5. Tag: Donnerstag, der 13. Februar 2014

13. Februar 2014

Verluste im Kegelkarst

110 Kilometer vom V-Ressort nach Ninh Binh, knappe 300 hm, wunderschöne Karstlandschaften und Verlust der halben Reisegruppe, glückliche Wiedervereinigung bei 16 Grad und Wolken

Der Wetterbericht will immer noch keinen Aufwärtstrend zeigen, was soll’s es regnet nicht mehr wie gestern am späten Abend noch und nach 10 Kilometern auf dem Rad ist man durchgewärmt. Auch wenn das Wetter nicht grandios ist, so ist es doch die Landschaft. Links und rechts der Straße gibt es Reisfelder ohne Ende, die Bauern sind fleißig am werkeln, um die Felder zu bestellen, immer wieder stoppen wir, um ein paar Bilder zu machen. Nicht zu beneiden die Bäuerlein, die manchmal in hohen Gummistiefeln und manchmal barfuß durch den Schlamm der Reisfelder waten.

Etwas weiter weg ragen dann schon schöne Karstfelsen aus der Landschaft, ich war hier mal im Sommer und das war diese Landschaft der Inbegriff von Vietnam, grüne Ebenen von Reis und dahinter die Karstgebirge. Heute ist alles etwas grauer wegen des trüben Tages.

Ein schöner Karstfelsen mit drei schicken Gipfeln wird uns dann zum Verhängnis. Antje und ich waren einen Kilometer voraus und wir wollten ein Bild machen, doch von der Straße aus standen uns immer die Häuser im Bild. Also parken wir die Räder fast mitten auf der Straße, damit Hajo und Gesche sie ja nicht übersehen können, ich erzähle Antje noch von einer Tour vor ein paar Jahren, als wir einen Radler „verloren“, der sein Rad zum Toilettengang mit genommen hatte und wir ihn dann weit vor uns vermuteten.

Nach unserer kleinen Fotosession waren die anderen Beiden aber immer noch nicht da, vielleicht ein Plattfuß oder etwas ähnliches, also radeln wir zurück, fast drei Kilometer, dort wo ich Hajo mit Sicherheit noch das letzte Mal gesehen hatte. Also wieder rumdrehen und weiter fahren, aber auch an der nächsten Kreuzung, der übernächsten und der weiter folgenden keine Spur der beiden Ausreiser und langsam machen wir uns Sorgen. Aus den Vietnamesen am Straßenrand ist nicht viel herauszubekommen. Einer erzählt mir, dass gerade fünf Radler durchgekommen seien, alle anderen nicken natürlich auf meine Suggestivfragen. Einem LKW Fahrer gebe ich einen Zettel mit, dass wir hinten sind und sie doch warten sollen, hoffe der kommt an, war nicht ganz einfach zu erklären, was der Fahrer damit machen soll. Also radeln wir weiter bis zum großen Abzweig und als wir die beiden dort nicht treffen, machen wir uns ernsthaft Sorgen. Das Telefon funktioniert natürlich auch nicht.

Damit sind sie nun richtig weg. Aber Hajo führt ja auch Touren für den ADFC, er hat eine Karte und die Hoteladresse haben die beiden auch, also fahren Antje und ich weiter und haben dann aber kaum noch Augen für die schöne Landschaft. So gegen 14 Uhr kommt dann endlich ein Anruf, die beiden haben den richtigen Weg gefunden und sind 6 km vor uns und 20 Minuten später treffen wir uns dann endlich wieder.

Hajo und Gesche hatten unsere Räder nicht gesehen. Vielleicht hat gerade in dem Augenblich ein Auto davor geparkt. Der gelbe Zettel, den hatten die beiden erhalten, darauf war aber nur irgendein Datum im letzten Jahr notiert und ohne Brille ist Hajo nicht auf die Idee gekommen, die Rückseite mit meiner Notiz zu lesen. Hinterher kann man darüber nur herzlich lachen und erleichtert weiter radeln.

