25. Tag: 20.April 2009 „Hinterm nächsten Berg kommt gleich noch einer…“

20. April 2009

65 Kilometer, davon die Hälfte auf Baustellenpiste und 1078 Höhenmeter

Auf dem Markt gibt es frittiertes Gebäck und Wantan-Suppe, so dass wir uns gut gesättigt auf die kommenden Berge stürzen können. Und auch gleich hinter der Stadt geht es wieder steil nach oben, dann kommen eine kleine Abfahrt und wieder ein Anstieg und wieder eine Anfahrt und wieder ein Anstieg. So geht es heute den ganzen Tag, mit der einzigen Änderung, dass irgendwo der Asphalt aufhört und eine 30 Kilometer lange Baustelle beginnt.

Die Landschaft ist grandios und nach den zwei halben tagen habe ich heute auch wieder richtig Lust aufs radeln. Um uns herum schweres Mittelgebirge, viel Nadelwald und wenn nicht ab und zu ein Reisfeld oder ein Bauer mit einem Wasserbüffel auftauchen würde, könnte man eine schöne Landschaft mitten in Europa vermuten, wie die der Böhmerwald oder die Niedere Tatra.

Auf den Feldern wird viel gearbeitet, auf einigen drehen Bauern und Wasserbüffel mit dem Pflug ihre Runden und auf anderen werden schon die einzelnen Pflanzen gesteckt. Offensichtlich wird hier eine andere Sorte als noch im Dong Gebiet angebaut, denn die relativ kleinen Pflanzen werden relativ dicht gesteckt. Die Bauern haben es sich in großen Gruppen auf den Feldern bequem gemacht und hocken auf Bänken im Reisfeld und setzen die Stecklinge.

Mittags sind wir die Attraktion in einem winzigen Städtchen, mehr als 30 Leute schauen uns beim Essen zu. Wir genießen beides, die Nudeln und die Zuschauer und den Kaffe danach, dann geht es weitere 20 Kilometer weiter bis zum Ziel Yuching. Auch heute wieder keine große Etappe, denn Hubert braucht einen Internetanschluss im Zimmer um dringend ein paar Sachen zu erledigen.

Heino und ich nutzen die Zeit zu einem kleinen Spaziergang, eigentlich wollte ich mir noch die Haare in einem der zahlreichen Salons schneiden lassen, aber die Mädchen waren wohl eher auf Massage oder mehr spezialisiert, jedenfalls traute sich niemand an meinen Kopf.

Abendessen gibt’s gleich neben dem Hotel in einem neu eröffneten Lokal, wir dürfen nicht bezahlen, dafür wird ein Fotograf heran geholt, der den historischen Moment der ausländischen Gäste im frisch eröffneten Lokal für immer festhält.

24. Tag: 19. April 2009 „Wohlverdienter zweiter halber Ruhetag“

20. April 2009

60 Kilometer auf gutem Asphalt von Kaili nach Huangping, auf denen wir dennoch 937 Höhenmeter sammeln

Um 7 Uhr sieht das Wetter noch katastrophal aus, es hat die ganze Nacht wolkenbruchartig geregnet und noch immer plätschert es draußen und sieht auch nicht so aus, als ob es irgendwann aufhören möchte. Doch der Schein trügt und schon nach unserem kurzen Nudelimbiss zeigt sich eine ungewohnte Farbe am Firmament – strahlendes Blau.

Gleich hinter Kaili geht es streng bergauf und wir biegen rechts in ein Dorf der Xi-Minorität ab, ein kleiner Ort, vielleicht 30 Höfe, eine neue Straße und eine Art runder Tanzplatz. Auf der einen Seite sieht es aus, als ob der Ort ins Bustouristenprogramm aufgenommen werden soll, alles schön sauber und gepflegt mit Toilettenhäuschen und eben jenem Tanzplatz, auf der anderen Seite kein Parkplatz, kein Restaurant und nicht einmal einen Laden, keine fliegenden Trödelhändler, vielleicht hat aber der Ort einen engagierten Volksvertreter im Parlament sitzen. Wir jedenfalls bewundern die schönen Holzhäuser und machen uns wieder auf den Weg. Ständig geht es hoch und runter, eben richtig anstrengendes Mittelgebirge, von Pässen kann man kaum sprechen, aber die ganze Hügelei ist doch etwas ermüdend.

