8.Tag: The Dao is silent and the streets are so noisy
Samstag, den 13. Februar 2010Tagesausflug zum Weibaoshan, einem daoistischen heiligen Berg, 26 km mit dem Tag, 600 Höhenmeter und Wanderung auf dem Berg, sonnig und windig bis 20 Grad
Morgens ziehen wir in der Frühe los und tragen fast wieder alle verfügbaren Sachen am Körper, doch gleich hinter der Stadt beginnt der Anstieg zum Weibaoshan, einem daoistischen heiligen Berg und so pellen wir uns recht schnell Schicht um Schicht aus.
Dem Daoismus geht es hauptsächlich um den Einklang des Menschen mit seiner Umwelt und der Natur, dewshalb liegen viele daoistische Heiligtümer in landschaftlich reizvoller Umgebung. Auch der Weibaoshan liegt am Rande einer Berglandschaft, es gibt viele Kiefernwälder und eine Menge alter tempel rund um den Gipfel des Berges. Doch zuvor geht es erst einmal 600 Höhenmeter mit dem Rad in engen Serpentinen straff nach oben, bis wir den Eingangsbereich in 2200 Meter Höhe erreichen.
Von dort geht es dann auf Treppenstufen weiter nach oben und wir erreichen einen ersten Tempel. Um den Tempel herum gibt es knorrige alte Bäume und zwei oder drei Nonnen bewirtschaften den kleinen Komplex. In der Haupthalle thronen Himmelsgötter und im Hof ist es gemütlich unaufgeräumt. Dafür gibt es viel Blumenschalen und einiges blüht und grünt in voller Pracht. Gleich 100 Meter weiter der nächste Tempel mit imposanten Wandmalereien mit Drachen und Tigern, vor dem Eingang alte Löwenfiguren, schon ganz grün vom Wetter und Wind und dieser bläst auch heute wieder recht kräftig.
So geht es Schlag auf Schlag und ein Tempel folgt dem anderen, insgesamt befinden sich 22 kleine tempelkomplexe hier am Berg. Und nicht wie viele andere chinesische Sehenswürdigkeiten ist hier alles wirklich richtig alt und nicht Qing Dynastie. In China ist fast alles aus der Qing Dynastie und die ging bis 1919, die Tempel hier sind aber späte Ming und es gibt einen über 400 Jahre alten Kamelien-Baum aus dieser Zeit. Dieser ragt weit über den Tempel hinaus und steht in leuchtend roter Blüte.
Was es nicht gibt auf dem Berg sind Restaurants, nicht ein einziger kleiner Kiosk und so erreichen wir recht hungrig den höchsten Tempel auf 2570 Metern Höhe. Die beiden Nonnen, 73 und 80 Jahre alt, bieten uns jedoch Tee und eine Schüsseln Nudeln an, was wir natürlich nicht abschlagen können. Zu den Nudeln gibt es etwas eingelegte Gemüse und frisches Grün und es ist einfach superlecker.
Danach genießen wir es einfach noch in der Sonne zu sitzen und die Ruhe im Tempel zu genießen. Draußen im Rest der chinesischen Welt wird geballert was das Zeug hält, denn heute um Mitternacht beginnt das neue chinesische Jahr, diesmal das Jahr des Tigers. Der chinesische Kalender kennt 12 Tierkreiszeichen, die sich alle 12 Jahre wiederholen. So braucht man in China niemandem sein Alter zu verraten, sondern man teilt seinem Gegenüber einfach nur das Tierkreiszeichen seines Jahres mit und die Chinesen rechnen dann ganz fix selbst das Alter aus.
Doch all das liegt 900 Höhenmeter unter uns im Tal. Wir bedanken uns mit einer Spende für den Tempel bei den netten alten Nonnen und machen uns dann wieder auf den Rückweg. Und richtig hier unten tobt der Bär, überall wird geballert und geknallt, dafür haben alle Läden geschlossen und ich sehe schon Probleme, heute irgendwo ein Restaurant für den Abend zu finden, denn alle Chinesen versuchen diesen Abend in der Familie zu verbringen. Gegen Abend wird Jiaotze geknetet und gefüllt, das sind kleine fleischgefüllte Teigtaschen und die werden dann kurz nach Mitternacht gegessen.
Nach der Dusche im Hotel ziehen wir dann gleich wieder los. Tatsächlich sind fast alle Läden geschlossen, nur die Feuerwerkstände feiern Hochkonjunktur und ein paar wenige Läden mit Schnaps und Tabak haben noch geöffnet. Doch wir haben Glück, denn auf dem großen Platz baut gerade wieder der Grillstand auf. Die Feuerwerker um uns herum knallen immer heftiger und manchmal kommen wir uns vor wie auf einem Kriegsschauplatz. Es gibt eine Sorte Böller, die so laut knallt, dass die Alarmanlagen der Autos noch 50 Meter weiter angehen. Auch lieben die Chinesen die Serienknaller, die sind zwar nicht so laut, klingen aber wie ein Sperrfeuer aus fünf Maschinengewehren.
Nach dem üppigen Grillmahl ziehen wir uns dann auch wieder ins Hotel zurück, denn die Ballerei ist nicht ganz ungefährlich. Auch die Polizei dreht in einem Elektrokarren mit fünf Mann Besatzung ihre Runden und behält die Leute im Auge. Auf dem Rückweg nehmen wir uns dann noch ein paar von den Megaböllern mit und zünden zwei davon im Hotelhof, was die Wirkung noch verstärkt, die restlichen drei Böller, beschließen wir dann, werden wir irgendwo unterwegs zünden.
Nach Mitternacht klingt es draußen wie Weltuntergang, über der ganzen Stadt liegt ein einziges lawinenartiges Getöse und irgendwo gibt es jetzt auch ein Feuerwerk und gute zwanzig Minuten steigen bunte Feuerblumen in den Himmel. Gegen 1 Uhr ist dann das Jahr des Tigers ordentlich eingeweiht und es wird ruhiger auf den Straßen und auch ich komme endlich zum Schlafen.