1000 holprige Kurven
72 hoprige Kilometer von Baipa nach Passum, 1020 Höhenmeter über den 5220 Meter hohen Pang La Pass, grandiose Sicht auf die Everest Range, dann wieder 1000 hm runter bis nach Passum, bei Sonne und leichten Wolken bis 24 Grad
Pünktlich wie immer um 9 Uhr verlassen wir Baipa, nachdem wir uns den Bauch noch mit gebratenem Reis vollgeschlagen hatten und radeln in den sonnigen Tag. Es ist zwar noch frisch am Morgen, wird aber recht schnell sehr angenehm, fast 20 Grad zeigt das Thermometer am Vormittag.
Einen kurzen Stopp haben wir noch am Checkpoint, hier müssen alle den Pass zeigen und die Genehmigungen werden sorgsam geprüft, dann dürfen wir weiter. nach ein paar Kilometern kommt der Abzweig zum Everest Basecamp und der Asphalt hört auf.
Die Piste ist zwar recht neu, aber die vielen Jeeps und Kleinbusse, die hier jeden Tag unterwegs sind, haben den Weg in eine mächtige Wellblechpiste verwandelt und das ist kein wirklicher Fahrspaß mehr. Es kommt noch einmal ein kleines Dorf und dann geht es in die Serpentinen. Auch hier wieder viel Schotter und viel Hoperei wegen des Wellblechs, aber man merkt es nicht mehr ganz so schlimm. Das liegt aber nicht an der Piste, sondern an der niedrigen Geschwindigkeit, mit der wir vorwärts kommen. Die radelnde Truppe wird dann auch merklich kleiner und zu viert nehemen wir dann letztlich den Pass in Angriff. Zu sehen gibt es nicht zu viel, denn das Tal ist trocken und die Schneeberge bekommen wir (hoffentlich) erst hinter dem Anstieg zu sehen. Stoisch kurbeln wir uns Kurve um Kurve nach oben. Auf der einen Seite ist es nicht so anstrengend, wie die anderen beiden 5000er, die wir gefahren sind, denn durch die Holperei kommt man nur mit 5 km/h höchstens vorwärts und damit nicht an die Grenzen der Lungenkapazität. Lediglich die Rüttelei legt sich aufs Gemüt und nach dem halben Anstieg werfe ich dann meinen MP3 Player an und dann läuft es besser. Irgendwann gegen 14 Uhr erreiche ich die letzte Kehre und dann wird der Blick frei und ich weiß, warum ich hier hoch gefahren bin. Vor uns liegt einer der phantastischsten Ausblicke der Welt, eine unendlich lange Reihe Schnee und Eis bedeckter Gipfel und darunter mindestens drei 8000er Gipfel. Auch der Everest ist zu sehen, nur seine oberste Spitze hängt ein wenig in einer mitteldicken Wolke.
Ein paar Tibeter verklingeln oben am pass Souvenirs und aller zehn Minuten kommt ein Jeep mit chinesischen Touristen angeblasen, meist eingehüllt in eine dicke Staubwolke, das hat uns ebenfalls neben der Holperei ordentlich zu schaffen gemacht. Wir essen oben auf dem Pass unsere Nudeln, erstmals ist es oben auf einem Pass nicht zu windig und angenehm warm. Dann schwingen wir uns wieder auf die Räder und machen uns an die Abfahrt. Wieder geht es in unendlichen Serpentinen nach unten. Die schlechte Straße bekommen wir jetzt noch mehr zu spüren, die Wellblechpiste schlägt auf die Handgelenke durch und wir werden auch insgesamt recht gut durchgeschüttelt. Immer wieder blasen Jeeps in einer dicken Staubwolke vorbei. Dafür wird die Sicht mit jeder Kurve nach unten besser und wir kommen den Eisgipfeln langsam näher.
Unten im Tal ist es noch einen Zacken wärmer, insgesamt scheint das Klima hier milder zu sein, denn auf den Feldern sprießt hier schon das erste Grün der Gerste, die überall angebaut wird. in einem kleinen Dorf in der Talsohle genießen wir einen Pott süßen Milchtees, dann machen wir uns auf die letzten 8 Kilometer bis zum Zielort Passum. Hier in der Ebene brettern die Jeeps dann noch ungehemmter durch die Landschaft, angeblich spürt man ab 70 km/h die Wellblechpiste nicht mehr, das zahlreiche Fußgänger, Mopedfahrer und vier Radler unterwegs sind, interessiert die Fahrer nicht.
Laut Lecbe, unserem tibetischen Führer, wollen die Chinesen die Piste gerne asphaltieren, aber die internationale Gemeinde der Umweltschützer möchte das nicht, vielleicht sollte man die Tibeter in den Dörfern, die nun täglich in dichte Staubwolken eingehüllt werden, einmal zu dem Thema befragen.
Unser Guesthouse ist winzig, unten gibt es eine gemütliche warme Teestube und oben sind drei Zimmer mit ein paar Betten. Für tibetische Verhältnisse ist es recht sauber, inklusive der Toilette. Allerdings gibt es nur eine kleine Wasserschüssel zum Waschen und es wird nicht mehr als eine Katzenwäsche daraus.
Recht schnell ziehen wir unten in der gemütlichen Teestube ein und spülen den innerlichen Staub mit Tee und Bier runter, das Essen dauert eine Ewigkeit, aber was lange währt wird gut. Die vielleicht 40jährige Wirtin zaubert aus den paar Gemüsen und ein wenig Fleisch eine Reihe leckerer Gerichte, die wir hungrig verschlingen. Abends in der Dämmerung haben sich die Wolken am Everest wieder verzogen und wir können einen ersten Blick auf den freien Gipfel werfen, leider ist es schon zu dunkel, um noch zu fotografieren. Gegen 21.30 Uhr verschwinden wir dann in den Betten. In weiser Vorahnung stopfe ich mir schon wieder Ohropax in die Ohren, nicht wegen des Schnarchens meiner Mitstreiter, sondern wegen des Hundeterrors, der mit Einbruch der Dunkelheit wieder beginnt.