Montag, 12. Mai 2008, 64 Kilometer, 2058 Höhenmeter, 12 bis 25 Grad, Shakristan-Pass: 3378 Meter über dem Meer:“Großkampftag am höchsten Pass“

19. Mai 2008

Schon um 5 Uhr ist heute in der Morgendämmerung Wecken angesagt, eine Stunde später gibt es einkleines Frühstück und dann geht es los in Richtung des höchsten Passes auf unserer Tour. Erst einmal geht es ins Dorf zurück bis zur Kreuzung und dann hinab zur Brücke über den Fluss. In einem kleinen Laden besorge ich mir noch Energie: Eine Cola und ein paar Snickers, das sollte bis zum Pass wohl reichen. Die Straße beginnt als schreckliche Holperpiste, doch dann passiert ein Wunder: Asphalt in bester Qualität. Trotz der 6 % Steigung kommen wir schnell vorwärts und erreichen schon bald die erste Teestube.
Die meisten entschließen sich jedoch gleich weiter zu fahren, um die angenehme Kühle des Morgens auszunutzen und Höhe zu gewinnen. Um uns herum ein berauschendes Panorama mit Schnee bedeckten Gipfeln in alle Richtungen. Ganz weit oben erspähe ich einen Bergrücken mit einem kleinen Einschnitt, dies könnte der Pass sein, über den wir wollen. 5 Kilometer nach der Teestube hört dann der Asphalt leider wieder auf und es geht weiter auf einer recht ordentlichen Schotterpiste. In einigen Serpentinen gewinnen wir ordentlich an Höhe und von oben sehen die letzten Radler aus wie kleine Ameisen an einem hoffnungslosen Berg. Trotz meiner beiden schweren Packtaschen komme ich gut vorwärts.
Unsere Übernachtung lag bei 1400 Höhenmetern und gut 1000 Meter höher wartet das Auto das erste Mal auf uns und es gibt noch einmal etwas zu trinken und einen ersten Riegel. Die Gruppe ist gar nicht so weit auseinander, wie ich gedacht hätte, unsere drei schnellsten Radler sind schon vorneweg und ich warte noch auf die folgende Gruppe.
Lang und nicht zu steil zieht sich die Piste am Gebirgszug entlang, hinein in ein Seitental. Dort wird es etwas steiler und feuchter und stellenweise schlammig. Auf einem Zwischenplateau eine große Baustellen, ein paar Bauhütten, rote Lampingnons, wie vorm Chinarestaurant und ein paar chinesische Parolen an der Tunnelbaustelle. Die Chinesen wollen hier bis 2015 die Infrastruktur wieder gut aufrichten und sind kräftig am Werkeln. Natürlich ist das Hallo auf beiden Seiten groß, als wir dort ankommen und von unserer Fahrradtour erzählen. Viel Zeit zum Plauschen bleibt nicht, denn noch liegen 700 Höhemeter vor uns und die gehen erst Mal noch zwei Kilometer durch Schlamm und Modder. Und die ersten Eisfelder befinden sich links und rechts der Straße und jedes Mal verspüre ich einen kühlen Hauch, wenn ich daran vorbeifahre. So einige Fahrzeuge sind hier mit Pannen auf der Strecke geblieben und ein großer Lkw liegt hilflos auf der Seite und der Fahrer liegt auf einer Schlafmatte daneben und kann nichts weiter tun, als auch einen schweren Kran oder ähnliches zu warten.
Etwas weiter oben wird es dann wieder trockener und die Piste wieder angenehmer und so langsam zeichnet sich ab, wo wir darüber hinweg müssen. Meine Vorahnung bestätigt sich, aber wir sind dem Pass jetzt natürlich schon beträchtlich näher.
Nur zweihundert Höhenmeter vor dem Pass muss ich dann unbedingt eine Pause machen, ich habe gewaltigen Hunger und so mache ich mich über meine Kekse und meine Cola her. Danach geht es dann mit frischem Schwung bis nach oben. Auch wenn es oben nach Nichts besonderem aussieht und nur eine kaputte Planierraupe und ein stinkendes Toilettenhäuschen auf mich warten ist es schön, endlich oben angelangt zu sein. Das mickrige Schild zeigt 3378 Meter Höhe über dem Meeresspiegel.
Leider ist das Panorama nicht so toll, da sich die Berggipfel zugezogen haben und eventuell wird es sogar noch etwas Regen geben. Es ist nicht so kühl, wie ich erwartet habe, aber der Wind pfeift mächtig und ich packe mich schon einmal für die Abfahrt ordentlich ein in meine Regensachen und suche meine Mütze heraus.
Inzwischen trifft einer nach dem anderen oben ein, alle sind total fertig, aber auch glücklich auf dem höchsten Punkt und einem Höhepunkt unserer Reise angekommen zu sein. Irgendwann kommt auch das Fahrzeug, in dem ganz unglücklich Hubert und Rosemarie sitzen. Beide haben sich am Vortage einen schrecklichen Durchfall eingefangen und haben auf halber Strecke aufgeben müssen. Ohne Frühstück und Möglichkeit, Energie zu tanken und von Magenkrämpfen gequält, war der heutige Tag für die beiden nicht zu schaffen. Vor allem Hubert hatte sich gestern noch riesig auf die heutige Etappe gefreut.

