Dienstag, 27. Mai, von Chichkan über den Ala-bel Pass (3184 Meter) bis zum Zeltlager bei Suumsay, 95 Kilometer, 1709 Höhenmeter: „Ruhetag am Pass“

3. Juni 2008

Blendendes Wetter am Morgen und ein gutes Frühstück. Auch die nassen Sachen von gestern konnten wir in der Küche über Nacht trocknen, also haben wir wieder einmal optimale Bedingungen für die Passanfahrt heute.

Meine Verspannung hat sich immer noch nicht gelöst, aber an solch einem Tag habe ich natürlich auch keine Lust aufs Auto zu steigen und die Landschaft um mich herum nur vom Fenster aus vorbei fliegen zu sehen.

Gegen 9 Uhr kommen wir dann vom Hotel aus los. Noch immer ist die Straße in super Qualität, was wir von Kirgistan überhaupt nicht erwartet hatten und das wird wohl bis morgen auch noch so bleiben, aber dann verlassen wir endgültig die Hauptroute Nach Bishkek, der kirgisischen Hauptstadt, und biegen in Richtung Issyk-Kul ab.

Langsam und stetig mit 7 oder 8 Prozent Steigung schlängelt sich die Straße nach oben. Die Schilderaufsteller schienen Humor zu besitzen, denn die Steigung ist mit 7,62% oder 6,79% ausgewiesen, ein starker Kontrast zu den sonst überall ortsüblichen 12% Schildern.

Als dann unser Begleitfahrzeug vorbei kommt und auch noch ganz langsam, habe ich meine Idee für den halben Ruhetag, ich werde mich einfach einmal ein paar Kilometer ziehen lassen. Doch die Idee hatten auch schon andere, aber gerade ein letztes viertes Plätzchen ist hinten noch frei. So geht es dann ganz entspannt und gemütlich erst einmal 200 Höhenmeter im Schlepp nach oben. Dann weitet sich das Tal und links und rechts der Straße gibt es viel Jurtencamps. Also lasse ich los und halte erst einmal an und kaufe mir eine Flasche Kumys, vergorene Stutenmilch.

Dieses Getränk ist bei allen Nomadenvölkern in Zentralasien verbreitet und enthält viele Minerale und Vitamine, die die Leute hier aus Obst und Gemüse nicht bekommen können, da hier auf den Bergalmen außer Gras nichts wächst. Auf alle Fälle mag ich das Getränk, das etwas rauchig und etwas nach Schafsmilch schmeckt und gesäuert und vergoren ist, wodurch es etwa ein Prozent Alkohol enthalten dürfte. Meinen Teilnehmern rate ich nicht unbedingt dazu, wegen der Durchfallgefahr, aber mein Magen-Darm-Trakt scheint inzwischen wohl abgehärtet genug.

Überall links und rechts der Straße gibt es jetzt Jurten. Die Frauen sind damit beschäftigt die Stuten und die Kühe zu melken oder die frisch gemolkene Milch zu Butter zu verarbeiten. Dabei benutzen sie nicht mehr das traditionelle hohe Buttergefäß aus Holz, sondern eine handbetriebene Schleuder. Ich darf meinen Finger ins Fass tunken und kosten und frische Butter ist einfach lecker.

 

Nachdem ich dann ein paar Kilometer weiter gefahren bin, kann ich der Versuchung nicht widerstehen und hänge mich an den nächsten Lkw und fahre wieder eine Weile mit, bis ich auf einen Teil der Gruppe treffe, der auf einer schönen Almwiese lagert. Schön ist es unter dem stahlblauen Himmel mit den Schäfchenwolken eine Weile im Gras zu liegen und einfach den Duft der vielen Blumen umher einzusaugen, bevor es dann an die nächsten Höhemeter geht.

Irgendwann schraubt sich die Straße dann ein paar Serpentinen hinauf und für den Schlussanstieg nehme ich noch einmal einen Truck in Anspruch, schließlich wollte ich ja einen Ruhetag haben. Aber ich war heute nicht der einzige, der diese „unerlaubte“ Hilfe in Anspruch genommen hat und am Ende zeigt sich, dass nur vier Leute nicht gemogelt haben. Was soll’s, vom leckeren Salat und dem Grießbrei bekommen doch alle, dann ist Fototermin im Schnee und dann geht es wieder hinunter in eine weite grüne Ebene.

