Archiv: 2008 Athen-Peking

Mittwoch, 27.2. von Pili nach Kalambaka und Rundtour um die Meteoren, 55 km, 630 Höhenmeter: “Historische Ausblicke“

Sonntag, den 2. März 2008

Es ist Nachmittag, die Sonne scheint mir angenehm auf die Nase, und ich trinke einen Espresso nach dem anderen. So sitze ich auf dem Marktplatz von Kalambaka, hinter mir das gigantische Sandsteinmassiv der Meteora, habe mein Notebook aufgeklappt und komme endlich dazu ein paar Aufzeichnungen nachzuholen.

Gemütlich haben wir den heutigen Tag angehen lassen, morgens noch die alte Kirche von Kalambaka an der Porta Panagia besichtigt. Gemütlich kam ein älterer Mann angeschlürft mit einem riesigen Schlüssel und öffnete uns die Pforten zu dem alten byzantinischen Gebäude, gebaut aus riesigen Steinquadern, die einstmals zu spätantiken Gebäuden gehörten und dann während des Baues der Kirche recycelt wurden. Gleich neben der Kirche sprudelt eine muntere Quelle mit erfrischendem Wasser, mit dem ich meine Flasche für den heutigen Tag befülle.

Der heutige Fahrtag mit nur knapp 30 Kilometern und nur wenigen kleinen Steigungen ist in zwei Stunden hinter uns gebracht, es geht durch eine Ebene mit kleinen Dörfern und blühenden Obstbäumen und schon auf große Entfernung tauchen am Horizont große Felsblöcke in der Landschaft auf, die Meteoren, benannt nach den einstmals 24 Klöstern, die auf den verschiedenen Gipfeln in mühsehlicher Arbeit errichtet wurden und die dort sozusagen schweben und damit dem Ort den Namen gegeben haben. Von Kalambaka am Fuße des Massives ist jedoch nur eins dieser Klöster zu erkennen. Im Hotel gibt es wieder einmal kein Internet, es ist am verzweifeln, mein Blog und auch der der gesamten Reise hat immer noch Athen als letzten Eintrag. Doch im Dorf soll es Internet Cafes geben und ich überlege kurz, ob ich die Rundfahrt zu den Meteora Klöstern nicht mitmache, doch die Felsen thronen so imposant über der Stadt, dass ich mich gar nicht ausklinken kann.

Der Anstieg nach oben ist nun doch etwas für die Bergfanatiker unter uns und so steigen ganze 10 Leute in Kostas’ Bus, der eigentlich nur 9 Plätze hat und sieben von uns jagen die fast 400 Höhenmeter auf nur 4 oder 5 Kilometern hinauf. Ich brauche nicht hinterherzufahren und bleibe vorn bei Rene, unserem Schweizer Fahrer, traue mich aber nicht zu überholen, da ich mit meinem Tempo schon fast am Limit bin und mir nicht ganz sicher bin, wie es bei ihm steht.

Kaum kommen wir um die erste Kurve, öffnet sich auch der Blick auf die anderen Klöstern, wie Schwalbennester kleben sie am Berg, einige auch auf Steinnadeln wie im sächsischen Elbsandstein. Ohne Weg und ohne Zugang waren die meisten der Klöster in früheren Zeiten, von denen noch sechs heute in Betrieb sind und das Baumaterial und später die Mönche und Besucher wurden in Netzen mit Seilen hoch gewunden. Heute führt jedoch eine Straße durch die Berge und über steile Treppen erreicht man die festungsgleichen Gemäuer.

Vorher gibt es jedoch noch ein Picknick mit großartiger Kulisse, vier der schwebenden Klöster im Hintergrund, danach verabschiede ich mich und sause zurück in die Stadt, natürlich nicht ohne einige Fotostops.