Die Abfahrt ist nicht ganz so holprig wie die Auffahrt, aber wohl im Winter nicht ganz ohne, wie zahlreiche Autowracks rechts tief unten im Tal beweisen, Überlebenschance der abgestürzten Fahrer dürfte wohl bei Null gelegen haben.
Auch für mich ist es anstrengend über die Holperpiste zu stoppeln. Nur mit Mühe lassen sich die Finger an der Bremse halten und ich werde ordentlich durchgeschüttelt und bin froh, dass es 700 Höhenmeter weiter unten ein Teehaus gibt, mit Suppe und Schaschlik und einem Bier zur Belohnung für die Mühen des Passes.
Hier fängt es jetzt ein paar Mal an zu tröpfeln und wird empfindlich kühl, dass ich sogar meinen Faserpelz herausholen muss. Bis die letzten den Pass erreichen, wird wohl noch eine Weile vergehen, doch die Gegend um das Teehaus ist sehr schön und einige gehen spazieren, oder wie Marlies botanisieren, die einige „neue“ Pflanzen entdeckt, das „Marliesröschen“, das „Marlieskraut“, „Marliesdorn“ und vieles andere. Andere sind unzufrieden, weil sie so lange warten sollen, aber ich denke, alle haben diesen Tag lang erwartet und sich darauf gefreut und natürlich ein Recht darauf, den Pass auch zu fahren, nach eigenem Ermessen und Können.
Auch Ulli schafft den Pass schließlich aus eigener Kraft und kommt gegen 15 Uhr am Teehaus an, total fertig, aber überglücklich hat er es geschafft, derjenige, der vorher noch nie eine Radtour gemacht hatte.
15 Kilometer geht es noch ins Tal, das wunderbar grün ist und ein Wunder geschieht, die letzten Kilometer ist die chinesische Straße schon fertig und wir fahren, nein wir schweben über die glatte Piste, es geht gut bergab und man braucht nichts zu tun außer das Rad laufen zu lassen und die Wiesen und Weiden rundherum zu genießen. Nur ein paar grimmig kläffende Köter verlangen hin und wieder besondere Aufmerksamkeit.
Leider ist die Wiese, die Fierdaus sonst immer zum Zelten nimmt, umgegraben und überflutet und es dauert eine Viertelstunde, bis wir einen neuen Platz gefunden haben und schon gibt es wieder neuen Stress, als Swetlana zu Kochen anfangen will. Es ist jetzt gerade einmal 18 Uhr und das Essen wäre so gegen 20 Uhr fertig, für einige von uns zu spät. Deshalb beschließt ein großer Teil der Gruppe, lieber im nahen Teehaus zu essen, wo es die übliche Suppe mit Kartoffeln und fettem Fleisch gibt und fettes Grillfleisch dazu, welche Alternative und ich höre schon im Geiste in der nächsten Woche die Diskussion, warum wir immer nur das gleiche essen müssen.
Nur Heino und ich bleiben im Lager, einmal, um auf die Räder aufzupassen, zum anderen um mit Swetlana Gurken und Tomaten zu schnitzeln und ich darf dann einen leckeren Salat zaubern. Dazu gibt es dann einfach Pellkartoffeln und das unter einem bezaubernden Sternenhimmel und einem das Tischtuch beleuchtenden Halbmond und Swetlana, Heino, Fierdaus und ich erzählen uns Geschichten aus unserem Leben und von Reisen, die wir schon gemacht haben und die wir noch machen wollen.

