Freitag, 28. März 2008, Ruhetag in Trabzon

29. März 2008

Ein wirklicher Ruhemorgen, Frühstück kurz vor zehn Uhr, meine Erkältung fühlt sich wesentlich besser an und erst um halb elf steigen wir in den Bus und besichtigen zuerst die Aya Sofya, die Kirche der Heiligen Sofia, ein wunderschönes byzantinisches Gemäuer aus dem 13. Jahrhundert mit einigen wunderschönen alten Fresken. Auf der Terasse vor einer Wiese mit tausenden Gänseblümchen gibt es ein gemütliches Teerestaurant.

Als wir dann wieder loskommen ist es dann mächtig spät und wir verfahren uns auf dem Weg zum Sumela Kloster, so dass ich beschließe, doch in der Stadt zu bleiben, um etwas zu arbeiten und mit einem Mittagsschlaf meine Erkältung weiter zu kurieren. Vorher bleibt noch Zeit für einen schönen Stadtspaziergang mit vielen kleinen Impressionen, die ich versuche mit der Kamera festzuhalten. Abends dann noch ein kleiner Imbiss und ich werde zeitig im Bett verschwinden, um morgen früh fit zu sein.

Donnerstag, 27.März 2008, von Giresun nach Trabzon, 137 Kilometer, 594 Höhenmeter

29. März 2008


Es ist wieder einmal merklich kühler geworden und der Wind pfeift aus der verkehrten Richtung. Andre hat einen Plattfuß, ein winziger Draht, noch bevor wir starten und meine Erkältung ist nicht besser geworden, ich habe ziemliche Kopfschmerzen.

Im engen Feld geht es die Autobahn entlang, der Wind drückt die Geschwindigkeit, aber alle fahren sehr diszipliniert. Nach 30 Kilometern machen wir Teepause und ich bin mächtig durchgefroren, obgleich ich warm angezogen bin, wenn das so weiter geht, bin ich morgen richtig krank…oder bin ich das jetzt schon, denn mein Kopf glüht im Gegensatz zum Rest des Körpers und ich denke, dass ich eine kluge Entscheidung treffe, als ich mein Rad zum Hänger bringe. Ich werfe mir zwei Tabletten ein und lege mich auf die hintere Bank und schlafe sofort ein und wache nur zum Mittag und zum Nachmittagstee wieder auf. Die Anderen sehen ziemlich müde und fertig aus, denn der Kampf gegen den Wind macht aus der langen Strecke eine Marathonetappe. Ich setze mich neben Kasim und mache wenigstens ein paar Fotos, bei der Anstrengung hat keiner sonst Lust zu fotografieren und hinter dem Feld zurück zu bleiben und sich dann im heftigen Gegenwind wieder ans Feld kämpfen zu müssen, obwohl die anderen extra kürzer treten.

So wird es dann kurz nach sechs, als wir alle müde in Trabzon ankommen, zum Schluss geht es noch einmal einen heftigen Stich nach oben, aber dann sind wir endlich am Hotel. Obwohl die Stadt lebt und es an Restaurants mangelt enden wir in einem Restaurant mit Mc Donalds Charme, der Fisch ist wohl ok., aber die Köfte sind nicht mehr als trockene Minnibuletten, mit eine Scheibe Toastbrot, ich muss mir noch etwas Zaziki dazu bestellen, aber ehe der kommt, sind die Buletten kalt. Inzwischen mussten wir mehrfach unsere Salatteller und halbvollen Trinkgläser festhalten, wer einen Augenblick nicht aufpasste, wurde sofort abserviert, schwups ist Eckhardt Pfirsichnektar weg und Eckardt sitzt mit offenem Mund da. Kasim und der Kellner zerren an verschiedenen Seiten des Vorspeisentellers, Kasim gibt nach; es ist wirklich so extrem, dass wir uns nicht gewundert hätten, wenn plötzlich der Kellner die Mütze abgeworfen und den Bart abgerissen hätte und riefe, er sei die türkische Version von Kurt Felix und der versteckten Kamera.

Mittwoch, 26. März 2008, von Fatsa nach Giresun, 102 Kilometer, 597 Höhenmeter

27. März 2008


Unzufriedenheit ist im Moment ein mittleres Problem in der Gruppe, sollen wir heute die länger und wahrscheinlich schönere Strecke oder die Kürzere Autobahnstrecke mit Tunnel nehmen, beträgt die Entfernung nun 75 Kilometer oder gar 135, sind wir zu langsam oder zu schnell, sollen wir in einer Gruppe oder in mehreren die Autobahn entlangfahren, im Restaurant essen oder Picknick machen, zeitig oder später. Aus diesem Grunde setze ich am Abend ein Meeting an.

