9. Tag: Mittwoch, der 12. Juni 2013

26. Juli 2013

Holperei an der Grenze entlang

101 km von Buston nach Istaravshan, 850 Höhenmeter nach oben bei sonnigen 38 Grad, grässlichste Piste den halben Tag, dann den Bergen entgegen bei leichtem Gegenwind

Gegen halb sieben sind wir dann endlich wach und haben leider nicht zu gut geschlafen. Vor allem der „Ökolärm“ am Morgen war immense, denn zwischen den Bäumen waren nicht nur wir beheimatet, sondern noch eine Unmeneg an morgendlichen Zwitscherern. Und der Magen-Darm Viruns hat wieder zugeschlagen, Monika geht es überhaupt nicht gut und nach dem Frühstück sogar so schlecht, dass sie nicht aufs Fahrrad steigen will.

Ich schwinge mich aufs Rad und sehe mir das Städtchen Buston einmal näher an, die Hauptstraße ist schnell gefunden, auch soll es hier ein Hotel geben, aber der Bau aus der Sowjetunion wäre auch keine Alternative zu unserem Lager in der Teestube gewesen. Der Basar ist auch schnell gefunden und wie erwartet, gibt es dort jede Menge an verfügbaren Fahrzeugen. Ich engagiere einen Minibus für den Ritt nach Istaravshan und ordere ihn zur Teestube. Monika und Rüdiger haben schon fertig gepackt und die Räder der beiden sind schnell verstaut. Doro und ich wollen die Strecke mit dem Rad fahren. das Taxi wählt die größere Straße über Khujandt, wir wollen eine Nebenstrecke nehmen, die zumal auch noch wesentlich kürzer ist. Allerdings sollten wir keine zu gute Asphaltqualität erwarten, sagt uns der Teestubenbesitzer zum Abschied, schließlich würden auch alle Taxis und Busse den Umweg über Khudjant nehmen.

Es ist schon 9 Uhr und fast heiß, als wir dann endlich loskommen, wir besorgen uns im Laden noch ein paar Sachen zu Essen für unterwegs und Wasser und finden auch den Abzweig auf die Nebenstrecke. Am Anfang läuft alles recht gut, die Strecke ist asphaltiert und die Qualität schwankt immer zwischen mäßig und nicht so toll, leider aber mit schlechter werdender Tendenz. Nach 15 km sind nur noch die Löcher mit Asphalt umrandet, dann gibt es nur noch Löcher ohne Asphalt und irgendwann kann man den Feldweg nicht mehr Straße nennen. Kein Wunder, dass wir hier kaum noch Fahrzeugen begegnen, die wie wir durch die Löcher holpern. Vielleicht wäre die Strecke gar nicht so unangenehm, wenn nicht die Sonne schon wieder im Zenit stehen würde und die Temperatur schon wieder über die 30 Grad Marke gestiegen ist. Am Anfang ging es noch durch kleine Dörfer an einem Nebenkanal des Syrdarya entlang, eigentlich eine schöne Umgebung mit viel Landwirtschaft, doch langsam nähern wir uns wieder der usbekischen grenze und es wird nahezu öde. An den Feldrändern hocken ab und zu ein paar Bauern und Bäuerinnen im Schatten und warten auf den Nachmittag, wer bewegt sich schon gern in der Mittagshitze direkt unter der Sonne. Mein GPS zeigt an, dass wir eigentlich schon wieder in Usbekistan sind, doch die beiden ladas, die sich vorbeiquälen haben tadschikisches Kennzeichen und die Fahrer versichern uns, dass wir auf dem richtigen Weg seien. An der Grenze, einer Betonmauer gibt es riesige Industrieruinen, früher führte hier sogar eine Eisenbahn entlang, doch alles wurde abgerissen. Ein wenig sieht es hier aus, wie nach einem Krieg. Nach einer kurzen Abfahrt zum Syrarya kommen wir an ein paar Bauten und eine Brücke über den Fluss. Auf der anderen Seite, genau 400 Meter weiter haben wir gestern schon einmal gestanden.

Inzwischen ist es glühend heiß, aber keine Teestube ist in Sicht. ich kann Doro motovieren, dass es bis zur Hauptstraße nur noch 8 Kilometer sind und es dort eine Raststätte gibt. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber tatsächlich, als wir auf die Hauptstraße kommen liegt 500 Meter weiter eine Ansammlung von Hütten. In der Mitte eine überdachte Fläche mit Tischen und Stühlen.