Sonntag, 11.Mai 2008, von Vota nach Aini, 44 Kilometer, 870 Höhenmeter

19. Mai 2008

Buchweizengerste wäre zu Hause in Berlin nicht unbedingt meine erste Wahl als Frühstück, aber hier in der Pampa schmeckt es doch recht gut, zumal, wenn es dazu noch Brot und Butter und ein wenig Käse und Salami gibt.
Dann geht es weiter im Wunderland entlang des Flusses geht es immer wieder straff bergauf und dann wieder bergab, so dass wir nur langsam an Höhenmetern gewinnen. Doch auch heute haben wir nicht viel zu fahren und so können wir dies gelassen nehmen und den Tag und die Landschaft genießen. In den kleinen Dörfern werden wir wieder von allen Seiten begrüßt und angesprochen. Zwischen den Dörfern fahren wir im engen Flusstal entlang und es ist sehr trocken und es gibt nichts außer Steinen. Aber diese sind imposant und ragen hunderte von Metern hinauf und sind sorgsam in Sedimenten geschichtet. In jeder Flussbiegung kommt dann ein Flüsschen aus den Bergen und dort gibt es dann viel Grün von Nussbäumen und Maulbeerbäumen, kleinen mit Steinwällen umfriedete Felder und Gehöfte aus Lehm. Unterwegs ist die Straße versperrt von einer gigantischen Schaf- und Ziegenherd, ich denke zwei tausend Tiere werden die Straße herunter getrieben.
Die Straße ist in absolut schauderhaftem Zustand und nur an wenigen Stellen befindet sich zwischen den riesigen Löchern ein Stückchen Asphalt. Aber der tadschikische Staat verspricht Abhilfe, es läuft ein chinesisches Astraßenbauprogramm, welches bis 2015 abgeschlossen sein soll. Derweil müssen wir uns erst einmal noch hier entlang mühen und genießen den Ausblick auf die Hängebrücken über den reißenden Fluss.
Mittag machen wir in einem Teehaus an einem Sturzbach aus den Bergen. Obwohl es nur wenig Verkehr gibt, sammelt sich hier doch ein paar Fahrzeuge. Wieder einmal gibt es eine reiche Suppe und Brot und dazu noch einmal Buchweizen. Im Laden nebenan gibt es ein tadschikisches Cola, das man im Bach kühlen kann und nach 20 Minuten im Wasser ist das Getränk sogar genießbar.

Bis nach Aini sind es dann noch einmal 15 wunderschöne Kilometer, hier gabelt sich die Straße und rechts geht es dann nach rechts nach Dushanbe und nach links nach Tashkent. Auf beiden Straßen liegt dann jeweils ein 3000er Pass dazwischen. Den Ansob-Pass nach Duschanbe bin ich vor 15 Jahren schon gefahren und morgen erwartet uns der Shakristan Pass mit 3378 Metern über dem Meeresspiegel.
Da sich in den Bergen dunkle Wolken zusammen ziehen haben einige schon wieder Angst vor dem morgigen Tag und hinterfragen unsere Transportstrategie. Doch wir fahren dann erst einmal in den Ort und finden dort einen schönen garte, in dem wirt unser Lager aufstellen können. Irgendwo in den Bergen hat es geregnet und ein wenig gewittert und nach einer halben Stunde kommt sie Sonne wieder hervor. Hinter dem Zeltlager fließ ein kleines Bächlein, an dem man sich hervorragend waschen kann, die Frauen bevorzugen allerdings das Duschzelt. Ich geselle mich mit einer Flasche Bier zu Swetlana in die Küche und wir schnipseln das Gemüse für den Borschtsch. Nach dem die Arbeit getan ist sehen wir nun noch ein paar Bier teilend einem zeitigen Abendbrot und einer zeitigen Nachtruhe entgegen, denn es ist bestimmt keine schlechte Idee morgen schon gegen 6 Uhr loszufahren.