Auch hier gibt es wieder viel Jurtencamps und wir können beobachten, wie viel Mühe es macht, diese Zelte aufzubauen, nichts im Vergleich zu dem, was wir jeden Abend tun.

An einem kleinen Bach und auf einer wunderschönen Wiese ist dann auch unser abendlicher Zeltplatz, wieder einmal einer der schönsten, den wir je gehabt haben, eingebettet in eine wilde und doch sanfte Landschaft. Wieder einmal sieht es nach Regen und Gewitter aus, Wetterleuchten von drei Seiten und einige von uns bekommen ein wenig Angst in Erinnerung an unsere Hochwasser-Gewitter-Nacht. Doch nichts passiert, wir haben ein harmonisches Abendessen im Freien und es zeigt sich, dass ein wunderschöner Fahrtag und ein gutes Abendessen doch beträchtlich zu einer guten Stimmung in der Gruppe beitragen können.

Montag, 26. Mai 2008, vom Toktokul Stausee bis in die Berge bei Chichkan, Hotel „Ozon“, 68 Kilometer, 1106 Höhenmeter

3. Juni 2008

Am Morgen haben versammelt sich die Yoga-Gruppe auf der Sandbank und es ist fast wie auf einem spirituellen Trip in Thailand oder Indien, bei den „Sonnengrüßen“ rieselt der Sand auf den Kopf. Leider zieht sich der Himmel zu und wir schaffen unser Frühstück und das Zusammenpacken gerade noch im Trocknen. Kurz nach dem Start fängt es an zu regnen. Doch ich bleibe schön warm, denn es geht mehrfach richtig stark bergan, mittellange Anstiege.

Am Morgen bin ich wieder total verspannt aufgewacht, vielleicht liegt es wirklich daran, dass ich eine Woche lang nicht mehr in einem Bett geschlafen habe, werde wohl heute Abend mal den Doktor konsultieren, damit ich irgendwann wieder frei atmen kann.

Die Stadt am See ist eigentlich auch nur ein größeres Dorf, aber ich finde einen Laden mit russischem Konfekt und lege mir einen größeren Vorrat zu, denn morgen geht es ja wieder an einen 3000er Pass und dafür will ich gerüstet sein. An einer Bushaltestelle wartet unser Fahrzeug und unsere Leute haben dort ein wenig Schutz vor dem Regen gefunden. Leider ist die halbe Haltestelle von ein paar kirgisischen Alkoholikern okkupiert und es fällt schwer die Leute, denen beim Stichwort Deutschland nur „Heil Hitler“ einfällt loszuwerden. Als ich wieder aufs Rad steigen will ist dann auch meine Sonnenbrille weg, die ich mir von Helma geborgt hatte, das wäre dann Nummer 4 auf dieser Reise. Die erste habe ich in Turkmenistan verloren, die zweite in Usbekistan geschrottet, die dritte von Eckardt geborgt und an Volker weiter verliehen, der sich darauf gesetzt hat und nun die nächste. Na gut, China ist nicht mehr weit und dort werde ich mir wieder einen größeren Posten an Billigbrillen zulegen.

 

Hinter Toktokul geht es dann in ein schönes Seitental immer an einem kleinen Fluss entlang gut bergauf. Es regnet immer noch, aber die Landschaft ist wunderschön. Das Wasser im Fluss schießt weiß schäumend den berg hinunter, rechts und links gibt es wunderschöne Wiesen und ich denke, es ist schade, dass wir heute keine Zeltübernachtung haben. Rechts und links geben Nebentäler den Blick auf Schneeberge frei und alles ist bewaldet und erinnert ein wenig an wunderschöne Täler in den Alpen. Die Straße lässt sich trotz der kräftigen Anstiege gut fahren und zur Belohnung hat es auch noch aufgehört zu regnen.

Der Tag wird weniger anstrengend als geplant, denn unser Hotel befindet sich nicht wie angenommen auf 2400 Meter Höhe, sondern schon auf 1900 Metern. Wir sind in zwei Häusern untergebracht. Die „Singles“ sind in einer schönen Anlage direkt am Fluss, es gibt eine warme Dusche, die ist aber auch notwendig nach der nassen Fahrt und auch, weil die Zimmer nicht geheizt werden können und es doch recht frisch ist.