Wir plündern die Kühltruhe und schlagen uns den Bauch voll, zur Abwechslung gab es hier gefüllte Teigtaschen russischer Art, dann belagern wir einen der Diwane für ein Schläfchen und gegen 15.30 Uhr sind wir dann wieder fit für die Straße. Es ist zwar wieder die Hauptstraße mit recht ordentlichem Verkehr, aber es gibt guten Asphalt und einen Seitenstreifen, so dass es sich recht ordentlich fahren ließe, wenn da nicht der Gegenwind wäre, der uns nun entgegen bläst. Motivierend ist lediglich, dass sich am Horizont die Berge abzeichnen, eine gigantische Gebirgskette mit Schnee und Eis bedeckten Gipfeln.

Die 50 Kilometer bis Istaravshan sind ordentlich anstrengend, natürlich geht es auch bergan, aber sehr beständig und leicht mit 2 % Steigung. Unterwegs gibt es außer der näher rückenden Bergkette nicht viel zu sehen, die Landschaft ist öde, es gibt keine Dörfer und auch keine Raststätten. Glücklicherweise wird der Gegenwind auf den letzten 20 Kilometern etwas schwächer und gegen 19 Uhr erreichen wir den Abzweig nach Istaravshan. Der Ort zieht sich noch ewig in die Länge und unser verabredetes Hotel liegt am Ende. Der Tag war für Doro und mich trotz der nur 100 km recht anstrengend, wie immer zeigt sich, dass der Gegenwind ein nicht zu unterschätzender Faktor ist und das Fahren in der Mittagshitze natürlich auch und wir schwören uns, in den nächsten Tagen so zeitig wie möglich aufzubrechen.

Den Laden kenne ich noch von der 2008er Olympiatour und der ist im Lonely Planet als bestes Haus am Platze eingetragen, die Zimmer sind zwar recht ordentlich, dafür gibt es aber nur in einem eine Dusche und die ist auch noch kalt, was bei den Tagestemperaturen natürlich dann nicht das schlimmste ist.

Als wir gegen 21 Uhr aus der Dusche kommen haben die drei Restaurants in der Nähe schon zu oder wollen nicht mehr kochen, aber es gibt einen Laden und der hat, was wir brauchen: Brot, Käse, Wurst, Joghurt, Tomaten und Gurken und eine recht ordentliche Auswahl an Keksen für ein Abendessen.

Monika geht es leider nicht viel besser als am Morgen und so beschließen wir, den morgigen Tag noch hier in Istaravshan zu verbringen. Doro empfiehlt uns, doch morgen mal in der lokalen Klinik vorbei zu gehen, aber vorerst will Monika dann doch lieber nur Ausruhen , Abwarten und Tee trinken.

8. Tag: Dienstag, der 11. Juni 2013

25. Juli 2013

Nach Tadschikistan in doppeltem Anlauf

121 km von Zarbdor zur tadschikischen Grenze und noch einmal 40 km Transfer mit Minibus, flache 300 hm, Sonne bis 37 Grad

Am Morgen sind wir zeitig wach, es wird schon kurz nach vier Uhr hell, aber irgendwie will man doch nicht aus dem kuscheligen Schlafsack und so scheitert auch der zweite Versuch um 5 Uhr loszukommen und es wird wieder 6 Uhr, als wir auf den Rädern sitzen und heute ohne Kaffee.

Auf der kleine Straße fährt es sich heute angenehmer als gestern auf dem Highway, auch wenn es schon von morgens an recht warm ist, aber wir sind eben im Sommer in Zentralasien. Frühstück machen wir heute schon nach 24 Kilometern recht gemütlich in einer Teestube, auch wenn die Sonne dabei noch weiter nach oben steigt. Die Grenze zu Tadschikistan befindet sich in Oybek, doch wo sich Oybek befindet, ist nicht so ganz klar. Die Karte verzeichnet den Grenzübergang nahe der Stadt Bekobod, der Lonely Planet spricht davon, dass sich der Übergang noch 45 Kilometer nördlich davon befindet, die Aussagen der Polizisten, die wir an den gelegentliche Straßensperren befragen, sind widersprüchlich, auch wenn sich gegen Mittag abzeichnet, dass der Lonely Planet wohl recht hat. damit kämen dann noch einmal 80 Kilometer zusätzlich auf den Plan.

