Archiv: 2010 Hallo, Vietnam!

137. Tag in Hanoi-Montag, der 13.09.2010

Dienstag, den 14. September 2010

Sattelphilosophie

Der Fahrradsattel ist der wichtigste und empfindlichste Berührungspunkt zwischen Mensch und Fahrrad, das bekommt fast jeder bei seiner ersten längeren Radtour zu spüren und wahrscheinlich schon in den ersten Tagen. Das hat natürlich auch die Sattelindustrie mitbekommen und versucht nun alle Wünsche in dieser Hinsicht zu befriedigen.

Hierbei kommt es zu dem nicht erstaunlichen Ergebnis, das im gut sortierten Fahrradhandel ein breit gefächertes Sortiment an Sätteln erkaufen lässt mit Preisschwankungen zwischen 20 und 300 Euro. Meiner Meinung nach lässt sich damit aber das Problem eines schmerzenden Hinterns noch nicht lösen, denn nicht der Sattel ist das Problem, sondern das Gesäß.

Wer als untrainierter Läufer in ein Marathontraining einsteigt, rechnet mit Muskelkater und bleibt auch nicht verschont, daran führt kein Weg vorbei. Ähnlich ist es mit einem Sattel, nicht der Sattel muss eingeritten werden, sondern das Gesäß. Und aus dieser Kernthese kann ich dann meine Ratschläge zum Sattelkauf ableiten.

Natürlich gibt es Sättel, an die sich kein noch so hartgesottenes Hinterteil gewöhnt, das sicnd Sättel, die sehr weich sind und Sättel, die zu groß sind. Persönlich liebe ich richtig harte Sättel, wie Rennsättel, aber ich komme auch mit leicht gepolsterten Teilen zurecht. Wie schon gesagt, der Mensch gewöhnt sich an fast alles.

Beim Sattelkauf sollten deshalb folgende Kriterien beachtet werden. Frauen brauchen wegen der anatomischen Unterschiede eine etwas breiteren Sattel als Männer. Hoher Preis und Hochtechnologien verkürzen die Zeit des Einfahrens nicht. Ist ein Hintern und ein Sattel einmal eingefahren, sollte man bei diesem Modell bleiben.

Wer also an seinen Billigsattel gewöhnt ist und dann eine längere Radtour plant, der sollte auf keinen Fall kurz vorher einen neuen Sattel kaufen. Beim Sattelkauf das neue Teil vor dem Kaufabschluss montieren lassen und ein Runde Probefahren, möglichst am eigenen Rad. Will der Händler das nicht gewähren, dann zum nächsten Händler gehen.

Hände weg von teuren Versprechungen, oft sind Gelsättel und anderer technische Schnickschnack kein Nachteil für den Hintern, aber solche Sättel sind in der Regel sehr empfindlich, das Rad fällt einmal dumm um und der schöne neue 150 Euro Sattel ist im A…….(Eimer). Wer mit seinem einfachen Sattel zufrieden ist, hat keinen Grund zu wechseln, wer aber trotzdem sein Rad aufmotzen will, der sollte das gesparte Geld in eine gefederte Sattelstütze investieren, die schont vor allem die Wirbelsäule im Lendenbereich, hier gilt allerdings: Billig ist Schrott, aber es muss auch kein teures Karbonteilchen sein, einfach ausprobieren, es gibt ja 2 jahre Gewährleistung.

Was fahre ich nun? Auf meinen Firmentouren nehme ich den Sattel der gerade drauf ist, bei unseren „China by Bike“ Rädern ist das meist ein Standardsattel von „Giant“, so um die 15 Euro und ich habe damit keine Probleme, lediglich bei Temperaturen über 30 Grad und mehr als 100 Kilometern neigt der Sattel, oder besser mein Gesäß dann zur „Wolfsbildung“, aber das täte es unter den Bedingungen wohl bei fast  jedem andere Sattel auch. Privat und auf meinen langen Touren verbringe ich auf einem klassischen Brooks Sattel. Schmal und ungefedert, sehr hart und optimal an meinen wohlgeformten Hintern angepasst. Verschiedene Modelle sind zwischen 50 und 100 Euro zu haben. Die Sättel müssen gepflegt und gefettet werden, aber auf meinem Zweitrad fahre ich einen Brooks, den ich vor 20 Jahren vor meiner ersten großen Radtour eingeritten habe und mein „neuer“ Brooks hat auch schon wieder 30.000 km auf dem Leder.