Endlich erreichen wir doch noch so etwas wie „oben“ und dann geht es an einem Flusslauf entlang hinab in einen mächtigen Canyon. Die Wolkenbrüche der letzten Nacht haben für reichlichen Wasserüberfluss gesorgt, die Flüsse und Bäche sind fast schon kritisch angeschwollen und aus den Bergen quillt überall Wasser, aus jeder Ritze und Fuge und jeder Felsspalte sprudelt Wasser hervor und die Straßenarbeiter sind allerorts unterwegs, um die vielen Steine und Schlammlawinen, die oft die halbe Straße versperren, zu beseitigen.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Chong’an, hier gibt es alle fünf Tage einen großen Markt und wir haben Glück und heute ist Markttag. Auch hier geht es völlig untouristisch zu,

überall buntes Minoritäten Gemisch, Frauen der unterschiedlichen Miao-Stämme mit unterschiedlichem Kopfschmuck drängen sich durch die Massen und erledigen ihre Gemüse und Fleischeinkäufe. Alles wird dargeboten, was ein bäuerlicher Haushalt so braucht.

Nach einer langen Weile auf dem Markt geht es dann weiter, auf der Straße ab und an Gruppen von Mauern in bunten Kleidern, die wieder auf dem Rückweg in ihre Dörfer sind und wir mittendrin mit den Rädern und natürlich geht es noch einmal kräftig nach oben.

Auf der anderen Seite liegt dann das kleine Städtchen Huangping und wir finden ein nettes Hotel in der Nähe der Busstation.

Ein kleiner Spaziergang führt uns durch die belebtesten Gassen der Stadt, auch hier ist mehr los, als in jeder deutschen Großstadt, in einer Gasse wird Schach gespielt, in der nächsten Straße ist der Markt und in der hintersten Gasse sitzen in mindestens fünf Läden undezent gekleidete Mädchen beim Mah-jiang Spiel und warten auf abendliche Kundschaft.

Es ist schwer ein Restaurant zu finden, die meisten Leute bevorzugen die Schnellimbisse oder kleinen Garküchen, aber schließlich ist das hier unser zweiter halber Ruhetag und so suchen wir dann recht lange, bis wir einen Laden mit ordentlichen Stühlen finden. Das Essen ist ok, aber nicht super gut, danach ist es auch schon wieder fast Zeit ins Bett zu gehen, denn morgen geht es wie üblich zeitig los.

23. Tag: 18. April 2009 „Wohlverdienter erstern halber Ruhetag“

18. April 2009

51 müde Kilometer von Taijiang nach Kaili, dabei 688 Höhenmeter und danach einfach mal Nichts tun

Trotz der langen Nacht bin ich nicht sonderlich erfrischt und ein Ruhetag tut Not. Heute sollt es zumindest ein halber werden, denn Kaili liegt gute 50 Kilometer von uns entfernt und das auf der Hauptstraße.

Dank der Autobahn die irgendwo fast parallel verläuft gibt es auf unserer Straße wenig Verkehr. In leichten Anstiegen geht es hoch und runter, doch durch die müden Beine erscheint alles doppelt so lang und doppelt so schwer.

Vor Kaili gibt es dann noch einmal einen längeren Anstieg mit Pass und dann geht es in sausender fahrt abwärts, dem angenehmeren Teil des Ruhetages entgegen.

An der Straße gibt es ein kleines Lokal mit leckerer Jiaotze-Suppe und einem kleinen Gericht, danach noch Kaffee und Kekse, dann fahren wir ins Zentrum. Das hier die Hauptstadt der Autonomen Region der Miao und Dong ist, davon bekommen wir kaum etwas mit, lediglich ist der Verkehr nervig und die Stadt nicht gerade ein Kleinod. Warum gerade hierher wieder einmal die Touristen gekarrt werden ist nur zu erraten, denn die Stadt gilt als Ausgangspunkt für Abstecher zu den Minoritäten Dörfern.