Die Streckenfrage hat sich sowieso von allein gelöst, bei strahlen blauem Himmel gibt es keinen Grund auf der Autobahn durch einen 4 km Tunnel zu fahren und die Entscheidung hat sich gelohnt; auf einer kleinen, wenig befahrenen Straße folgen wir der Küste, über Hügel geht es durch kleine Dörfer. Wir werden spontan zum Tee eingeladen, haben wunderschöne Ausblicke über romantische Buchten oder kleine Fischereihäfen, wir beobachten, wie der morgendlich Fang ausgeladen und auf einen Lieferwagen verfrachtet wird, unterhalten uns mit einer 72 jährigen Bäuerin, Mutter von 11 Kindern, von denn zwei in Deutschland leben, also ein Bilderbuch-Reiseveranstalter-Programm.

Erst gegen Mittag treffen wir die Autobahn wieder, der Wind hat gedreht und bläst jetzt ein wenig gegen uns, also fahren wir in der Gruppe und für die hinteren ist es ein wenig leichter, als für die Beiden, die vorne gegen den Wind strampeln. Durch Ordu müssen wir leider durchblasen, da die Polizei jeder Kreuzung für uns gesperrt hat, keine Chance für einen Stop, die Polizei meint es manchmal zu gut mit uns.

Mittag wollen wir eigentlich in einem schönen Lokal mit Seeblick machen, aber wir landen wieder auf einer Raststätte an der Tankstelle, die einfachste Lösung wohl für die Polizei und einige fragen sich, wer die Reise organisiert hat, die Polizei oder der Veranstalter.

Gegen halb vier trudeln wir durch die Vororte von Giresun, eine etwas größere Kleinstadt, die in der Nachmittagssonne erwartungsvoll leuchtet. Mit Treffpunkt halb acht entlässt uns Cezmi und nach einer kurzen Dusche schwärmen alle aus. Ich schnappe mir Kasim, unseren Fahrer, und wir schlendern kurz durch die wenigen Einkaufsstraßen und biegen dann wahllos links und rechts ab, wo es gerade interessant aussieht. Versteckt liegen überall wunderschöne uralte Häuser. Manche renoviert und wunderschön, andere baufällig und wohl leider auf den Abriss wartend. Wieder andere genauso verrottet, aber von der Vegetation zurückerobert, mit grün überwucherten Steinmauern und Treppen als Zugang, ein Gebäude in das man sich nicht ohne ein Gruseln wagen würde und das ein wunderbare Kulisse für einen Horrorfilm abgeben könnte, mit abgründigen Geheimnissen, an die man nicht einmal tagsüber denken möchte. Auf der anderen Seite des Hügels eine Terrasse mit phantastischem Blick aufs Meer und die untergehende Sonne und Liebespärchen, die sich Hände haltend aneinander kuscheln. Kasim lacht, er hat einen Wortfetzen aufgefangen und übersetzt, was das Mädchen zu dem Jungen gesagt hat, sie sei nicht so ein Mädchen, wie alle anderen hier in der Stadt…. Ich blicke noch einmal zurück, sie ist wirklich hübsch und gebe ihr in Gedanken Recht.

Bevor wir ins Hotel zurückgehen trinken wir noch einen Tee in einer verräucherten Teestube und ich setze mich danach gleich an den Computer, um noch ein wenig Arbeit nachzuholen, in den letzten drei Tagen, war ich ein wenig verschnupft und bin kaum zum Schreiben gekommen und das versuche ich nun nachzuholen.

Am Abend dann unser Plenum, welches wohl ganz gut tut und jede Menge größerer und kleinerer Probleme auf den Tisch kommen. Hoffen wir, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen dann mit verbesserter Kommunikation und angenehmerem Umgangston vorankommen, unsere morgige 135 Kilometer Etappe wird es zeigen.

Dienstag, 25.3.2008, von Samsun nach Fatsa, 99 Kilometer, 202 Höhenmeter

27. März 2008


Der Wetterbericht hat wieder bombastisches Wetter versprochen, zumindest für den Vormittag, und hält sein Versprechen auch. Als wir kurz nach 8 Uhr losfahren, sind es schon 25 Grad und es wird noch etwas wärmer. Der Wind bläst von hinten und die Straße ist flach und wir kommen zügig voran. Obwohl gar kein Zwang zu einer einzelnen Gruppe bestünde, fahren alle dicht beisammen und wir haben fast einen Schnitt von 25 Kilometern pro Stunde.

Das Industriegebiet vor Samsuns ist dann auch bald zu Ende und irgendwann fahren wir direkt an der Schwarzmeerküste entlang.