Ich bin auch kein Fan von speziell gefütterten Radhosen, die Dinger sind schwer, brauchen nach dem Waschen lange zum Trocknen und wenn man aus dem Sattel steigt, fühlt man sich wie ein gewindeltes Baby, aber wie so alles in der Welt, die Menschen und die Hinterteile sind verschieden und so soll es auch bleiben, sonst bräuchten wir uns ja nicht mehr in den Sattel schwingen um zu gucken, was die Leute anderswo und auch ganz weit weg so den ganzen Tag lang treiben. Der beste Sattel ist und bleibt ein dickes Fell am Po.

132. Tag in Hanoi-Montag, der 6.9.2010

Montag, den 6. September 2010

Gewaltritt zurück nach Hanoi- 208 km von Cua Lo nach Ninh Binh und die letzten Kilometer mit Bus in die Hauptstadt zurück

Tatsächlich schaffe ich es schon um 3.30 Uhr aus dem Bett zu kommen und um genau 4 Uhr morgens loszuradeln, draußen ist es noch stockduster, aber ich bin nicht alleine, fast hätte ich ein paar vietnamesische Frauen mit Fahrrädern gerammt, oder sie mich. Also packe ich sogleich meine Stirnlampe aus. Es ist angenehm frisch heute Morgen, aber so richtig aufdrehen mag ich im Dunkeln noch nicht, denn ab und zu huschen Hunde über die Straße und immer mächtig knapp an meinem Vorderrad vorbei.

Bis nach Hanoi sind es 288 km, so viel bin ich an einem Tag noch nie gefahren, aber zumindest komme ich ein paar Städte näher an Hanoi heran, wo ich dann doch noch einen Bus finden kann. Die sechs Busse hier von Cua Lo waren alle ausverkauft und belegt und ich muss morgen früh wieder auf Arbeit sein.

Nach etwas mehr als einer Stunde beginnt es dann hell zu werden, ich trinke einen Kaffe und ein Red Bull und esse eine halbe Packung gitschiger Kekse dazu, auf eine Suppe habe ich noch keine Lust. Dann geht es weiter auf der A1. Zum Schutz habe ich meine Stirnlampe nach hintern gedreht und habe eigentlich auch nur selten Probleme mit dem Verkehr, aber landschaftlich ist die Strecke nicht halb so reizvoll, wie der Ho Chi Minh Pfad. Deshalb mache ich auch kaum Fotos.

In den letzten Tagen und auch heute begegnen mir wieder zahlreiche W 50 LKW. Die kommen ja alle auch noch aus der DDR und auf genau solch einem Teil habe ich fahren gelernt. Nach der Wende lief dann 1990 die Poroduktion des W 50 und seines nachfolgers L 60 aus. Während die W 50 komplett vom deutschen Straßenbild verschwunden sind ist hier noch eine große Flotte vorhanden. Schon seit den 70er jahren haben die Vietnamesen diesen robusten und geländegängigen LKW aus der DDR bezogen. Großer Vorteil des LKW mit 125 PS war seine Robustheit und geringe Störanfälligkeit, außerdem war es möglich das Fahrzeug mit Hammer und Schraubendreher schnell zu reparieren. Witzig ist vor allem, dass die nach der Wende nach Vietnam verkauften Exemplare noch manchmal die Aufschriften ihrer „Heimatfirma“ tragen, ich werde da in den nächsten Wochen auch noch Bilder dazu sammeln.