Auf dem Markt sitzend schreibe ich die letzten Tagebucheinträge „rund“, sortiere meine Bilder, nicht ohne ab und zu einen Schluck Espresso zu trinken und die atemberaubende Atmosphäre hinter mir zu genießen. Dann geht es weiter in das Hotel in dem Hubert abgestiegen ist. Er hat heute einen Arbeitstag eingelegt und gemeinschaftlich blockieren wir die beiden einzigen Internetzugänge des Hotels. Genau 19.30 Uhr tauche ich dann ungeduscht und immer noch in Fahrradkleidung wieder bei der Gruppe auf und wir ziehen sofort los zum Abendbrot. Fix und fertig falle ich danach, natürlich nicht ohne noch zu duschen, ins Bett, froh einiges an Arbeit geschafft und trotzdem die „Sights“ des Tages mit erlebt zu haben.

 

Dienstag, 26.2. von Lutra Ipatis durch die Ebene von Thessalien nach Pili, 125 km, 1134 Höhenmeter:“Der erste Tag ohne Ulli“

Mittwoch, den 27. Februar 2008


Der Tag beginnt traurig, unser Künstler, Lebenskünstler und gute Laune Tank verlässt uns, nein Ulli hat nicht aufgegeben, Ulli muss einen Abstecher nach Mexiko machen, Familienangelegenheiten, ein schöner runder Geburtstag, und in spätestens zwei Wochen ist er wieder zurück. Doch bis dahin wird er uns mächtig fehlen, aber es ist auch ganz gut für Ulli, der in einer nächtlichen Aktion im Foyer des Hotels seine sechs großen Taschen sortiert hat und sich nun etwas erleichtern kann. Sein Fahrrad führen wir natürlich bis dorthin auf dem Trailer mit.

Heute ist es ziemlich frisch, 4 Grad über Null zeigt das Thermometer, aber es scheint wieder einmal ein grandioser Tag zu werden, denn kein Wölkchen trübt den stahlblauen Himmel. Auf einem holprigen Schotterweg geht es am Anfang vorbei an Baumwollfeldern, Obstgärten und knorrigen Platanenhainen. Dann kommen wir wieder auf die Straße zurück und klettern den nächsten Berg hinauf. Es ist ein schöner Berg mit grandiosen Ausblicken, nicht zu steil, aber auch nicht ganz ohne Anstrengung zu fahren. Auf der anderen Seite beginnt die Ebene von Thessalien noch etwas hügelig und an einem kleinen Stausee machen wir dann unser übliches mittägliches Picknick. Die Hälfte des bis dato längsten Tages ist geschafft und ein Großteil der Höhenmeter liegt hinter uns und alle sind noch guter Laune.

Am Nachmittag kommen wir alle ganz gut zurecht mit dem Windschattenfahren, das Feld hat sich in zwei Gruppen aufgeteilt, die einen ein wenig schneller und die anderen ein paar hundert Meter hinterher. Dieter, unser ältester und erfahrenster Radler, spendet der zweiten Gruppe Windschatten und ein angenehmes Tempo und so ist recht schnell die 100 km Marke erreicht. Danach wird es für einig noch etwas anstrengend, denn nach dem langen Sitzen tut doch der Po am Abend etwas weh. Doch trotz der 125 km Etappe sind wir noch im Hellen am Hotel und allen ist die Angst vor der Megaetappe am übernächsten Tag genommen.

Das Hotel ist sehr angenehm, schöne Zimmer mit guter Sicht auf den Eingang in eine schmale Schlucht, über die eine alte gemauerte Einbogenbrücke führt, die gut und gerne hätte auch im alten China stehen können.

Leider gibt es im Hotel wieder kein Internet, aber große Waschbecken und eine große Heizung in den Zimmern, so dass ich mir einen Waschtag verordne, was mich bis zum Abendbrot in der nahe gelegenen Taverne beschäftigt. Obgleich des langen Tages ist die Stimmung beim Essen locker und gelöst, wahrscheinlich, weil wir am nächsten Morgen etwas länger schlafen können und uns nur eine kurze Etappe erwartet.

