Archiv: 2008 Athen-Peking

Freitag, 6. Juni 2008, vom Zeltlager hinter Kegen bis nach Djunja, 74 Kilometer, 409 Höhenmeter: „Fata Morgana“

Sonntag, den 15. Juni 2008

Nach dem mageren Abendessen ist auch das Frühstück recht knapp und ich hoffe inständig, dass Akyl heute zum Einkaufen kommt. Gefreut hatte ich mich noch einmal auf ein morgendliches grandioses Panorama, aber die Berge sind im Dunst nicht klar zu erkennen, schade.

Gegen 9 Uhr radeln wir die zwei Kilometer durchs Grassland auf die Straße zurück und fahren in Richtung einer kleinen Bergkette, über die wir natürlich hinüber müssen. Schon beim Anstieg wird die Umgebung wesentlich trockener und steiniger. Ein schönes wildes Tal geht es hinauf und auf der anderen Seite durch einen dürren und trockenen Canyon wieder hinab und unten erwartet uns dann trockenste Wüste. Während wir noch auf unsere letzten Radler warten hält ein Eis-Lkw einer großen deutschen Gefrierwarenkette taucht wie eine Fata Morgana auf und die russische Fahrerin verschenkt an jeden von uns ein Eis. Natürlich hat der Lkw nichts mehr mit der großen Ladenkette zu tun, deren Werbung auf dem Aufbau unendlichen Eisgenuss verspricht, aber irgenwie ist halt das Fahrzeug, mit der Anschrift des ehemaligen Subunternehmers aus Zerbst bei Magdeburg hier in Kasachstan gelandet und fährt nun lokales Eis aus. Lecker ist es allemal in der Wüste Eis zu schlecken.

Erfrischt und abgekühlt geht es dann in die Wüste hinein, die noch öder ist, als einiges was wir vorher in Turkmenistan gesehen haben. Doch nach 20 Kilometer geht es ein wenig bergauf über eine Hügelkette hinweg und überraschend liegt im Tal eine lange grüne Oase. So schnell wie wir hineingekommen sind geht es am anderen Ende wieder über einen Hügel aus dem Tal heraus und die Wüste hat uns zurück. Ein paar Kilometer weiter haben wir unser Mittagspicknick und Akyl hat den einzigen angenehmen Platz dafür gefunden, nämlich den einzigen Baum in 15 Kilometer Umkreis.

Bis nach Djunja ist es dann nicht mehr weit und anderthalb Stunden radeln wir noch durch die Trockenheit, obwohl links neben der Straße immer in zwei Kilometer Entfernung ein großer See zu liegen schein, aber je näher wir kommen, um so weiter weg scheint der See und die Fata Morgana verschwindet erst, als die ersten Häuser und Bäume von Djunja am Horizont auftauchen.

Wir sind in zwei Häusern untergebracht, die Familienunterkunft ist toll und das zweite Gebäude leider nur ein verschlamptes Hotel. Da Akyl immer noch kein Geld tauschen konnte, sollen wir dann auch noch in 4-Bett Zimmern untergebracht werden, aber ich bezahle dann noch ein paar Zimmer dazu, so dass die Unzufriedenheit, die natürlich aufkam nicht zu hoch schlägt.

Die Biere im Biergarten um die Ecke besänftigen dann vollends und während auf der Straße ein Staubsturm entlang fegt, kommt es an unserem Tisch zu angenehmen Verbrüderungsreden.

Gegen 19 Uhr fahren wir dann schon leicht angetüdelt zum Abendessen in der Familienunterkunft, das Essen ist lecker, aber wiederum knapp und der Energiebedarf kann nur durch Bier kompensiert werden.

Nachts irre ich dann mit Volker auf dem Fahrrad fast 20 Minuten dezent angetrunken durch die finsteren Straßen, um unser Hotel wieder zu finden, was dann beim zweiten Mal auf und ab fahren auch gelingt.

Donnerstag, 5. Juni 2008, vom Zeltlager bei San Tash über die kasachische Grenze bis zum Zeltlager hinter Kegen, 56 Kilkometer, 400 Höhenmeter

Sonntag, den 15. Juni 2008


So wie wir gestern noch einen strahlenden Sonnenuntergang hatten, haben wir heute einen wunderbaren klaren Morgen. Wir lassen uns Zeit beim Abräumen der Zelte, denn die Wiesen ist noch komplett feucht vom gestrigen Regen.