Vor Bekobod erreichen wir den Syrdaya, einen der wichtigsten Flüsse Zentralasiens. Den ganzen Tag sind wir schon vielen Hochspannungsmasten gefolgt und hier gibt es jetzt mehrere Kraftwerke, die die Region mit Energie versorgen. Der Fluss selbst ist glasklar und recht kalt und lädt an vielen Stellen zu einem Bad ein, doch wir wollen lieber eine Pause in einer Teestube machen, um die größte Mittagshitze zu überstehen.

Nach einer Suppe und einer Melone und knapp zwei Stunden im Schatten schwingen wir uns wieder aufs Rad. Es gibt sehr wohl einen Grenzübergang bei Bekobod, der ist aber nur den Bewohnern der Grenzregion vorbehalten, der offizielle Übergang befindet sich wirklich 45 km weiter im Norden. es ist schon traurig hier an der Brücke über den Fluss zu stehen und zu sehen, dass auf der anderen Seite sich das Nachbarland befindet und hier einfach nicht rüber zu dürfen, nur weil sich die beiden Völker nicht sonderlich mögen.

Die Usbeken werfen den Tadschiken vor, ihnen systematisch das Wasser abzugraben, die Tadschiken sehen die noch auf Stalin zurück gehende Grenzführung  als nichtig an, weite Teile des heutigen Usbekistans angeblich zu Tadshikistan gehören. Tatsächlich hat Stalin hier ein ordentliches Gewirr auf der Landkarte angerichtet, das usbekische Ferganatal zieht sich wie ein Beule weit nach Tadschikistan hinein und es gibt jede Menge kleiner Enklaven und Exklaven auf beiden Seiten. Da die Politik beider Staaten nicht sehr freundschaftlich ist, hat man dann beschlossen, sich gegenseitig für den Anfang ordentlich das Leben schwer zu machen, zu leiden haben vor allem einfache Leute beider Seiten, deren Familien in den eingeschlossenen Gebieten leben, und riesige Umwege in Kauf nehmen müssen, so wie wir nun auch.

Nach 110 Kilometern in der Hitze bei bis zu 37 Grad sind wir nicht sonderlich motiviert, die 45 Kilometer bis zur Grenze noch zu fahren, in Bekobod wollen wir auch nicht bleiben, da das hiesige, noch aus Sowjetzeiten stammende Hotel keinen Komfort in Form einer Klimaanlage verspricht. In den stickigen Räumen einer Teestube könnte man auch übernachte, aber auch das klingt nicht verlockend. Doro schlägt vor, mit einem Taxi bis zur Grenze zu fahren und dann in Tadshikistan nach einer Bleibe zu suchen. Zwei Minibusse sind schnell aufgetrieben und voll geladen und eine knappe Stunde später stehen wir an der usbekisch-tadschikischen  Grenze. Es ist jetzt 17 Uhr und alles sieht ziemlich ruhig aus, wir tauschen unsere restlichen Sum in Somani. Für einen Euro gibt es fünf Somani, somit hat die Geldschlepperei nun ein Ende.

Eine Stunde brauchen wir für die usbekische Seite, inklusive der nervigen Zollerklärung. Hier muss wieder jeder Euro und jeder Dollar angegeben werden, alles wir mit der Einreiseerklärung abgeglichen. Dann gibt es den Ausreisestempel, nicht ohne dass vorher die Registraturen der Hotels für Buchara und Samarkand vorgelegt werden müssen. Dass wir die letzte Nacht im Freien gezeltet haben, also keine Registratur vorlegen können wird akzeptiert.

Dann brauchen wir noch einmal eine halbe Stunde für die Einreise in Tadhikistan, der Zoll ist hier nicht so bürokratisch, vielleicht auch nur, weil der Bruder des Zolloffiziers irgendwo in Brandenburg bei den Panzern der Roten Armee stationiert war und noch gute Erinnerungen an die DDR hat.

Als wir dann endlich in Tadshikistan sind ist es schon dunkel, aber in 10 Kilometern Entfernung soll es ein Städtchen mit einer Teestube und mit einem Hotel geben. Da kaum Verkehr abends über die Grenze kommt ist die Fahrt im Dunkeln kein Problem und gegen 21 Uhr haben wir die Teestube erreicht. Unter Bäumen gibt es gemütliche Diwane fürs Essen, auf denen man auch hervorragend übernachten kann.