Die ersten 100 km habe ich nach 4,5 Stunden zurückgelegt und brauche nun wirklich einen Topf Nudeln und viel zu trinken.

Die zweiten hundert Kilometer laufen dann nicvht mehr so flüssig, zwar habe ich immer noch einen Durchschnitt von 23,6 km/h, aber ich brauch doch aller 25 bis 30 km eine Pause um viel zu trinken. Gegen Mittag laufe ich nach 190 km in Ninh Binh ein, leider reist hier die Wolkendecke auf und es werden schnell wieder 35 Grad. Inzwischen habe ich schon mehr als 10 Liter getrunken und wieder ausgeschwitzt, denn es war keine einziger PP Stop notwendig, erstaunlich, wieviel Wasser man hier in diesem heißen Klima umsetzt.

Nach dem Mittag fühle ich mich zwar wieder recht frisch, aber hinter Ninh Binh ist die Schnellstraße doch schon recht zerfahren und vor allem am Rande sehr holprig. Am Anfang wird gebaut und der Staub setzt mir zu, also fahre ich noch knapp 20 Kilometer weiter und nutze dann die Gelegenheit, um auf einen Bus umzusteigen.

Zwar reicht es heute nicht für einen neuen Rekord (das wären mehr als 222 km gewesen), aber 208 km um 14 Uhr mit einem einfachen MTB, Stollenreifen und ca.15 kg Gepäck sind nicht ganz schlecht. Wenn das Wetter kühl geblieben wäre, dann hätte ich mich noch bis Hanoi geschleppt, aber ich bin die Strecke ja auch schon gefahren.

Am Abend geht es dann in mein Bia Hoi, um dem Körper auch noch die fehlenden Kohlenhydarate und Minerale wieder zuzuführen und recht zeitig ins Bett, denn ich bin ordentlich müde.

131. Tag in Hanoi- Sonntag, der 5.9.2010

Sonntag, den 5. September 2010

Reisernte und zurück ans Meer, 123 km von Thai Hoa nach Cua Lo

Da habe ich heute einen langen Tag vor mir und breche zeitig auf, währen meine kleine Freundin noch ein wenig weiter schlummern darf. Ohne Frühstück bin ich um 6 Uhr auf der Straße und wieder aus der Stadt hinaus und biege dann wieder auf den Ho Chi Minh Pfad. Auch heut ist die Piste wieder toll und es geht zahlreiche kleine und mittlere Hügel hinauf und hinunter. Ich teile mit die morgendliche Straße mit hunderten von Radfahrern, die Schüler sind auf dem Weg in die Schule, warum am Sonntag, das weiß ich nicht, aber in kleinen und großen Gruppen kommen mir die Mädchen und Jungen meistens in ihren Pionierunformen entgegen. Sehr angenehm ist, dass sich keine Radler abn mich hängen und versuchen ein Rennen mit mir zu faghren, den meist ist es recht nervig, wenn ein Einheimische auf einer klappernden und quietschenden Mühle schwer keuchend am Hinterrad klebt. Meist reicht es dann zwar einen Gang schneller zu schalten oder am nächsten Hügel einen kurzen Sprint einzulegen, aber eigentlich will ich ja lieber in Ruhe vor mich hinfahren und die Landschaft genießen. Auch wenn der heutige Morgen wieder etwas trübe ist, sind Berge und Hügel um mich herum grün und grüner und der Morgennebel hängt an einigen Stellen fest. Leider ist es ein wenig zu grau und es fehlt an Kontrasten, um die Stimmung fotografisch einzufangen.

Aber das ist ja auch alles nicht so schlimm, denn spätestens im Februar bich ich je wieder hier und es bleibt die Aussicht auf weitere schöne Bilder.