Montag, 25.2.2008, von Amfiklia über den Kallidromo Berg nach Loutra Ipatis, 90 km, 1400 Höhenmeter:“Verluste an den Themophylen“

Mittwoch, den 27. Februar 2008


Bis zum Ruhetag am Ende der Woche liegen noch einige schwierige und eine „Hammeretappe“ vor uns und heute ist die Feuerprobe, wie gut unser Team inzwischen in Schwung gekommen ist. Laune und Wetter stimmen erst einmal am Morgen als wir relativ zeitig aufbrechen und uns eine kleine Bergsstraße hinauf und hinunter bewegen. Die Sicht ist in alle Richtungen grandios. Rechts neben uns leuchtet der schneebedeckte Parnassos und auf der anderen Seite erhebt sich hinter einer Ebene der Kallidromo Berg. In einem kleinen Dorf wird Frank entführt, eine Griechin packt ihn an der Hand, zerrt ihn eine kleine Gasse hinauf und die beiden verschwinden hinter einer Tür. Nach einigen Minuten taucht Frank mit einer Tüte in der Hand wieder auf, darin drei frische Brote, wie oder was er dafür bezahlte, wollte er uns nicht verraten.

Eine Stunde später sind wir dann auch schon auf dem Weg nach oben, besonders heftig sind kleine Ortsdurchfahrten, denn hier führt die Straße gerade steil nach oben, außerhalb des Ortes ist es nicht so schlimm, es geht in angenehmen Serpentinen bergan und Kiefern spenden Schatten vor der Februarsonne, der man in dieser Jahreszeit kaum so viel Kraft zugetraut hätte.

In einem kleinen Dorf dann auf dem Marktplatz entladen wir unsere Lebensmittel und tanken neue Energie in Form von Käse, Tomaten und Brot. Wein wird nicht mehr so viel getrunken wie in den ersten Tagen, auch ein Zeichen dafür, dass es für die meisten von uns anstrengender geworden ist als vor der Reise erwartet. Helma die wegen einer Schwellung der Achilles Sehne nun schon den zweiten Tag im Auto sitzen muss hat alles ganz toll hergerichtet und unser tägliches Picknick wird nach und nach zu einer lieb gewordenen Einrichtung, die wir nicht missen wollen.

Nach dem Picknick geht es noch einmal kurz und steil bergan, da ich wie üblich zu viel gegessen habe, falle ich fast vom Rad, aber hinter der Kuppe geht es steil abwärts in Richtung der Thermophylen und unter uns liegt das Meer, der Golf von Maliakos. An einer Abzweigung sind vier Leute zu schnell und haben den falschen Weg gewählt, wir haben keine Chance sie auf der 600 Meter Schussfahrt zu stoppen und fahren den richtigen Weg weiter, ebenfalls nach unten bis zur Autobahn und den Thermophylen. Nicht nur wir haben hier Verluste erlitten, sondern auch die Griechen, die in dieser Schlacht bei den Thermophylen in einen Hinterhalt der Perser geraten sind, die Griechen mussten fliehen, nur die 300 Spartaner mussten bleiben, denn ein Spartaner konnte nur auf den Schlachtfeld siegen oder sterben. Die Perser forderten sie Spartaner auf, die Waffen niederzulegen, doch Leonidas, der Führer der Spartaner rief den Persern zu: „Molon Labe“- „Kommt und holt sie euch“ und starb in der kurzen Schlacht mit seinen Mannen dort, wo heute ein Denkmal daran erinnert, den Heldentod. Unsere vier Fahrer starben keinen Heldentod, sondern trudelten eine halbe Stunde später ein, da sie einen Umweg fahren mussten.

Glücklich vereint fahren wir dann dem Ziel entgegen, wir trainieren in der Ebene in der Gruppe zu fahren, was auch bis kurz vor Loutra Ipatis ganz gut klappt, dann har Yorgos den allabendlichen Überraschungsanstieg eingeplant, den wir jedoch auch noch meistern.

