Archiv: 2008 Athen-Peking

Freitag, 2. Mai 2008, von Buchara nach Tscharkol, 82 Kilometer, 285 Höhenmeter, 30 Grad

Mittwoch, den 7. Mai 2008

Da es heute wohl keinen Brand in der Stadt gab, fällt das Frühstück auch hinreichend aus, dann heißt es den Bus beladen, was soviel Zeit kostet, dass wir wieder ein halbe Stunde später als geplant loskommen. Rasch sind wir aus der Stadt heraus und dann geht es unter Polizeibegleitung erst einmal auf der Autobahn entlang durch grüne Getreidefelder und Maulbeerhaine. Wir fahren heute mit zwei Leuten weniger als sonst. Eckardt fährt mit seiner Frau in der anderen Gruppe mit und Ulli macht noch einen Abstecher in den Süden und wird in Samarkand wieder zu uns stoßen. Und Elisabeth hat heute ihren ersten Tag auf dem Rad und kommt ganz gut mit unserem Tempo klar. Die Polizei hält uns die Polizei gut vom Hals, verpasst allerdings die Abfahrt auf die Nebenstraße. Wir fahren dann trotzdem weiter bis in den nächsten Ort. Dort machen wir Halt und schlendern über den Markt. Leckere Salate und frischer Kefirquark lassen uns das Mittagsprogramm über den Haufen werfen, wir sacken größere Mengen von Salaten und Käse ein und natürlich frisches Brot dazu. Dann geht es erst einmal noch 30 Kilometer weiter und dort haben wir die nächste Chance von der Hauptstraße herunterzukommen. Die Stadtdurchfahrt ist ein einziger Triumphzug, denn es ist gerade Schulschluss und Hunderte von Schülern sind auf dem Heimweg.

Kurz bevor dann die Wüste wieder beginnt, halten wir an einer kleinen Teestube und breiten unsere Lebensmittel aus. Alles ist total lecker und wir haben das halbe Dorf um uns herum stehen. Andre unterhält sich mit einem jungen Mann der genauso schlecht Deutsch spricht wie Andre Russisch, aber die beiden verstehen sich blendend. Irgendwann kommt auch der älteste Mann aus dem Dorf vorbei und es gibt eine große Fotoaktion mit den beiden Ältesten unserer Gruppe.

Die letzten Kilometer geht es dann durch die Wüste. Anfangs überholen wir Dutzende von Eselskarren, die in der Steppe geschnittenes Kamelgras geladen haben. Irgendwo in der Mitte von Nichts biegen wir dann rechts auf einem Schotterweg ein und richten unsere wackeligen Zelte auf und nehmen dann ein Bad. Nur einen Kilometer weg liegt ein wunderschöner See mit erfrischend kühlem Wasser, so dass wir unser Duschzelt gar nicht aufzubauen brauchen.

 

Als wir vom Baden zurückkommen ist unser Bus verschwunden samt Führer und Personal und ich kann nur mutmaßen, dass es Problem mit dem Kocher gab. Hoffen wir, dass die Jungs irgendwann zurückkommen. Inzwischen bereiten Robert und ich einen großen Gurken-Tomaten-Salat vor und selbst danach von unserer Crew keine Spur. Aber alle sind relaxt und entspannt und ich komme dazu ein wenig zu schreiben und meine Bilder zu bearbeiten. Danach mache ich mit dem Laptop noch ein wenig Kulturprogramm und präsentiere die Bilder der letzten Tage bis dann wirklich der Bus wieder am Horizont auftaucht.

In der Tat hatte es Probleme beim Kochen wegen des starken Windes gegeben, deshalb haben die Jungs im nächsten Dorf gekocht und sind nun mitsamt einem dicken heißen Eintopf wieder zurück und wir können uns aufs Essen stürzen. Danach geht noch eine Flasche Wodka herum, bis sich einer nach dem anderen ins Zelt verabschiedet. Ich schlafe wieder einmal unter freiem Himmel, denn es gibt keine stechenden Insekten und habe über mir einen klaren Sternenhimmel Und die Milchstraße, die sich superscharf am dunklen Himmelszelt abzeichnet.