Und auch wieder Augen für die Landschaft entwickeln. Und es wird jetzt auch richtig schön, denn in den letzten Jahren konnte ich hier eine richtig gute Strecke entwickeln, weitab von der Hauptstraße hoppeln wir über Feldwege durch kleine Dörfer, dann über wackelige Pontonbrücken langsam in die „Trockene Halong Bucht“, zwischen den Karstfelsen gibt es nur noch Flussarme und Reisfelder und die letzte gucken uns an, wie Besucher von einem anderen Planeten und in gewissen Sinne sind wir das ja auch. Obgleich unseres außerirdischen Erscheinens kommen wir nicht umhin den Brückenzoll von 5000 VND pro rad zu zahlen, na gut die 25 Cent stecken wir gerne in die Entwicklung der regionalen Wirtschaft. Und wir probieren eine neue meiner gefürchteten „Abkürzungen“, doch diesmal funktioniert es, und wir kommen nach einen gewagten Zickzackkurs über schmale Deiche an Reisfeldern entlang, auch wieder dort raus wo ich hin wollte. Dann sind wir irgendwann auf bekannten Wegen zurück und die Straße führt um die Karsthügel herum. Vorbei an kleinen Häuschen und Entenfarmen nähern wir unserem Ziel Ninh Binh, hier geht es noch einmal auf rechtwinkligen Kurs ums Stadion herum durch enge Gassen und dann stehen wir vor dem Hotel, in gesamter gruppenstärke von vier Leuten. Glücklich am Ziel und immer noch über unseren heutigen Verlust und das Wiederfinden lachend, gönne wir uns ein Schmutzbier, das den Temperaturen entsprechend eher ein Frostbier genannt werden müsste.

Aus diesem Grund verlassen wir dann auch unser Guesthouse nicht mehr und lassen uns dort ordentlich bewirten. Morgen haben wir so eine Art Ruhetag, es gibt aber ein ordentliches Besichtigungsprogramm, zahlreiche Tempel stehen auf dem Programm und wir werden vom Rad aufs Moped umsteigen. Da keiner von uns in den letzten 12 Monaten auf einem motorisierten Kleinrad gesessen hat, wird auch das zum Abenteuer werden; aber wir sind in Vietnam, im Land der Mopeds, da wollen wir auf eine solche Erfahrung nicht verzichten.

4. Tag: Mittwoch, der 12. Februar 2014

12. Februar 2014

Neblige Landschaften

68 Kilometer von Hanoi nach Kim Boi ins V-Resort, nebeliger Tag bei frischen 14 Grad, anfangs viel Verkehr aus Hanoi raus, dann beschaulich durch Karstberge und Reisfelder

An die morgendliche Nudelsuppe mit Fisch, Bun Ca, haben wir uns schon gewöhnt, besonders toll der Salat und die Kräuter dazu, da kann man fast vergessen, dass es recht kalt ist. So um die 10 Grad werden es so am Morgen sein. Gegen 10 Uhr sind wir dann startklar und stürzen uns in den Verkehr, die Zimmerschlüssel haben wir heimlich, still und leise auf dem Tressen im Hotel zurück gelassen, nachdem Antje gestern das Waschbecken ruiniert hat. Nein, nein, wir randalieren nicht und es war auch nicht Antjes schuld, denn das Ding war vorher schon recht locker verankert, Hajo hat es wieder hinbekommen, mit einer alten Zahnbürste wird nun das Waschbecken in der  Halterung unterstützt, vermutlich genau bis zu dem Zeitpunkt, wenn der nächste gast sich hier die Zähne putzt und den Zahnputzbecher abstellt.

Der Hauptverkehr ist schon gelaufen am Morgen und so ist die Ausfahrt nicht zu stressig, zwar sind wir immer noch mit einer gefühlten Menge von einer Million Mopeds unterwegs, aber Stau gibt es keinen und brenzlig wird es auch nicht auf den Straßen. Langsam lassen wir die Hauptstadt hinter uns und nach etwa 20 Kilometern wird es schon langsam ländlicher und die ersten Felder ziehen an uns vorbei. Doch es scheint so, als ob es zu kalt ist heute, um barfuß im Schlamm herum zu waten und Reis zu pflanzen.

Ab und zu kommen Grüße aus der Vergangenheit vorbei gefahren, die IFA W-50 oder L-60 aus der DDR sind bisher immer noch nicht ganz ausgerottet, heute kommen wir so auf  drei der guten alten LKW, auf so einem Teil habe ich damals noch fahren gelernt.