Samstag, 10. Mai 2008, von Pendshikent nach Vota, 63 Kilometer, 685 Höhenmeter, bis 35 Grad

15. Mai 2008

Ich bin das Dorfleben nicht mehr ganz gewöhnt, denn obwohl es eine tolle Umgebung ist, kann ich nicht so gut schlafen, wegen des „Ökolärms“. Mitten in der Nacht fallen zwei Katzen kreischend über sich her, ab dem zeitigsten Morgengrauen schreien die Hähne und alles mögliche „Geflügel“ zwitschert und trällert lautstark vor sich hin.

Nach einem wunderbaren Frühstück, dass Swetlana, die Frau unseres Tadshikischen Führers Vierdaus, kocht, Grießbrei mit Rosinen und hausgemachter Marmelade, sowie Butter, Käse und Salami und allesamt in mehr als ausreichender Menge. Auf dem Programm für den Vormittag steht noch ein Ausflug in die Altstadt. Das war jedoch ein Missverständnis, denn auf dem Hügel hinter Pendshikent liegen einige alte Lehmruinen, deren von uns bestaunten Reste aus dem 7. Jahrhundert stammten und natürlich gab es vorher auch schon Siedlungen und auch Alexander der Große war schon hier gewesen. Das kleine Museum zeigt ein paar Gegenstände, die hier ausgegraben wurden, am interessantesten sind die Kopien einiger Fresken, die von den Lehmwällen abgenommen wurden. Bärtige Krieger mit adlerförmigen Hakennasen im Kampf gegen Fabelwesen und chinesisch anmutende Kaufleute bei einem großen Trinkgelage. Von dem Hügel hat man auch einen schönen Blick rundherum. Hinter uns liegen schon die ersten Ausläufer des Pamirs, nach Osten verlaufend immer höher werdend und mit zunehmend größeren Eiskappen. Vor uns im Tal die Stadt Pendshikent, in der wir übernachtet haben. Eine große grüne Fläche mit vielen lehmgemauerten Wohnhöfen und nur an der Peripherie ein paar Wohnblöcke aus der sowjetischen Ära.

Die Sonne brennt heute sehr intensiv, wir sind ja schon wieder auf 1000 Höhenmeter und obgleich meiner intensiven Vorbräunung habe ich mir gestern die Lippen verbrannt und so greife ich heute erstmals auf der gesamten Tour zur Sonnencreme.

Dann geht es noch einmal durch die Stadt und wir besichtigen die kleine Moschee und den Markt, der im Vergleich zu Samarkand natürlich mickrig ist. Auch ist das Angebot an Errungenschaften der modernen Zivilisation recht gering, es gibt nur ein paar Stände mit chinesischem Porzellan und farbenfrohem Plastik. Ansonsten dominieren Sachen von lokalen Handwerkern, wie Seile und Stricke und landwirtschaftliches Werkzeug, aber den größten Teil machen natürlich die Lebensmittel und Gemüse aus.