In der Teestube läuft über Beamer fürs nicht vorhandene Publikum ein Film, ich denke, wir sind mit gelegentlichen Blicken, neben dem Besitzer der Teestube, die einzigen Zuschauer des Weltkriegsdramas. Ein deutsche Offizier verliebt sich in eine russische Partisanin. Einige deutsche Wortfetzen, wie „Heil Hitler“ sind nicht synchronisiert und zwingen mich dazu, mich immer wieder der flimmernden Leinwand zu widmen.

 Die Teestube hat auch eine Sauna und so sind wir dann dampfend bereit für ein Nachtessen, dass ich zusammen mit dem Besitzer bereiten durfte. Aus dem Rest seines Rinderfondes  zauberten wir eine nette, dicke Suppe mit Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln und viel Knoblauch, danach sind wir ordentlich müde von der Hitze des Tages und der langen Etappe. Da wir so spät angekommen sind, wollen wir dann am Morgen erst einmal ausschlafen, aber auch nicht zu spät los. Wir rollen auf dem Diwan unsere Schlafsäcke aus und zumindest ich falle recht schnell in tiefen Schlaf, nach dem die letzten Schüsse des zweiten Weltkrieges gefallen und die „Heil Hitler!“ Rufe verstummt sind.

7. Tag: Montag, der 10. Juni 2013

25. Juli 2013

Endlich auf dem Rad

132 km von Samarkand nach Zarbdor, recht flache, karge Landschaften bei Sonne bis 35 Grad, 600 hm, meist recht ordentliche Straße mit mäßigen Abschnitten

Aus dem geplanten Start um halb sechs wird natürlich am ersten Morgen nichts, wir brauchen etwas länger, um unser Gepäck wackelfrei auf den Rädern zu verstauen, aber um 6 Uhr sitzen wir im Sattel und starten in den noch angenehm warmen Morgen. Eine Woche voller Katastrophen haben wir auf diesen Tag warten müssen, aber nun ist es endlich soweit. Zwar haben wir jetzt noch den Umweg über die Grenze vor uns, aber nun heißt es erst einmal radeln. Gestern hatten wir noch kurz überlegt, ob wir die zwei Tage, die uns der Umweg kosten wird, vielleicht per Transfer herausholen, aber dann müssten wir ohne „Aufwärmphase“ in die Berge einsteigen. So bleibt uns ein wenig mehr Zeit zum Einfahren und falls wir in den Rückstand geraten, können wir das dann hinter dem Pamir in Osch immer noch durch einen Sprung mit dem Bus wieder herausholen.

Über ein paar kleine Straßen rumpeln wir aus Samarkand heraus, dann kommen wir auf eine Art Highway, doch der Verkehr ist erträglich und man kann meistens ganz gut auf dem breiten Seitenstreifen fahren. Richtiggehend ausgehungert sind wir aufs Radeln und so legen wir fast 40 Kilometer zurück, bis wir für eine Frühstückspause stoppen. Dort gibt es in einem Dorf einen kleinen Laden und frisches Liepioschka-Brot, dazu kaufen wir dann Wurst und Käse und Kefir und das macht dann doch schon eine gute Frühstücksmahlzeit.

Weiter geht es dann über leichte Hügel bis zum Abzweig nach Yizzhak, die große Straße sieht besser aus und so beschließen wir nicht durch die Stadt zu fahren. Leider geht dann aber eine ordentlichen Hügel hinauf, gute 200 Höhenmeter und die Sonne steht schon ordentlich im Zenit und wir kommen gut ins Schwitzen. Oben hügelt es dann vor sich hin und auf der anderen Seite gibt es unten dann ein paar schöne Teestuben. Knappe 80 Kilometer haben wir hinter uns gebracht, aber nun steht die heiße Luft und wir machen es uns bequem und gönnen uns die übliche zentralasiatische Mahlzeit, es gibt wieder Plov, Kefir, Brot und den üblichen Tomaten-Gurken-Salat, also alles Sachen, die zu einer mehr als gut funktionierenden Verdauung dazu gehören.

