Archiv: 2010 Hallo, Vietnam!

128. Tag in Hanoi – 2. September 2010

Donnerstag, den 2. September 2010

Durch Felder und Dörfer- 102 km von Ninh Binh nach Sam Son

Endlich wieder Radfahren und wir starten schon am frühen Morgen, im Hotel ist nur die Großmutter wach und macht die Rechnung, Frühstück gibt es also noch nicht. Dafür gibt es ja die Nudelstuben auf der Straße und ein wirklich gute Suppe mit Entenfleisch. Meine kleine Freundin und ich, wir biegen noch in Ninh Binh auf die Nebenstaraße nach Süden ab, hier geht es beschaulich und ruhig zu. Wenig Verkehr und angenehm viele Fahrräder, Mopeds und nur wenig Autos. Heute ist das ganze Land bis ins hinterletzte Dorf beflaggt, denn es ist Nationalfeiertag, der 65te. Vor jedem Haus steht eine rote Fahne mit gelbem Stern. Außerdem ist es der Todestag von Ho Chi Minh, der wievielte, weiß ich jetzt nicht und ich habe keine Lust zum Googeln. Im ersten Dorf gibt es einen Ahnentempel und zwar zu Ehren ho Chi Minhs, erstaunlich, ein konfuzianischer Tempel für einen Revolutionär. Hier findet dann gerade auch eine Feier statt. Vornehmlich alte Leute haben sich versammelt und halten eine Zeremonie ab. Ideal zum Fotografieren und ich fühle mich nicht als ungeladener Gast. Im Gegenteil, der „Veranstalter“ fordert eine große Gruppe von Frauen in alten Kostümen auf, sich für mich zum Gruppenfoto zusammen zu stellen. ich mache meine Bilder und bedanke mich höflich. Dann noch eine Tee und ich darf weiter.

Die Straße ist im Bau, aber die Baustelle festgefahren und nicht zu staubig. Idyllisch geht es immer an einem Kanal entlang, rechts und links viele Reisfelder und kleine lange Straßendörfer. In jedem Dorf gibt es eine Katholische Kirche, die man schon von weitem erkennen kann. Wären da nicht die Bananenstauden, könnte es sich auch um ein Dorf in Deutschland handeln, denn im nächsten Dorf wartet schon die nächste Kirche. Von weitem sind die Kirchen recht imposant, dann aber steht man vor verschlossenen Toren und sieht, wie die Farbe an der Fassade bröckelt. Von innen sind die Kirchen auch eher bescheiden, Bierzeltholzbänke, ein spartanischer Altar und eine einfache Christusfigur, also nicht der Prunk, den man in einer polnischen Kirche vorfinden könnte.

Mittag lassen wir zu Gunsten einer großen Melone ausfallen, es ist wieder heiß geworden und etwas über 32 Grad warm. nach der letzten Regenwoche in Hanoi hatte ich eher damit gerechnet, dass der Trip ins Wasser fällt und jetzt haben wir wieder solche Temperaturen.

Die Straße zwischen Phat Diem und Thanh Hoa ist idyllisch, man kommt an einer Karsthügelkette vorbei und ist immer wieder überwältigt von dem vielen grün der Reisfelder.

Leider müssen wir dann ein paar Kilometer über die A1 nach Sam Son am Meer. Da die nächsten Tage frei sind, scheinen wohl mehr Leute als sonst unterwegs. Sogar Sportradler vom Fahrradverein Sam Son sind unterwegs. Die überholen wir und wecken sofort den Jagdinstinkt der kleinen Männertruppe, die sofort aufdreht und sich die Führung wieder sichern muss.

Am Strand ist reger Betrieb, aber ich bin der einzige Ausländer im Ressort, auf baden habe ich keine Lust, aber ein kleiner Strandspaziergang ist sehr angenehm, um Leute zu gucken. in einem der nahen Restaurants gibt es dann ausgiebig Seafood, Muscheln und Garnelen, frisch und lecker, dafür lohnt sich ein Abstecher ans Meer, auch wenn man kein Strandtiger ist. Die Hotels sind eher mäßig, aber man kann ein Zimmer finden, dass sauber ist und Klimaanlage hat, auch wenn der Hotelbau schon etwas abgewrackt aussieht, obgleich noch keine 5 Jahre alt.