Mittag gibt es dann Reis mit leckerem Fisch, Gemüse und Rührei, wir haben ordentlich Hunger und vernichten zum Tee nach der Mahlzeit noch eine Packung Chemokekse, die garantiert keine natürlichen Stoffe mehr enthalten, was soll’s, es macht satt und bringt Energie.

Dann biegen wir von der inzwischen auch schon ruhiger gewordenen Hauptstraße auf die Nebenstraße ab und es wird richtig interessant. Zwar können wir die eigentlich grandiose Landschaft mit viel Grün, Reisfeldern und hohen Karstbergen rundherum im Nebel nur erahnen, aber alles was in der Nähe liegt können wir begutachten. Da sind die Wasserbüffel, die immer zwischenscheu und Neugier hin und herpendeln. Etwas weiter sind dann die Arbeit in den Reisfeldern im vollen Gange, überall wird geeggt oder es werden die kleinen Pflanzen gesteckt. Etwas weiter kommen dann Teeplantagen, zwar ist gerade keine Erntezeit, aber für eine Einführung in die Teeproduktion reicht es aus. Gepflückt werden eigentlich immer nur die Knospe und die zwei folgenden Blätter und es wird zwei Mal im Jahr geerntet. Die Büche hier sind zurückgestutzt worden und im nächsten Monat werden dann die Büsche wieder ordentlich treiben und die Erste Ernte kann eingefahren werden.

Auf dem ersten etwas längeren Hügel folgt dann auch gleich die Einladung zum Tee, wir hocken mit dem Bauern und der Bäuerin am Feuerchen und wärmen uns ein wenig auf und schlürfen ein paar Tassen lokalen Tees. Die Vietnamesen produzieren eher mäßig wertigen Tee für den Eigenbedarf, die Aufgüsse erfolgen dann sowieso megastark und recht bitter, dafür macht das Zeug sofort wach und munter.

So kommen wir dann auch über die letzten Kilometer. Eigentlich stehen dann noch ein paar schöne Wasserräder in der Landschaft und schaufeln Wasser auf die etwas höher gelegenen Reisfelder, aber nicht in diesem Jahr. Das Flüsschen ist trocken und ein Wasserrad im trockenen ist mehr als langweilig.

Gegen 16 Uhr erreichen wir unser Ziel, das V-Ressort, ein nettes Hotel mit Pool und heißer Quelle. Den Pool ignorieren wir bei den heutigen Temperaturen, aber die heißen Quellen, die eigentlich nur lauwarm sind, sind recht angenehm, genauso wie der Fakt, dass unsere Zimmer beheizt werden können, da möchte man zum Abendessen gar nicht noch einmal aus dem Zimmer heraus.

Dieses jedoch lohnt sich hier, denn die Karte gibt einige schöne lokale Gerichte her. Mit Hackfleisch gefüllter Tofu, Wildschwein mit fünf Gewürzen, Pak Choi und Shrimps in Tamarinde runden dann den ersten richtigen Radeltag ab.

3. Tag: Dienstag, der 11. Februar 2014

11. Februar 2014

In Hanoi, um Hanoi und um Hanoi herum

Besuch bei Ho Chi Minh, dann 50 Kilometer Tagesausflug nach Co Loa und auf kleiner Nebenstraße wieder zurück zur Stadt, bis 17 Grad, wolkig und ein halber Sonnenstrahl

Der wohl bescheidenste Führer aller Kommunisten liegt Schneewittchen gleich nur 500 Meter von unserem Hotel entfernt und steht nach dem Nudelsuppenfrühstück auf unserer Programmliste. Wir parken die Räder auf dem Parkplatz im Gelände und reihen uns in die nicht zu lange Schlange, wir sind noch früh genug, gegen Mittag reihen sich Vietnamesen und Touristen hier mehrere hundert Meter auf. Bei der Sicherheitskontrolle wird Hajo noch sein Taschenmesser abgenommen und wir hinterlegen die Fotoapparate, dann geht es in fast militärischer Formation zum Mausoleum. Auf ordentliche Bekleidung und anständiges, ruhiges benehmen weisen die zahlreichen Wachsoldaten in weißer Uniforme hin. Dann geht es gemächlich in Doppelreihe durch den Bau am gläsernen Sarg vorbei und man hat gerade einmal zwei oder drei Blicke Zeit ein Auge auf den „schlafenden“ Führer zu werfen. Recht frisch sieht er noch aus der Genosse. Obwohl ich hier schon zum achten Male durchlaufe, war nicht zu erwarten, dass der Genosse sich kurz erhebt und mir die Hand schüttelt.