Ab 16 Uhr fängt es dann wieder an, etwas kühler zu werden und so schwingen wir uns eine halbe Stunde später wieder auf die Räder und radeln weiter gen Osten. Heute Abend werden wir wohl keinen Ort mit Hotel oder Herberge erreichen und so sehen wir uns dann, als die Sonne fast schon am Horizont ist, nach einem Zeltplatz um. In einem kleinen Ort plündern wir noch den Basar und  etwas außerhalb frage ich dann in einem Gehöft, ob wir dort unsere zelte aufstellen können.

Die Situation mit Übernachtungen ist in Usbekistan nicht so einfach, Kontakte mit der Bevölkerung zu Ausländern werden von der Regierung kritisch überwacht, in den Städten darf man theoretisch nich bei privaten Familien übernachten, sondern nur in zugelassenen Hotels. Die müssen eine registration vornehmen und den entsprechenden Zettel muss man als Tourist gut aufheben, da er möglicherweise bei der Ausreise kontrolliert wird. Deshalb ist die Bäuerin nicht zu begeistert von der Idee, verweist uns aber auf eine von Lehmmauern umkreiste Fläche am Rande des Dorfes, wo im Winter wohl die Schafe eingepfercht werden. Die Fläche ist nicht toll, aber ok, zumal es schon langsam dunkel wird. Wir bekommen dann noch zwei Eimer Wasser gebracht und eine Schüssel mit Milchreis.

Ungewohnt ist es, seit langem wieder einmal im Freien zu schlafen. Doro und ich haben nur die Isomatten ausgerollt und die Schlafsäcke darauf ausgebreitet, Rüdiger und Monika bauen auch nur das Innenzelt auf.

Ganz ruhig und friedlich schlafen wir nicht in der Nacht, zwei Mal besuchen uns die Dorfhunde und ich wache auch bei jedem Geräusch auf. Dafür ist der Sternenhimmel nicht schlecht und irgendwann zieht auch eine Sternschnuppe über den Himmel, damit dürfte es ja wohl doch noch eine schöne Radreise werden.

6. Tag: Sonntag, der 9. Juni 2013

25. Juli 2013

Spätes Glück in Samarkand

Warten auf einen Anruf, Stadtspaziergang und spätes Glück bei Sonne und 34 Grad

Unser Hotel namens Furkat hat eine tolle Lage, oben vom Dach hat man eine tolle Aussicht auf die Stadt insbesondere auf die Medressen am Registan. Doch so schön die Aussicht auf die Stadt ist, um so schlechter die Aussichten für eine Radtour durch den Pamir. Rüdiger bleibt heute ganz im Bett, um seinen Magen-Darm Virus auszukurieren, ich warte auf einen Anruf vom Flughafen und nerve dort aller zwei Stunden, aber es kommt kein Rückruf, angeblich gebe es keine Antwort aus Petersburg.

Doro, Monika und ich spazieren dann noch einmal durch Zentrum der „Steinernen Stadt“, wie die sogdische Namenswurzel dazu sagt. Tatsächlich ist die Stadt recht versteinert, die einzelnen Sehenswürdigkeiten sind bis zur Perfektion renoviert, die Eintrittspreise erreichen europäisches Niveau und auch das Zentrum wurde eher zur Parklandschaft umfunktioniert. Nur an richtigem leben fehlt es ein wenig zwischen den historischen Gemäuern, Buchara war da wesentlich lebendiger und in meinen Augen schöner.

Der Basar hier ist zwar größer als der in Buchara, aber schon total auf Touristen eingestellt, das heißt man wird an allen Ständen angesprochen, doch von diesem und jenem und möglichst recht schnell und viel zu kaufen, Fotos seien nicht so erwünscht. Richtiger Trubel herrscht nur hinter dem Basar, wo auch noch einmal Obst und Gemüse verkauft wird, der Parkplatz ist eher ein Museum für Autos aus Sowjetzeiten, die mit Kisten und Kartoffeln vollgeladen werden.

Noch einmal mache ich mich wieder auf den Weg zum Flughafen wieder ohne Erfolg und wieder nur mit dem Versprechen, Moskau noch einmal anzufaxen und mich innerhalb der nächsten Stunde zurück zu rufen und wieder passiert nichts. Zurück in der Kühle des Hotels machen wir dann eine Krisensitzung, ich empfehle Doro, Monika und Rüdiger, morgen in aller Frühe ohne mich zu starten. ich würde mir morgen (am Montag) dann irgendwo ein schnelles Internet besorgen und versuchen die verantwortlichen von der Airline direkt an den Apparat zu bekommen und im besten Falle zu ihnen aufzuschließen.

