21. Tag: Ein wahrhafte Königsetappe
Samstag, den 17. Oktober 2009108 Kilometer von Tongren nach Xiahe über drei Pässe bei gutem Wetter, erfrischenden 0 bis 12 Grad und rekordverdächtige 2006 Höhenmeter Kletterei
Sieben Uhr ist es draußen verdammt kühl, ein halbes Grad über Null zeigt das Thermometer, doch wir müssen zeitig los, denn heute erwarten uns hohe Berge und eine lange Strecke. Am Anfang geht es über kleine Hügel wieder das Tal hinunter. Über der Stadt und den kleinen Siedlungen hängen dicke Dunstglocken, denn geheizt wird hier hauptsächlich mit Yakmist und der räuchert unwahrscheinlich. Wir verlieren noch einmal 200 Höhenmeter und sind dann „unten“ auf 2300 Metern. An unserem Abzweig findet sich eine Nudelstube und wir tanken noch Wasser und Kekse, dann geht es im Nebental bergan und es kommt wieder etwas Leben in die Fingerkuppen. Ein wenig später schafft dann auch die Sonne den Sprung über den Kamm der Berge und dann können wir uns der dicken Sachen erledigen. Von Anfang an geht es straff aufwärts, ab und an kommen wir durch ein kleines tibetisches Dorf. Die kleinen Höfe sind von hohen Lehmmauern eingefasst und nur ab und an kann man von der höher gelegen Straße einen kleinen Blick in den Innenhof erhaschen. Meistens gibt es ein Gebäude mit Wintergarten, der Lehmgrund ist sauber gefegt und an den Wänden kleben Yakfladen zum Trocknen.
Etwas weiter oben fahren wie durch ein schönes Tal mit viel Tannenwald, sehr lieblich und mit leichtem Rückenwind wirklich gut zu fahren. Schon gegen 11 Uhr sind wir am ersten Pass mit nur 3320 Metern Höhe und dahinter liegt weites Grasland, ich befürchte, dass dies noch nicht der Hauptpass ist. Nach einer kurzen Abfahrt in das kleine Städtchen Repung bewahrheitet sich meine Vermutung. Der Pass liegt noch 10 Kilometer hinter der Stadt. Recht gemütlich schraubt sich der Weg nach oben und wir erreichen wieder einmal 3650 Meter. Auf beiden Seiten liegt weites Grasland und überall in den Bergen gibt es weiße Punkte von Schaf und Ziegenherden. Unten im Tal dominieren große Yakherden. Bis auf 3300 Meter Höhe wird Landwirtschaft betrieben. Die niedrigeren Felder sind bereits abgeerntet, aus den höheren Feldern arbeiten die Frauen mit sicheln und binden die abgeschnittenen Halme zu großen Garben.
20 Kilometer müssen wir überunasphaltierte Piste, aber es geht abwärts und so lassen wir die Räder laufen und rumpeln über die Löcher. Das rächst sich dann bei Andreas Rad, der auch mit 28’ fährt und nicht wie Thomas und ich mit 26’ und eine Speiche fliegt heraus und er muss den Rest des Tages mit einer kräftigen „8“ leben.
Am späten Nachmittag erreichen wir wieder eine kleine Stadt, bis Xiahe, unserem Zielort sind es nur noch 25 km, aber es geht noch einmal über einen Pass. Der zieht sich dann endlos in die Länge und wir sind wirklich froh, als wir gegen halb sechs Uhr die Passhöhe mit 3350 Metern erreichen. Hinter uns können wir noch einmal einen wunderbaren Blick über die weite grüne Ebene werfen und dann packen wir uns ein für die Abfahrt. Eine halbe Stunde später rollen wir dann im Ort Xiahe ein und finden auch schnell ein Hotel. Der Höhenmesser zeigt, dass wir mehr als 2000 Meter heute geklettert sind und so fühlen wir uns auch, nicht sonderlich schlapp, aber ausgelaugt und ein wenig unterkühlt. Dementsprechend faul sind wir dann nach einem dünnen heißen Duschstrahl und bleiben im mäßigen Hotelrestaurant. Danach geht es gleich ins Bett, zumal die Zimmer nicht geheizt sind und draußen schon wieder alles in eisiger Kälte erstarrt.