Montag, 16.6.2008, von Urumqi zum Tian Chi, dem Himmelssee, 102 Kilometer, fast 2000 Höhenmeter

23. Juni 2008


Am Morgen führe ich die Gruppe auf ein paar kleinen Straßen aus der Innenstadt heraus. Überall gibt es kleine Garküchen und stände mit You Tiao, einer Art Pfannkuchengebäck, dass die Chinesen zum Frühstück lieben. Bis zu 5 Meter hoch stapeln sich große Dämpfsiebe mit Mantou, den chinesischen gedämpften Brötchen, die ich persönlich nicht mag, da sie überhaupt keinen Geschmack haben, aber zu einer würzigen Suppe erfüllen sie sehr wohl den Sinn einer anständigen Sättigungsbeilage.

Ich hoffe, dass ich der Gruppe Appetit auf ein Straßenfrühstück in den nächsten Tagen gemacht habe, bisher wollten alle immer im Hotel essen, aber ich werde unsere Radler bestimmt noch zu guten Chinesen erziehen.

Nach diesem Exkurs geht es erst noch ein paar Kilometer auf der Autobahn aus der Stadt und dann über eine neu gebaute Ausfallstraße wieder in Richtung Wüste. Noch im letzten Jahr bin ich hier noch mehrere Kilometer über eine schreckliche Baustelle geholpert und jetzt haben wir sechs Spuren „Flüsterasphalt“

Vor der Stadt wird die Landschaft noch einmal karg und trocken, aber das Fahren auf der Superpiste macht Spaß und gegen Mittag heben wir fast 70 Kilometer bis Fukang geschafft. Hier starte ich dann mit der nächsten chinesischen Lektion für meine Gruppe und wähle ein winziges Lokal, in das wir gerade so hinein passen. Bis das Essen kommt wird dann noch ein wenig gemurrt, aber als die ersten Gerichte aufgetragen werden, glauben mir alle, dass man in solchen winzigen Familienlokalen am besten Essen kann.

Hinter Fukang kommt dann der Abzweig zum Himmelssee und hier erwartet uns dann wieder einmal eine grässliche Baustelle. Nach 15 Kilometern treffen wir uns und vermissen Dieter. Zum letzten Male haben wir ihn beim Essen gesehen. Ich überlege mir schon „Rettungsmaßnahmen“, halte aber noch einmal einen Autofahrer an und der bestätigt mit, dass hinten noch ein Radfahrer kommt und wir sind alle erleichtert. Wenig später kommt dann auch Dieter aus einer Staubwolke heraus, er war im Gebüsch verschwunden und hatte dann den Abzweig zum See verpasst.

Inzwischen geht es dann schon etwas mehr bergan und wir erreichen den Ticketcounter zum Nationalpark am Himmelssee und löhnen 100 Yuan pro Person ab, dass sind fast genau 10 Euro. Hinter dem Counter ist die Baustelle nach 2 Kilometern endlich zu ende und wir passieren eine wilde Schlucht, bevor wir die Talstation der Seilbahn erreichen. Hier will man unseren Bus nicht durchlassen und ich werde telefonisch von einem „Chef“ zum anderen durchgereicht und erreiche nichts. Plötzlich sehe ich einen Chinesen mit einer Umhängekarte vom chinesischen Fernsehen. Den spreche ich sofort an und bitte ihn, seinen Kameramann herzuholen, um zu filmen, wie den Olympiafahrern hier Schwierigkeiten gemacht werden. Der Trick funktioniert und ohne weitere Diskussionen kann unser Bus passieren, obgleich der Fernsehmann weder Mikrofon noch Kameramann dabei hatte.

Leider hat die Debatte viel Zeit gekostet, so dass ich für die letzten 10 Kilometer auf den Bus steige, um nicht zu spät hinter der Gruppe den See zu erreichen. Schade, denn die Straße geht hier in Serpentinen den berg hinauf und in jeder Kurve hat man einen berauschenden Blick.

Oben angekommen erreichen wir unsere Jurtensiedlung und ich miete drei Jurten an.

Die Übernachtung ist sehr einfach, die Toiletten sind auf der anderen Seite des Parkplatzes, die Dusche ist ein Kaltwasserschlauch, aber in den Jurten ist alles wohl gerichtet und sauber.

Abends gibt es gut zu essen, viel Lamm und ein Gericht mit Pferdefleisch, das allen mundet.