Die Warterei zermürbt und es kommt natürlich keine Rückmeldung vom Flughafen, so beschließen wir dann, wenigstens noch einmal zusammen zum Abendessen zu gehen. Auch hier in Samarkand ist die Auswahl nicht so riesig, hauptsächlich Rind und Hammel auf dem Grill, dazu Gurken und Tomatensalat, frisches Brot und Kefir. Für den Pamir Highway prophezeie ich den anderen wenig Änderung, außer dass dann das Brot nicht immer frisch und Tomaten und Gurken entfallen würden.

In der Abenddämmerung kommen wir dann zurück zum Hotel, als wir in unsere Gasse einbiegen hält neben uns ein Lada mit quietschenden Bremsen , im Kofferraum ein Fahrradkarton, mein Fahrradkarton. Was für eine Überraschung. Der Karton ist von außen völlig in Ordnung und komplett mit Klebeband zugeklebt, da hatte ich in Berlin fast zwei Stunden investiert. Die beiden Beamten ließen sich nicht noch zu einem Freudenbier überreden, sondern sammelten schnell den Gepäckabschnitt ein und ließen sich den Empfang quittieren und verabschiedeten sich.

Beim Auspacken dann eine Mischung aus Freude und Ärger, der Karton war schon geöffnet worden und ein paar Sachen fehlen, einmal die 25 Fertiggerichte für die kargen Etappen in den Bergen, dann mein Innenschlafsack und ein paar kleine Sachen. Auch war das Fahrrad schon herausgenommen und komplett montiert und wieder auseinandergenommen worden. Die von mir wegen des Fluges entlüfteten Reifen waren voll aufgepumpt, ein Feststellhebel an der Luftpumpe abgebrochen. Die Schnellspannachsen waren nicht mehr am Rahmen festgetapt, sondern in der Werkzeugtasche, ebenso wie die Pedale. Kocher, Zelt und Schlafsack hatte sich auch irgendjemand schon näher angesehen und ausprobiert.

Doch bis auf den Innenschlafsack und die Suppen fehlt nichts und ich kann mein Rad montieren, gegen 22 Uhr bin ich damit glücklich und fertig, so können wir morgen sehr, sehr zeitig starten, um der Mittagshitze zu entgehen. Noch einen Tag wegen der kleine Verluste zu verschwenden kommt nicht in Frage, allerdings liegt die Vermutung nahe, dass mein Rad wohl doch nicht in St. Petersburg gestanden hat, sondern hier in Buchara eine neuen Besitzer gefunden hatte. vermutlich musste dieser dann aber doch aufgeben, weil ich in den letzten zwei Tagen auf dem Flugplatz doch recht viel Stress gemacht habe. Die Wahrheit kennt wohl nur Allah und da dabei werde ich es ohne weiter Anfragen belassen.

5. Tag: Samstag, der 8. Juni 2013

25. Juli 2013

Samarkand- der nächste Schock

Zugfahrt nach Samarkand, dann zum Flughafen, dort der nächste Schock, sonnig bei 35 Grad

Um 8 Uhr startet der Zug von Buchara, wir haben es gerade noch so zum Bahnhof geschafft und machen es uns in dem recht komfortablen Abteil bequem, dann geht es auch schon los. Draußen fliegt trockene Steppe vorbei, nur selten ein Dorf, manchmal steht ein Kamel an der Bahnstrecke, ansonsten passiert landschaftlich nicht viel. Auch im Zug ist nicht so viel los, von einer Bahnfahrt in Zentralasien hätte man eigentlich mehr erwartet, aber es ist kein einziger Hammel im Abteil und niemand fängt an, sich sein Essen auf offener Flamme zu kochen, im Gegenteil, es geht so zivilisiert zu wie in einem ICE, selbst die Toilette ist vergleichbar sauber. Die Usbeken, Russen und noch zwei Langnasen im Abteil sind mit Zeitungen oder Handy beschäftigt, hinter mir zeigt ein älterer Mann auf seinem Android Telefon seinem Nachbarn stolz Bilder. Ein prächtiges Schaf nach dem anderen ist da abgelichtet und zu jedem der Tiere kann er eine Geschichte erzählen, wie auch immer landen die Tiere dann aber doch im Plov oder am Grillspieß.

