Archiv: 2011 Transeurasien

27. Tag: Donnerstag, der 12. Juni 2010

Donnerstag, den 12. Mai 2011

Durch Löwenzahn übers platte Land

68 Kilometer von Tartu nach Räpina auf mittlerer Straße, 130 hm bei Sonnenschein bis 25 Grad, am Abend leichter Regen

Ausschlafen heißt es heute wegen der kurzen Strecke, aber es wird ja schon um 5.30 Uhr hell, so dass ich zeitig wie immer wach bin. Am Morgen Blog zu schreiben hat auch seine Vorteile, es schreibt sich ausgeschlafen viel flüssiger.

Gegen halb 10 verlassen wir Tartu und bleiben heute auf der Straße, die weder klein noch groß ist. Die Landschaft ist heute wesentlich flacher, es gibt kaum Orte und wir fahren hauptsächlich durch Wälder, die ab und zu einmal aufreißen und den Blick auf kleine romantische Seen freigeben. Am Ufer dann Wiesen auf denen der Löwenzahn in Unmengen blüht, ich habe noch nie so viel Löwenzahn gesehen wie hier, alles leuchtet Gelb und es findet sich kaum ein Platz ohne Pusteblumen.

Mittags finden wir einen netten Platz an einem Flüsschen mit einer alten russisch-orthodoxen Kirche, in die wir aber leider keinen Blick hinein werfen können, wir haben aber so viel Zeit, dass es für ein „Schläferstündchen“ reicht. Bis nach Räpina sind es dann noch einmal 30 Kilometer. Ewartet hatten wir ein kleines Städtchen, aber Räpina ist doch nur ein kleines Dorf. Es gibt eine Kirche und ein Herrschaftshaus im Park, das ein Museum beherbergen soll, doch dieses ist leider geschlossen. Laut Reiseführer gibt es im Park über 300 Bäume, ein bemerkenswerter Eintrag in einen Reiseführer in einem Land, das fast nur aus Seen mit Bäumen drum herum besteht. Wir machen uns ans zählen, und das ist schwer. Zählen die Doppel-, Dreifach- und Vierfachbäume nun einzeln oder nicht? Oder werden die Bäume erst ab einem bestimmten Alter gezählt?

Eigentlich wollten wir dann noch einen Abstecher ans Meer machen, aber es zieht eine dunkle Regenwolke heran und so verzichten wir auf den 5 km Strandausflug und verbringen einen ruhigen Abend im Lokal unten im Hotel. Die Essensauswahl ist ok, aber sehr begrenzt, da der Koch krank geworden ist und an anderen Lokalen mangelt es im Ort.

Die Zimmer im Hotel dafür sind klein und fein und richtig schnuckelig, mit 60er Jahre Tapetendesign, Fußboden und Möbel fein drauf abgestimmt, nur das bett ist wie fast immer hier im Baltikum viel zu weich.

26. Tag: Mittwoch, der 11. Mai 2011

Mittwoch, den 11. Mai 2011

Estland- das Radlerparadies

92 Kilometer von Valga nach Tartu, 600 hm mit schönen bissigen Hügeln auf perfekten Radwegen, ein bisschen Piste und guten Straßen, Anbaden bei bis zu 25 Grad

