29. Tag: Dienstag, der 2. Juli 2013

8. August 2013

Nach Osh

78 Kilometer von Gülchö nach Osh, noch ein kleiner Pass, der Tschyrdyk mit 2389 Metern, 850 hm nach oben und 1300 hm wieder runter, bei Sonne und 30 Grad

Der Morgen am Bach war weniger feucht als erwartet und so sind wir um 8 uhr schon wieder auf dem Rad. Gestern hatte uns unsere Etappe mächtig weit ins Tal gebracht, heute geht es nun wieder hinauf, so ist das nun mal in den Bergen.

Aber auf dem chinesischen Asphalt lässt es sich hervorragend fahren und so sind wir nach knapp zwei Stunden schon auf dem Tschyrdyk-Pass. Der ist mit 2389 Metern nicht sehr hoch, dafür aber sehr touristisch, überall gibt es Jurten und zelte, die Kumys, vergorene Stutenmilch verkaufen oder Tee und kleine Snacks anbieten. Es scheint, dass dieses Tal das Naherholungsgebiet für die Stadt Osh ist.

Noch einmal können wir einen Blick auf einen hohen Zug des Pamir werfen und tun dies auch, denn wenn wir heute in Osh ankommen, dann ist der namesgebende Teil der Tour geschafft, wir werden zwar noch ein paar hohe Pässe fahren dürfen, aber die sind dann schon dem Tienshan-Gebirge zuzurechnen.

Auf dem Pass treffen wir auch wieder einmal Radfahrer, diesmal eine polnische Dreiergruppe, die sich noch viel vorgenommen hat. Nach einer Pause und ein paar Schlucken Wodka mit einer Gruppe von Kirgisen aus Bischkek, rollen wir dann wieder nach unten. Fürs erste sind wir dann aus den Bergen raus, was sich vor allem an der Temperatur bemerkbar macht, heute sind ews wieder einmal knapp über 30 Grad.

Am frühen Nachmittag rollen wir auf der inzwischen doch recht verkehrsreichen Straße nach Osh ein und versuchen ein Guesthouse zu finden. Das Osh Guesthouse ist uns zu lausig, dafür gibt es um die Ecke dann ein Hotel namens Taj Mahal, warum auch immer, es gibt weder einen Inder hier noch ein Grabmal und schon gar keinen Marmor.

Am Nachmittag bleibt Zeit für Erledigungen, wir bekommen endlich Doros Geschwindigkeitsmesser gelötet, lassen unsere Wäsche waschen und ich bin auf der Suche nach einer guten Plov-Mahlzeit. Wir waren vor einigen Tagen auf zwei Reisende getroffen, die beklagt hätten in Kirgisien gebe es immer und überall nur Plov, ich bin jetzt drei Tage lang schon vergeblich auf der Suche danach.

Wir überlegen noch, ob wir noch einen Tag hier in Osh bleiben, entscheiden uns dann aber dafür, lieber in Bischkek einen Tag mehr zu haben. Wegen der Hitze beschließen wir dann wieder einmal einen zeitigen Aufbruch. Probleme, geweckt zu werden, werden wir nicht haben, denn gegenüber dem Hotel ist gleich die Moschee und da wird der Imam schon um 4.30 Uhr morgens krähen.

28. Tag: Montag, der 1. Juli 2013

8. August 2013

Geburtstag – von nun an geht’s bergab

108 Kilometer von Kysyl Art über den Taldyk-Pass (3603 m) nach Gülchö, 980 hm nach oben und lässige 2170 hm runter, Sonne, Wolken und ein Schauer bei 10 bis 28 Grad und leichtem Rückenwind