Es ist angenehm an einem nicht zu kurzen Tag im Hellen anzukommen und das Lokal des Abends ist klein, gemütlich, eher eine Kneipe, das Essen ist deftig, aber gut. Mich als Liebhaber zwiebelartiger Gewächse faszinierte das Kartoffelpüree mit Knoblauch oder besser das Knoblauchpüree mit Kartoffeln zum Fisch, so dass ich wohl morgen hauptsächlich hinten fahren werde….

Sonntag, 24.2. von Delphi über den Parnassos nach Amfiklia, 62 km, 1234 Höhenmeter:“Keine Panik in den Bergen“

Mittwoch, den 27. Februar 2008


Das Wetter bleibt weiterhin auf unserer Seite, die Sonne strahlt wolkenfrei und wir konnten fast Ausschlafen, denn am Morgen steht die Besichtigung des Orakels von Delphi auf dem Programm und das öffnet erst um halb 10. Nach unserem gestrigen „Symposium“ ist die Moral in der Gruppe sichtlich wieder ganz oben. Gemütlich radeln wir zum Orakel, nachdem wir noch einen Plattfuß an meinem Hinterrad repariert haben, nun schon der zweite auf der Tour und jedes Mal durch einen winzigen dünnen Draht verursacht.

Das Orakel liegt an einem Felsen vor der Stadt und ist eine riesige Anlage mit vielen Ruinen, Tempeln und einem alten Stadion und einem Theater. Diesmal gibt uns Kostas, der sonst das Auto fährt, alles Wichtige und Interessant zum Ort. Über ein Jahrtausend war hier prophetischer Hochbetrieb und es wurde schwunghafter Handel und Politik mit den Weissagungen betrieben. Bis zu drei Priesterinnen wurden bei den monatlichen Orakelsitzungen Weihrauch und anderen Dämpfen ausgesetzt, die dann reichlich bekifft Unverständliches von sich gaben. Anfangs verwendete man Jungfrauen, aber nach einer Vergewaltigung eines unzufriedenen Orakelempfängers wurden diese durch ältere Damen ersetzt, ob diese auch Jungfrauen sein mussten, darauf wusste Kostas keine Antwort.

Die bekifften Äußerungen wurden dann von den Priestern in einem mehrdeutigen Orakelspruch übersetzt und den Bittstellern überreicht. Diese hatten die Nachricht zu deuten oder wendeten sich an professionelle Deuter. Ein weiteres gutes System der Arbeitsbeschaffung war auch, dass die Antragsteller ein Tier zu opfern hatten, aus dessen Gedärmen abgelesen wurde, ob das Orakel überhaupt spruchwillig sei; war es dies nicht mussten die Gesandtschaften eine Monat warten und vielleicht einen weiteren und im Winter wurde nicht orakelt. Dabei verdienten die umliegenden Hotels und Tavernen reichlich und so manche Gesandtschaft, die von sehr weit her angerückt war, um das Resultat eines Krieges mit dem benachbarten Stadtstaat zu erfahren, löste das Problem in Wochen und Monaten der Wartezeit mit der gegnerischen Delegation, die natürlich ebenfalls in der Hoffnung auf einen positiven Orakelspruch angereist war, bei vielen Amphoren griechischen Weines.

In der Spätantike war das Orakel dann zwar politisch nicht mehr so wichtig, aber die Griechen kamen in Scharen hierher und ließen sich den fast tausend Jahre alten Ort mit ihren damals schon „antiken“ Baudenkmalen zeigen und ihr persönliches Schicksal orakeln, geführt von professionellen Reiseführern, also meinen antiken Kollegen.