Aus der Stadt heraus fahren wir dann im Paradies entlang. Die Bergkulisse rückt näher und näher und rundherum grünt und blüht es. Viele Radfahrer und Ausländer kommen hier nicht entlang, denn die vielen Kinder laufen schnell an den Straßenrand um zu winken oder Hände anzuklatschen. Leider lassen sich nicht mehr alle Leute gerne fotografieren. Keine Probleme haben die Frauen, wenn sie allein sind, sobald aber irgendein Mann zusieht, wollen sie nicht mehr fotografiert werden. Die Straße ist katastrophal und als wir dann später noch abbiegen, kann man eigentlich nicht mehr von Straße sprechen, denn es ist wirklich nur noch eine einzige Fläche von Löchern mit historischen Relikten von Asphalt dazwischen, der sich nach dem nächsten Winter ebenfalls aufgelöst haben wird.

Unten im Talgrund fließt der Zeravshan Fluss, der sich hier durch die weite Ebene windet. Mittag machen wir in einem kleinen Straßendorf, wie üblich Suppe und Mantui und im Laden gegenüber lässt sich Eis auftreiben. Gegen vier rollen wir dann weiter, doch Richard hat einen Plattfuss und zieht damit im Wettbewerb um die flachsten Reifen mit Dieter gleich. Während des Flickens sammelt sich das halbe Dorf und bietet dann Gelegenheit zu einem wunderbaren Gruppenfoto. Weiter geht es dann im warmen Licht des Nachmittages, in dem auch die Berge immer klarer und näher kommen. Morgen liegt noch eine kurze Etappe vor uns und dann geht es ja schon über den Shakristan-Pass. Ohne Eilke geht es durch die nächsten Dörfer. Die nächste Ecke ist immer noch schöner als die voran gegangene. Mehrmals geht die Straße in einen tiefen Taleinschnitt und überquert dann über eine Hängebrücke die Straße, dahinter geht es dann wieder steil aus dem Tal heraus in die Ebene. Hinter einem kleine Dorf liegt ein Gehöft mit einem schönen Garten, in dem wir unser Zeltlager errichten. Alle sind beschäftigt, einige richten die Zelte auf, einige helfen beim Kartoffeln schälen. Zwar haben wir unser Duschzelt, aber nach 10 Eimern Wasser ist das Sammelbecken, dass ich an der Straße befindet leer und auch die Einheimischen Wasserholen ziehen ohne Wasser wieder ab. Hubert und ich entschließen uns zu einem längeren Spaziergang zum Fluss hinunter. Leider müssen wir ziemlich weit laufen, bis  wir einen den Steilhang hinunter führenden Weg finden. Doch es ist wunderbar sich in dem eiskalten Bergwasser den Staub und Schweiß des Tages vom Körper zu spülen.

 

Danach ist auch das Essen schon fertig und es gibt seit langem wieder einmal für alle mehr als reichlich. Danach geht es dann in die Zelte oder wie ich, einfach nur im Schlafsack auf der Isomatte unter freiem Sternenhimmel, allerdings gibt es wieder einige Zwitschertiere, die dafür sorgen, dass der Schlaf nicht zu ruhig wird.

Freitag, der 9.Mai 2008, von Samarkand über die tadschikische Grenze nach Pendshikent, 80 Kilometer, 531 Höhenmeter, bis 32 Grad

15. Mai 2008

Am Morgen regnet es in Strömen und beim Frühstück dann ein wenig weniger. Das Resultat ist, dass gleich einige unserer heldischen Radfahrer auf den Bus umsteigen wollen. Ich verschiebe erst einmal die Abfahrt noch um eine knappe Stunde, denn am Himmel zeigen sich Lichtblicke und ich denke, dass es über kurz oder lang wieder aufhört zu regnen.

Genauso ist es dann auch, als wir um 10 Uhr loskommen regnet es nicht mehr und außer unseren zwei Magen-Darm geschädigten sitzen alle auf dem Rad. Noch einmal geht es vorbei an den Medressen und Mausoleen von Samarkand, für ein Gruppenfoto bleibt keine Zeit, da wir wieder einmal von der Polizei begleitet werden. Außerhalb der Stadt sorgt diese dann auch für mehr Stau als Ordnung, da sie den Verkehr für uns fast komplett lahm legt und eine lange Schlange von bis zu 80 Fahrzeugen hinter uns herzuckeln muss. Ab und zu lasse ich dann die Gruppeganz weit rechts fahren, damit sich der Stau auflösen kann, aber mit entspanntem Radfahren hat das Nichts zu tun.