Der Radeltag war wunderschön und die Etappe geht ohne weitere Veränderungen ins Tourenprogramm fürs nächste Jahr, 102 km sieht zwar auf den ersten Blick recht lang aus, aber es gibt keinerlei Hügel und Erhebungen auf der Strecke und die Distanz ist damit für jedermann zu bewältigen.

127. Tag in Hanoi- Mittwoch, der 1.September 2010

Mittwoch, den 1. September 2010

Aufbruch mit Startschwierigkeiten

Eigentlich war alles gut geplant, der Busbahnhof, von dem die Busse nach Ninh Binh fahren bekannt, vorher die Radmitnahme geklärt, Ticket kann man im Bus kaufen und es gibt ausreichend Busse. Damit machen wir uns auf den Weg zur Station. Die liegt vielleicht fünf Kilometer weiter im Süden der Stadt, riechen kann man sie schon auf halbe Distanz, als wir auf den Platz einbiegen, schlägt uns ein starker Schwall Uringeruchs entgegen. Das hält aber niemanden davon ab, hinter den parkenden Bussen an flexiblen Essständen noch eine Zwischenmahlzeit einzuschieben. Meine nette Begleitung findet schnell einen Bus nach Ninh Binh, noch lehr und Start erst in 40 Minuten, dafür aber Genügend Zeit und Raum, um die Räder zu verstauen. Drinnen brüllt die Karaokeanlage, vietnamesischer Softpop und harmlose russische Stripteasetänzerinnen auf dem Bildschirm. Das dauert dann eine Stunde, bevor der Bus sich langsam füllt. Nach 90 Minuten soll es dann losgehen, aber dann stürmen drei Polizisten den Bus und alle müssen aussteigen. Wenn ich mit dem Rad gefahren wäre, hätte ich den halben Weg inzwischen hinter mich gebracht. Aber mit einer zarten kleinen Vietnamesin im Anhang, kann man auf den schönen Nachmittag nicht mal so einfach 110 km auf der Autobahn „wegschrubben“.

Also stehen wir wieder in der Busbahnhofkloake and wissen nicht wohin. Die schönen alten Busse mit Dachgepäckträger gibt es kaum noch. In die kleinen und mittleren Busse passt kein Fahrrad, nur in den großen Bussen passen die Räder in die Ladeklappe.

Ich soll mich nicht an die Polizei wenden, aber die hat uns schließlich aus dem Bus geworfen und nun weiß keiner ob, wann und wo, weitere Busse fahren. Also gehe ich der Polizei doch auf den Senkel und siehe da, man muss nur lange genug nerven, wird ein Polizist abgestellt, um uns auf den nächsten Bus zu hieven. Das dauert zwar eine knappe Stunde und davor hat sich schon eine Traube aus Menschen gebildet, aber mit der Polizeigewalt an der Seite bekommen zuerst die Räder und dann auch wir noch einen Platz. Der Bus wird kräfig aufgefüllt, drei Leute pro Sitzreihe, aber da wir ja schließlich auch noch mitdurften, verzichte ich auf den nächsten Aufstand. Die „billigen“ Plätze, also auf dem Hocker in der Mitte und als dritter Passagier kosten natürlich das gleiche und das Geld fließt direkt in die Taschen von Fahrer und Kassierer, abzüglich der Kosten fürs Bestechen der Polizei am Busbahnhof und auf der Strecke. Hier müssen dann mal schnell fünf Leute aussteigen und hinter dem Kontrollposten wieder einsteigen.

Die Fahrt im vollen Bus dauert ewig, manchmal tuckert der Fahrer nur mit 30 über die Autobahn, dann kommen auf schmalen Straßen wieder die Schuhmacher-Gene durch und ein kleines Dorf wird mit der Hupe zusammengeblasen. Kurz vor neun sind wir dann in Ninh Binh, bleibt noch Zeit fürs Abendbrot und die Dusche, denn am nächsten Morgen wollen wir zeitig los.

Langes Wochenende

Dienstag, den 31. August 2010

Ab morgen Nachmittag bin wieder ein webnig mit dem Rad unterwegs, „Schuld“ daran ist ein superlanges Wochenende, der Donnerstag ist Nationalfeiertag, Vietnam wird 65 Jahre alt, den Freitag haben wir vorgearbeitet und den Montag arbeiten wir nach. Gelegenheit für mich ein wenig am Hoch Chi Minh Pfad zu schnuppern, ob ich den Computer mitschleppe weiß ich noch nicht, dann gibt es Bilder und Texte erst nächste Woche. Bleibt mir treu!