Nach knapp zwei Stunden bin ich in Tan Ky, welches vermutlich dann im Februar auch ein Etappenort ist Tan Ky, wieder eine kleine Stadt ohen größere Charakteristik und es gibt auch nur wieder eine Herberge, in der man recht ordentlich übernachten kann. Am Kreisverkehr im Zentrum mache ich Pause und esse meine morgendliche Nudelsuppe nach 44 Kilometern, das geht wirklich wunderbar morgens loszufahren und dann nach zwei Stunden erst zu frühstücken. Natürlich kann ich das nicht machen, wenn ich mit Reisegruppen unterwegs bin, so manch einer würde sich da gleich am ersten Hügel unterzuckert fühlen und das obwohl mehr „Reserven“ am Körper hängen als bei mir. Manchmal erstaune ich über mich selbst, wie man seine Mahlzeiten reduzieren kann, ohne abzunehmen und ohne an körperlicher Leistungsfähigkeit zu verlieren.

Von Tan Ky biege ich nach Osten ab und verlasse den Ho Chi Minh Pfad für jetzt und heute. Im Oktober werde uich ier oder ein Stück weiter südlich wieder einsetzen und den „Rest“ des Weges bis nach Saigon erkunden.

Jetzt komme ich aus den Zuckerrohrgebieten wieder heraus und bin wieder mitten in den Reisebenen. Und ich bin doch schon ein Stück südlicher, als noch vor zwei tagen, denn hier ist die resernt in vollem Gange und so gibt es mehr als genug zu sehen.

Karren mit Wasserbüffel und großen Ladungen Reisstrog obenauf sind mein ständiger begleiter auf der Straße. Auf den Feldern ist ein großes Gewusel an Menschen, mit Sicheln wird der reis geschnitten und an vielen Stellen dann auch gleich vor Ort gedroschen. Dafür gibt es Maschinen, die von einem kleinen Motor betrieben werden. In großen 50 kg Säcken wird dann der Reis abtransportiert, allerdings ist der Reis noch nicht weiß, sondern ungeschält, wie man ihn in Bioläden mitunter zu kaufen bekommt.

Teile der Straße werden zur Trockenfläche für Reisstroh umfunktioniert und hier bekommt man wirklich eibn Bild vom Fleiß der Vietnamesen und im Momnet scheinen wirklich alle eingespannt, denn man sieht nirgends Gruppen von Leuten in Teehäusern oder Nudelstuben, die stundenlang mit Nichts beschäftigt sind.

Während ich meine Fotos mache versucht ein alter Bauer mit mir zu kommunizieren, zeigt auch mein Fahrrad und sagt „Charasho“. Leider ist dieses „Gut“ das einzige russische Wort, welches er noch kann, aber wir haben dann doch eine kleine Konversation und unterhalten uns über andere gute Dinge, ich zeige auf den Wasserbüffel und sage dann „Con Tschau, charashow“ und so geht es dann noch eine ganze Weile lachend weiter.

Kurz bevor ich die A1 erreiche brauche ich dann noch eine Nudelsuppe und das ist die schlechteste, die ich in den letzten fünf Monaten gegessen habe, trotz kräftigen Hungers lasse ich die Hälfte stehen und das Fleisch in der Suppe sah auch nicht sehr frisch aus.

Da ich heute leider die Abkürzung übers Land nicht gefunden habe, muss ich 20 km über die Hauptstraße, es geht trotz des verkehrs recht gut, allerdings ist es nich halb so interessant. Inzwischen ist meine kleine freundin schon am Ziel angekommen, aller dings gibt es für morgen keine Bustickets anch Hanoi mehr.

Ich freunde mich schon einemal mit dem Gedanken an, morgen sehr zeitig loszufahren und einen guten Teil der Strecke zu radeln, vielleicht sogar die ganze Strecke, es sind ja „nur“ 288 Kilometer bis Hanoi.