Sauber geduscht wandern wir dann bergauf zum anderen Hotel, um die Doppelzimmer Besatzung zu treffen. Die sind aber gar nicht zufrieden, denn es gibt hier nur eine Dusche für alle mit 40 Litern und gerade jetzt trifft das Gepäck ein, die ersten mussten nass und frierend fast zwei Stunden warten. Das ist natürlich wieder ein Anlass für eine lange nicht enden wollende Diskussion über alle kleineren und mittleren Mängel der Reise in den letzten drei Monaten und ich fühle mich müde und matt und ausgepowert, wie noch nie zvor auf der reise. Draußen vor der Tür scheint die Sonne im Märchenwald und wir schaffen es wieder den Tag total zu zerpflücken und für den Abend bahnt sich das gleiche noch einmal an. Doch ich habe Glück. Unerwartet trifft die vier Personen starke Parallelgruppe ein, Helmuts Fahrrad ist hinüber, das Tretlager ist nicht mehr zu retten und es handelt sich nicht um eines von unseren Kogas, so dass ich auch das Lager nicht wechseln kann. Eigentlich gibt es gar nichts zu überlegen, Helmut bekommt das Reserverad, so lange bis wahrscheinlich in Urumqi ein neues Tretlager eingebaut werden kann. Durch den langen Transport sind am Reserverad ein paar Züge gebrochen und die Schaltung ist verstellt, aber mit Helmuts Hilfe bekomme ich alles recht schnell wieder gerichtet, nichts ahnend, dass die Gruppe schon wieder diskutiert, ob das Rad eigentlich an die Parallelgruppe gegeben werden dürfe oder nicht und das stimmt mich dann doch etwas depressiv und selbst die leckere Suppe kann nicht mehr viel an meiner Stimmung retten.

Am Abend gehe ich noch einmal zu Richard, der glücklicherweise nichts an den Bronchien feststellen kann und Stress als Auslöser für meine Atemprobleme und Verspannung festmacht, eine Woche Urlaub sei wohl eine Lösung oder vielleicht eine Woche ohne uferlose und fruchtlose Diskussionen.

Sonntag, 25 Mai, von Karaköl zum Toktokul-Stausee, 79 Kilometer, 1083 Höhenmeter

2. Juni 2008

Auch heute geht es wieder bergig zu, obwohl wir effektiv kaum an Höhe gewinnen, aber bei schönstem Wetter geht es los und endet auch so. Nachdem wir die ersten Berge geklettert sind haben wir eine rauschende Abfahrt hinunter in ein weites Tal, in dem der Toktokul-Stausee liegt. Stahlblau schimmert der See vor einer grandiosen Bergkulisse. In alle Richtungen liegen Bergketten, die mit Schnee bedeckt sind und durch die wir in den nächsten Tagen hindurch wollen.

Leider habe ich schlecht geschlafen, ich war zu faul im Zimmer meine Isomatte auszurollen und habe nur auf dem Teppich geschlafen. Heute kann ich kaum atmen und habe das Gefühl, ein Elefant liegt auf meiner Brust, noch schlimmer wird es, wenn ich versuche nach unten zu sehen. Ich habe mich total verlegen und bin komplett verspannt und der Staub und die Milben vom Teppich machen auch Volker, mit dem ich den Teppich geteilt habe, zu schaffen.

 

Deshalb kann ich die Landschaft um uns herum kaum genießen. Am See liegen kleine Orte und fruchtbare Felder in der ansonsten kargen Gegend, die mit kristallklarem Bergwasser bewässert werden. In einer Teestube kann man ein wenig ausruhen und die Gruppe beobachtet amüsiert, wie jeder Neuankömmling mit dem Hund fertig wird. Ich habe inzwischen immer einen Stein bei mir, der im Hosenbein klemmt und schon bei der bloßen Ansicht dieses möglichen Wurfgeschosses klemmt die Töle den Schwanz ein und trollt sich.

Schon am frühen Nachmittag erreichen wir unser Zeltlager am Naryn Flusses am Ostende des Sees. Es dauert einige Zeit, bis wir die Fläche für die Zelte vom niedrigen Wachholdergestrüpp befreit haben, aber der Platz ist wunderschön. Am Ufer gibt es Sandbänke auf der sich einige noch in die Sonne legen und das Wasser ist kalt und erfrischend.