Donnerstag, 1. Mai 2008, Ruhetag in Buchara

Mittwoch, den 7. Mai 2008

Da ich schon sehr zeitig wach bin, entschließe ich mich zu einem kurzen morgendlichen Spaziergang vor dem Frühstück, doch ich komme nicht weit. Auf dem Platz um den Teich parken ein gutes Dutzend Feuerwehr Fahrzeuge und aus dem Häuserkomplex gegenüber steigt dichter Rauch auf und ab und zu schlagen Flammen in den Himmel. Die Feuerwehr ist mit Leitern aufs Dach geklettert und hat den Brand schon unter Kontrolle. Über die Ursache ist nichts bekannt und auch fotografieren ist nicht erwünscht.

Da durch den Brand im Viertel Strom und Gas ausgefallen sind fällt das Frühstück relativ mager aus, mit dem Wasser aus dem Heißwassersystem kann gerade so Nescafe aufgebrüht werden, für Tee reicht es nicht.

Die Gruppe will gegen 10 Uhr noch los und die Zitadelle im alten Zentrum besichtigen und noch einige andere alte Gebäude und Basare, aber ich habe wieder einmal einen Tag im Internetcafe vor. Die beiden Cafes in der Altstadt sind nicht tauglich, irgendwelche Daten zu übertragen, aber in der Neustadt soll es ein besseres Lokal geben. Mit dem Taxi finden Hubert und ich den Ort auch sehr schnell und es war eine gute Idee gleich um neun Uhr dort zu den ersten Gästen zu zählen, denn die 8 Computer sind relativ schnell belegt. Anfangs gibt es noch einige Schwierigkeiten, da die Firewall keinerlei verschlüsselte Daten durchlässt, aber der System Administrator kann uns helfen und justiert das System neu. Nun lässt sich ganz gut arbeiten, zwar nicht schnell, aber nach immerhin sieben Stunden harter Arbeit sind die Blogs gefüttert und auf dem aktuellen Stand und es bleibt sogar noch ein wenig Zeit für private Mails.

Um 16 Uhr bin ich wieder zurück im Hotel und nun geht es gleich weiter mit der Arbeit, Räder werden geputzt, Bremsbeläge gewechselt und einige Schaltungen sind zu justieren. Elisabeth, die vorgestern erst angekommen ist, hat einige Probleme mit dem Rad, denn die Schaltung hat beim Transport im Flugzeug extrem gelitten, ich muss den Zug und die gebrochene Umhüllung wechseln. Wir beschließen drei Räder noch einmal zum Fahrradmechaniker in der Stadt zu fahren, der bekommt Elisabeths Rad auch auf Anhieb hin, geht aber bei Heinos Rad eher mir Brachialgewalt vor, die auch zu keinem Ergebnis führt und mir wird beim Zusehen ganz übel, wie der Mann versucht durch leichtes Biegen des Werfers zu einem Resultat zu kommen. Ich breche dann den Versuch ab und wir fahren zurück ins Hotel und löse alle Verbindungen und justiere alles noch einmal von ganz vorn und es funktioniert. Heino ist glücklich und ich auch und mein Bauch erinnert mich daran, dass ich außer dem mageren Frühstück noch nichts zu mir genommen habe. Der Abend vergeht sehr entspannt und relaxt an einem der Tische am Teich mit ein paar Bieren, Gegrilltem und guten Salaten und witzigen Gesprächen. Schön ist, dass nicht nur Touristen an den Tischen sitzen, sondern auch viele Einheimische und von den älteren Leuten, mit denen wir ins Gespräch kommen, sind wieder viele mit der Roten Armee in der DDR eingesetzt gewesen, bei den Panzertruppen irgendwo in Brandenburg oder bei den Fliegern in Altenburg, also gleich in der Nähe meiner Geburtsstadt Gera in Thüringen.