Gegen 9 Uhr sitzen wir dann auf den R ädern und wollen los und dann hat Elisabeth ihren ersten Plattfuß, der aber auch schnell geflickt ist.

Bis zur kasachischen Grenze sind es 15 Kilometer durch das Hochland. Das GPS-Gerät zeigt, dass wir abwechselnd in Kasachstan und Kirgistan über die „grüne“ Grenze gefahren sind, bevor wir dann mitten im Grassland die zwei oder drei kleinen Grenzgebäude erreichen.

Die Grenzabfertigung geht dann innerhalb von zwei Stunden reibungslos vonstatten ujd dann sind wir in Kasachstan. Schon seit ein paar Tagen machen wir „Borat“ Witze über das Land und sind nun gespannt, was uns hier erwartet. Doch hier oben im Grassland gibt es natürlich keinen Unterschied zur kirgisischen Seite. Die Hirten brauchen nicht einmal den Umweg über die Grenzstation zu machen, denn ein paar Hundert Meter weiter treibt ein Kirgise oder Kasache seine Herde über die ‚grüne’ Grenze.

Die Straße ist noch ein paar Kilometer schlecht bis wir das erste Dorf erreichen und dann haben wir unseren Asphalt zurück. Im Dorf stehen saubere kleine Häuschen und die Dorfbewohner lieben blaue Gartenzäune.

Etwas weiter dann das erste Städtchen, Kegen, welches kaum größer ist als ein mittleres Dorf in Deutschland. Volker und ich bleiben zurück um zu versuchen Geld zu tauschen, die Gruppe fährt inzwischen aus der Stadt heraus zum Zeltplatz.

 

Es gibt sogar eine Bank in einem neuen Gebäude und ich frage, ob es möglich sei kirgisisches Geld zu tauschen. Dies sei leider nicht möglich, bekomme ich als Antwort. Dann frage ich nach Euro. „Ebenfalls nicht möglich!“ sagt die Dame am Tresen. „Und wie sieht es aus mit Dollar“ hake ich nach. „Auch nicht möglich. „ ist die Antwort. „Warum?“ „Weil wir kein Geld haben.“ stellt sich dann heraus. Es sei eine neue Bank, ist dann die Erklärung auf meine Nachfrage, warum man denn dann ein Bank-Schild über der Tür habe.

Zum Glück gibt es am Basar einen kleinen Laden und mit einiger Überredungskunst kann ich dann unser gesamtes Gruppengeld in kirgisischen Somanas und zusätzlich noch 200 Dollar tauschen und hoffe nur, dass der Verkäufer uns mit dem Kurs nicht zu sehr über den Tisch gezogen hat.

Der Zeltplatz vor der Stadt ist definitiv der Platz mit der schönsten Bergkulisse im Hintergrund, so schön, wie man es eigentlich nur auf Schokoladenverpackungen aus der Schweiz sehen kann. Schnell ziehen wir die Aufmerksamkeit der Hirten in der weiten Ebene auf uns und nach einer halben Stunde, wimmelt es im Lager nur so von Pferden und Reitern.

Auch ich traue mich dann einmal in den Sattel zu steigen, aber ich kann das Gaspedal nicht finden und das Tier bewegt sich keinen Schritt vorwärts oder rückwärts und so steige ich unverrichteter Dinge wieder ab.

Das Abendessen ist etwas mager heute, da es Akyl nicht geschafft hat Geld zu tauschen und einzukaufen, die Zeit war einfach zu knapp und seit der Grenze steht uns nur noch ein Fahrzeug zur Verfügung, was die Bewegungsfreiheit der Crew natürlich einschränkt, aber nach dem Essen entschädigt ein grandioser Sternenhimmel für alles.

Mittwoch, 4. Juni 2008, von Karakol bis zum Zeltlager bei San Tash, 95 Kilometer, 660 Höhenmeter: „Day of Thunder“

Sonntag, den 15. Juni 2008


Inzwischen gibt es immer zu viel zu essen, für meinen Geschmack, heute zwei Eier und Milchreis und frisches Brot und hausgemachte Marmelade, so viele Kilometer können wir gar nicht fahren. Beim Checkout bin ich genervt, jeder will noch etwas von mir, die meisten Dinge haben mit den Rädern zu tun und ich frage mich, warum das nicht alles gestern Abend beim Putz-und Reparaturtermin geschehen ist.