Das Abendbrot ist lecker wie immer und inzwischen hat die Crew auch die zu kochende Menge im Griff, so dass alle richtig satt werden und dann geht ein ruhiger angenehmer Tag am Lagerfeuer auf der Sandbank zu Ende und endlich auch einmal ein Tag ohne Streitereien und ermüdende Diskussionen.

Samstag, der 24. Mai 2008, von Tash Kumyr nach Karaköl, 55 Kilometer, 1070 Höhenmeter: „Grand Canyon“

2. Juni 2008

Der neue Tag beginnt in den schönsten Farben, doch jetzt zweigt sich wirklich erst, wie das Unwetter getobt hat. Der Wasserspiegel im Staudamm ist gut 15 oder 20 Zentimeter gestiegen und unsere Wiese mit Schlamm komplett überflutet.

In Roberts Zelt beträgt der Wasserstand noch gute 10 Zentimeter, in der Mitte schwimmt der Packsack des Zeltes, rund um das Zelt ist das Wasser abgelaufen. Robert kann also ohne zu lügen behaupten, sein Zelt ist wasserdicht, zumindest von unten.

Hinter Marlies hat die Schlammwelle einen 50 Zentimeter hohen Haufen aus Dreck und Kuhmist angespült. So gehe ich von Zelt zu Zelt und sehe mir die Schäden an.

Dieters Zelt macht einen jämmerlichen Eindruck, die Schlamm und Dreckwelle ist einmal direkt hindurch gegangen und hatte einige Sachen hinaus gespült, unter anderem auch seinen Fotoapparat, der natürlich hinüber ist.

Eckard ist gerade dabei, einige Sachen zum trocknen auszulegen, er scheint ganz gut davon gekommen zu sein. Direkt neben dem Zelt ist aber eine Welle aus Schlamm und Dreck heruntergekommen. „Wenn du nur drei Meter weiter links gestanden hättest“, sage ich zu Eckhard, „hätte es richtig schlecht ausgesehen“. Eckhard dreht sich mürrisch zu mir herum und sagt: „Ich habe drei Meter weiter links gestanden!“

 

Unsere Abfahrt ist natürlich erst einmal um ein paar Stunden verschoben. Die Zelte werden im See gesäubert und überall liegen Sachen zum Trocknen aus. Zum Glück liegen heute nur 60 Kilometer vor uns, so dass ein zeitiger Aufbruch nicht notwendig ist. Noch mehr Glück haben wir mit dem heutigen Wetter, denn die Sonne scheint den nächtlichen Wassereinbruch wieder wettmachen zu wollen.

Gegen 11 Uhr sind wir dann halb trocken und können aufbrechen. Den ganzen Tag geht es durch einen wunderschönen Canyon am Fluss entlang. Doch die Straße ist nicht flach, sondern in dem engen Tal geht es immer wieder ein paar hundert Meter steil nach oben und auf der anderen Seite wieder hinunter bis fast ans Wasser, so dass man effektiv nicht einen Höhenmeter gut macht. Bis zum Abend sammeln sich dann gut 1000 Höhenmeter an, unser Hotel liegt aber gerade einmal 50 Meter höher als der Zeltplatz.

Nicht nur wir haben unter dem harten Gewitterregen gelitten, gleich nach ein paar Kilometern, an einer steilen Stelle ist die Straße verschüttet. Schon sind einige Planierraupen am Werk, um den Schaden zu beheben, aber erste einmal staut sich der Verkehr und besonders die Lkws haben einige Probleme über den Schutthaufen zu kommen, aber mit den Rädern sind wir natürlich schnell durch. Zu unserem Vorteil ist allerdings, dass der Brummiverkehr in den nächsten Stunden nicht in der gewohnten Dichte verkehren wird.