 

Mittwoch, 30. April 2008, Ruhetag in Buchara und Stadtbesichtigung:“Teppiche, Gewürze und Seide-endlich wirklich auf der Seidenstraße“

Donnerstag, den 1. Mai 2008


Der Morgen beginnt ruhig mit einem netten Frühstück im kühlen Kellerrestaurant. Dann um 9 Uhr machen wir uns mit Farhoud auf den Weg durch die Stadt. Direkt vor dem Hotel gibt es einen kleinen Teich oder besser Wasserspeicher. Noch bis vor 70 Jahren hätten sich dann hier die Wasserträger mit ihren Tonkrügen getroffen um Wasser zu holen und an die Haushalte der Stadt zu verteilen. Über 80 solcher Becken habe es früher in der Stadt gegeben, gespeist von unterirdischen Kanälen erklärt uns unser Führer. Rund um den Wasserspeicher liegen drei Karawansereien und zahlreiche Medressen, also Gebäude zum Studieren und Lernen, eine Art von öffentlicher Bibliothek, denn der Koran besagt auch, das das Ziel eines jeden Moslems auch ständiger Wissenserwerb ist. Wissenserwerb ist auch heute unser Ziel und der beginnt auf den nahen Basaren. Leider sind die alle sehr touristisch und lassen nur ein wenig erahnen, wie früher hier auf der Seidenstraße Handel getrieben wurde.

Dort, wo heute eine kleine Bank Dollar und Euronoten gegen dicke Bündel von Som wechselt, standen auch schon früher die Geldwechsler, die den Händlern und Karawanenführern Geld und Gold tauschten. Gleich um die Ecke beginnt Aladins Wunderwelt. Überall liegen und hängen Teppiche und die usbekischen Teppiche, besonders die Seidenteppiche sollen die besten der Welt sein. Ein Arbeiter arbeitet an solch einem Seidenteppich 6 Monate bis zu einem Jahr. Prächtige, kräftige Farben und Muster haben die Teppiche, aber für einen Fahrradtransport sind sie leider zu sperrig.

Auch gibt es hier verschiedenste Seidenstoffe. Die Gegend um Buchara ist besonders bekannt für ihre Atlasstoffe, das ist besonders leichte und farbefrohe Seide, aus denen die Frauen ihre luftigen und wunderschönen Sommerkleider nähen lassen.

Beeindruckend sind auch die Gewürzstände mit großen Säcken mit verschiedenen Kümmelsorten, Koriander, Chili, Zimt, Kardamom, Piment und vieles andere. Abgefüllt werden die Gewürze in kleine Kürbisfläschen. Wir kosten einen Tee, der eigentlich kein Tee ist, sondern ein Aufguss aus sieben Kräutern ist und sehr anregend exotisch schmeckt. Davon kaufen wir dann gleich eine ganze Tüte für die kommenden Zeltlagerabende.

Das Kalon Minarett in Zentrum der Stadt war früher wahrscheinlich das höchste Gebäude in Zentralasien, es ist 47 Meter hoch und hat ein Fundament von 10 Metern Tiefe. Arslan Khan hatte einen Architekten Wettberwerb ausschreiben lassen und war beeindruckt von dem Entwurf eines jungen Architekten. Der begann mit dem Bau und verschwand nachdem gerade das Fundament fertig gestellt worden war. Daraufhin wurde der Bau eingestellt. Zwei Jahre später tauchte der Architekt wieder auf und entschuldigte sich beim Khan und erklärte, dass, wenn er die Stadt nicht verlassen hätte, der Khan einen zügigen Baufortschritt befohlen hätte, das Fundament benötige aber zwei Jahre um sich zu setzen. Der Khan akzeptierte die Entschuldigung und ließ den Architekten den Bau zu aller Zufriedenheit beenden. Genützt hat es dem Architekten nicht viel, denn um keinen weiteren Bau von dieser Größe und Schönheit errichten zu können, wurde er nach Abschluss der Arbeiten feierlich enthauptet.