Abends in der Jurte ist es ein wenig wie im Ferienlager, wir flachsen herum und denken über eine Kissenschlacht in unserer 6 Mann Jurte nach. Die Jurten haben wir aufgeteilt in ein Damenzelt, ein Schnarcherzelt und in ein Nicht-Schnarcherzelt.

Sonntag, 15. Juni 2008, Ruhetag in Urumqi

23. Juni 2008


Alle sind mehr als begeistert vom Frühstücksbuffet, danach machen wir uns auf die Socken, um uns einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Gleich beim Hotel, aus der Hochhausschlucht der Hauptstraße heraus liegt der Rote Berg mit einem Tempel oben auf und auf und dorthin wollen wir. Im Park rundherum herrscht chinesische Wochenendgetümmel. Hunderte von chinesischen und uigurischen Familien sind unterwegs, um einen kleinen Ausflug zu machen. Im Gewühl steigen wir die Stufen hinauf und haben von der Pagode einen wunderbaren Rundblick über die Stadt. Ich erzähle meiner Gruppe ein wenig über die Besonderheiten der Provinz, die hauptsächlich von Uiguren, Kasachen, Mongolen und anderen Turkvölkern besiedelt ist, aber inzwischen dominieren in den Großstädten die Chinesen das Stadtbild.

Dann müssen wir erst einmal wieder zurück ins Hotel und fahren zum Fahrradladen. Hier gibt es den ersten guten Fahrradladen auf der gesamten Tour und wir stellen fest, wir sind wieder zurück in unserer Welt. Aufgrund der gestrigen Erfahrungen erstehen Heike und ich einen Fahrradhelm, ich besorge noch drei Sattelstützen ohne Federung, da es bei unseren gefederten „Wackeldackeln“ zu viele Probleme gab und eine große Flasche Kettenöl. Auch die zerschroteten Luftpumpen werden gegen chinesische Modelle ausgetauscht. Zurück im Hotel geht jeder seinen eigenen Weg und ich kümmere mich noch um ein paar kleine Angelegenheiten meiner Teilnehmer. Am Nachmittag geht es dann mit Rosemarie noch einmal zu einer Infusion in die Klinik, dann steht ein Interview mit Radio Deutsche Welle auf dem Programm, das ich in Chinesisch geben muss und dann ist schon wieder Zeit fürs Abendbrot und für meinen Blog konnte ich noch nichts tun.

Heute essen wir mit der anderen Gruppe zusammen und okkupieren ein schönes Lokal. Wie immer ist die Küche ausgezeichnet, besonders gut war der gedämpfte Fisch und am Ende sind alle Teller fast schon peinlich blank geputzt.

Zurück im Hotel wollen noch ein paar Leute eine Massage und dann tauche ich bis zwei Uhr morgens ab ins Internet und kann wenigstens alle Blogeinträge bis zur chinesischen Grenze vervollständigen, bevor mir die Augen im wahrsten Sinne des Wortes zufallen..

Samstag, 14. Juni 2008, mit dem Taxi von Urumqi zurück nach Shihezi und dann wieder mit dem Rad nach nach Urumqi, 40 Kilometer, 200 Höhenmeter

23. Juni 2008


Das Frühstücksbuffet im Hotel ist überwältigend und es ist unmöglich, sich einmal um den Buffettisch herum zu fressen und noch schwieriger eine Auswahl zu treffen.

Danach brauche ich etwas Zeit zum Sortieren meiner Sachen und um noch einmal nach Rosemarie zu sehen. Ich konnte eine nette Englisch sprechende chinesische Reiseleiterin auftreiben, die am Abend mit Rosemarie noch einmal ins Krankenhaus zur Infusion fährt.

Mit Helma bummele ich einmal die Straße hinunter, auf der Suche nach einem Optiker. Dort lässt sie sich dann zwei Brillen machen und ich bekomme als Geschenk vom Laden eine neue Sonnenbrille, nun schon meine fünfte auf dieser Reise und ich hoffe, dass sie diesmal länger hält.

Danach schwingen wir uns in ein Taxi und fahren wieder aus Urumqi heraus in die nächste größere Stadt, Shhezi. Dort übernachtet unsere Teilgruppe und ich werde meine Gruppe in Empfang nehmen und durch den Großstadtverkehr zum Hotel in Urumqi lotsen.

Eine gute Stunde später und viel zu früh sind wir in Shihezi, wir suchen uns ein kleines Sichuan-Lokal und haben ein nettes spätes Mittagessen und zwei Flaschen Bier und dann wandern wir einen Straßenzug weiter zum Hotel, in dem die andere Gruppe übernachten will.