Die Trucks, die sich hier stauen kommen fast ausschließlich aus Deutschland, viele Lidl Transporte sind unterwegs, ein Lkw eines Möbelhauses in Berlin-Spandau und ökologisch angebautes Gemüse aus Thüringen scheinen hier auf den Straßen zu rollen. Auf einem der Trucks steht dann ein wenig traurig unter der deutschen Werbung für ein Fuhrunternehmen auf Russisch: „Will nach Deutschland nach Hause zurück.“

An zwei Stellen ist der Naryn-Fluss hier im Canyon angestaut und es gibt große Wasserkraftwerke. Kirgisien deckt seinen gesamten bedarf an Elektroenergie aus Wasserkraft und exportiert dazu noch in die Nachbarländer. Für uns ergibt sich dadurch eine grandiose Straße in einer grandiosen Landschaft. Immer dicht an den berg geschmiegt geht die Straße nach oben und nach unten. Rechts geht es steil den hang hoch n die Bergketten und links fällt der hang bis zu 100 Meter steil zum See hinab.

Nach Karaköl müssen wir dann noch einmal einen steilen Stich von 200 Höhenmetern hinauf und erreichen dann ein kleines Dorf mit einem schnuckeligen Hotel. Leider gibt es wieder einmal zwei Zimmer zu wenig, so dass wir ein paar Leute zusammen legen müssen und Volker und ich schlafen im Wohnzimmer der einzigen „Suite“ auf dem Boden, da die Sofas zu weich sind. Auch die Zimmerverteilung zieht sich fast zwei Stunden in die Länge, da die Angestellte noch mit alter Sowjetmentalität ausgestattet ist und nicht im Geringsten darauf vorbereitet, gleichzeitig alle Zimmer des Gebäudes zu verteilen. Volker fragt mich, ob man mit der chinesischen Methode etwas erreichen könne, nämlich die Frau einmal richtig zusammen zu schreien, was ich verneine, dann bekämen wir bis um 20 Uhr keine Zimmer und wir fassen uns weiter in Geduld.

Während dessen kocht draußen die Crew schon das Abendessen, doch nach der letzten Gerwitternacht sind alle immer noch aufgekratzt und so kommen wir ziemlich spät ins Bett.

 

Freitag, 23.Mai 2008, von Jalalabad bis zum See hinter Tash Kumyr, 138 Kilometer, 820 Höhenmeter: „Sonnenschein und Gewittersturm“

2. Juni 2008

Um 7 Uhr gibt es leckeres Frühstück auf dem „Vierbeiner“ vor dem Haus. Inzwischen wird das ganze Gepäck so sortiert und gepackt, dass der Minibus komplett gepäckfrei ist und eventuellen Ausfällen zur Verfügung steht. Rene, dem es wieder ein Stück besser geht, sitzt natürlich heute im Bus und ist natürlich ganz geknickt.

Aus der Stadt heraus ist natürlich wieder mächtig viel Verkehr, aber wir biegen dann auf eine breite Landstraße ein, so dass wir nicht mehr in der Gruppe fahren müssen. Wie erwartet, dann auch die ersten Anstiege und wieder einmal leuchten in der Ferne die Eisgipfel, diesmal schon des Tienshan Gebirges, welches sich bis nach China zieht.

Doch erst einmal strampeln wir einige schöne sanfte grüne Berge hinauf, wo es nur noch ein paar Hütten für die Schäfer und ihre Familien gibt, erst auf der anderen Seite im Tal liegen wieder größere Dörfer und Siedlungen und es gibt viel Landwirtschaft. Es ist ein bisschen trüb und angenehm frisch und bis Mittag noch nicht ganz so heiß, wie in den letzten Tagen.

 

Viele Denkmale aus den sozialistischen Zeiten sind noch erhalten und nicht so radikal abgeschafft worden, wie in den Ländern vorher und vielleicht ist dieser nicht so radikale Schritt und die neue Kooperation mit dem chinesischen Nachbarn dem Lande recht gut bekommen, zumindest habe ich einen solchen ersten Eindruck.

Gegen Mittag fahren wir einen Bogen und sind faktisch wieder im Fergana Tal, natürlich aber auf der anderen Seite der Grenze zu Usbekistan, die nur einen Steinwurf entfernt liegt. Und die Stadt Andishon, in der wir vor vier Tagen geschlafen haben ist auch nur ein paar Kilometer entfernt.

Ich habe heute wieder einen richtig guten Fototag und die Motive lauern nur so links und rechts der Straße oder gar auf dem Weg. Bei einer kleinen Pause treffen wir auf ein Mädchen, das aussieht wie das Sams, mit lauter grünen Punkten im Gesicht. Windpocken, sagt der Doktor, angemalt mit Buntstiften zur Desinfektion.