Die Moschee neben dem Minarett bietet 10.000 Gläubigen Platz, heute in der Mittagssonne schlendern aber nur ein paar Touristengruppen durch die Wandelgänge zwischen den blau gefließten Gebäuden. Von hier hat man auch einen wunderschönen Blick auf die Mir-i-Arab Medressa gegenüber. Dieses Gebäude mit den zwei Azurblauen riesigen Kuppeln ist neben dem Minarett das Wahrzeichen Bucharas und schon von weitem zu erkennen. Leider dürfen Touristen diesen Ort des Studiums der heiligen Schriften nicht betreten, sondern können den wunderschönen mit bunten Keramikfließen verkleideten Bau nur von Außen bewundern, der in der prallen Mittagssonne funkelt.

Golden funkelt es auch auf dem Goldmarkt, wo vielleicht hundert Händlerinnen Schmuck und Steine verkaufen. Besonders gefragt scheinen Ringe und Ketten mit Rubinen zu sein, denn diese gibt es hier in den verschiedensten Größen. Am Ausgang des Goldmarktes duftet es verlockend nach Brot und gefüllten Blätterteigtaschen und wir stürmen ein nahe gelegenes Teehaus und Restaurant. Im Schatten großer Bäume gibt es leckeren Plow, herrlich erfrischend Okroschka, kalte Suppe auf Sauermilch oder Kefir-Basis mit eingelegtem Gemüse, Fleisch vom Grill oder Pelmeni.

Doch das Essen und die Hitze machen müde und so schlendern wir nur noch mit einem halben Ohr zuhörend durch den Samani-Park mit dem ältesten Gebäude der Stadt, das Ismail Samani Mausoleum, das aus einer besonderen Art von Lehmziegeln gebaut wurde, die in ihrer Herstellung zwei Jahre benötigten. Noch bis heute ist das Gebäude mit wunderschönen Verzierungen unrenoviert zu besichtigen, da die Qualität der Ziegel so gut ist. Da es sich um ein „Geheimrezept“ handelte ist eine Nachahmung nicht möglich. Den Mongolensturm hat das Gebäude lediglich nur überstanden, da es die Bewohner komplett mit Sand bedeckt haben, mit dem zur Hälfte noch bis in die 50er Jahre bedeckt gewesen sein soll.

Hier endet dann unser heutiger Rundgang, morgen haben wir ja noch einen weiteren Tag zur Verfügung und ich nutze die Gelegenheit zu einem kurzen Schläfchen und ein paar Zeilen auf dem Computer. Das Internetcafe um die Ecke ist nicht zu gebrauchen, ich benötige eine ganze Stunde, nur um meine Mails zu lesen, an ein Schreiben oder gar versenden von Daten ist nicht zu denken. Zum Abendbrot treffen sich die „Crews“ der nun zwei Fahrradgruppen und wir besprechen noch die Details für die nächsten Tage. Morgen werde ich versuchen einen Platz im schnellsten Internetcafe der Stadt zu bekommen und den ganzen Tag arbeiten müssen, schade ich wäre gern noch ein wenig in der alten Stadt herum gelaufen oder hätte ein paar Postkarten geschrieben, aber Arbeit geht halt vor.

Dienstag, 29. April 2008, von Alat nach Buchara, 80 Kilometer, 177 Höhenmeter, 38 Grad: “Maulbeeren und Wiedersehen“

Donnerstag, den 1. Mai 2008


Der Morgen beginnt etwas chaotisch, denn obgleich die von der Polizei gestellte Wache im Camp direkt neben den Rädern schlief, ist in der Nacht im Lager geklaut worden. Ein Großteil der Küchenausrüstung ist weg, inklusive Kocher und Frühstückslebensmitteln, dazu ein nicht aufgebautes Duschzelt und der Toilettenspaten. Trotzdem zaubern Farhoud, unser usbekischer Führer und seine Mannschaft ein improvisiertes Frühstück. Von irgendwo werden zwei Kannen heißes Wasser und Tee organisiert, für jeden eine halbe Flasche Kefir und Butterbrote mit Käse oder Wurst. Eigentlich war ich so froh, ohne Polizei weiter fahren zu können, aber pünktlich zum Aufbruch stehen schon zwei Fahrzeuge abfahrbereit auf der Straße, ich spreche mit Farhoud, dass wir spätestens in Buchara unsere Abfahrtszeit nicht verraten werden.

