52. Tag: Montag, der 6.Juni 2011
Montag, den 6. Juni 2011Industrieoasen
139 Kilometer von Tschistopol nach Naberschnui Tschelnui, gemischtes Wetter mit Regen, 700 hm mit bissigen Anstiegen bei 18 bis 20 Grad
Der Morgen ist wieder wunderschön und wir beginnen den Tag auch wunderbar auf einer winzigen Straße, die sich über kleine Hügel durch noch kleinere Dörfer schlängelt. Leider haben wir den Wind gegen uns und so wird es heute wohl ziemlich anstrengend. Nach 20 Kilometern wird hört dann sogar der Asphalt auf und Dank des Regens vom Vortag ist es noch ein wenig schlammig.
Die Dörfer hier sind richtig mickrig, die Hälfte der Gebäude, inklusive der Kirche zerfallen, ab und zu steht eine Kuh am Wegesrand und glotzt uns blöd an und nur selten sieht man irgendwo einen Menschen. Dafür ist alles schön grün, so weit das Auge reicht, es gibt weite Felder mit Wintergerste und viele Flächen mit Gras. Überall leuchtet wilder Senf in grellstem Gelb.
Mein gestern probiertes Ruhigstellen des Armes lässt sich heute nicht Durchziehen, auf der Holperpiste mit Schlammlöchern brauche ich beide Hände. Außerdem war bisher noch kein Erfolg zu verspüren, die Schulter schmerzt weiter. Nach 8 Kilometern Piste mit schlammigen Stücken erreichen wir dann die größere Straße und haben dann auch wieder recht straffen Verkehr.
Warum hier so viel Verkehr rollt wird uns einige lange Anstiege und Abfahrten später klar, denn am Horizont taucht das riesige Industriegebiet von Nischekamsk auf. Wie die Werbung am Straßenrand sagt, gibt es hier vor allem chemische und Erdöl verarbeitende Industrie und Baustoffindustrie und ich glaube auch der „Kamas“ LKW wird hier irgendwo in der Umgebung produziert. Inzwischen hat sich der Himmel einige Male verdunkelt und wieder aufgehellt, nicht ohne dazwischen einen Regenschauer herunter zu lassen und bei dieser Gewitterstimmung fahren wir dann vorbei an riesigen Industrieanlagen. Die ziehen sich fast ununterbrochen über 40 Kilometer hin. Hier im Gebiet gibt es mehr Industrie als im wirklich europäischen Teil von Russland, also ich meine natürlich westlich von Moskau.
Gegen 18 Uhr erreichen wir dann die Autobahn und die bringt uns nach Naberschnuie Tschelnuy, ebenfalls wieder eine Stadt der Industrie am Nischekamsker Stausee. Der Wind hat uns heute recht gut ausgelaugt und so sind wir froh, dass das Hotel recht ordentlich ist. Wir ziehen dann gegenüber ins Cafe zum Essen, es wird aber keine große Freude, denn die bestellten Pizzen kommen alle nacheinander und der Boxkampf der am riesigen Flatscreen übertragen wird ist auch nur mäßig. Wegen der Warterei zieht sich das Essen über zwei Stunden hin, eigentlich wollten wir ein bisschen feiern, den Gerhard und Mirjam haben heute ihren 5000sten Kilometer von zu Hause aus gefahren. Wir Berlin-Starter müssen noch vier oder fünf Tage warten. Danach können wir nur noch müde ins Bett fallen, während es draußen schon wieder regnet. Ich sitze heute noch die halbe Nacht am Computer, zum einen lässt mich mein schmerzender Arm nicht schlafen und ich muss die Berichte der letzten fünf Tage noch hochladen.