Hinter dem Mausoleum gibt’s die Kamera und später Hajos Messer zurück und wir können noch einen Blick auf den Präsidentenpalst und  die Wohnhäuser werfen. Da ihm die französischen Kolonialgebäude zu warm und stickig waren, ließe er sich an einem kleinen See im Park eine Pfahlbauhütte errichten, in der er residierte. Diese einfache Lebensweise und seine Erfolge im Guerillakrieg haben ihn wohl zum sympathischsten Vertreter in der Riege der großen Vorsitzenden und Revolutionsführer gemacht.

Zu lange halten wir uns nicht auf, dann sitzen wir auf den Rädern und rollen wieder durchs Zentrum in Richtung des Roten Flusses. Inzwischen haben wir Spaß daran hier im dichten Verkehr mitzuschwimmen und ab und zu kann man jetzt auch schon ein paar Blicke mehr nach links und rechts schweifen lassen. Entlang geht es an einem langen Mosaik, das vor 4 Jahren zur 1000 Jahrfeier der Stadt fertig gestellt worden ist, mehrere Kilometer ist der Wandfries lang und zeigt Bilder aus ganz Vietnam und zur vietnamesischen Geschichte. Leider liegt er so dicht an einer befahrenen Straße, dass man immer nur Teilbilder erfassen kann. Kurz vor der Long Bien Brücke liegt auch der Gemüsegroßmarkt, auf den wir noch einen kurzen Abstecher machen und uns auf die kulinarischen Genüsse vorbereiten. Gestern hatten wir schon Jackfruit probiert und für sehr lecker befunden, heute kaufe ich Maracujas, Drachenfrucht, schöne, reife Mandarinen und eine Mango für eine Radelpause. Und es gibt noch vieles mehr, das wir probieren müssen und werden.

Die interessanteste Brücke der Stadt ist die Long Bien Brücke, die 1903 fertig gestellt wurde und fast 2 Kilometer über den roten Fluss führt. Es war die erste Brücke über den Roten Fluss und ist eine kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke. Heute dürfen nur noch Mopeds die beiden nicht zu breiten Fahrspuren links und rechts neben dem Gleis benutzen und es herrscht immer reger Verkehr. Im Vietnamkrieg spielte die Verteidigung der einzigen Verbindung hier eine große Rolle. Trotz großer Bemühungen der Amerikaner konnte das Bauwerk nicht komplett zerstört werden und die Brücke nach den Angriffen immer wieder  und weiter benutzt werden. Als die Vietnamesen begannen, amerikanische Kriegsgefangene zu Reparaturarbeiten einzusetzen, hörten auch die Bombardierungen auf. Hinter der Brücke liegt heute ein wachsende Vorstadt und bis wir die ersten Reisfelder sehen, müssen wir noch knapp 10 Kilometer radeln, dann sind wir mehr oder weniger auf dem Land. Eines der ersten Dörfer ist dann schon Co Loa. Hier war vor 2200 Jahren eine große Festungsanlage gebaut worden. Heute kann man jedoch nur noch die Wälle erahnen und die Leute kommen hier für drei oder vier alte Tempel. Diese bestehen aus alten Holzkonstruktionen und haben auch schon einige hundert Jahre im Gebälk. Wir drehen unsere Runden in den Tempeln und ziehen auch noch eine Runde durch Dorf und genießen, dass es jetzt am Nachmittag schon ein klein bisschen wärmer geworden ist. Zu sehen gibt es vor allem kleine Details, die Schreine in den konfuzianischen Tempeln, die wieder gut mit Lebensmitteln gefüllt sind, die tollen Holzkonstruktionen und die alten Bäume mit Jackfrucht und Eierfrüchten.

Nach einer Mahlzeit auf dem Dorfplatz, hier gibt es eine Art Reisbrei mit getrocknetem Fisch machen wir uns auf den Rückweg nach Hanoi, diesmal auf Nebenstaraßen und Dämmen entlang. Hier hat man einen schönen Blick auf die Häuser, gebaut werden mitunter prächtige, kitschige Paläste, natürlich traditionell mit kleiner Grundfläche und dafür fünf oder sechs Etagen hoch und alles in grellen Farben und mit pseudoklassizistischen Elementen verziert.