Im Zentrum des kleinen Städtchens ist viel los, Frauen in bunten Kleidern gehen auf Arbeit, auch viele Schüler und Studenten sind unterwegs und wir fühlen uns bei den viele Zurufen wie auf der Tour de France. Bei einem kleinen Stopp vor dem Markt um noch Gertränke zu tanken, sind wir sofort umringt und werden mit Fragen zu unserer Tour bestürmt.

Die Polizei verhält sich moderat, ein Auto ist weit vorn und das andere weit hinter her, aber nur, weil es Probleme mit dem Kühler gibt und der Fahrer aller 5 Kilometer Wasser nachfüllen muss.

Nur einmal geht es noch ein paar Kilometer durch die Wüste, doch am Horizont taucht schon wieder ein grüner Streifen mit Bäumen und dem nächsten Dorf auf. Heute Morgen ist es nicht ganz so heiß wie am Vortag und auf dem Fahrrad sehr angenehm, höchstens dreißig Grad; ich glaube wir sind schon gut an die Hitze angepasst. Im nächsten Dorf gibt es einen kleinen Kiosk mit leckerem Kwas, dem Brotgetränk aus Zentralasien. Vor dem Haus stehen große Maulbeerbäume und die ersten Früchte sind reif und wir dürfen uns bedienen. Weiße Maulbeeren sind eine von drei Sorten, es gibt noch schwarze und rote. Die hiesigen sind am Verbraucherfreundlichsten, denn sic machen keine Flecken. Wie soll man den Geschmack beschreiben, die Beere sieht aus wie eine Himbeere, wächst üppig an Bäumen und schmeckt eben nach Maulbeeren.

 

Die Straßen haben bis jetzt bessere Qualität als in Turkmenistan, aber es gibt immer noch genug Schlaglöcher und Buckel, aber nicht mehr so groß, als dass man darin verschwinden könnte. Links und rechts gibt es kleine Dörfer mit fremden oder interessanten Namen, zum Beispiel „Madamboy“, allerdings sieht es nicht so interessant aus, als dass man abbiegen müsste.

Mittag machen wir in einer Teestube, es gibt viel eingelegtes Gemüse, Gurken und Tomaten, die Marinade ist topp und die Pickles können sich schon fast mit Spreewälder Varianten messen. Dazu gibt es eine dünne Suppe und Brot und etwas Fleisch, genau das richtige für einen heißen Tag.

Langsam wird der Verkehr etwas dichter, aber es ist harmloser als in allen anderen Großstädten, die wir bisher bereist haben und wir freuen uns, als am Horizont die ersten blauen Kuppeln der Moscheen auftauchen: Buchara liegt ganz nahe und wir haben schon knapp 6000 Kilometer bis hierher gefahren. Ich denke ein guter Teil unserer Truppe hat am Anfang noch daran gezweifelt bis hierher zu kommen und jetzt fahren wir in der gleichen Besetzung in die Stadt ein, mit der wir in Athen vor zweieinhalb Monaten gestartet sind.

Die Stadt ist nicht groß und es geht vorbei an alten und neuen orientalischen Bauten, dann quer durch den Basar für Touristen mit Teppichen, Kitsch und Nepp, bis zum Hotel, das in einer ruhigen Nebenstraße liegt. Erst bin ich etwas geschockt, da ich nur ein winziges Fensterchen nach draußen habe, aber es ist angenehm kühl, so dass ich nicht einmal die Klimaanlage anwerfen muss.

