Samstag, 26. Juli 2008, Ruhetag in Pingyao

3. August 2008


Ein Ruhetag und ich habe mich schrecklich erkältet, da ich bei laufender Klimaanlage eingeschlafen und mitten in der Nacht frierend aufgewacht bin. Alles tut mir weh und ich schleppe mich mit Kopfschmerzen ins nächste Kaffee mit Internetanschluss und erledige die wichtigsten Arbeiten und kann mich mit starkem Kaffee gerade so wach halten.

Nach einem Schläfchen fühle ich mich nur wenig besser und beschließe, wenigstens einen kleinen Spaziergang durchs Städtchen zu machen. Die Hauptstraßen der Stadt sind alle vorbildlich renoviert und in den zahlreichen Familienresidenzen gibt es Cafes, Läden und Hotels und der Autoverkehr ist vor die Stadtmauern verbannt worden. Biegt man in die Seitenstraßen ein, hat man nicht mehr den Eindruck in einer der wichtigsten chinesischen Touristenzentren zu sein. Hier herrschen in den Höfen noch der Verfall und das Chaos. In den kommunistischen Zeiten wurden in den ehemals geräumigen Höfen kleine Ziegelhütten gebaut, um mehr Leuten Platz zu bieten und in jedem freien Winkel lagern die Bewohner Steine, Holz und Kohle für den nächsten Winter oder aber alte Möbel, die sich inzwischen zu Müll verwandelt haben. Nur die Tore und die Geisterwände, manche reich verziert oder mit Ornamenten verziert, zeugen von dem ehemaligen Reichtum und Prunk. In den engen Höfen sitzen die alten Leute und spielen Karten und auf den Straßen tragen Großväter und Großmütter ihre Enkel spazieren oder es bilden sich kleine Gruppe von schwatzenden Rentnern.

Da ich mich zunehmend schlechter fühle verzichte ich auf einen Spaziergang auf der Stadtmauer und kehre ins Hotel zurück und verziehe mich mit zwei Aspirin in mein Bett und lasse sogar das Abendessen aus und hoffe, dass meine Erkältung bis morgen wieder abgeklungen ist.

Freitag, 25. Juli 2008, von Jiexiu nach Pingyao, 42 Kilometer, 106 Höhenmeter

26. Juli 2008


Da wir heute nur eine kurze Strecke vor uns haben ziehen wir erst eine halbe Stunde später als gewöhnlich los. Wegen des Staubes habe ich gleich ein altes T-Shirt ausgepackt, doch es viel besser als gestern. Die ersten Kilometer geht es noch auf der Bundesstraße entlang und dann biegen wir auf die Nebenstraße ein, um zum Shuanglin Si, einem alten buddhistischen Tempel zu kommen. Der Tempel, jahrelang in Vergessenheit geraten, beherbergt wunderschöne Buddhafiguren aus der Song, Yuan und Ming Dynastie. Auch die Gebäude sind noch nicht „tot“ renoviert und der Eisstand bietet gute Sorten Gefrorenes gegen die Hitze des Tages.

Bis Pingyao ist es dann nur noch ein Katzesprung. Pingyao ist eine der wenigen Städte in China mit einer durchgängig erhaltenen Stadtmauer und wurde in den letzten 10 Jahren für den Tourismus entdeckt und von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Inzwischen sind deshalb viele Straßen stilvoll renoviert und es gibt zahllose Restaurants und Hotels in alten Familienresidenzen.

Noch heute bekommt man einen Eindruck davon, dass diese Stadt in den letzten Dynastien eines der wichtigsten Handels und Finanzzentren Chinas war und sehr reiche Familien hier wohnten. Auch unser Hotel liegt in einer solchen alten Familienresidenz und die Zimmer sind in zwei Etagen um die drei Höfe angeordnet. Zwar sind die Zimmer winzig, aber in altem chinesischen Stil gehalten, also gibt es kein bett, sondern einen riesigen Kang und ich bedauere wieder einmal hier allein mein Zimmer beziehen zu müssen.