Wieder einmal ist eine kleine Katastrophe passiert und es gab einen mittelschweren Sturz, deshalb sitzt Marlies schon mit Kopfverband in der Hotelhalle und Heike hat ein paar blaue Flecken und ein paar kleine Schürfwunden. Wieder einmal zeigt sich, dass die Kopfwund hätte vermieden werden können, wenn Marlies einen Helm getragen hätte. Heike ist auch auf den Kopf gestürzt, der Helm ist hin, aber Heike blieb unversehrt.

Mit meinem gesunden Resthaufen machen wir uns dann auf dem Weg nach Urumqi. Erst geht es auf der Autobahn entlang. Vor uns können wir schon die Skyline der Stadt sehen, dahinter liegt das Massiv des Bogda Fen und überragt und überstrahlt die Stadt im warmen Licht des Abends.

An der Autobahn wehen tausende von Fahnen. Am Dienstag der nächsten Woche kommt hier das Olympische Feuer auf dem weg nach Beijing durch und natürlich wecken diese Beijing 2008 Flaggen sofort unsere Begierde und schon nach ein paar Minuten gehören zwei Flaggen uns. Eine wird sofort an mein Fahrrad montiert und so beginnen wir unseren Einzug in die erste chinesische Großstadt.

Die Einfahrt in die Stadt ist chaotisch, der verkehr ist dicht und die Einfallstraße vom Flughafen mehr als gut befahren. Gut, dass ich die Strecke hier einigermaßen kenne und meine Gruppe gut durch das Chaos navigieren kann, so dass wir eine halbe Stunde später dann ohne uns zu verfahren auch erreichen.

Alle sind begeistert vom Hotel, aber erst einmal nicht von der Idee, auf dem Nachtmarkt essen zu gehen. Trotzdem kann ich alle überreden mitzukommen, wir verteilen uns auf 5 Taxis und fahren auf den WuYiYeChang, einer langen Straße mit hunderten von Essständen und tausenden von Leuten und außer uns gibt es keine ausländischen Touristen.

Die Stände hier sind deutlich geprägt von der Xinjiang Küche, hauptsächlich gibt es Grillstände mit allen möglichen Fleischsorten, aber auch Seafood und Gemüse gibt es hier. Ebenfalls viele Stände mit ShaGuo gibt es, dass sind Tontöpfe mit viel Gemüse und Tofu und verschieden Fleischsorten oben auf.

Mit einigem Glück bekommen wir einen großen Tisch, an den auch alle passen und dann wird bestellt, dass die Tische sich biegen und geschlemmt, bis nichts mehr in den Bauch hinein passt und alle sind froh, hier auf diesen Markt gefahren zu sein. Mehr als müde kommen wir dann gegen Mitternacht wieder ins Hotel zurück und fallen in unsere Betten.

Freitag, 13.Juni 2008, von Wusu nach Urumqi, mit dem Taxi, keine Fahrradkilometer

23. Juni 2008


Nach dem Frühstück vertraue ich Volker meine Gruppe an und verabschiede mich bis zum nächsten Tag. Ich werde heute mit Rosemarie nach Urumqi fahren und mit ihr dort zum Arzt gehen, da sie weiterhin Schmerzen und Fieber hat. Helma, Rosemaries Zimmergefährtin bleibt auch bei uns.

Ich organisiere dann ein Fahrzeug und gegen 11 Uhr sitzen wir im Minnibus nach Urumqi. Heute geht es dann nicht mehr durch die Wüste, sondern durch eine bewässerte Ebene und es wird neben Wein auch sehr viel Gemüse angebaut. Da das Wetter heute nach dem gestrigen Gewitter sehr klar ist, leuchten auf der rechten Seite den ganzen Tag die Schneeberge des Tienshan und als wir auf Urumqi zukommen liegt vor uns der Bogda Fen, mit 5445 Metern nicht so gigantisch hoch. Da das Bergmassiv aber relativ einzeln in der Ebene steht erscheint der herausragende Gipfel gewaltig und mitten in der Wüste allen Winden ausgesetzt zählt er zu den schwer besteigbaren Gipfeln Chinas.