Mein Geburtstagsfrühstück ist mehr als mäßig, es gibt ein fettiges Spiegelei, dünnen Kaffee und trockenes Brot, dafür ist das Wetter wieder schön und die Straße super. Warum, das zeigt sich etwas später, als an einigen Stellen noch chinesische Markierungen zu erkennen sind. Da radelt es sich dann auch ganz entspannt zum Pass hinauf. Die Landschaft ist ein Traum in Grün, grüne Wiesen und Weiden, ab und zu weiße Jurten der Nomaden und viele Pferde. Eigentlich sind es dann 2 Pässe, denn nach dem ersten Gipfel geht es dann noch einmal 200 hm runter und dann letztlich hoch zum Taldyk-Pass. Hier auf 3603 Metern Höhe packe ich dann auch meinen Geburtstagstrunk aus, einen 100 Gramm Plastikbecher mit Wodka. Sieht ein bisschen aus wie ein Joghurtbecher, ist aber recht praktisch, denn man braucht nun den Wodka nicht mehr flaschenweise herumfahren, sondern hat ihn portionsgerecht. Mit dem Sprit in der Blutbahn fährt es sich dann auch viel beschwingter die Serpentinen hinunter ins Tal und wir werden heute weit hinunter müssen, eigentlich für den Rest des Tages.

So wird heute einer der schönsten Tage auf der Tour, meist haben wir leichten Rückenwind, als wir das Tal hinunter sausen. Die Landschaft ändert sich auch ständig. Am Anfang ist alles noch schön Grün mit Pferden und Jurten. Dann kommen rötliche Felsformationen dazu, die das Landschaftsbild bestimmen. Am Nachmittag kommt dann noch einmal ein recht trockener Abschnitt und dann sind wir fast schon in der Ebene, so dass Landwirtschaft betrieben wird. Die Leute in den Dörfern sind mehr als freundlich, man wird sofort angesprochen, wenn man irgendwo ein Bild macht und vor allem die Kinder lieben es, fotografiert zu werden. Schon am frühen Nachmittag wünsche ich mir keine Fotomotive mehr, so oft habe ich heute die Kamera schon ausgepackt.

Nach 103 Kilometern erreichen wir Gülchö, lassen die Stadt aber rechts liegen, wir wollen noch ein paar Kilometer das Tal hinauf und nach einem schönen Zeltplatz suchen. Solch einer findet sich dann auch schon 5 km weiter, hinter einem Dorf gibt es eine schöne Wiese am Bach. Also fragen wir noch den Bauern nebenan und schlagen die Zelte auf. Während wir dann am Kochen sind, haben wir wieder besuch vom halben Dorf, erst kommen die Kinder, dann die Männer und dann auch die Frauen, aber nach einer halben Stunde ziehen alle winkend wieder ab und wir haben unsere Ruhe. Na ja, richtig ruhig ist es nicht, denn auf der Straße ist nun wieder ordentlicher Verkehr, aber das Rauschen des Baches übertönt alles.

27. Tag: Sonntag, der 30. Juni 2013

7. August 2013

Ins grüne Kirgisien

98 Kilometer von Karakul nach Kysyl-Art, nnoch einmal zwei Pässe über 4000 Meter, 700 hm hoch und 1445 hm runter, über die Grenze nach Kirgisien bei Gegenwind, Sonne, Wolken und Regen, dabei  1 bis 15 Grad

Der Morgen ist klar und sonnig und wir haben noch für mehr als 20 Kilometer eine grandiose Sicht über den stahlblauen See und die Berge rundeherum. Während wir dann den ersten Pass nach oben fahren, ziehen sich die berge langsam zu und es schein hier richtig schlechtes Wetter zu kommen. Dem schlagen wir erst einmal ein Schnippchen, denn hinter dem 4220 Meter hohen Pass sieht das Wetter wieder etwas besser aus. Leider nicht die Straße! Es gibt wieder Wellblechpiste und am zweiten Pass wird es lehmig. Zum Glück hat es noch nicht geregnet, sonst kann es hier wohl sehr unangenehm werden.

Der Wind hat ordentlich aufgefrischt und bläst uns heftig ins Gesicht, deshalb kommen wir nur langsam vorwärts. Lediglich die Schlechtwetterfront hinter uns kommt nicht oder nur sehr langsam näher.

Auf 4280 Metern Höhe kommen dann der zweite Pass und die tadschikische Grenzstation. Die Formalitäten dauern eine Weile und ein paar der Grenzer tauschen auch mit uns Geld. Für einen Dollar bekommen wir 48 SOM.