Unser Mittag machen wir noch im Hotel und dann lösen wir die Gruppe auf. In den touristischen Straßen sprechen die meisten Händler einigermaßen Englisch und es gibt zweisprachige Speisekarten und so kann die Gruppe heute gut ohne Reiseleiter auskommen.

Ich gönne mir einen Nachmittagschlaf und pilgere dann ein wenig durch die Hauptstraße auf der Suche nach ein paar schönen Buddhas für mein Berliner Zuhause. Leider gibt es viel zu viele schöne Figuren und nach einer halben Stunde befinden sich schon drei Figuren in meinem Besitz und zieren nun die Fensterbank meines Hotelzimmers.

Am Abend werde ich von Rosemarie zu einer Flasche Wein eingeladen, aus der dann zwei werden und wir sitzen die ganze Zeit an einem schönen Tisch an der Haupteinkaufstraße in der Fußgängerzone und beobachten das bunte Treiben der chinesischen Touristen bis spät in die Nacht.

Donnerstag, 24. Juli 2008, von Xixian nach Jiexiu, 138 Kilometer, 961 Höhenmeter: „Schwarzer Dreck und dreckiges Bier“

26. Juli 2008


Vor dem Frühstück und nach dem Frühstück nervt die Hotelbesatzung wieder wegen der Pässe und einige unsere Gäste sind genervt, da zwei der Karten, die wir am Beijinger Flughafenbrauchen werden, verschwunden und tauchen auch nicht mehr auf.

Das kostet uns natürlich auch wieder eine halbe Stunde, zumal auch der Frühstücksservice ziemlich langsam von statten ging.

Das Wetter ist trotzdem noch angenehm frisch und wir kommen trotz der leichten Steigung gut vorwärts, schnell sind die ersten 30 Kilometer gefahren und wir stoppen für unsere erste Bananenpause. Inzwischen sind unsere Fahrer richtig fit und besorgen Getränke und richtige kalorienhaltige Kekse, die ich zu Hause keines Blickes würdigen würde.

Nach ein paar Kilometern staubiger Baustelle geht es in einem schönen Tal bis zum Pass und dann hört leider die schöne Landschaft auf, denn wir kommen nun ins Hauptkohleabbaugebiet Chinas. Im Tal gibt es viel schmutzige Industrie und riesige Koksereien. Nach einer halben Stunde nimmt dann der Körper auch langsam die dunkle schmutzig graue Farbe der Umgebung an. Hunderte von LKWs wirbeln den Dreck an den Straßenrändern auf, und das ganze Tal ist eine ökologische Katastrophe. Grüne Farbe gibt es hier faktisch nicht mehr. Auch die Wohnsiedlungen für die Arbeiter, sozialistische Plattenbau, sehen katastrophal aus und schon Neubauten werden gar nicht mehr gestrichen, da der schmutziggraue Kohlenstaub sofort alles überlagert.

Bis zum Abend wühlen wir uns durch den dichten Verkehr und es wird erst besser, als wir die Bundesstraße erreichen, hier können die LKWs dann wenigstens keinen Dreck mehr aufwirbeln.

Wenigstens enden wir heute in einem luxuriösen Hotel und heute bekommt unser „dreckiges Bier“ wirklich einen tieferen Sinn. Mit wirklich tiefschwarzen Gesichtern stehen wir vorm Hotel und spülen uns den Staub aus den trockenen Kehlen. Mit dem Staub auf der Haut wird es dann etwas schwieriger, da ein Flügel im Hotel kein warmes Wasser hat und nach der kalten Dusche sehen die Handtücher so aus wie die Umgebung des heutigen Tages.

Die Küche des Restaurants ist recht gut und es gibt einige raffinierte Gerichte mit Wildkräutern, die hoffentlich nicht aus der näheren Umgebung stammen. Auch die Fleischesser kommen mit einigen schönen Hammelstücken auf ihre Kosten.