Das schöne Wetter bleibt uns treu, nachdem es in den letzten beiden Tagen etwas trübe war, zeigt sich die Sonne heute wieder einmal von ihrer besten Seite. Bis nach China fahren nun beide Gruppen gemeinsam, was heute erst einmal etwas ungewohnt ist, denn heute sind wir mit Personen wirklich eine Mega-Gruppe, die aus dem kleinen Städtchen herausrollt.

 

Dann reiht sich noch einmal Dorf an Dorf und wir durchqueren die Ebene zwischen den Beiden Ausläufern des Tien-Shans und biegen dann wieder rechts in ein großes weites Tal ein.

Dort geht es dann ein beschaulich kleine Straße entlang, die natürlich wieder kaum noch Asphalt hat. Dafür gibt es viel zu sehn. Interessant wird es, als ein Bauer mit Pferd und Wagen versucht, ein Furt zu durchqueren und das Pferd sich in der mitte weigerte, weder vorwärts noch rückwärts zu laufen. Nach einigen Minuten half dem Bazer dann nur Hose aus und rein ins Wasser um das Pferd herauszuführen.

Auf den Bergen links von uns türmen sich dichte Wolken und an einigen Gipfeln geht schon ein Regenguss nieder, aber im Tal schein immer noch wunderbar die Sonne.

Bis zur Mittagsrast zieht die dicke Regen Wolke immer neben uns her und sogar noch eine Weile danach. Die Straße führt nun langsam etwas steiler nach oben und in den Bergen links neben uns fängt es an zu rumpeln. Hinter dem letzten Dorf kommen wir dann auch in einen kleinen Regenschauer, aber der ist nach 10 Minuten wieder vorbei.

Das Tal hier ist wunderschön, denn seit langem sehen wir wieder einmal richtigen Wald, einmal ist es nur ein wunderschöner Birkenhain und dann sind es ein paar Tannen und ich erkenne auch die Stelle, an der ich vor 15 Jahren schon einmal mein Zelt im Schnee aufgestellt hatte. Damals hatten wir hier Anfang April auf dieser einsamen Straße zwei Radler aus der Schweiz getroffen, heute sind es zwei deutsche Radler, die hundert Meter weg von der Straße bei einer Hirtenfamilie eingeladen waren. Ich geselle mich noch dazu und wir tauschen Erlebnisse und Erfahrungen aus und sehen der Familie beim Scheren der Schafe zu.

Ich hoffe, im nächsten Leben nicht hier als Schaf wiedergeboren zu werden, den hier wird recht ruppig mit den Tieren umgegangen, mit einer mehr stumpfen Schere wird den Tieren die Wolle von der Haut geschabt, der Scherer hat eine Kippe im Mund und so manchen Wodka im Blut. Nur gut, dass die Tiere wenigstens eine Beruhigungsspritze bekommen, bis auf den einen Kollegen, der zehn Meter weiter auf der Wiese von der Frau des Hauses ausgenommen wird.

Inzwischen baut sich vor uns eine dunkle Wand auf und in der Ferne rumpelt das Gewitter unentwegt. Ich radele immer noch in der Sonne und vor mir wird es dunkler und dunkler. Als ich dann um die nächste Ecke biege und sich das Hochtal öffnet und wieder ebener wird steht vor mir eine schwarze Wand aus der ab und zu ein Blitz herunterfährt. So sieht also die Straße direkt in die Hölle aus, aber mit zwei Glas Wodka in der Blutbahn stürze ich mich mutig in Richtung des Unwetters. An der nächsten Kreuzung hat Heino noch auf mich gewartet, da die Gruppe hier schon zum Zeltplatz abgebogen ist und wir genießen noch ein wenig das Spiel von Licht und Schatten am Rande des donnernden Abgrundes. Dann, als der Wind noch einmal merklich auffrischt, ist es höchste Zeit, dass wir uns in die Regenmontur werfen, Vollschutz ist angesagt und dann schwappt die erste Welle aus Regen und Hagel über uns hinweg. Bis zum Zeltplatz ist es nur noch ein Kilometer, die anderen haben schon ihre Zelte aufgebaut und sich verkrochen, ich parke nur meine Packtaschen im Küchenzelt und genieße das Naturschauspiel aus Regen, Hagel und Blitzen. Gefährlich ist es nicht, denn das Zentrum des gewitters ist ein paar Kilometer weiter und genauso, wie die schwarze Wand auf uns zugerollt ist, strahlt am Horizont schon wieder ein Stück blauen Himmels. Bis zum Abendessen, das wir heute erstmals in den Küchenzelten nehmen, regnet und tröpfelt es noch ein wenig, dann ist der Höllenspuk vorbei und wir erleben einen gigantischen Sonnenuntergang. Bis „spät“ in die Nacht sitzen wir dann noch und schwatzen, da wir nun zwei Gruppen zusammen sind, gibt es natürlich etwas mehr zu erzählen, und dann genieße ich noch ein wenig den klaren Sternenhimmel, bevor ich mich in meine Schlafsack rolle und den Wärmekragen bis oben hin zu ziehe.

