3. Tag: Dienstag, der 11. Februar 2014
Dienstag, den 11. Februar 2014In Hanoi, um Hanoi und um Hanoi herum
Besuch bei Ho Chi Minh, dann 50 Kilometer Tagesausflug nach Co Loa und auf kleiner Nebenstraße wieder zurück zur Stadt, bis 17 Grad, wolkig und ein halber Sonnenstrahl
Der wohl bescheidenste Führer aller Kommunisten liegt Schneewittchen gleich nur 500 Meter von unserem Hotel entfernt und steht nach dem Nudelsuppenfrühstück auf unserer Programmliste. Wir parken die Räder auf dem Parkplatz im Gelände und reihen uns in die nicht zu lange Schlange, wir sind noch früh genug, gegen Mittag reihen sich Vietnamesen und Touristen hier mehrere hundert Meter auf. Bei der Sicherheitskontrolle wird Hajo noch sein Taschenmesser abgenommen und wir hinterlegen die Fotoapparate, dann geht es in fast militärischer Formation zum Mausoleum. Auf ordentliche Bekleidung und anständiges, ruhiges benehmen weisen die zahlreichen Wachsoldaten in weißer Uniforme hin. Dann geht es gemächlich in Doppelreihe durch den Bau am gläsernen Sarg vorbei und man hat gerade einmal zwei oder drei Blicke Zeit ein Auge auf den „schlafenden“ Führer zu werfen. Recht frisch sieht er noch aus der Genosse. Obwohl ich hier schon zum achten Male durchlaufe, war nicht zu erwarten, dass der Genosse sich kurz erhebt und mir die Hand schüttelt.
Hinter dem Mausoleum gibt’s die Kamera und später Hajos Messer zurück und wir können noch einen Blick auf den Präsidentenpalst und die Wohnhäuser werfen. Da ihm die französischen Kolonialgebäude zu warm und stickig waren, ließe er sich an einem kleinen See im Park eine Pfahlbauhütte errichten, in der er residierte. Diese einfache Lebensweise und seine Erfolge im Guerillakrieg haben ihn wohl zum sympathischsten Vertreter in der Riege der großen Vorsitzenden und Revolutionsführer gemacht.
Zu lange halten wir uns nicht auf, dann sitzen wir auf den Rädern und rollen wieder durchs Zentrum in Richtung des Roten Flusses. Inzwischen haben wir Spaß daran hier im dichten Verkehr mitzuschwimmen und ab und zu kann man jetzt auch schon ein paar Blicke mehr nach links und rechts schweifen lassen. Entlang geht es an einem langen Mosaik, das vor 4 Jahren zur 1000 Jahrfeier der Stadt fertig gestellt worden ist, mehrere Kilometer ist der Wandfries lang und zeigt Bilder aus ganz Vietnam und zur vietnamesischen Geschichte. Leider liegt er so dicht an einer befahrenen Straße, dass man immer nur Teilbilder erfassen kann. Kurz vor der Long Bien Brücke liegt auch der Gemüsegroßmarkt, auf den wir noch einen kurzen Abstecher machen und uns auf die kulinarischen Genüsse vorbereiten. Gestern hatten wir schon Jackfruit probiert und für sehr lecker befunden, heute kaufe ich Maracujas, Drachenfrucht, schöne, reife Mandarinen und eine Mango für eine Radelpause. Und es gibt noch vieles mehr, das wir probieren müssen und werden.
Die interessanteste Brücke der Stadt ist die Long Bien Brücke, die 1903 fertig gestellt wurde und fast 2 Kilometer über den roten Fluss führt. Es war die erste Brücke über den Roten Fluss und ist eine kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke. Heute dürfen nur noch Mopeds die beiden nicht zu breiten Fahrspuren links und rechts neben dem Gleis benutzen und es herrscht immer reger Verkehr. Im Vietnamkrieg spielte die Verteidigung der einzigen Verbindung hier eine große Rolle. Trotz großer Bemühungen der Amerikaner konnte das Bauwerk nicht komplett zerstört werden und die Brücke nach den Angriffen immer wieder und weiter benutzt werden. Als die Vietnamesen begannen, amerikanische Kriegsgefangene zu Reparaturarbeiten einzusetzen, hörten auch die Bombardierungen auf. Hinter der Brücke liegt heute ein wachsende Vorstadt und bis wir die ersten Reisfelder sehen, müssen wir noch knapp 10 Kilometer radeln, dann sind wir mehr oder weniger auf dem Land. Eines der ersten Dörfer ist dann schon Co Loa. Hier war vor 2200 Jahren eine große Festungsanlage gebaut worden. Heute kann man jedoch nur noch die Wälle erahnen und die Leute kommen hier für drei oder vier alte Tempel. Diese bestehen aus alten Holzkonstruktionen und haben auch schon einige hundert Jahre im Gebälk. Wir drehen unsere Runden in den Tempeln und ziehen auch noch eine Runde durch Dorf und genießen, dass es jetzt am Nachmittag schon ein klein bisschen wärmer geworden ist. Zu sehen gibt es vor allem kleine Details, die Schreine in den konfuzianischen Tempeln, die wieder gut mit Lebensmitteln gefüllt sind, die tollen Holzkonstruktionen und die alten Bäume mit Jackfrucht und Eierfrüchten.
Nach einer Mahlzeit auf dem Dorfplatz, hier gibt es eine Art Reisbrei mit getrocknetem Fisch machen wir uns auf den Rückweg nach Hanoi, diesmal auf Nebenstaraßen und Dämmen entlang. Hier hat man einen schönen Blick auf die Häuser, gebaut werden mitunter prächtige, kitschige Paläste, natürlich traditionell mit kleiner Grundfläche und dafür fünf oder sechs Etagen hoch und alles in grellen Farben und mit pseudoklassizistischen Elementen verziert.
In einem kleinen Tempel übt eine Gruppe älterer Frauen eine Zeremonie ein, das ist recht nett anzusehen und die Damen lassen sich durch uns nicht stören, während sie zu traditioneller Musik vom Band ihre Fähnchen schwingen und ihre Schritte einüben.
Eigentlich wolle ich mit der Fähre über den Fluss, aber die gibt es nicht mehr, aber der Weg auf dem Damm ist auch nicht uninteressant und wir finden auch die kleine Tofumanufaktur wieder, die ich im letzten Jahr schon besucht habe. Hier können wir auch einen Blick darauf werfen, wie die Tofumasse gerade in Holzkästen gefüllt und verkauft wird. Der warme, sehr seidige Tofu ist super lecker und die Regionen um Hanoi sind auch bekannt für ihre Produktion, ich habe darüber auch schon einmal ausführlicher berichtet.
Langsam nähern wir uns wieder der Stadt, wir halten noch ein wenig auf der Long Bien Brücke und genießen die Aussicht und beobachten ein paar alte Männer mit erstaunlich durchtrainiertem Körper bei ihren abendlichen Übungen, dann wühlen wir uns wieder durch das Gewimmel in die Stadt bis zu meiner Lieblingslokation, dem Chinagrill. Hier gibt es neben viel Gemüse auch Fleisch in jeder Form, besonders lecker sind die Frösche. Die Schenkel schmecken wie sehr zartes Hühnchen.
Zum abendlichen Abschluss kehren wir dann noch in der Kneipe gegenüber dem Hotel ein und trinken noch ein Bier, dann treibt uns die Kälte zurück in die Zimmer.