Tomtom

125. Tag- Sonntag, der 29.08.2010

Sonntag, den 29. August 2010

Auf den Hund gekommen

Seit einer Woche regnet es mehrmals täglich und die Temperaturen sind mehr als angenehm. Man kann nachts ohne jegliche Hilfsmittel schlafen bei angenehmen 25 Grad und am Tage geht das Thermometer dann auf 30 Grad hoch. Am Samstag haben wir wieder Unterricht gemacht, also beschließe ich ein faules Wochenende und erkundige mich bei meinen Kolleginnen, wo es denn Hundefleisch verkauft wird und wo es die besten Restaurants mit thit cho, Hundefleisch gibt. Das soll im Süden der Stadt entlang der Linh Nam Straße sein. Also schwinge ich mich aufs Rad und fahre hin. Ich bin inzwischen in meiner Fahrweise auch schon ziemlich Vietnamesisch geworden, also sehr rücksichtslos und drängle, wo es nur möglich ist. Dabei habe ich festgestellt, dass man mir gezielter Rücksichtslosigkeit recht gut durchkommt. Lediglich meinen folgenden Verkehr lasse ich nicht aus den Augen und schnipsele Leuten nicht direkt in die Spur. So fühle ich mich fast wie in Berlin, einmal adrenalingeladen geht es durch die Stadt.

Für den Markt an der Lin Nam bin ich zu spät dran, hier wird schon mächtig aufgeräumt und von Hunden ist nichts zu sehen, bis auf ein paar kleine süße spielende Tölen, die aber viel zu klein und daher „für den Verzehr ungeeignet“ sind. Doch schon hundert Meter weiter gibt es ein Hundereataurant und davor wird gerade ordentlich am toten Tier gearbeitet, der Restaurantchef ist mit vielleicht zehn toten Tieren beschäftigt und schabt denen das Fell ab. An der Kehle des Tieres befindet sich ein sauberer Schnitt durch die Halsschlagader, die Tiere werden also nicht anders geschlachtet ein Huhn.

Auch hier in Vietnam gibt es eine Disskusion um das Totprügeln von Hunden und viele Restaurants wenden die Methode nicht mehr an und wenn auch nur aus ökonomischen Gründen, ein gut laufendes geschäft benötigt ein guites Dutzend Tiere am Tag und die totzuprügeln dauert schlicht und einfach zu lange.

Wenn die Tiere dann enthäutet sind, werden sie mit einer starken Flamme behandelt und gegrillt, das gibt den Tieren eine appetitlich saftige Farbe.

In den Restaurants wird folgendes angeboten, Grillspieße, Braten, Leber und „Hundewürstchen“. Letztere bestehen aber nur aus Bohnen, Erdnüssen und Schweineblut, aber die Form und Farbe erinnern dann wohl doch an die Rückstände eines Hundes mit gesunder Verdauung auf der Straße, nichtsdestotrotz sind sie lecker, wie ich im Restaurant selbst ausprobiere.

Die Grillspieße sind nicht so toll, da hier hauptsächlich minderwertiges Fleisch vergrillt wird, mit viel Fett, Sehnen und Hautresten. Der Vietnamese aber mag diese knorpelig krustige Gefühl im Mund. Mir leigt eher der Braten in dünnen Scheiben, auch hier ist das Fleisch von fett durzogen, aber sehr schmackhaft. Ein Vergleich zu anderen Tieren ist sehr schwer, hund ist eben Hund. Mein Favorit ist aber die Leber, auch in dünnen Scheiben serviert.

Das Lokal ist eher einfach, als Tischdecke bekommt man eine Zeitung und zu den ausgewählten Hundeteilen kommt eine Schale mit Gurken, stinkender Krabbensauce und verschiedene Kräuter, Zitronengras und Zitronenmelisse erweisen sich als die passendste Ergänzung zum Fleisch.

Das Mahl war recht lecker, eine gute Alternative zu Rind, Schwein und Huhn, aber es wird trotzdem nicht mein Lieblingsessen, das einzige was ich bedauere ist, dass man in einem Hunderestaurant eben nur Hund bekommt, keinen Reis und keine Schüssel gebratenes Gemüse dazu, da war mein 150 Gramm Steak von gestern Abend besser, mit richtig guten Kartoffeln, dazu viel Gemüse: Karrotten, Brokoli und Babymais und eine Flasche Champagner (Sekt im Champagne Verfahren aus Australien), selbst gekocht und natürlich mit charmanter Begleitung.