In Cua Lo siehrt es etwas besser aus als an dem Strand von Sam Son, die Hotels machen keine so herunter gekommenen Eindruck und mein Zimmer ist auch recht angenehm. Am Strand gibt es kaum Leute, denn das Wochenende ist ja schon wieder vorbei. Dafür treffen wir einen einzigen Deutschen am Strand, etwas zurückgezogen auf einem Liegstuhl mit einem Bier in der Hand. Wir gesellen uns dazu und beobachten interessiert das einzige Pärchen am Wasser. Ein junge Frau und ihr Freund. Dieser muss ständig Fotos machen, sie posiert bis zum Umfallen, ist aber dann unzufrieden und dann beginnt die nächste Fotorunde. nach 20 Minuten ist alles verbracht uns sie stapft zur Uferpomenade, der Freund, beladen mit Kamera, Badetüchern und Schwimmreifen trabt 5 Meter hinterher.

Alles in allem ist der Strand ich Cua Lo schöner als der von Sam Son, aber der feierwütige Backpacker wird wohl trotzdem enttäuscht sein, denn hier kan man nichts anderes tun als Baden, am Strand sitzen und recht ordentlich essen, keine Vollmondpartys und kein Kiffen am Strand.

Während sich eine dunkle Wolkenfront zusammen zieht und sich dann auch kräftig ausschüttet, sitzen wir in einem der Restaurants an der Strandpromenade und genießen frische Garnelen und eine leckere Suppe zum Reis. Dann geht es schon wieder zurück ins Hotel, denn es gießt immer noch in Strömen und sieht auch nicht so aus, als ob es nachlassen möchte und ich will wirklich morgen früh schon um 4 Uhr losfahren.

130. Tag in Hanoi – Samstag, der 4.9.2010

Samstag, den 4. September 2010

Auf dem Ho Chi Minh Pfad! -60 km von Yen Cat nach Thai Hoa

Da bin ich nun ebndlich auf dem Ho Chi Minh Pfad, eigentlich sollte meine kleine Freundin heute auf den Bus steigen, aber als wir um halb sieben auf die Straße kommen, war dieser schon lange weg, der einzige Bus nach Süden fährt nur um 5 Uhr morgens. Eigentlich fühle sie sich aber schon wieder ganz gut und will dann doch radeln.

Die Straße hier ist einfach fantastisch, etwas, woran sogar Rennradfahrer ihre Freude hätten, die Asphaltdecke ist kein Jahr alt, also in Topzustand und es gibt so gut wie keinen Verkehr, zumindest keinen Autoverkehr, nur wenige LKW, ein paar Mopeds und ein paar radelnde bauern, die ins nächste Dorf wollen.

Das Höhenprofil ist angenehm, es geht hügelig durch schöne Landschaft, von weitem sehen die hohen Hüggelketten erst einmal recht beängstigend aus, aber dann geht es doch nur 50 Höhenmeter hinauf und zwischen zwei Hügeln hindurch wieder nach unten.

Vom tropischen regenwald ist hier noch nicht viel zu sehen, es dominieren Zuckerrohr und Maniokplantagen und ein wenig Gemüs und Reis dazwischen. Die versorgungslage auf der Strecke hier ist nicht gerade ideal, aber aller 5 bis 10 Kilometer trifft man dann doch eine Pho-Bude, wo man eine Nudelsuppe bekommen kann und ein paar kalte Getränke. Nach vuielleicht 40 Kilometern wird das Knie meiner Freundin dann wieder zur Plage und die Sonne knallt auch recht unbarmherzig, so dass ich ihr nach weiteren 10 Kilometern der Quälerei einen fahrbaren Untersatz verodne. Außerdem hat sie Krämpfe in den Händen von der Hitze, wohl ein Mineralemangel.

Wir finden dann auch heute recht zügig den Besitzer einer kleinen Mopedwerkstatt, der bereit ist Nga bis zur nächsten Arztpraxis zu fahren, damit das knie dort untersucht werden kann. Ich werde die sieben Kilometer bis dorthin dann mit beiden Rädern fahren. Das geht auf der guten Straße noch fast ohne Probleme, aber dann will er eine Abkürzung über einen feldweg nehmen und da kann ich natürlich kein zweites Rad führen.