Am Nachmittag zieht sich der Himmel vor uns zu. In den Bergen weiter hinten schiebt sich ein Gewitter mit dicken Regenwolken von links nach rechts. Bewusst fahren wir etwas langsamer und bekommen dadurch nur einige kleine Schauer ab, der Hauptteil ist ein paar Kilometer vor uns nieder gegangen und färbt nun die kleinen Bäche schmutzigbraun. Vor einem Tunnel ist die Straße zentimeterdick mit braunem, lehmigem Dreck überflutet, der sich überall am Rad festsetzt und beim Schalten beginnt es zu Knirschen.

Dafür ist die Luft etwas abgekühlt und es wird ein wunderschöner klarer Abend, als wir den Stausee am Naruin Fluss hinter Tash Kumyr erreichen. Unten am See, auf einer sehr schönen Wiese steht dann auch schon unser Truck und wir befinden uns auf einem der schönsten Lagerplätze der Tour. Eine grüne Wiese, sanft zum See abfallend, türkisgrünes, klares, sauberes Wasser und eine tolle Bergkulisse rundherum und die untergehende Sonne. Samt den Rädern springen wir alle ins Wasser und sind guter Laune, als wir dann beim Abendessen sitzen und es ist wohl seit langem wieder einmal ein Abend ohne unsere typischen Diskussionen.

Als wir dann in den Zelten verschwinden wetterleuchtet es mächtig hinter der nächsten Bergkette und dicht Wolken quellen über den Kamm. Eigentlich hatte ich mein Überzelt gar nicht aufbauen wollen, doch nun komme ich gerade noch rechtzeitig dazu, bevor die ersten dicken Regentropfen fallen. Und schon drei Minuten später gießt es wie aus Eimern, der Wind zerrt und zottelt an den Zelten herum und es ist taghell von dem Blitzen, die sich ununterbrochen entladen. Schon nach ein paar Sekunden beginnt es in meinem Zelt zu tropfen, die Nähte in meinem alten Zelt halten dem hohen Wasserdruck einfach nicht mehr stand, also packe ich alle meine Sachen in die wasserdichten Packtaschen und meinen Schlafsack noch dazu und warte ab, was weiter passiert. Inzwischen sitze ich wie auf einem Wasserbett, denn das Wasser strömt unter dem Zelt hindurch und auf der Seite, auf welcher der Wind das Zelt ans Innenzelt drückt bildet sich eine große Wasserpfütze.

Eine halbe Stunde tobt das Unwetter mit unglaublicher Stärke, es ist als ob rund um mein Zelt mehrere Leute ständig eimerweise Wasser über mein Zelt kippen und ich denke, dass es den anderen nicht anders ergeht.

Nach einer halben Stund hört es genauso schnell wieder auf zu regnen, wie es auch begonnen hat und ich beginne eine Runde über den Zeltplatz. Zwei Zelte stehen in einem großen See in einer Senke mit gut 15 Zentimeter Wasserstand, bei Richard hat der Wind das Überzelt weggeblasen. Dieters Zelt ist auch von allen Seiten gut durchspült worden und sieht jämmerlich wackelig aus und so geht es der Reihe nach weiter. Lediglich zwei Zelte sind nur mit ein wenig Feuchtigkeit davon gekommen. Sechs Zelte sind komplett „abgesoffen“, und auch im Truck steht eine Wasserpfütze.

Mein Zelt steht zwar auch fast komplett im Wasser, aber alle meine Sachen sind trocken verpackt, ähnlich geht es Volker und so fangen wir mit den Aufräum- und Umsiedlungsarbeiten an.

Zuerst wird das Ersatzzelt aufgebaut, in welches dann die Andre und Heike ziehen, Rosemarie und Helma wollen nicht wieder in ein Zelt zurück und im Auto schlafen. Dieter zieht um zu Rene und so weiter. Gegen 0.30 Uhr haben wir dann alle unsere Leute so weit, dass sie irgendwie wieder schlafen können.

Ich stelle mein Zelt an eine trockene Stelle und dann trinken Volker und ich mit Akyl und der Mannschaft noch einen Wodka, bevor auch ich dann endlich in meinen Schlafsack kann.