Dienstag, 3. Juni 2008, noch (k)ein Ruhetag in Karakul

Sonntag, den 15. Juni 2008


Für die Gruppe steht ein Ausflug an ns Przevalsk-Museum, für mich steht wieder nur Arbeit auf dem Programm. Nach dem Frühstück heißt es erst einmal noch ein paar Bilder sortieren für Veröffentlichungen, dann geht es wieder ab ins Internetcafe, wo ich dann bis halb 5 abends meine Arbeit erledigen kann.

Für eine kleine Stadtbesichtigung bleibt keine Zeit mehr, denn im Hotel müssen die Räder noch durchgecheckt werden. Und danach ist schon wieder Abendbrotszeit. Heute ist auch die zweite Gruppe in Karakol eingetroffen und wir essen zusammen bei uns ins Hotel. Das Essen, Fisch aus dem Issyk-Kul, ist lecker, besonderen Anklang findet der Nachtisch aus frischem Obst. Alle haben gute Laune und freuen sich schon wieder aufs Radfahren am nächsten Tag, nur ich bin etwas missmutig, hatte ich mich doch auf das kleine Städtchen mit den vielen russischen Holzhäusern und der alten russisch-orthodoxen Kirche gefreut und auch ins Museum wäre ich sehr gerne mitgefahren und nun habe ich absolut überhaupt nichts von der Stadt gesehen und mit dem Argument, dass ich wenigstens meine Arbeit geschafft und mein Blog auf aktuellstem Stand ist, tröstet mich auch nur wenig.

Und aus diesen Gründen habe ich kein einziges Bild für diesen Tag.

Montag, 2. Juni 2008, Ruhetag in Karakul, 5 Kilometer

Dienstag, den 3. Juni 2008

Wieder einmal ein Ruhetag in Karakul und natürlich wird auch dieser Ruhe tag kein richtiger werden, ist doch in den letzten Tagen oder besser zwei Wochen viel Arbeit liegen geblieben, die Blogs müssen aktualisiert werden und es sieht hier nicht richtig nach High-Speed-Internet aus, eher nach Modem-Katastrophen.

Doch zuerst heißt es einmal richtig ausschlafen, also stehe ich erst gegen 8 Uhr auf und dann ist die Wäsche dran, die ich mehrfach vorwaschen muss, damit ich bei den ehemals weißen T-Shirts wenigstens wieder eine helle Farbe zaubern kann, selbst das nächtliche einweichen hat nicht so viel gebracht.

Beim Frühstück kläre ich mit der Gruppe die kleine Problemchen und dann setze ich mich an den Computer und schreibe die letzten beiden Tage nach, komprimiere ein paar Bilder und dann ist es Zeit für den einzigen Luxus eines Ruhetages: ein Stündchen Mittagsschlaf.

 

Der Computer im Hotel ist viel zu langsam, selbst wenn ich dort zwei Tage sitze, schaffe ich nicht die Hälfte der Daten zu verschieben, also breche ich mit Volker ins Zentrum des kleinen Städtchens auf und wir finden auch recht schnell ein Internetcafe,

wo wir dann die nächsten vier Stunden verbringen und ich ungefähr die Hälfte meiner Arbeit schaffe.

Abends setzen wir uns mit Akyl, dem Fahrer und der Köchin in ein gemütliches kleines Restaurant und besprechen die nächsten Tage der Tour, in denen auch die zweite Gruppe mit vier Leuten zu uns stoßen wird. Bis zur chinesischen Grenze werden wir dann auch parallel fahren. Mit einer richtig guten Flasche Wodka ist die Planung dann gegen 23 Uhr getan und Volker und ich radeln durch die unbeleuchteten Straßen in einer pechschwarzen Nacht zurück zum Hotel und ich freue mich, morgen noch einmal ausschlafen zu können.