Gegen 11 Uhr sitzen wir dann auf den Rädern und radeln straff bergan, der Verkehr ist heftig, denn es geht in Richtung des Wintersportzentrums im Parnassos. Große Autos mit gestylten Menschen rasen die Passstraße hinauf. In Arachova herrscht absolutes Verkehrschaos wegen der vielen Mercedes und BMW, doch wir können uns gut durchschlängeln und dann die Serpentinen hinauf klettern. Fast alle fahren mit und kommen gut vorwärts nach unserer gestrigen Motivationsveranstaltung in Delphi. Die Gegend ist traumhaft, um uns herum tief verschneite Gipfel und die Sonne wärmt mit 18 Grad.

Picknick machen wir auf einer schönen Waldlichtung und erfahren bei unserem Brot und Käse, dass der Gott Pan in den Wäldern und Bergen hinter uns wohnt. Fühlt er sich gestört spielt er seine Pan-Flöte und verwirrt die Leute und treibt sie dadurch in Panik. Uns scheint er wohl gesonnen, denn nach dem Picknick sind wir auch den Verkehr los, denn wir biegen nach links ab und fahren in rasender Fahrt den Parnassos wieder hinab und fliegen auf Amfiklia zu. Zum Schluss hat Yorgos natürlich wieder eine kleine Überraschung für uns, das Hotel „Panorama“ liegt natürlich in der höchsten Häuserzeile am Hang und die Straße führt mit 14% Steigung noch einmal 150 Höhenmeter hinauf. Doch alle sind guter Laune die doch recht großen Anstiege des Tages gut geschafft zu haben und auch ich bin froh, dass sich unsere Gruppe langsam an das Fahren gewöhnt.

Samstag, 23.2. von Livadia nach Delphi, 99 km, 2034 Höhenmeter:“Das Symposium zu Delphi“

Mittwoch, den 27. Februar 2008

Heute war der bisher anstrengendste Tag der Tour, obwohl wir zeitig losgefahren sind, kamen wir erst im Dunkeln in Delphi an und auch die Stimmung in der Gruppe war mies, einige unzufrieden mit sich selbst, einige unzufrieden mit dem langen Tagesprogramm, so dass wir am Abend vor dem Essen eine kleine Konferenz einberufen haben, um diese Probleme zur Sprache zu bringen und zu klären.

Schon von Anfang an war klar gewesen dass es ein harter Tag werden würde und so sind wir dann nach zeitigen Frühstück losgefahren und es ging dann auch sehr gut einen langen Pass hinauf, ein klassischer Pass mit schönen Serpentinen, grandioser Aussicht auf die umliegenden schneebedeckten Gipfel und die Ebene mit ihren Pistazien und Pinienhainen, allerdings auch mit Anstiegsrampen bis zu 14% Steigung und die machten so einigen stark zu schaffen. Oben angekommen waren jedoch alle erst einmal glücklich, aber wir haben eben viel zu lange für die nicht einmal 10 Kilometer gebraucht.