Im Hotel gibt es schnelles Internet und so kann ich bis kurz nach Mitternacht meinen Blog aktualisieren, ins Bett falle. Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer, da es unzählige Mücken im Zimmer gibt. Unerklärlich ist mir, wie die Biester überhaupt ins Zimmer gekommen sind und sie scheinen auch noch resistent gegen mein Mückenmittel zu sein und so ist an einen erholsamen Schlaf nicht zu denken.

Mittwoch, 23. Juli 2008, von Hukoupubu nach Xixian, 126 Kilometer, 1135 Höhenmeter

24. Juli 2008


Nach einem mäßigen Frühstück starten wir in einen warmen Tag. Die Straße führt uns noch ein paar Kilometer im tiefen Tal des Gelben Flusses entlang. Weit unten zieht sich der gelbbraune Strom dahin, der im Moment relativ wenig Wasser führt. Im Talgrunde stehen Arbeitercamps, die hier Sand gewinnen, der dann in schweren LKWs abtransportiert wird.

Dann führt uns die Straße nach Osten in ein kleineres Nebental, welches nach oben. Wieder ist die Aussicht in den tief eingeschnittenen Canyon so grandios wie am Vortage.

An der Straße liegen wieder sehr viele bewohnte Lösshöhlen und wir nehmen gerne eine Einladung zu einer Tasse Tee an und dürfen uns auch in der Höhle umsehen. Die Höhle hier ist sehr groß und im Zentrum steht wieder der beheizbare Kang, das Bett und im hinteren Teil des Raumes befinden sich ein großer Herd und einige Schränke und ein langer Tisch zur Zubereitung des Essens. In der Höhle ist es angenehm kühl, während draußen schon über 30 Grad sind. Die kleine Familie erzählt auch, dass es im Winter angenehm warm sei.

Irgendwann haben wir heute den höchsten Punkt erreicht, aber danach will es in dem weiten Tal nicht richtig abwärts gehen. Die Straße führt am Rande des Tales entlang und nimmt jeden Hügel mit und es dauert ewig, bis wir die nächste Ortschaft Yaoqi erreichen. Wenigstens gibt es dann leckere Gerichte zum Mittag und seit langem endlich wieder einmal keine Nudeln, sondern viel Gemüse, Tofu und ein wenig Fleisch.

So gestärkt sollte es dann viel besser vorwärts gehen, aber mit vollem bauch müssen wir erst einmal 300 Höhenmeter hinauf und die Straße ist nicht die beste. Mein Po macht seit zwei tagen auch ein paar Probleme, seit ich mit der vom Regen nassen Radhose gefahren bin und ich brauche heute Abend wohl eine große Portion Penatencreme um morgen auf allen backen wieder fit zu sein.

Endlich erscheinen dann am frühen Abend die ersten Vorboten der kleinen Stadt. Die Dörfer werden dichter und auch der Verkehr und wir holpern über die löcherige Umgehungsstraße. Das Hotel ist schnell gefunden, leider haben wir wieder einmal den dritten und den vierten Stock ohne Fahrstuhl und es bleibt nur wenig Zeit bis zum Abendessen für eine warme Dusche, um den Staub des Tages vom Körper zu spülen.

Das Abendessen nehmen wir der Bequemlichkeit halber gleich im Restaurant nebenan, nicht grandios, aber doch auch nicht schlecht. Leider ist nach der ersten Runde der Vorrat an kaltem Bier erschöpft und draußen sind schon alle Läden dabei, die Rollläden hoch zu klappen.

Der abendliche Spaziergang zeigt nur noch ein ruhiges Zentrum eines kleinen Örtchens ohne größeren Charme. Außer ein paar Lebensmittelläden ist alles schon geschlossen und ich kann meinen Teilnehmern den Wunsch nach einer Bar oder einem Internetcafe nicht erfüllen, von einer erholsamen Massage ganz zu schweigen.