Also zurück auf die Hauptstraße und bis zum Abzweig in die Stadt, das Moped ist schon vorgefahren und so biege ich natürlich in Richtung Stadt ab, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass die beiden geradeaus gefahren sein könnten. Mit zwei Rädern ist es kein Problem die Hügel hinauf zu kommen, schwieriger ist dann die andere Seite abwärts, denn das geführte rad lässt sich ja von mir nicht bremsen und will ständig auf und davon. In der Mitte der Stadt bekomme ich dann den Anruf mit der Frage, wo ich sei. Natürlich in der Stadtmitte, aber das Moped war natürlich doch geradeaus weiter gefahren, die Arztpraxis zu und der Fahrer entfleucht, ohne sich auch nur einen Gedanken darüber zu machen, wo ich denn abgeblieben wäre. Meine freundin läuft dann mit ihrem kaputten Knie drei Kilometer wieder zurück zur Kreuzung und erwischt dann einen Kleinbus aus einer anderen Richtung, der auch in die Stadt will.

Für heute ist natürlich erst einmal Schluss mit dem radeln und auch für morgen verordne ich ihr den Bus, allerdings gibt es wieder einmal keinen, der von hier aus der Ho Chi Minh Straße folgt.

Also plane ich um, ich will nur noch die nächste Stadt erkunden, da diese ein weiterer Etappenort ist und dann wieder hinunter zum Meer fahren. Meine freundin kann die kürzere Strecke mit dem Bus nehmen bis zur A1 und dann noch 8 km mit dem Bus in einen kleinen Badeort am Meer fahren. Ich werde dann eine schöne Schleife von 130 km fahren und am Nachmittag dann auch dort eintreffen.

In vietnamesischen Kleinstädten gibt es abends nichts mehr zu tun, es gibt vielleicht ein paar langweilige Cafes, aber kein Zentrum oder etwas Interessantes in irgendeiner Richtung. Und auch das einzige richtige Restaurant befindet sich im Hotel, auf der Straße findet man kaum etwas anderes als Pho-Buden. Wieder also ein Tag, um zeitig ins Bett zu gehen und dann zeitig am nächsten Morgen zu starten.

129. Tag in Hanoi- Freitag, der 3.9.2010

Freitag, den 3. September 2010

Jubel und Enttäuschung an der Ho Chi Minh Straße-75 Kilometer von Sam Son nach Yen Cat

Heute haben wir die Wahl zwischen der Hauptstraße oder einem „Shortcut“. ich wäre kein echter „China by Biker“, wenn ich mich nicht für die Nebenstrecke entscheiden würde. Am Anfang geht es direkt am Meer entlang. Leider sieht man dieses nur ab und zu durch die Bäume schimmern, aber der Geruch nach salziger Seeluft ist einzigartig. Die Straße führt von Dorf zu Dorf und die Versorgungslage ist fast besser als an der Hauptstraße. An jeder kleinen Kreuzung gibt es ein paar Läden mit Getränken.

Der „Shortcut“ von der A1 führt dann auf einem schmalen Weg am Fluss entlang, dann wird es ein Feldweg, der im Zickzack durch die Reisfelder führt. Man kommt nur langsam vorwärts, aber man fährt den Bauern fast durchs Wohnzimmer. Es gibt viel zu Gucken und zu sehen, auch für die Bauern, denn Rad fahrende Ausländer kommen hier nur alle 15 Jahre vorbei, aber vielleicht im Februar schon wieder, wenn ich meine Gäste hier entlang führen kann. Leider hat meine kleine Freundin Pech und fährt in ein Loch und stürzt. Sie war zwar nicht schnell, aber für ein paar Schürfwunden und ein dickes Knie reicht es. Die Pedale kann im nächsten Dorf sofort wieder gerichtet werden, aber das Knie bleibt trotz Kühlung dick und schmerzt. Wir schaffen es aber bis ins nächste Städtchen und hier gibt es erst einmal Mittag, Reis und gebratenes Gemüse mit Reis. Im Lokal kann man sich auf ein paar Strohmatten ausstrecken und ein Nickerchen über die heißen Mittagsstunden halten. Dann soll meine kleine Freundin eigentlich auf den Bus steigen, aber es gibt keinen hier auf der Nebenstrecke. Die wenigen LKW sind beladen und in die ebenfalls spärlichen PKW passt kein Rad. Also radeln wir langsam weiter. Gegen Abend schmerzt das Knie aber noch mehr und so versuchen wir für die letzten Kilometer ein Xe Om, ein Mopedtaxi zu finden, aber die Leute haben die doppelte Preisvorstellung, wie in Hanoi, also radeln wir eisern weiter.