Nach 25 Kilometern machen wir in einem kleinen Dorf am Markt eine kleine Pause. Aus einem Lehmofen kommen frische gefüllte Teigtaschen mit Zwiebel-Lammfleisch-Mischung, eine Ergänzung zu dem wie üblich mageren Frühstück. Wenig später erreichen wir dann die Grenze, die völlig unspektakulär anmutet. Es gibt keinerlei Fahrzeugschlangen und es sieht auch nicht wirklich so aus, als ob irgendjemand außer uns die Grenze überschreiten möchte. Auf der usbekischen Seite gibt es wenigstens noch eine Abfertigungshalle und ein Röntgengerät, das allerdings für uns nicht in betrieb genommen wird, was den Vorteil hat, dass wir unser gesamtes Gepäck nicht viel herumschleppen müssen, sondern nur ca. 200 Meter bis zum zweiten Schlagbaum. Dort auf der tadschikischen Seite gibt es nur noch zwei Grenzbeamte und drei Blechhütten und sonst Nichts mehr. Dafür dauert das Ausfüllen der Zollformulare eine Weile und Handys, Fotoapparate, GPS und so weiter müssen angegeben werden und ich wette, dass dies alles bei der Ausreise niemanden mehr interessiert. Wie auch immer, es läuft alles stressfrei und nach etwas mehr als zwei Stunden sind wir nun in einem neuen Land: Tadschikistan. Nach einem grandiosen Usbekistan mit wunderschönen Landschaften und beeindruckenden historischen Baudenkmalen und lebendigen, quirligen Märkten wird es Tadschikistan wohl nicht einfach haben, aber in der Ferne locken schon die Berge mit schneebedeckten Gipfeln im Dunst kaum auszumachen, aber in ein oder zwei Tagen werden wir dann in die Bergwelt eintauchen.

Der erste Eindruck nach den ersten Kilometern ist, dass das Land ärmer ist als Usbekistan. Die Straße ist zwar nicht so schlecht, aber es fahren kaum Autos. Die Dörfer links und rechts der Straße bestehen fast ausschließlich aus Lehm, allerdings alle in gutem Zustand. Die Leute aber sind genauso freundlich und die Kinder, von denen es mehr gibt rufen uns auf Englisch „Hallo“ oder „Good morning“ oder „What’s your name?“ zu. Erste Gesprächsversuche scheitern daran, dass die Kinder und Jugendlichen kein Russisch mehr sprechen und natürlich außer den fünf englischen Vokabeln auch nichts verstehen.

In Pendshikent ziehen wir zuerst in ein kleines Restaurant und essen eine tadschikische Suppe mit gepökeltem Lamm und Kartoffeln und genießen die ersten Eindrücke des Landes. Die Frauen tragen auch bunte leichte Kleider, wie in Usbekistan, allerdings nicht ganz so körperbetont und eng. Auch zeigt sich eher eine Vorliebe für grelle Farben, aber es fehlt an glitzernden Details.

 

Fierdaus, unser tadschikischer Führer, ein Mathematiker aus Duschanbe hat uns im Ort eine Nacht in einem privaten Haus organisiert und wir werden von einer netten Familie aufgenommen und in die zahlreichen Zimmer, rund um einen großen Hof verteilt. In der Sauna lässt sich hervorragend der Staub vom Tage vom Körper spülen. Und mit einem Bier danach von der Zunge. Das Abendessen, wieder ein dicke Suppe mit Nudeln und Kartoffeln und ein großer bunter Krautsalat, wird von Fierdaus Frau Nadja zubereitet, die auch recht ordentlich Deutsch spricht. Und wie sich herausstellt, hat sie Deutsch in Berlin an der Hartnackschule gelernt, wo auch ich unterrichte, wenn ich nicht gerade mit „China-by-Bike“ auf Tour bin.

