32. Tag: Dienstag, der 17. Mai 2011
Dienstag, den 17. Mai 2011Mit Rückenwind zum nördlichsten Punkt
95 Kilometer von Solzy nach Weliki Novgorod bei straffem Lüftchen von hinten, auf Haupt- und Nebenstraße mit 21,5 km/h im Schnitt, Wolken, Sonne und drei Tropfen Niesel bei bis 15 Grad, Stadtspaziergang
Heute hätten wir kein Begleitfahrzeug gebraucht, sondern ein Begleitboot, zumindest am Anfang. Denn in den Mehr-Löcher-als-alles-Andere-Straßen steht das Wasser und wir schlängeln uns im Slalom drumherum. Später wird es ein wenig besser, dann wieder schlechter und wieder besser. Aber uns treibt der Wind ordentlich voran.
Der Winter ist in der Gegend noch nicht lange vorbei, überall steht das Wasser recht hoch. Die ganze Landschaft ist von Wasser geprägt. Wiesen gehen über in Sümpfe und Seen und Flüsse sind über die Ufer getreten und Bäume und Büsche ragen als Inseln heraus. Gegen den Himmel, an dem wilde Wolken dahin treiben, ein toller Kontrast.
Meine Karte gibt für die letzten 40 Kilometer eine Nebenstraße her, am Abzweig vor einem laden frage ich die Gruppe anonymer Alkoholiker, ob man da lang könne. Alle stimmen zu – und haben sogar Recht.
Wir erleben ein kleines Wunder. Die Straße ist in super Zustand und Verkehr gibt es praktisch nicht. Nach 5 Kilometern sind wir direkt am riesigen Ilmen-See und fahren am Ufer entlang oder besser, lassen uns vom Rückenwind treiben.
Die Landschaft ist rundherum ist geprägt von feuchten Wiesen und Seen und es ist wirklich ein Hochgenuss, hier zu radeln. Sie Straße zieht in schönen Bögen durch die anmutige Sumpf und Wiesenlandschaft. Mit dem Schub von hinten gleiten wir nur so durch die Landschaft und können uns gar nicht satt sehen. Dazu dann das wilde Spiel der Wolken am Himmel und so kommen wir unserem Ziel heute sehr schnell nahe. Kurz vor Nowgorod liegt dann das Yurev Kloster noch am Weg. Die Kathedrale ist so kalt, dass der Atem kondensiert und wir bestaunen die Fresken an den hohen Wänden.
Gleich neben dem Kloster gibt es noch ein Freilichtmuseum, aber die Gruppe meutert und will keine Kultur mehr, sondern eine Dusche und Wäsche waschen. Ganz so schlimm ist es nicht, aber es sah ein wenig nach regen aus und ohne das Museum haben wir noch die Chance, trocken anzukommen.
Mit Nowgorod erreichen wir den nördlichsten Punkt unserer Reise, bis nach Moskau geht es dann gen Süden und dann nur noch unendlich weit nach Osten.
Wir treffen uns noch auf einen langen Spaziergang, das Zentrum der Stadt ist abgesehen vom Kreml eher dörflich und nach einer Stunde sind wir einmal rundherum. es gibt viele kleine Dörfer und der Kreml hat auch viele bauten, incl. der Sophia-Kathedrale und dem 1000-Jahre-Russland-Monument, aber das alles werden wir uns morgen noch einmal in Ruhe und bei besserem Licht und hoffentlich ohne Nieselregen ansehen. Den Tag beenden wir in einem netten Bistro-Restaurant bei üppigem Mahle und ich werde wohl heute Abend in den sauren Apfel beißen und die 100 Rubel für den Internetzugang hinblättern.
Na ja, hat natürlich wieder einmal nicht funktioniert, wir sind ja auch in Russland, morgen werde ich an der rezeption mal ein wenig Druck machen, ist ja schließlich ein Drei-Sterne-Kasten, in dem wir hier abgestiegen sind.