Es ist früher Nachmittag und Eckhardt wird von seiner Frau erwartet und Elisabeth, die von nun an mit uns reisen wird erwartet den „Rest“ „ihrer“ Gruppe, ich treffe auf Thilo von Biss-Reisen, der die Strecke durch Usbekistan organisiert hat und mit einer zweiten Gruppe parallel unterwegs sein wird. Aufgrund der Hitze ist jedoch erst einmal Siesta angesagt, bevor es um sieben Uhr mit dem gemeinsamen Abendprogramm der beiden Gruppen weiter gehen soll.

Im großen Pulk laufen wir dann durch den Touristen-Markt, vorbei an den alten, aber neu renovierten Karawansereien und in genau einer solchen haben wir einige große Tische bestellt. Bei verschiedensten Salaten und einer schönen Portion Mantui, den gefüllten Teigtaschen und diversen Bieren entspinnen sich schnell Gespräche zwischen den Teilnehmern beider Gruppen. Natürlich müssen wir von unseren Erlebnissen erzählen, den vielen Höhenmetern in Griechenland, dem Polizeischutz in der Türkei, den Essorgien in Georgien, der Überfahrt übers kaspische Meer und den Temperaturschwankungen von mehr als 40 Grad, vom Eisregen bis zu Temperaturen von 47 Grad im Schatten, die wir in den Wüsten Turkmenistans erlebt haben. Natürlich sprechen wir auch von dem, was vor uns liegt und was unsere Erwartungen und Hoffnungen für den weiteren Weg sind. So vergehen schnell drei Stunden, bevor es wieder zurück ins Hotel geht. Der Ausflug in einen Nachtklub oder Tanzbar ist nicht unbedingt der Höhepunkt, vor ein Uhr hat sich nicht viel bewegt, außer ein paar super blondierter nicht mehr ganz so junger Mädchen, aber einige von uns hielten bis drei Uhr durch und dann tobte der Tanzbär richtig auf der Tanzfläche, hauptsächlich zu russischer Popmusik.

Montag, 28. April, Camp vor Tschardzhev zur usbekischen Grenze bis nach Alat, 84 Kilometer, 299 Höhenmeter, 40 Grad

Donnerstag, den 1. Mai 2008


Auch heute wieder zeitiger Aufbruch, denn vor uns liegt die nächste Grenze und ein neues Land: Usbekistan. Doch bis dahin sind noch 60 Kilometer zu fahren und die sollten wir bis Mittag geschafft haben, da dann die Grenze eine lange Pause macht. Und hoffentlich auch unser letzter Polizeieinsatz. Nach 20 Kilometern führt diese uns durch die Stadt Tschardschou oder besser gesagt, einmal elegant am Zentrum vorbei, durch Nebenstraßen und Wohnviertel im sowjetischen Stil der 70er Jahre. Und natürlich bleibt wieder einmal keine Zeit zum Anhalten und Fotografieren.

Hinter der Stadt führt dann eine Pontonbrücke über den Amurdarja Fluss, die Verkehrssituation ist chaorisch, jeder Lkw verursacht Schwierigkeiten und muss über die Pontons, die sich unter der Masse der schwer beladenen 5-Achser, nach unten bewegen, gelotst werden, wobei dann entstandene Stufen zum nächsten Ponton überwunden werden müssen.