Gegen 10 Uhr verschwinden dann alle in ihren Zimmern, wo es sich auf den Kurpatschas, den dicken traditionellen Baumwolldecken hervorragend schlafen lässt.

Donnerstag, 8.Mai 2008, noch ein Ruhetag in Samarkand: „Fliegende Teppiche“

9. Mai 2008

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der Teppiche und zwar der Teppiche in ihrer vollkommensten Form, handgeknüpfte Seidenteppiche. Nein, fliegen können sie nicht diese Wunderwerke aus Millionen von Knoten, aber wenn man diese Schöpfung aus Farben betrachtet hat man einen Eindruck von Leichtigkeit und Vollkommenheit, die perfekte Yoga Matte, denke ich bei mir, nur als solche mit 5000 Dollar pro Stück einem Reiseleitergehalt nicht angepasst.

Doch bevor wir uns den Teppichen widmen besichtigen wir noch ein weiteres gigantisches Mausoleum, das Guri-Amir. Von weitem scheint es auch eine blau glasierte Kuppel zu haben, doch wenn man näher kommt, sieht man, dass die Kuppel aus Rippen besteht, die mit vielfarbigen Mosaiken belegt wurden. Im Inneren tummelt sich viel Volk in der kühlen, reich geschmückten Halle. Hier befindet sich auch das Grab von Timur und die Geschichte wird erzählt, dass, wenn das Grab geöffnet werde, ein Krieg ausbreche. Mitte Juni 1941 öffneten sowjetische Anthropologen die Gruft und am nächsten Tag, dem 22.Juni begann der Überfall Hitlers auf die Sowjetunion. Wie viel Glauben man solchen Geschichten schenken darf ist fraglich, wir genießen erst einmal das lebendige Leben in der Kathedrale und die Kühle unter der hohen Kuppel.

 

Am Nachmittag geht es dann in die Teppichknüpferei am Rande der Stadt. Vor dem zweistöckigen Gebäude sammeln sich Berge von verschiedenen Kräutern und Walnussschalen, die zum Färben benutzt werden. Die Manufaktur arbeitet nur mit natürlichen Materialien. Seide ist ein erstaunliches Material, 1200 Meter Faden werden aus einem Kokon gewonnen und zu Fäden versponnen, die in ihrer Strapazierfähigkeit im Vergleich zur Masse die Reisfestigkeit eines Stahldrahtes übersteigen. Ansonsten herrscht hier noch Kommunismus. Die Teppichknüpferinnen bekommen eine kostenlose staatliche Ausbildung, bezahlt wird gut und nach Leistung und es wird kein Akkorddruck ausgeübt. Wer einen guten Teppich knüpfen will, braucht Geduld und Freude im herzen, erklärt uns Abdullahad Badghisi, der Manager der Manufaktur. (www.silkcarpets.net) Und genau deshalb sei sein Betrieb international anerkannt und könne eine sehr gute Qualität liefern. Es gibt keine Kinderabrbeit, die Arbeitsbedingungen seinen angenehm, es gibt einen Monat bezahlten Urlaub pro Jahr und drei Jahre Geburtsurlaub mit Garantie auf Wiedereinstellung. Wie verzaubert beobachten wir die Mädchen beim Knoten der kostbaren Stücke und der Showroom ist ein Paradies für Teppichkenner. 5000 Dollar kostet ein mittelgroßer Teppich in guter Qualität, trotzdem seien sie immer ausverkauft und arbeiten meistens auf Bestellung. Es gibt die verschiedensten Muster und Farben und eines trägt den Spitznamen Joschka Fischer, da auch der Politiker hier einen Teppich erworben hat, Auch zwei Teilnehmer unserer Gruppe erliegen der Faszination und bestellen einen Teppich in den schönsten Farben.

Am Abend treffen wir uns in einem der ältesten Häuser der Stadt zum Abendessen, eine Art kleines Familienrestaurant und alle sind ein wenig traurig, die faszinierende Metropole an der Seidenstraße morgen verlassen zu müssen.