In einem kleinen Tempel übt eine Gruppe älterer Frauen eine Zeremonie ein, das ist recht nett anzusehen und die Damen lassen sich durch uns nicht stören, während sie zu traditioneller Musik vom Band ihre Fähnchen schwingen und ihre Schritte einüben.

Eigentlich wolle ich mit der Fähre über den Fluss, aber die gibt es nicht mehr, aber der Weg auf dem Damm ist auch nicht uninteressant und wir finden auch die kleine Tofumanufaktur wieder, die ich im letzten Jahr schon besucht habe. Hier können wir auch einen Blick darauf werfen, wie die Tofumasse gerade in Holzkästen gefüllt und verkauft wird. Der warme, sehr seidige Tofu ist super lecker und die Regionen um Hanoi sind auch bekannt für ihre Produktion, ich habe darüber auch schon einmal ausführlicher berichtet.

Langsam nähern wir uns wieder der Stadt, wir halten noch ein wenig auf der Long Bien Brücke und genießen die Aussicht und beobachten ein paar alte Männer mit erstaunlich durchtrainiertem Körper bei ihren abendlichen Übungen, dann wühlen wir uns wieder durch das Gewimmel in die Stadt bis zu meiner Lieblingslokation, dem Chinagrill. Hier gibt es neben viel Gemüse auch Fleisch in jeder Form, besonders lecker sind die Frösche. Die Schenkel schmecken wie sehr zartes Hühnchen.

Zum abendlichen Abschluss kehren wir dann noch in der Kneipe gegenüber dem Hotel ein und trinken noch ein Bier, dann treibt uns die Kälte zurück in die Zimmer.

2. Tag: Montag, der 10. Februar 2014

10. Februar 2014

Hanoi an einem Tag

12 km durch die Stadt und alles andere zu Fuß: Literaturtempel, Hoan Kiem See, Altstadt, Wasserpuppentheater und Cha Ca Restaurant, bei bis 18 Grad und einem Sonnenstrahl

Die erste Nacht war nicht so erholsam wie erhofft, denn Hanoi ist tagsüber eine laute Stadt und  das bleibt auch nachts so. Ist der Hof zwischen den dicht gebauten Häusern auch noch so klein, etwas Platz für ein Huhn und einen Han bleibt oder auch für einen Kläffer, auch wenn der irgendwann auf dem Grill landet.

Zwar werden die Hunde, die zum Essen vorgesehen sind, irgendwo auf dem Land gemästet, aber wenn es auf dem Hof zu viele Hunde gibt, dann endet ein Kläffer doch recht schnell beim Hundeschlachter. manchmal legen die Kinder dann zwar Veto ein, aber eben nur manchmal. gestern bei der Einfahrt in die Stadt haben wir schon zwei oder drei Hunderestaurants passiert, Gesche, Hajo und Antje bleibt das noch verborgen, aber ich kenne das „Thit Cho“ Schild schon ganz gut. Und als ich hier ein halbes Jahr lebte, vor vier Jahren, da habe ich natürlich auch probiert, wie das Fleisch schmeckt. Meist ist es recht fett und der Geschmack geht ein wenig in Richtung Kaninchen. Hund wird vor allem im Winter gegessen, denn Hundefleisch gilt als wärmend. Dazu gibt es frische Kräuter und als Dip eine stark stinkende Fischsauce. Ehrlich gesagt, hat mir der Hund in China besser geschmeckt, dort gibt es Gulaschtöpfe oder Varianten als kalter Braten mit Sojasauce, Chili und Koriander.

Frühstück in Hanoi, das ist dann aber kein Hund, sondern eine Nudelsuppe. Direkt gegenüber dem Hotel gibt es gleich einen kleinen Stand mit „Bun Ca“, das ist eine Nudelsorte und dazu gibt es gebackenen Fisch. Nicht unbedingt ein Traum für denjenigen, der sonst Marmeladenfrühstück gewohnt ist, aber wir wollen ja Asien kennen lernen und die Suppe mit Limettensaft, eingelegtem Chili und Knoblauch und frischen Kräutern ist sehr lecker.