Pünktlich fährt der Zug in Samarkand ein, es ist 11 Uhr und die Sonne ballert ordentlich runter, es sind so um die 35 Grad. Wir steigen ins nächste Taxi und lassen uns zum Flughafen fahren. Der liegt recht einsam und verlassen in der Mittagssonne und das Wachpersonal winkt uns müde durch. Die zuständige Abteilung fürs Gepäck ist schnell gefunden, der Schlüsselinhaber für den Gepäckraum auch und der erste Blick lässt uns frohlocken, da sind die beiden Räder von Monika und Rüdiger, die Radtaschen sind auch alle da. Nur ein Karton fehlt, nämlich der mit meinem Rad! So ein Mist. Der zuständige Beamte erklärt, das sei alles, was in der Nacht mit der Maschine aus St. Petersburg gekommen sei. Wieder werden alle Daten aufgenommen, man könne in Petersburg nicht anrufen, aber ein Fax senden, dann kann das Rad mit der nächsten Maschine geschickt werden. Was für ein Mist. Im Karton ist nicht nur das Rad, sondern auch noch meine halbe Ausrüstung, Schlafsack, Zelt, Isomatte, Kocher, Werkzeugsatz. und nun sind wir in Samarkand und immer noch auf Warteschleife.

Monika und Rüdiger montieren ihre Räder und radeln in die Stadt, ich suche ein Taxi und fahre nebenher. Doro, unsere vierte Reisende erwartet uns hier in einem Hotel, der Taxifahrer kennt aber die Adresse nicht, obwohl das Hotel mitten im Zentrum liegt. Doch wir fragen uns durch und treffen dann im Hotel auf Doro, die erst eine halbe Stunde vor uns aus Tashkent eingetroffen ist, natürlich mit Rad und Gepäck. Tolle Sache, da sitze ich nun hier als Reiseleiter, kenne als einziger Sprache, Land und Leute und habe kein rad für die Radtour, die Situation ist recht zermürbend. Ebenso wie die Diät aus Zwiebeln, Kefir und fettem Hammel. Rüdigers Magen geht es nicht so toll und auch bei Monika und mir grummelt es ein wenig. Wir nutzen den Nachmittag zum Ausruhen und ich fahre noch einmal zum Flughafen, denn die Beamten dort wollten noch einmal den letzten Gepäckabschnitt sehen. Ansonsten bringt die Fahrt keine Neuigkeiten. Der Flughafen in Petersburg habe auf das Fax noch nicht geantwortet.

Am späten Nachmittag drehen wir dann noch eine runde durch das historische Zentrum Samarkands. Die blauen Kuppeln der drei Medressen am Registan, dem zentralen Platz, bestimmen das Bild der Stadt. Die blau gefliesten Kuppeln sind schon von weit her zu sehen und weisen den Weg. Leider ist der Platz mit einer großen Bühne zugebaut und aus einer Lautsprec heranlage dröhnt Musik, dazu marschieren Mädels mit Länderschildern auf die Bühne, dort im Kreis und verschwinden wieder und dann wieder alles von vorn. Geprobt wird eine internationale Miss-Wahl, die in den nächsten Tagen hier stattfindet. Da bin ich nun schon zum dritten Male hier in dieser Stadt und bekomme den tollen Platz nie richtig zu Gesicht. Beim ersten Mal vor 25 Jahren war ich ordentlich krank, 2008 auf unserer Athen-Beijing Tour wurde gerade hier ein indischer Tanzfilm gedreht und in diesem Jahr nun eine Miss-Wahl.

Die Stimmung am Abend ist nicht so toll, denn eigentlich wollten wir morgen dann von hier mit unserer Radtour starten, müssen nun aber hier noch so lange ausharren, bis der Verbleib meines Rades geklärt ist. Durch unseren Transfer mit der Bahn haben wir zwar zwei Tage gespart, aber wir müssen wegen der geschlossenen Grenze ja auch noch einen Umweg fahren, bei dem wir genau diese zwei Tage dann wieder brauchen. Wenigstens hat bei Doro alles geklappt, so dass unsere kleine Gruppe nun vollständig ist.