Zurück im Hotel geht mir der Sicherheitsbeauftragte der Polizei auf den Geist, ich soll überprüfen, ob alle auf unseren Zimmern sind, wegen der Sicherheit und ich habe Mühe, den Typen wieder los zu werden. Kaum ist dies geschafft, sucht er Doro, die Reiseleiterin der zweiten Gruppe, auf und das Spiel beginnt von neuem. Erst gegen 11 Uhr gibt er entnervt von unserer Weigerung, in nächtlicher Stunde noch einmal alle Zimmer abzuklappern auf und verschwindet und für mich wird es wieder einmal eine zu kurze Nacht, da ich mich noch eine halbe Stunde an den Computer setze.

Dienstag, 22. Juli 2008, von Fuxian nach Hukoupubu, 132 Kilometer, 639 Höhenmeter: “Schluchten um den gelben Fluss“

24. Juli 2008


Endlich haben wir heute unsere Yoga-Tradition fortgesetzt und so starten wir schon 20 Minuten vor dem Frühstück in den Tag und kommen dann viel besser gelaunt und gründlich gedehnt in den Saal.

Nach dem Nieseltag gestern haben wir heute die Sonne wieder zurück, aber zum Glück nicht ganz so heiß und schweißtreibend, wie noch vor zwei Tagen. Die kleine Stadt ist größer als gedacht und wider erwarten akzeptiert der Bankautomat meine Karte und spuckt sogar Geld aus.

Aus der Stadt geht es ein wunderschönes Tal hinauf. An den Wänden im Löss gibt es noch mehr Höhlen, als an den Vortagen, von denen die meisten noch bewohnt sind. Vorne befindet sich sehr oft eine gemauerte Fassade mit Tür und Fenster und es gibt auch Varianten aus Holz. Ein Blick hinter die Tür und man ahnt nicht mehr, dass man in einer Lehmhöhle sitzt, entweder ist alles verputzt und mit Zeitungspapier beklebt, als Tapetenersatz oder aber in einigen Höhlenrestaurants sogar eine richtig schöne Aufmachung mit weißem Putz und hellem Holz.

Am Anfang gibt es kaum Dörfer, aber viele Tabakfelder, etwas Mais und violett blühende Felder mit Salbei, ein schöner Kontrast. Später werden die Felder weniger und wir fahren bis zum Pass durch richtig schönen Wald.

Mittag machen wir in einem kleinen Restaurant an der Straße, wie immer mit einer Nudelsuppe, heute mit viel Gemüse und etwas Tofu und wenig Fleisch, endlich mal eine andere Version als sonst.

Volker muss neben Doro und Peter auch auf den Bus umsteigen, es scheint ein Virus geht um und Anke gleitet bei der Einfahrt ins Restaurant auf dem Rollsplitt aus und ramponiert sich ein wenig das Knie und so haben wir heute eine recht hohe Busquote, vor allem sind nun zwei von drei Reiseleitern ausgefallen, wenigstens geht es Doro am Abend besser.

 

Die „restlichen“ Fahrer kommen aber in den Genuss einer grandiosen Landschaft. Im Tal fließt eigentlich nur ein kleiner Bach, aber der hat sich in Jahrmillionen sehr tief in den Löss und Buntsandstein hereingefressen und ein imposantes, gigantisches Canyon geschaffen.

Links neben der Straße ragt die Wand steil nach oben und rechts geht es auch noch einmal 50 Meter hinab und unten plätschert auf zerklüfteten Terrassen das Bächlein dem Gelben Fluss entgegen.

Hinter jeder Kurve wird es steiler und imposanter, bis sich das Tal öffnet und den Blick auf den gelben Fluss freigibt. Auch dieser liegt in einem noch größeren Canyon, den wir am morgigen Tag entlang fahren werden. Heute bleiben wir in dem Ort gleich an der Brücke über den Fluss, Hukoupubu. Bekannt ist die Gegend für den zweitgrößten Wasserfall Chinas. Nach einem schnellen Check-in im Hotel, schicke ich Doro mit beiden Gruppen zum Wasserfall, der ein paar Kilometer entfernt ist und kümmere mich um ein Lokal mit einem guten Abendessen, um das wir dann um 8 Uhr einfallen. Der Wasserfall war wohl nicht so gigantisch wie die Victoriafälle, aber so ist der Konsens, es wäre auch schade gewesen nicht hinzufahren.