Unsere ersten Kilometer beginnen mit einer militärischen Grundausbildung. Noch in der Stadt gibt es ein kleines Armeemuseum, welches zwar noch geschlossen hat, aber im Park drumherum lassen sich schon einige Stücke besichtigen. Mirjam passt farblich hevorragend ins Wächterhäuschen, Gerhard stürmt die Kampfbahn und Barbara „reitet“ die Bombe. nachdem wir all unseren Spaß hatten geht es dann die ersten kilometer in die estnischen Weiten, anfangs noch auf der Europastraße, aber es gibt nur wenig Verkehr und der Straßenbelag ist mehr als gut. Wegen einer Baustelle fahren wir nicht die geplante Route, sondern wählen eine winzige Nebenstraße übers Land und fahren völlig allein durch die frühlingshafte Landschaft. Etwas später biegen wir dann sogar freiwillig auf die Piste ab. Die windet sich dann immense 150 Höhenmeter nach oben und wir verstehen recht schnell, warum man hier vom estnischen Hochland spricht. Dafür ist die Natur einzigartig. Nadel- und Mischwälder zaubern 86 verschieden Grüntöne in die Landschaft, die ich mit meiner Rot-Grün Schwäche erkennen kann. Die Wege sind wunderbar ausgezeichnet und hier im Hochland gibt es ein ganzes System von imposanten Radwegen. Oben gibt es dann noch einen 30 Meter hohen hölzernen Turm, von hier kann man die Aussicht auch über die Baumwipfel hinweg genießen. In Richtung Otepää sind die Radwege dann noch besser ausgebaut, breit wie eine kleine Fahrstraße und in der Saison nachts sogar beleuchtet. Es hügelt sich kräftig durch die Endmoräne, aber man kann auf der Abfahrt dazwischen auch immer wieder gut Schwung holen. In der Gegend gibt es Unmengen kleiner und mittlerer Seen. Die laden zu gemütlichen kleinen Pausen ein und weil es heute auch so schön warm ist, packen wir die badesachen aus und springen einmal schnell ins mehr als frische Wasser.

Unser nächstes Jubiläum, die 2000 Kilometer feiern wir schon gar nicht mehr, aber wir sind dem Ziel doch schon ein ganzes Stück näher gekommen.

Die letzten 20 Kilometer nach Tartu müssen wir noch einmal über die große Straße, aber es rollt vorzüglich und wir sind halb fünf am Ziel. So bleibt noch genügend Zeit für ein Runde Schlendern im Zentrum mit netten Straßenzügen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Imposante Sehenswürdigkeiten gibt es zwar nicht, aber der sonnige Nachmittag treibt nicht nur uns, sondern auch viele Tartuer auf die Straßen und in die Cafes.

Am Abend enden wir in einem russischen Restaurant bei Schaschlik, Auflauf und Salat, davor einen Borsch oder Schi, also diverse Krautsuppen und auch das russische Bier „Baltika“ ist schon erhältlich, durchnumeriert gibt es 9 Sorten, wir entscheiden uns für die Lagerbiervariante „Baltika No.7“.

Landschaftlich geht damit heute der wohl schönste Tag zu Ende und wir hoffen morgen wieder auf viel schöne Natur, auch wenn es keine winzigen Straßen gibt.

25. Tag: Dienstag, der 10. Mai 2011

Dienstag, den 10. Mai 2011

Schnelle Straßen, alte Städte

123 km auf Schnell- und Nebenstraße, von Sigulda nach Valga, 361 hm immer auf Asphalt bei schönen 14 bis 18 Grad und viel Sonne

Heute wird unser schnellster Tag bisher mit einem Schnitt von 20 Kilometern pro Stunde und es fängt am Morgen schon gut an. Nein, wir haben keinen Rückenwind, sondern höchsten ein Lüftchen, das kommt aber aus verschiedenen Richtungen. Die Schnellstraße dagegen ist gut ausgebaut und die Räder schnurren nur so über den Asphalt, schwups sind schon 30 Kilometer gefahren, bevor wir zum ersten male absteigen.

Neben dem rausche der Geschwindigkeit ist es langweilig auf den großen Straßen. Zwar ist die Landschaft schön und es gibt viel Wald, aber keine einzelnen Motive, für die es sich lohnt eine kleine Pause oder einen Fotostopp zu machen.

Das sieht auf den kleinen Staraßen ganz anders aus. Auf mittleren Wegen geht es dann weiter nach Cesis. Hier wohnt eine ehemalige Untermieterin von mir, wir wollten uns dort auf einen Kaffee treffen, aber gerade jetzt gibt es Probleme mit der Handyverbindung. Trotzdem lohnt sich der Abstecher in die kleine Stadt, es gibt ein nettes historisches Zentrum und eine alte Burg. Die war wohl mal ähnlich imposant, wie die in Trakai, wurde aber nur teilweise rekonstruiert. Aber gerade das hat seinen Charme und man kann fast ungehindert in den alten Ruinen umhersteigen, bis hinunter in das Verließ im Turmsockel. Dort ist es grausam kalt und nur eine winzige lange Öffnung verband die „Verlassenen“ mit der Außenwelt. Grandios dagegen ist die Aussicht von der Turmruine, dazu muss man sich aber eine finstere Wendeltreppe hinaufkreiseln. Extra dafür gibt es für jeden eine Laterne, die ich natürlich nicht mitgenommen habe und dann vorsichtigst Schritt für Schritt im dunklen Gemäuer tappe.