Auf der anderen Seite geht es dann im Zickzack-Kurs durch die Landschaft. Das GPS zeigt, dass die Grenze nur 10 Kilometer entfernt ist, aber große Haken schlagend führt der Weg dann 28 Kilometer bis dort hin. Gegen 11.30 Uhr ein wenig später als geplant, da wieder einmal noch ein Plattfuß zu flicken ist. Dann schlängeln wir uns durch die lange Kolonne der LKWs bis nach vorn und dann geht es zuerst durch die turkmenische Grenze. Die Formalitäten gehen relativ zügig vor sich, aber wir müssen unser Gepäck stückchenweise immer weiter transportieren, erst durch die Passkontrolle, dann durch den Zoll, dann 100 Meter weiter bis zum Schlagbaum, an dem das Niemandsland beginnt. Dort können wir für 30 Dollar zwei Wagen leihen, mit denen wir das Gepäck und unsere Kisten mit den Ersatzteilen über diese zwei Kilometer transportieren. Inzwischen ist der Grenzbetrieb zum Erliegen gekommen, denn die Mittagspause hat begonnen, aber auf der usbekischen Seite findet sich dann doch schnell ein Beamter, der die Formalitäten mit uns erledigt. In der größten Mittagshitze heißt es dann wieder Gepäck vom Wagen, durch das erste Gebäude, 200 Meter über den Platz, alles durch den Zoll und noch einmal 250 bis zum Begleitfahrzeug, eine mächtige Plackerei.

Was habt ihr denn in den Metallkisten fragte mich einer der Zollbeamten und ich antworte lachend“atomare Sprengköpfe“ während wir die Kiste auf das Fließband des Röntgengerätes sstellen. Der zöllner lacht, stutzt aber, als dann viele dunkle Metallteile und spiralförmige Kabel auf dem Bildschirm auftauchen. Doch ein Blick in Kiste zeigt dann, dass es sich nur um ein Fahrradschloss und diverse Ersatzteile handelte.

Auf der anderen Seite begrüßt uns Fahrhoud, der unser Führer für die von biss-Reisen organisierte Etappe in Usbekistan sein wird. Schnell laden wir unser Gepäck auf den Bus und fahren 5 Kilometer weiter bis zu einer schattigen Stelle am Kanal, wo wir ein kleines Picknick machen und Gelegenheit haben ins Wasser zu springen. Ob man in der lehmigen Brühe sauberer wird ist natürlich fraglich, aber auf alle Fälle kühlt ein Sprung ins tiefe Wasser doch recht gut ab und gibt Gelegenheit, sich den Staub und Schweiß vom Körper zu spülen.

Gegen 16 Uhr haben wir dann Gelegenheit die ersten Eindrücke von Usbekistan zu sammeln. Wenig Fahrzeuge gibt es auf der breiten Straße, die Leute stehen am Straßenrand und winken uns lachend zu und wir scheinen die Wüste zumindest vorerst hinter uns gelassen zu haben, denn überall sind grüne Felder und kleine Dörfer. Als wir durch das kleine Städtchen Alat oder Olot rollen ist dort richtig Leben auf den Astraßen und das ist sehr angenehm nach den langen Etappen in Turkmenistan, wo wir kaum Leute gesehen haben.

Etwas außerhalb des Städtchens sind die Zelte schon in einem großen Garten aufgebaut und der Plow ist schon fertig gekocht. Die Zelte stehen ordentlich in zwei Reihen, wie im Pionierferienlager und es gibt sogar ein Duschzelt. Dort hängt ein Wassersack und so kann man sich auch in einem moslemischen Land in der Natur eine Ganzkörperwaschung verpassen. Für den Abend besorgt uns Fahrhoud noch eine Runde Bier und gegen 21 Uhr verschwinden alle im Bett. Für mich dauert die Ruhe erst einmal nur eine halbe Stunde, da dann wieder einmal die Polizei im Lager erscheint und einen Blick in alle Pässe werfen will und viele Fragen nach der Struktur der Gruppe, der Reiseroute usw. Zum Glück kann ich mit meinem lausigen Russisch verhindern, dass alle Leute noch einmal geweckt werden müssen, da sich herausstellt, dass der Polizeioffizier mit der Roten Armee in Ostdeutschland in Weimar bei den Panzertruppen eingesetzt war, also fast vor meiner Haustür. Danach reichen dann zwei Pässe zum Angucken und einige Notizen. Ein Polizist wird zum Bewachen der Räder abgestellt und muss neben den Rädern schlafen und dann hoffe auch ich auf eine ruhige Nacht.