Die Abfahrt im Niemandsland ist holprig und kalt, wir sind wieder ordentlich eingepackt und das Tal ist oben noch so karg, wie der gesamte Pamir bisher. Mit jedem Meter nach unten erleben wir aber dann eine Überraschung. Es wird grüner und grüner. Erst sind es nur ein paar Grasflecken mit Blumen, dann richtige Wiesen und irgendwann wird der Blick auf eine große grüne Ebene frei. Welche Wohltat für die Augen. Dort, am Rande der Ebene, liegt dann auch die kirgisische Grenzstation. Auch hier läuft alles ohne größere Probleme und nach 20 Minuten sind wir dann endgültig im Land der Filzmützen.

Auch wenn der Wind weiterhin gegen uns ist, sind die folgenden Kilometer sehr schön. In den grünen Tälern gibt es viele Jurten, die Kirgisen haben hier ihre Sommerlager aufgeschlagen. Überall weiden jetzt hier vor allem Pferde. Eigentlich gib es hier schöne Zeltplätze, aber die Gewitterfront hinter uns ist nicht sehr einladend. So durchqueren wir dann noch die Ebene und fahren bis nach Kysyl-Art. Hier angekommen findet sich ein netter Homestay mit Milchreis zum Abendessen. Als wir gerade unser Gepäck abgeladen haben, fängt es an zu regnen und wir sind recht froh, ein festes Dach über dem Kopf zu haben.

26. Tag: Samstag, der 29. Juni 2013

7. August 2013

Ungemütlich übern höchsten Pass

85 Kilometer über den Akbaital Pass (4665 m) nach Karakul, 800 hm nach oben und 850 hm wieder runter, -1 bis 18 Grad, teilweise Piste und Wellblech, teilweise Gegenwind, grandiose Aussichten

In der Nacht hat es ein wenig geschneit, auf dem Zelt liegen ein paar zarte Flocken und über den Bergen hängt eine dünne weiße Decke. Gegen 8.30 Uhr kommen wir dann nach viel Kaffee los, das ist eigentlich nicht so spät, denn wir mussten ja in Chorog die Uhr umstellen, außerdem muss man in den Bergen morgens wirklich warten, bis die ersten Sonnenstrahlen über den Berg kommen, sonst ist es zu kalt am Morgen. Heute haben einige kleine Pfützen eine Eisschicht!

Am Anfang geht es noch ein paar Kilometer recht sanft den Berg hoch, dann hört aber die Straße auf und wird zur Piste. Noch vier Kilometer geht es dann mit recht ruppigen 11 bis 12 % Steigung nach oben, aber dann sind wir auch schon am Pass. Geschafft, der höchste Punkt der Tour, wie das aber so ist, ziemlich unspektakulär, ein grauer, triester Durchbruch, durch den der Wind ungemütlich pfeift. Und auch die Abfahrt ist kein Vergnügen, zuerst raue Piste wieder runter, dann kommt ekelhaftes Wellblech bei leichtem Gegenwind. Unten dann ein Tal, das eigentlich nur karg und steinig ist, trotzdem ab und zu eine Jurte, aber nicht an der Straße, sondern immer weit weg und ein paar Schafe, die hier nach Futter suchen. So bekommen wir heute kaum eine Menschenseele zu sehen, vielleicht drei oder vier Autos sind durchgekommen und das war’s dann.

Wir kämpfen uns gegen den ungemütlichen Gegenwind, zum Glück wechselt die Wellblechpiste wieder zu schlechtem Asphalt, dafür geht es aber noch einmal ein paar kleine Anstiege nach oben und dann, ja dann kommt wieder einer dieser Moment der Reise: Vor uns liegt eine gerade Straße, die ganz leicht zum Karakul, dem Schwarzen See führt, der unten dunkelblau unter den Schneebergen schimmert. Mit leichtem Rückenwind treiben wir nun in diese tolle Ebene. Das schlechte Wetter haben wir hinter dem letzten Hügel gelassen und nun können wir beobachten, wie rundherum die Gipfels sich immer mal wieder in eine Wolke hüllen und dann wieder frei geblasen werden. Die leichte Abfahrt runter nach Karakul ist wirklich spektakulär, leider sieht das Ufer am See nicht nach einem schönen Zeltplatz aus. Außerdem haben wir seit gestern Vormittag keine Siedlung mehr gesehen, der „Ort“ auf der Karte war dann eine verlassene Militästation.  Also fahren wir noch bis in das kleine Dorf Karakul, hier gibt es dann auch ein paar Homestays. Wir entscheiden uns für einen gemütlichen Hof und treffen dort auch gleich noch auf eine deutsche Gruppe, die mit dem Bus über den Pamir unterwegs sind.