Danach laufen wir ein wenig durch das Viertel in dem wir wohnen, es liegt schon fast im Zentrum, die Straße 500 Meter runter ist das Mausoleum von Ho Chi Minh, den wir besuchen wollen. Trotz gegenteiliger Aussage des Internets ist heute geschlossen, also verschieben wir die Visite auf morgen und schlendern ein wenig durch winzige Gassen.

Typisch für Vietnam und besonders für Hanoi sind die schmalen Häuserfronten, dafür geht es dann manchmal fünf bis sechs Stockwerke nach oben, meist aber nur drei oder vier. Und manchmal stehen dazwischen auch noch richtig alte Hütten mit nur ein bis zwei Etagen. Dazwischen ein Gewirr von engsten Gassen, manchmal ist der Durchgang nur noch etwas mehr als einen Meter breit, wichtig ist, dass man mit dem Moped auch gerade noch so durchkommt. Unten im Haus befindet sich dann das Wohnzimmer, dann nach oben kommen die Schlafräume und ganz oben ist dann meist noch ein „leerer“ Raum, das heißt dort steht der Hausaltar für die Ahnen. Je nach Finanzkraft kann dieser Altar ein massiver drei Meter großer massiver Holztisch sein, der reichlich verziert ist oder aber nur ein kleiner Holzkasten. Rundherum hängen die Bilder der Verwandtschaft. Der Tisch wird immer mit Obst, und Früchten gedeckt, kleine Geldscheine befinden sich dort und dicke Bündel mit Totengeld. Im vietnamesischen Himmel scheint es feucht fröhlich herzugehen, denn man findet überall größere Mengen an hochwertigen Alkoholika. So stehen die Ahnen auf Johnny Walker (Black Label) und 18 Jahre gelagertem Glenn Fidich.

Zurück von unserem Spaziergang schwingen wir uns auf die Räder und fahren ins alte Zentrum. Auf dem Weg dorthin reihen wir uns dann in den Strom der Mopeds ein und lassen uns treiben, langsam beginnt die Sache richtig Spaß zu machen. Trotz der Verkehrsdichte passiert relativ wenig, auch in meinem halben Jahr in Hanoi habe nie einen schweren Verkehrsunfall gesehen.  Doch der Schein trügt auch ein wenig, in Statistiken mit Verkehrstoten liegt Vietnam recht weit oben und die Mädels hier haben alle irgendwo am Bein oder Arm eine Narbe, die von einem Mopedunfall herrührt. Allerdings ist es auf dem Land gefährlicher, besonders zum Tetfest, wenn die Jugendlichen im Vollrausch ohne Helm durch die Landschaft jagen.

Unser erster Stopp ist der Literaturtempel, in denen vor einem Jahrtausend begonnen wurde die Beamtenprüfungen für die konfuzianischen Beamten abzulegen. Hunderte von Touristen, auch jeder Ausländer traben täglich über das Gelände und besichtigen die beiden alten Tempel mit den Schreinen für Konfuzius und die Könige der Le und Ly Dynastie.  Auch kommen die vietnamesischen Pärchen vor der Hochzeit ganz gerne her um Hochzeitsfotos in traditionellen Kostümen zu machen. Oder ganze Schulklassen lassen sich nach bestandener Prüfung hier ablichten. Vor dem Tempel sitzen alte Männer mit grauem Bart und Brille und man kann sich gute Wünsche kalligraphieren lassen.

Ich hüpfe dann schnell noch einmal über die Straße ins Goethe Institut, meinem alten Arbeitgeber. Einige meiner Kollegen kennen mich noch und begrüßen mich freundlich. Es gibt wieder viele Kurse und im nächsten Jahr brauchen sie auch wieder Lehrer. Mals sehen für 2015 werde ich wieder einmal eine Bewerbung schicken.

Geld braucht man in Vietnam in rauen Mengen. Für einen Euro bekommt man 28.000 Vietnamdong. So viel kostet dann auch die Suppe fürs Frühstück, für die Übernachtung legen wir 300.000 VND auf den Tisch. Inzwischen gibt es in der ganzen Stadt auch Automaten, aber getauscht werden kann nur in einer einzigen Straße, der Ha Trung. Dafür gibt es hier eine ganze Reihe von Schmuckläden. Der Tauschvorgang ist professionell schnell. Der Geldzähler zählt und der Mensch daneben reicht dann ein dickes Bündel Scheine zurück und schon sind wir, wie jeder Vietnamese Multimillionäre.

