse, die man mit Flohgröße auch nicht zu sehen bekommt, die sämtliche biologischen Abfälle in kürzester Zeit vernichten. Michail schippert uns dann durchgefroren wieder zurück und wir sind froh über den überheizten Lada, der uns zum Mittag wieder nach Posolskoe zurück bringt. Schön, dass es wieder Omul-Fisch gibt, das ist die im Baikal vorkommende Lachsart, die in allen Varianten immer wieder sehr lecker ist.

Am Nachmittag schlendern wir durchs gesamte Dorf. Gleich neben dem Guesthouse befindet sich der ehemalige Motorenstützpunkt. Hier gammelt die Technik der 80er Jahre schrottreif vor sich hin. Landwirtschaft wird nicht mehr sehr viel betrieben in der Region, lediglich gehört ein Kartoffelfeld zu jedem Hof. Viele Häuser und Scheunen sind recht windschief, einige der schönen Holzhäuser sind blau oder grün angemalt und nett anzusehen. Das kleine denkmal für die gefallen Soldaten des Zweiten Weltkrieges gammelt vor sich hin, ebenso wie einige andere Gebäude und die Straßen. Trotzdem ist es ein nettes Dorf im Vergleich zu den Siedlungen an der M 55, an der Haupttrasse. Im Kloster bekommen wir nicht zu viel zu sehen, da heute kein Gottesdienst abgehalten wird und das Gelände um die Kirche ist auch nicht sooo interessant. Lediglich eine chinesische Reisegruppe belebt das Areal und als wir wieder gehen erscheint eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft und lädt uns auf eine kurze Fotosession ein. Am Nachmittag treffen wir dann auf Julia aus Ulan-Ude, die unseren Russlandaufenthalt organisiert und uns dann in drei Tagen in der Stadt wieder in Empfang nehmen wird.

Der späte Nachmittag vergeht dann ruhig, für einen weiteren Spaziergang ist es zu frisch und zu windig, aber dadurch habe ich zeit endlich einmal wieder zu schreiben und meine Bilder aufzuarbeiten, auch wenn es Internet erst übermorgen wieder in der Stadt gibt. Zum Abendessen gibt es natürlich wieder Fisch, als Vorspeise in einer leckeren Pastete und als Hauptgang als Bulette zu Kartoffelbrei und Salat und es schmeckt wieder ganz ausgezeichnet. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass mir langsam Kiemen wachsen.

5. Tag: Donnerstag, der 2. August 2012

Montag, den 6. August 2012

Tuman II (Nebel II)

stattliche 115 Kilometer von Tanchoi nach Posolskoe, bei dichtem Nebel und frischer Kühle am Morgen, am Nachmittag Sonne bis 30 Grad und zum Schluss idyllische Strecke durchs Selengadelta, 800 Höhenmeter

Während ich wie tot geschlafen habe, erzählt Martina von regem leben auf der Dorfstraße und von Zügen im vier Minuten Takt auf der Transib-Strecke. Ich mag den Kascha zum Frühstück, Milchreis, einige nicht, aber wir sind eben in Russland in einer Herberge. Draußen ist das Wetter nicht viel besser als am Vortage, es sieht nach Regen aus und ist nebelig. Dafür kommen wir gut voran, zumindest bis zur Baustelle, die es schon im letzten Jahr gab. Hier sind eben keine chinesischen Straßenbauer am Werk, die 200 Kilometer Trasse in einer Saison durchziehen können. Es ist etwas schlammig, aber das ist tausendmal angenehmer als an trockenen Tagen von den Trucks eingestaubt zu werden. Der Verkehr ist interessanterweise wesentlich ruhiger als am Vortag und die Fahrer halten recht vernünftigen Abstand zu uns Radlern. Leider lässt der dicke Nebel die Landschaft nicht im besten Licht erscheinen, man sieht eigentlich gar nix, deshalb stecke ich mir die Musik in die Ohren, die ich eigentlich für die langen Wüstenetappen geplant hatte. Mein Sohn hatte mir noch fast 2 GB Musik nach meinen Wünschen zusammengestellt und so geht es musikalisch kreuz und quer durch die 80er und 90er Jahre, durch die Schlammstrecke passenderweise mit ACDC und Billie Idol.

Das Mittagessen in der Raststätte motzen wir mit einem geräucherten Omul Fisch aus dem Baikal, sowie Erdbeeren und Blaubeeren auf und wenig später schlägt das Wetter innerhalb von Minuten um. Es klart auf, zwar haben wir einen leichten Gegenwind, aber auch strahlenden Sonnenschein und gute 28 Grad. Die Birken leuchten und links schimmert der blaue Baikalsee durch die Bäume. Auf der rechten Seite liegen sanfte Hügelketten, wunderschöne sibirische Landschaft und pures Fahrvergnügen, denn wir haben die Hauptstraße verlassen. Nach einer halben Stunde taucht dann die Kirche von Posolskoe auf und wenig später sind wir in unserem Guesthouse.

Die burjatische Familie ist nett und das Abendessen lecker, es gibt wieder frischen Fisch aus dem Baikal und danach machen wir uns auf einen Spaziergang auf und wandeln am Ufer des Sees entlang. Ein wenig kann man das andere Ufer erahnen, der See ist hier vielleicht 10 Kilometer breit, doch das ist nichts zu seiner Länge mit über 600 Kilometern. Auf den Wiesen am Ufer stehen zahlreiche Zelte und die meisten der Russen auf Urlaub bereiten gerade am Feuer das Abendessen, zumeist brodeln Fischsuppen in den Töpfen über dem Feuer. Der Spaziergang in der warmen Abendsonne ist nach einem langen Radeltag sehr entspannend. Als die Sonne dann im See versunken ist, kehren wir zur Herberge zurück. Verdient müde warten die Betten auf uns. 350 km haben wir in den letzten drei Tagen und es war auch recht bergig. Unseren morgigen Ruhetag haben wir uns also mehr als verdient.