Dann geht unsere feurige Fahrt weiter, unser Mittagspicknick machen wir in Valmiera, auch hier gibt es wieder eine Burgruine, aber die ist schon sehr „ruiniert“, taugt aber immer noch als schöner Rastplatz für Käsestullen.

Die letzten 50 Kilometer geht es dann wieder auf die A3, Schnellstraße bis zur Grenze des Landes nach Estland. Meistens ist der Asphalt gut und manchmal löchrig, aber auch huier kommen wir wieder zügig voran. Gegen halb fünf erreichen wir die Grenzstadt Valka/Valga, die Grenze, die heute natürlich wieder so gut wie nicht mehr existiert geht mitten durch die Stadt, die allerdings etwas ausdruckslos ist. Besonders dort, wo sich unser Hotel befindet gibt es nichts Sehenswertes Rundherum und dabei hätten wir dich schon ganz gerne unser „neues“ Land beschnuppert. Auf jeden fall kann man wieder einfacher die Preise im Laden abschätzen, denn für die nächsten drei tage sind wir wieder in der Eurozone. Der einzige Laden, den wir in der Nähe finden, ist dagegen schon etwas „sowjetisch“ zu nennen. Der große Verkaufsraum ist eben nur spärlich mit Waren bestückt, nicht ganz so wie vor 20 Jahren, aber eben auch nicht wie ein Supermarkt. Für ein paar Kaltgetränke und Kekse reicht es und dann ziehen wir zum Abendessen ins Hotel. Es sei das beste Restaurant in der Stadt, sagt man uns an der Rezeption, nach unseren Spaziergang fügen wir dazu, und das einzige! Aber das Essen ist wirklich gut und raffiniert, egal ob Schwein oder Kaninchen oder Fisch.

24. Tag: Montag, der 9. Mai 2011

Montag, den 9. Mai 2011

Mit Rückenwind ins Land

90 Kilometer von Riga nach Sigulda, bei bis zu 20 Grad mit Rückenwind, 265 Höhenmeter auf vorwiegend kleinen und guten Straßen

Unser neuer Fahrer Wladimir hat schon nach 5 Minuten gewonnen, nett, sympathisch und voller Energie. Wir werfen unsere überschüssigen Sachen ins Auto und ziehen gleich noch die Jacken aus. Die Kälte ist wirklich vorüber!

Aus Riga heraus ist der Verkehr noch recht straff, obwohl ich nicht die Hauptroute gewählt habe, aber die paar Kilometer, die wir dann auch später noch auf die Fernverkehrsstraße müssen überstehen wir gut, da der Seitenstreifen weit ausgebaut ist.

Ansonsten fahren wir aber nur auf kleinen Straßen in der Nähe des Meeres. Dieses wollen wir heute noch einmal sehen, bevor wir dann endgültig in Richtung Osten abbiegen und finden wieder einen schönen weißen menschenleeren Strand.

Eigentlich müsste man jetzt hier das Zelt aufbauen und noch ein paar Tage bleiben, trotz des frischen Windes, der hier weht.

Doch dieser weht heute endlich einmal aus der richtigen Richtung und treibt uns durch die Landschaft. Die Natur hat wohl an den letzten beiden Sonnentagen einen Schritt vorwärts gemacht, zumindest erscheint es mir heute ein gutes Stück grüner als noch vor drei tagen, als wir in Riga eingefahren sind. Auf den Wiesen blüht der Löwenzahn und wilder Raps. Dazwischen Vergissmeinnicht und in den Wäldern wieder ein Meer weißer Blüten- Buschwindröschen. Überall wo es feucht ist, leuchten grellgelb die Sumpfdotterblumen.

Lettland ist recht flach, habe ich heute noch so bei mir gedacht, aber vor Sigulda geht es dann doch zweimal fast 80 Höhenmeter nach oben, dazwischen liegt natürlich eine schöne Abfahrt.