Die ersten Scheine setzen wir dann in einem kleinen Cafe über den Dächern am Hoan Kiem, dem See im Zentrum der Stadt um. Wenn man durch einen kleinen Textilladen hindurchgeht, dann dem Gang folgt und über steile Treppen nach oben steigt hat man nicht nur eine wundervolle Aussicht, sondern bekommt auch richtig guten Kaffee, doch zu Vietnam als Land für Kaffeeliebhaber werde ich später noch ausführlich schreiben, spätestens, wenn wir durch die Plantagen im zentralen Hochland radeln. Hier oben genießen wir den Anflug eines Sonnenstrahls, so dass es fast 20 Grad warm ist.

Die Altstadt von Hanoi besteht aus ehemals 36 kleinen Gassen, die nach den dort ansässigen ehemaligen Gilden benannt sind: Kupferschmied, Korbmacher, Tuchmacher, Netzemacher……..es gibt da auch einen eigen Blogeintrag dazu. Das Gewusel hier ist unvorstellbar. Jedes schmale Haus ist ein Laden und die Waren stapeln sich und man kommt aus dem Gucken gar nicht mehr heraus. Tolle alte Häuser, wunderbar verkrutscht, gibt es überall. Heute sind die alten Gilden nicht mehr da, dafür gibt es in einer Straße nur Klamotten, um die Ecke nur Kaffee und Süßigkeiten, eine Straße weiter nur Bettwäsche . Dazwischen dann immer kleine Stände mit Nudelsuppen, kleine Garküchen, Teestuben und die Bia Hoi Läden, mit dem frisch gezapften Leichtbier. Wir lassen uns auf ein paar kleinen Höckerchen an einer Kreuzung nieder, trinken ein solches Bier und beobachten einfach nur das bunte Treiben, das ist besser als Kino.

Irgendwann ist die Zeit dann reif für den nächsten Punkt auf der Tagesordnung, wir haben Karten fürs Wasserpuppentheater um halb sechs. Rechtzeitig sind wir wieder am Hoan Kiem See und strömen mit den fast ausschließlich westlichen Touristen ins Haus. Ein kleines Ensemble spielt vietnamesische Musik und dann tauchen aus dem Wasserbecken die ersten Puppen auf. Hinter einem Vorhang stehen die Puppenspieler und die Puppen werden von unten über lange Stecken bedient. Fast eine Stunde sehen wir tanzende Drachen, Bauern beim Pflügen und Reispflanzen, Fischer beim Fischen und Mädchen beim tanzen. Die Vorführung sehe ich nun schon zum sechsten Male und finde es immer noch schön, nervig sind wie immer die Blitzlichter der Touristen.

Nach dem Theater haben wir ordentlich Hunger und suchen ein traditionelles Fischrestaurant auf. Hier gibt es zu einem dicken Preis guten Fisch in einer Pfanne auf dem Tischgrill mit vielen Kräutern und sehr viel Dill, immer wieder lecker.

So endet dann unser erster Tag in Hanoi, fröstelnd radeln wir ins Hotel zurück, immer noch macht die Zeitumstellung ein wenig zu schaffen und so geht es nach einem gut ausgefüllten Tag noch einmal müde und zeitig ins Bett.

1. Tag: Sonntag, der 9. Februar 2014

9. Januar 2014

Rallye Hanoi

27 Kilometer zum Flughafen und wieder zurück, erste Stadtfahrt mit meiner Gruppe und Abendessen am See, 18 Grad und bewölkt

Einig Tage bei tollem Wetter durfte ich mich ja schon hier in Hanoi herumtummeln und so eine ganze Menge erleben, einiges davon werde ich in meine Einträge in den nächsten Tagen mit einfließen lassen. Heute mache ich mich nach einem gemütlichen Mittagessen dann auf den Weg aus der Stadt heraus, jetzt, ein paar tage nach dem Tet-Fest, dem vietnamesischen Neujahrsfest, sind wieder alle von der Verwandtschaft zurück, die Läden öffnen wieder, man findet wieder Restaurants und vor allem ist der Verkehr wieder zurück.