118. Tag- Sonntag, der 22.08.10

Sonntag, den 22. August 2010

Ausflug nach Duong Lam

Westlich von Hanoi, ca 50 km aus der Stadt heraus, gibt es ein kleines Dorf namens Duong Lam, ich hatte Bilder davon gesehen und eine Schülerin hat in einem Aufsatz von den alten gebäuden berichtet, also genau das richtige für einen Sonntagsausflug mit dem Moped.

Die Informationen, die ich übers Dorf finden kann sind äußerst spärlich, meistens bestehen sie nur aus grausigen Google Übersetzungen von vietnamesischen Webseiten. Die Bilder sind aber sehr verlockend.

Raus aus Hanoi geht es über die Autobahn nach Westen. Diese ist wohl schon einige Zeit in relativ fertigem Zustand und hat sechs Spuren, zumindest theoretisch. Da an zahlreiche Zufahrten und im Umfeld noch gebaut wird und es in der letzten Nacht ordentlich geregnet hat, kann man nur auf der Mittelspur fahren, links und rechts befindet sich nur eine Schlammpiste mir asphaltiertem Untergrund. Wieder ein wunderbares Beispiel für allgegenwärtige Schlamperei, da wird ein Millionenprojekt in recht ordentlicher Qualität in die Landschaft gezimmert und dann kann man es sich leisten, dieses im wahrsten Sinne des Wortes verschlammen lassen. Nach 30 Kilometern endet die Autobahn abrupt und geht in eine kleine Landsctraße über. Obwohl der verkehr nicht dicht ist, ist es hier mit dem Moped regelrecht gefährlich, vor allem wegen zahlreicher LKW, die ihre Größe gnadenlos ausnutzen und sich hupend mit hoher Geschwindigkeit eine Schneise blasen, auch in Ortschaften, in denen gerade ein Markt abgehalten wird.

Nach einiger Suche finde ich dann auch Duong Lam, die Ausschilderung war mehr als mäßig und hinter einem steinernen Tor grüßt dann ein großer Teich mit Lotus und einem Dorf mit vielen kleinen Häusern. Typisch für die Architektur sind knallrote Laterit Ziegel, die hier in der Umgebung gewonnen werden. Von den im Netz gepriesenen alten Häusern ist nicht viel zu sehen. Ab und zu ist ein alter Hof ausgewiesen, den man dann, gegen einen kleinen Eintritt besichtigen kann. Hier stehen dann bis zu 400 Jahre alte Gebäude. Über den Laterit Mauern gibt es dann schöne Dächer mir Holgiebeln aus dicken Bohlen, die das Ziegeldach tragen. Leider aber bekommt man zu wenig von den alten gebäuden mit, denn die meisten Höfe sind verschlossen, nicht gerade nett für ein ausgewiesenes Museumsdorf, an dessen Eingang Eintritt kassiert wird.

Kassiert wird dann noch ein paar Mal , auf dem Dorfplatz fürs Parken und vor jedem der kleinen Tempel, ebenso fürs Abstellen des Mopeds. Dafür sind die Tempel keine große Attraktion, nicht viel zu sehen und eher winzig. Ebenso wie die beiden Shrine in der Umgebung des Dorfes, die gleich zwei Königen, die hier geboren worden, gewidmet sind.

Trotzdem hat sich der Ausflug gelohnt, das Dorf ist ruhig und beschaulich, man kann gemütlich schlendern, bloß zu essen gibt es nix. Auf dem Dorfplatz gibt es drei oder vier Stände mit einem lausigen Tee, der dann doch nur ein Kräuteraufguss ist, aber nicht einmal eine lausige Nudelstube findet sich.

Nach einem kräftigen Gewitterguss mache ich mich auf den Rückweg. Ich suche eine kleine Straße am Ufer des Roten Flusses, die ich nicht finde, komme aber dann durch viele kleine Dörfer, in denen das Leben tobt. Die bauern kommen von den Feldern, sind mir Rädern unterwegs, treiben ihre Wasserbüffel heim und die Nachmittagssonne taucht die grüne Reisfeldlandschaft und die Bananenplatagen in tolle Farben.