Sigulda ist ein nettes kleines Städtchen und kündigt sich durch einen Golfplatz an, dann folgt an den Hügeln sogar eine Skipiste und in der Stadt soll es einen Bob- und Rodelbahn geben, in der früher die Sportkader der Sowjetunion trainierten. Die Landschaft um die Stadt herum ist sehr reizvoll, mit Bergen und Seen und einem Fluss namens Gauja. Als die „Lettische Schweiz“ wird die Gegend auch bezeichnet und so weilten hier schon seit Jahrhunderten lettische Adlige zur Erholung. Selbst die russischen zaren sollen hier gelegentlich abgestiegen sein. Deshalb gibt es hier zahlreiche große und großzügig angelegte Parkanalagen mit Jahrhunderte alten Bäumen. Wir sind erstaunt über so viel Grün an einem Ort.

Wir werfen im Hotel nur schnell unsere Sachen ab und drehen noch eine kleine Runde in der übersichtlichen Stadt, es gibt auch noch verschiedene Rundwege, aber 16 Kilometer mit zahlreichen Bergen sind uns auf den sonnigen nachmittag dann doch zu viel. Wir besichtigen die schöne weiß getünchte Kirche. Der Pastor spricht vorzüglichst Englisch und zeigt uns die Kunswerke eines örtlichen“Knopfkünstlers“, dutzende von großformatigen Bildern, die lediglich aus aufgeleimten Knöpfen bestehen. Die Bilder bestechen nicht nur durch die Orginalität des Materials, sondern sind auch recht poetisch und aus mehr als drei Metern Entfernung nicht als „Knopfkunstwerke“ zu enttarnen.

Am Ende des Parkes gibt es ein nettes kleines Schlösschen und dahinter die Ruine einer alten Burg. Alles ist nur ein bischen renoviert und lädt zum Verweilen ein. Wir sitzen in der Sonne und genießen den späten Nachmittag und die herrliche Aussicht über die schöne Landschaft. Dann suchen wir uns ein kleines Buffetrestaurant und verschlemmen fast unser restliches lettisches Geld, denn morgen geht es dann schon wieder ins nächste Land – nach Estland.

23. Tag: Sonntag, der Mai 2010

Sonntag, den 8. Mai 2011

Trachtenfest im Freilichtmuseum

20 Kilometer bei 17 Grad und herrlichem Sonnenschein zum Freilichtmuseum

Endlich sind die Temperaturen wieder da, wo wir sie haben wollen und auch die Prognose für die nächsten Tage ist nicht schlecht. Mit etwas Glück haben wir nun die richtig kalte Zeit hinter uns gebracht, aber es können ja auch noch die Eisheiligen und die Schafskälte kommen…..

Gerhard und Miriam haben Barbara in den deutschen Gottesdienst mitgenommen und erst danach schwingen wir uns auf die Räder. Ganz ohne Gepäck geht es nach Osten raus aus der Stadt. nach 10 Kilometer kommen wir ans Freilichtmuseum am Juglas See. Hier wird heute die Saison eröffnet und deshalb sollen Volkkunstkonzerte stattfinden.

Tatsächlich hat sich auch jede Menge Volk in traditionellen Gewändern eingefunden. In dem weiten Geländen zwischen den einzelnen Bauernhöfen, die man auch besichtigen kann, bilden sich dann kleine Gruppen zum Tanzen oder Singen. Es geht ziemilich spontan zu, ab und zu mischen sich auch litauische Spaziergänger unter die Tanzenden, auch junge Leute.

Wir machen bei herrlichsten Sonnenschein unsere Runde durch das Museum, vorbei an kleinen Kirchen, einer Windmühle und zahlreichen gehöften und landen dann wieder auf dem Hauptplatz mir kleiner Bühne. Hier treten jetzt noch ein kleine Ensemble und eine große Tänzergruppe auf und es macht Spaß und Freude, dort zuzusehen.

Am späten Nachmittag trudeln wir wieder zurück in die Stadt. jetzt schon recht hungrig trteffen wir uns bei Gerhard und Miriam im Zimmer uhnd errichten unsere Tafel aus den gestern auf dem Markt erstandenen Sachen: frischer Käse, Salami, Krautsalat, Karottensalat, Räucherfisch und Kaviar, dazu eine Flasche Wein und und frisches Brot. Ein guter Ausklang für unseren zweiten Ruhetag.