Aus der Stadt heraus geht es jedoch am Nachmittag ganz gut und schon wenn man über den Roten Fluss hinüber gefahren ist wird es ländlicher. Gleich neben der Autobahn zum Airport stehen die Bauern knietief im Wasser der Reisfelder und die ersten Reisstecklinge werden gesetzt.

Vor dem Flughafen dann wird es etwas staubiger, denn hier ist Großbaustelle, ein neuer Flughafen entsteht, noch vor genau einem Jahr war hier gerade einmal der Tiefbau am Ackern, heute steht das Gebäude im Rohbau und viele kleine Bauerbeiterameisen werden dafür sorgen, dass es zügig weiter geht bis zur Eröffnung. Auf Facebook habe ich schon die Wette vorgeschlagen, dass das neue Terminal von Noi Bai eher als der Berliner Großflughafen fertig wird. Bisher will (verständlicherweise) niemand dagegen halten. Mal sehen, vielleicht kann ich meine Dezembergruppe schon von neuen Gelände abholen.

Da die Abfertigung und vor allem das Gepäck immer genügend Zeit brauchen ,hatte ich mir die nämliche auch gelassen, Hajo, Gesche und Antje sind hier um kurz vor drei gelandet, ich erreiche den Flughafen so gegen Viertel Vier und kann dann die drei schon sehen, mit den Rädern …und auch das Gepäck kommt nur ein paar Minuten später.

Dank der riesigen Kartons gibt es an den Rädern nicht so viel zu tun und kaum sind die Räder ausgepackt, haben die Kartons schon wieder neue Besitzer und wir können unsere Packtaschen anhängen und dann geht sie los, unsere Tour nach Saigon im Süden des Landes!

Die ersten Eindrücke hier sind immer der Verkehr, eine Autobahn mit ein paar Autos und vielen Mopeds und mit jedem Kilometer, der man der Stadt näher kommt, werden es mehr Mopeds. Und dann noch mehr und noch mehr, bis man in einem einzigen Strom schwimmt.

Am Anfang sind wir noch ein wenig verängstigt, aber man gewöhnt sich schnell an die nur scheinbar chaotische Fahrweise. Nach hinten braucht man sich gar keine Gedanken machen, man kann ohne sich zu wenden nach links oder rechts ziehen und muss sich nur nach vorne konzentrieren, weil der Vordermann es natürlich genauso macht.

Nach 15 Kilometern geht es dann über die Mopedbrücke über den Roten Fluss und dann ist man richtig in der Stadt und genau in der Rushhour uns so staut es sich dann doch über zwei Kilometer, ansonsten kommen wir im Strom der Kräder so mit guten 20 km/h voran. Ich mag vor allem die Ampeln, jeder versucht hier dann so weit wie möglich vorn einen Startplatz zu erwischen und alle starren die Ampel auf der Gegenseite an, hier werden die Sekunden bis zur nächsten Grünphase runtergezählt. Bei nur noch 5 Sekunden heulen dann die Motoren und bei drei Sekunden sausen die ersten los, dann drängelt das Feld los. es ist ein bisschen wir bei der Formel 1, nur halt mit 200 Startern an jeder Ampel.

Die letzten Kilometer durch die Stadt ist es schon dunkel, aber wir haben gute Lampen (außer mir), zum anderen ist alle hell erleuchtet und so erreichen wir dann das Zentrum und den kleinen See, an dem unser Hotel liegt. Gleich gegenüber gibt es eine Kneipe am Ufer, mit frischen „Bia Hoi“, einem sogenannten Sommerbier mit wenig Alkohol und ein paar Gerichten. Gebratene Nudeln, Pommes aus richtigen Kartoffeln, und Wasserspinat, das ist dann unsere erste Mahlzeit. Wir sitzen dann nicht zu gemütlich auf kleine Höckerchen an kleinen Tischen und genießen die ersten Eindrücke. Bei Hajo, Gesche und Antje ist das auch Müdigkeit vom langen Flug und deshalb geht es dann recht schnell ins Hotel und ins Bett.

An alle zu Hause: Wir sind gut angekommen und die Abenteuer warten. Ihr zu Hause auch, denn in den ersten Tagen komme ich immer nicht zu fleißig zum Schreiben!