Gegen 16 Uhr sind wir im Xinjiang Grand Hotel, ein wirklicher Luxusschuppen. Überall springen hübsche Mädels in allen Farben herum, da hier gerade ein intenationales Folklore-Tanzfestival stattfindet. Doch für lange Beobachtungen bleibt keine Zeit, da ich mit Rosemarie erst einmal schnell wieder ins Taxi steige und ins Krankenhaus fahre. Ultraschall, Bluttest und Urinuntersuchung bringen lediglich die Erkenntnis, dass die Niere ok ist, wahrscheinlich hat Rosemarie eine Nierenbeckenentzündung und braucht eine Antibiotika Infusion und viel Ruhe.

Gegen 22.30 Uhr haben wir alle Stationen des Krankenhauses durchlaufen und kommen zurück ins Hotel. Als Rosemarie im Infusionssaal saß, haben Helma und ich etwas gegessen und so bleiben mir heute nur noch eine Dusche und dann der freie Fall in mein riesiges Luxusbett im Hotel.

Donnerstag, 12. Juni 2008, von Qing He nach Wusu, 161Kilometer, 519 Höhenmeter

23. Juni 2008


Heute liegt nun vor uns allen ein langer Radtag, deshalb brechen wir auch schon um halb 9 auf, nach Beijing Zeit. Da wir an der Grenze die Uhr umgestellt haben entspricht das natürlich einem Sonnenstand von 7 Uhr dreißig oder 8 Uhr.

Das Frühstück im Hotel war chinesisch, also etwas Fettgebäck, verschieden Salat und eingelegtes Gemüse in Tee hart gekochte Eier und gedämpfte Brötchen, Mantou. Dann geht es aus dem kleine Städtchen hinaus in die Ebene. Noch gut 10 Kilometer gibt es bewässerte Felder, dann hört wieder alles auf und die Autobahn beginnt. Rundherum gibt es nur noch trostlose Wüste und die einzige Abwechslung sind die Bergketten des Tienshan, die uns auf der rechten Seite begleiten. Aber dieser Ausläufer des Himmelsgebirges ist nicht so hoch, so dass auch keine Schnee bedeckten Gipfel in der Ferne leuchten können.

Leider haben wir Gegenwind, aber recht schnell bilden sich Gruppen und wir fahren streng im Windschatten, was wir ja schon in der Türkei sehr gut gelernt haben. Auf der superglatten Autobahn mit „Flüsterasphalt“ geht das dann sehr gut. Natürlich erfordert Windschatten fahren von allen Beteiligten hohe Aufmerksamkeit, aber die Landschaft gibt sowieso nicht so viel her, so dass man sich hier wirklich im Hinterrad des Vordermanns festbeißen kann.

Erster Treffpunkt ist eine Mautstation nach 60 Kilometern, dahinter gibt es noch ein kleines schäbiges Restaurant, dass allerdings gute Nudeln anbietet. Der Besitzer kennt mich auch noch aus dem letzten Jahr und ist hoch erfreut, dass ich wie damals versprochen, mit meiner Reisegruppe im Schlepptau wiedergekommen bin. Wir plündern seine Kühltruhe, in der sich zum ersten Male auch wieder Guo-Pi, Fruchtbier findet und Kaffecola.

Mit einem Teil der Gruppe, der noch keinen Hunger hat fahre ich dann schon einmal weiter. Wir bilden eine schöne große Gruppe und fahren ordentlich Windschatten. Da wir keinen gegenwind haben kommen wir sehr schnell vorwärts, zu sehen gibt es auf der Autobahn in der Steppe sowieso nicht so viel und nach 110 Kilometern erreichen wir den nächsten Ort und finden auch hier ein nettes Nudellokal und einen Laden mit einer großen Kühltruhe.

Nachn einer angenehmen Pause geht es dann weiter auf die letzte Etappe des Tages nach Wusu. Noch einmal fahren wir sehr schnell in der Gruppe und bringen schon gegen 16.30 Uhr unsere 160 Kilometer hinter uns. Wusu ist ein quirliges Städtchen und es gibt ein tolles Hotel und alle freuen sich auf die warme Dusche.

Als am Horizont sich dunkle Wolken zusammen ziehen, trifft auch die zweite Hälfte der Gruppe ein und wir treffen uns zu einem grandiosen Mahl im Hotelrestaurant. Lokale Spezialität ist eine Suppe aus Wildpilzen und ansonsten haben wir uns einmal durch die Speisekarte gegessen. Leider geht es Rosemarie nicht gut. Sie hat eine schmerzhafte Entzündung im Bauchbereich und wir diskutieren mit dem Doktor einige Varianten, wie wir sie so schnell wie möglich wieder gesund bekommen.