Fünf Kilometer vor dem Ziel werden die kleinen Hügel aber zu mittleren Bergen, aber auch hier hat niemand Interesse und obwohl meine Freundin Schmerzen hat, will niemand helfen. Wir sprechen vielleicht zehn Mopedfahrer an, acht wollen gar nicht fahren, Frau plus Fahrrad, das geht nicht. Und das in einem Land, wo sechs Personen, oder ein ausgewachsenes Rind oder sechs Schweine auf einem klapprigen Moped transportiert werden können. Die anderen beiden wollen fast 10 € für die vier Kilometer. Also schieben wir noch zwei Kilometer, dort trifft die Nebenstraße auf den Ho Chi Minh Pfad, der eine gut ausgebaute Trasse ist, allerdings fast ohne Verkehr. Auch hier zeigen wieder ein paar Mopedfahrer gesteigertes Desinteresse an einem 10 Minuten Job, doch endlich rettet eine Vietnamesin mit Kind die Ehre des Landes. Sie sieht meine leidende Freundin und ordnet ohne zu fragen an: Kind nach vorn, Freundin nach hinten, Fahrrad verkehrt herum dazwischen. Das ist der Pragmatismus asiatischer Länder, den ich liebe. Doch in diesem Augenblick stoppt doch noch der einzige Bus, der heute noch fährt. Wir bedanken uns noch einmal bei der Mutter mit Kind und ich komme nicht umhin, den beiden gelangweilten Xe Om Fahrern den Finger auszuklappen, denen die Geste allerdings nichts sagt.

Ich husche dann über den letzten Berg und genieße von oben eine tolle Aussicht übers Hügelland. Das Hotel ist erstaunlich angenehm für ein winziges Städtchen. Acht Dollar kostet das große Zimmer mit zwei riesigen betten, es gibt sogar Klimaanlage, das Zimmer ist sauberer als das in Sam Son und essen gibt es im Restaurant. Da wir die einzigen Gäste sind, such ich in der Küche ein wenig herum und finde Auberginen, dazu Schweinefleisch, eine Tomate, Zwiebeln, Knoblauch und Zitronengras. Das stelle ich dem Koch auf den Tisch. Meine Freundin erklärt kurz, was er machen soll, dann schlägt der skeptische Gesichtsausdruck in Eifer um und er zaubert ein frisches Gericht aus den Zutaten, fast schon chinesisch, aber doch südostasiatischer Einfluss, wegen des Zitronengrases und dem Limettensaft- Cross Over auf dem Ho Chi Minh Pfad.

Die Strecke war heute sehr abwechslungsreich, am Anfang die tolle Seeluft, dann querfeldein und zum Schluss sanfte Hügel und kleine Berge. Enttäuscht hat mich die Gefühllosigkeit und mangelnde Hilfsbereitschaft, hier ist in den letzten Jahren wohl einiges verloren gegangen, hier zählt nur noch der Dollar und das sind nicht mehr die Vietnamesen, die die Amerikaner in den Hintern getreten haben. Dies erinnert mich ein wenig an China vor vielleicht 15 Jahren, als sich dort ebenfalls eine Abzockermentalität durchgesetzt hatte und es nur noch um Geld ging, am besten ohne irgend einen gegenwert dafür zu erbringen, aber das hat sich glücklicherweise geändert und ich denke auch das wird hier im Lande noch passieren (müssen).