Hinter einem Kiefernwald schimmert dann das unendliche Blau hindurch. Nach einiger Verwirrung über Art und Ort der Mittagspause, Cezmi schafft es manchmal, ein einfaches Problem so zu verkomplizieren, so dass letztlich keiner mehr zufrieden ist, rasten wir dann an einem Stück Strand. Leider hat der Wind aufgefrischt, es weht immer noch von hinten, aber fast 10 Grad kühler, als noch am Morgen. Nur Marlies und ich trauen sich trotzdem ins kalte Wasser, aber ich breche meinen Badeversuch recht schnell wieder ab.

Der Rest des Weges ist schnell geschafft und schon gegen 15 Uhr sehen wir die kleine Stadt Fatsa in einer Bucht liegen. Vorbei geht es an Fischkuttern und ein paar schönen Zweimastbarken, bis ins Zentrum. Nachdem sich die Hektik beim Einchecken gelegt hat, die Räder sind auf einem bewachten Parkplatz gebracht worden, schlendern alle ein wenig in der Stadt herum. Viel hat das Städtchen nicht zu bieten und so suchen wir dann abschließend noch ein Restaurant an der Strandmeile. Da der Bürgermeister der Stadt dem konservativen Lager angehört, gibt es im Zentrum kein einziges Restaurant mit Bierausschank, aber die Fisch und Seafood-Gerichte die die Karte anbietet klingen ziemlich lecker.

Ein Spaziergang durch die kleine Stadt ist schnell beendet, das Zentrum ist nicht sehr groß und es fängt an zu regnen, später kommen Blitz und Donner dazu. Innerhalb kürzester Zeit versammeln sich fast alle unserer Teilnehmer in der kleinen Patisserie neben dem Hotel, der Kaffe ist stark und die kleinen Törtchen oder Kekse finden guten Absatz.

Zum Abendessen hat sich dann wieder einmal ein Kamerateam eingefunden, um die Gruppe ausländischer Extremtouristen beim Schlemmen zu filmen, morgen wollen sie noch einmal kommen, um unseren Aufbruch zu filmen.

Ostermontag, 24.3.2008, von Havza nach Samsun, 99 Kilometer, 890 Höhenmeter: „Industrieidylle an der Hauptstraße“

24. März 2008


Keine Resultate bei den polizeilichen Ermittelungen und auch kein Schritt aus der Richtung des Hoteliers. Aufmerksam gemacht darauf, dass die Zimmertür, des Zimmers in das eingebrochen wurde nicht zu verschließen geht und mit einer Kreditkarte innerhalb von einer Sekunde zu öffnen sei schiebt er an den Geschädigten zurück, man hätte ja Bescheid geben können, dabei gab es schon Probleme sich verständlich zu machen, um ein fehlendes Handtuch zu bekommen. Er werde nicht einmal einen Teil des Schadens übernehmen, keine einzige Lira, er sei noch mehr geschädigt, sein Ruf und so weiter….und er werde in Zukunft auch keine größeren Gruppen mehr beherbergen, das gäbe nur Ärger. Wie auch immer, sind die Thermalquellen von Havza also keine heiße Empfehlung, die Hoffnung, dass die polizeilichen Ermittelungen etwas bringen sind gering, zumal wir bald über alle Berg weit weg in Georgien sind.

Auch der Rest des Tages ist nicht sehr erbaulich zu berichten, langweilige stressige Autobahn, zwei schöne Berge zwischen uns und unserem Ziel, eine Picknickpause auf einem Rastplatz, den keiner von uns ablichten möchte, weil er aussieht, als ob die Vandalen und andere marodierenden Völker hier herübergezogen sind. Dazu kommt die Perspektive auf ein Hotel California weit vor der Stadt Samsun, die wir umgehen, „um keinerlei Kontakte mit der lokalen Bevölkerung aufnehmen zu können“, unken einige Stimmen aus dem Off. Dir Lage des Hotels ist so schrecklich wie erwartet, idyllisch eingebettet in eine Industrieoase an einer stark befahrenen Straße, nur einen Kilometer vom Meer entfernt, dass aber wegen der davor befindlichen Kohlehalden nicht zu sehen ist. Die Stimmung in der Gruppe ist am Boden und ich entschließe mich spontan dazu, eine runde „schmutziges Bier“ zu spendieren, dass dann die Laune wieder etwas hebt. „Schmutziges Bier“ ist ein Bier, das sofort nach der Ankunft am Zielort, ungeduscht getrunken wird. Hoffen wir, dass der Rest des Abends ein angenehmer wird.