Bis zum Mittag ging es dann weiter auf und ab und gegen 14 Uhr nach einem weiteren heftigen anstieg erreichen wir das wunderschöne Osias Loukas Kloster. Neben der inzwischen zur guten Gewohnheit gewordenen üppigen Brotzeit gab es noch eine Einführung von Jorgos in byzantinische Kirchenbaukunst und Ikonenmalerei. Nach dem Mittag stiegen dann vier unserer Leute aufs Fahrzeug um, denn es ging weiter bergauf, diesmal zwar nicht steil, aber auch wieder lang und stetig, doch werden wir durch einen grandiosen Ausblick aufs Meer belohnt. 700 Meter unter uns liegen Buchten mit Schiffen und eine kleine Stadt, wie Spielzeug aus einem Baukasten in einer umwerfenden Landschaft. Und in diese stürzen wir uns dann auf der gut ausgebauten vierspurigen Straße und fahren bis hinunter ans Meer und wir wissen, dass wir fast die gleiche Distanz wieder hinauf müssen. Und es ist schon 17 Uhr als wir in die Heiligen Olivenhaine von Kirrha einbiegen, eine weite Talsohle mit hunderttausenden alten und knorrigen Ölbäumen, zwischen denen sich ein schlecht asphaltiertes und manchmal nur geschottertes Band windet. Über dem Meer steht die untergehende Sonne und wenig später können wir nur noch die gespenstischen Umrisse der Baumveteranen wahrnehmen. Wir fahren wieder einmal im Dunkeln und die Landschaft ist fast schon unheimlich, jedes Geräusch lauter als normal und auf dem Weg gibt es tiefe dunkle Löcher, die wir im Licht der Stirnlampen meist erst im letzten Augenblick wahrnehmen. Ab und zu tauchen paarweise grüne Leuchtpunkte am Rande des Weges auf und wenn man die Lampe auf sie richtet erkennt man den emotionslos wiederkäuenden Kopf einer Kuh. Dann steigt die Straße stark an und windet sich in engen Serpentinen und Schleifen den Berg hinauf. Schleife um Schleife, Serpentine um Serpentine schleichen wir den unheimlichen Pfad hinauf und sind irgendwann dann endlich oben angekommen an der Hauptstraße, wo hinter der nächsten Biegung der Straße die ersten Lichter der Stadt Delphi auf uns warten. Dort dann noch einen letzten Anstieg, vor uns ein Kirchplatz und ein schönes Gebäude, das Hotel? Nein, die Polizeistation; Yorgos ist immer wieder für eine Überraschung gut. Wir parken die Räder vor der Polizeistation, da es im Hotel keine Garage oder einen Keller gibt und Fahrraddiebstahl auch in Griechenland nicht unbekannt ist. Bis zum Hotel sind es dann noch 5 Minuten zu laufen, bis wir endlich unter die warme Dusche dürfen. Eckhardt sprach mich darauf an, dass in der Gruppe einige Teilnehmer unzufrieden seien mit den langen Tagesetappen und den vielen Höhenmetern und so bereite ich mich unter der warmen Dusche schon einmal auf eine Diskussion vor. Beim Abendessen soll dann jeder ein kurzes Statement zu den bisherigen Etappen abgeben, die nur ihn treffen. Die alten Griechen bezeichneten so etwas als Symposium, es gab eine begrenzte Redezeit zu einem Thema und es wurde dabei je nach dem Gegenstand der Diskussion mehr oder weniger getrunken. Bei unserem Symposium, dass allerdings im Sitzen und nicht im Liegen stattfand, zeigte sich, dass unsere trainierten Teilnehmer keine Probleme mit dem Ablauf haben und diejenigen, die aus unterschiedlichsten Gründen kaum Zeit zur physischen Vorbereitung hatten, unzufrieden waren. Doch ich denke, ich konnte unsere Leute noch einmal daran erinnern, dass unser gemeinsamer Plan heißt, nach Beijing zu kommen und, dass allen klar sein müsse, dass es ein mitunter schwerer und anstrengender Weg wird. Natürlich werden wir uns auch als Gruppe entwickeln und unsere überflüssigen Pausen und Wartereien reduzieren werden, allerdings wird auch das noch einige Zeit brauchen. Auch Volker erinnert noch einmal daran, dass wir ja keinen Wettkampf veranstalten und auch immer das Fahrzeug zur Verfügung steht und auch andere Globetrotter mitunter vom Plan abgewichen sind und einen zusätzlichen Ruhetag eingelegt haben. Das ist zwar bei uns nicht möglich, aber ein Tag im Bus zerstört ja nicht das gesamte Konzept, denn dafür haben wir diesen ja dabei. In Gedanken bedanke ich mich bei den Göttern des Olymps, die uns seit dem ersten Tage nur Sonnenschein bescherten, denn wenn es zu unseren beiden Marathonetappen zusätzlich auch noch geregnet hätte, wäre keine auch noch so gute Motivationsrede in der Lage gewesen, die Stimmung in der Gruppe wieder gerade zu rücken; und ich nehme mir vor morgen das Orakel von Delphi nach den Wetteraussichten zu befragen, da wieder einmal kein Internet zur Verfügung steht.