Das Abendessen ist recht ausgiebig und auch hier gibt es wieder eine Sauna. Abends fangen wir die Stimmung im Dorf noch ein wenig ein. Wir treffen, wenn wir überhaupt noch auf Leute treffen, schon seit Murgab fast nur noch auf Kirgisen, die man meist sofort an den traditionellen Filzmützen erkennt. Die Sonne geht wieder einmal sehr spektakulär unter und die weißen Häuser im Dorf leuchten in der letzten Abenddämmerung. Auch wenn der Tag wieder einmal recht anstrengend begann, endet er doch wieder einmal grandios.

25. Tag: Freitag, der 28. Juni 2013

6. August 2013

Alle Wetter!

50 Kilometer von Murgab bis zum Fuß4e des Akbaital, 600 hm hoch bei allen Wettern: Sonne, Wolken, Regen, Hagel, Schnee und wieder Sonne, Temperaturen zwischen 3 und 25 Grad, Wind aus allen Richtungen

Da wir heute keine lange Etappe vor uns haben, lassen wir uns Zeit bei unseren Erledigungen im Ort. Doro will noch mal in die Apotheke, ich muss die gebrochene Schraube an meinem Gepäckträger reparieren. Letzteres ist gar nicht so einfach, denn die Schraube ist abgebrochen und lässt sich damit nicht mehr aus dem Gewinde entfernen. Aber die Straße runter gibt es ein paar Werkstätten. Leider ist dort die materiell-technische Basis mehr als unzureichend. Es gibt keine Bohrmaschine, sondern nur einen Handbohrer und der bringt es nicht. Zum Glück gibt es noch eine zweite Aufhängung für den Gepäckträger, auch wenn dann das Schutzblech ordentlich verbogen werden muss. An Doros Kilometerzähler müsste eigentlich nur ein Draht angelötet werden, aber in der ganzen Stadt gibt keinen Lötkolben. Hauptsächliches Werkzeug sind hier nur Hämmer.

Gegen 11 Uhr verlassen wir dann langsam die öde Stadt. Es windet auch heute wieder recht ordentlich und am Anfang treibt es uns noch ein wenig aus der Stadt. Dann biegen wir jedoch in ein Tal in Richtung der Berge und haben nun den Wind meist gegen uns. Ab und zu dreht sich der Wind, meistens, um eine dicke Wolke über den Bergkamm zu treiben. Heute haben wir nicht so viel Glück wie am Vortag und es regnet ab und zu einmal ein wenig. Doch nach dem kurzen Guss, kommt dann die Sonne wieder raus. Auch die Temperaturen schwanken ordentlich und den halben Tag sind wir damit beschäftigt, die Klamotten zu wechseln.

Weiter oben wird das trockene Tal dann angenehmer. Hier gibt es jetzt schöne, grüne Wiesen und einen klaren Bach, das sieht nach schönen Zeltplätzen aus. Wir wollen eigentlich so nah wie möglich an den Akbaital-Pass heran, der uns morgen erwartet, aber als dann wieder eine dicke Regenwolke naht, nutzen wir eine in der Flussbiegung gelegene, schöne Wiese und versuchen in dem böigen Wind die Zelte aufzubauen. Das gelingt dann wirklich und ein oder zwei Minuten fängt es dann an, heftig zu regnen und ein wenig zu hageln. Da rolle ich mich dann erst einmal in meinen Schlafsack und bin auch recht schnell eingeschlafen.

Etwas später weckt mich aber dann die Sonne wieder und wir kochen unser Abendessen, das Wetter ist (vorerst) wieder friedlich und wir haben einen schönen Abend hier. Erst kurz vor der Dämmerung ziehen wieder Nebel auf und in der Nacht schneit es etwas. Außerdem bin ich mit meinem Schlafsack genau an der Gemütlichkeitsgrenze hier in 4100 Metern Höhe, dafür hatte ich ja eigentlich den Innenschlafsack, der mir aber in Buchara geklaut worden war.