Wir beschließen doch nur eine Nacht hier zu bleiben und morgen einen weiteren kurzen tag einzuplanen und irgendwo in einem schönen Dorf nördlich von Kaili zu übernachten,

Im Hotel wollte ich einen Mittagsschlaf machen, kämpfe aber dann mit dem Internet, zwei Stunden versuche ich vergeblich meine Artikel ins Netz zu stellen, bevor ich aufgebe und noch einen Bummel mit Hubert in die Stadt mache.

Viel von den Minoritäten ist hier auf den Straßen nicht zu sehen, ab und zu eine Straßenhändlerin mit blauem Kopftuch, Orangen oder andere Früchte verkaufend, das war’s auch schon, dafür gibt es ein belebtes gesichtsloses Zentrum, wie in allen Ecken und Enden des Landes. Mal sehen, was sich morgen bietet, wenn wir wieder abseits der großen Straßen unterwegs sind, allerdings verheißt der Wetterbericht nichts Gutes.

19 Uhr gehen wir dann noch einmal los und vollenden den halben Ruhetag bei einem dicken Essen, danach versuche ich wieder vergeblich meine Bilder hochzuladen, wieder nur mit geringem Erfolg und dann ist es auch schon wieder mitten in der Nacht-Gute Nacht!

22 Tag: 17. April 2009 „Trüber Tag und schwere Glieder“

18. April 2009

92 müde asphaltierte Kilometer von Nanshao nach Taijiang, zwei Pässe und immerhin saftige 1694 Höhenmeter

Die beiden letzten Tage haben doch Spuren hinterlassen, schon beim Frühstück schauen wir alle noch sehr müde drein und auch das Wetter ist nicht geeignet uns aufzuheitern, trüb und grau stehen die Nebel im Tal und in der Ferne grummelt ab und zu ein Gewitterdonner.

Die schöne Überraschung ist, dass der Asphalt nicht hinter dem Städtchen wieder aufhört, die Straße ist neu gebaut und fertig gestellt und so geht es viel leichter nach oben, auch wenn die Steigung auf den ersten Kilometern gleich wieder einmal 10 bis 11 % beträgt.

Nach einer satten Stunde sind wir dann oben auf 1100 Metern und die Weite der Landschaft lässt sich nur erahnen. Inzwischen haben wir ein neues Minoritäten Gebiet erreicht, hauptsächlich treffen wir auf die Miao Leute, Haartracht und Baustil haben sich etwas verändert, die Häuser werden weiterhin aus Holz gebaut, aber die Dachstühle sehen ein wenig anders aus und das Holz wird fast durchweg lackiert, was bei den Dong nicht der Fall war. Auch tragen die Frauen eine Art Tuch auf dem Kopf, schwarz und mit blauen Mustern bestickt.

Das schönste an dieser Abfahrt sind die langen geraden und die engen Kurven. Nachdem wir gestern und vorgestern jede Abfahrt nur herunter gepoltert sind, kann man nun das Rad richtig laufen lassen und sich tief in die fast 360 Grad Kurven legen. Das ist ungetrübter Fahrspaß bei fast verkehrsfreier Straße.

Unten kommen wir dann auf die Hauptstraße, die in schrecklichen Hügeln immer am Fluss entlang führt, kaum hat sich der Körper auf etwas Steigung eingestellt, geht es schon wieder hinunter, Schalterei ohne Ende und langen Berge und Kilometer von gestern machen sich nun richtig bemerkbar. Lustlos mühen wir uns die 25 Kilometer bis zum nächsten Ort und machen Mittagspause. Ein Becher Reiswein hebt zwar die Stimmung, sackt aber sofort in die Beine.

Doch auch die letzten Kilometer bis Taijiang bringen wir hinter uns, auch wenn es noch einmal ordentlich über einen Pass geht, auch wenn es nun mehr als nur nieselt, auf der anderen Seite des Berges wartet eine schöne Abfahrt und dann rollen wir ins Städtchen ein.

Wir drehen eine Runde durch den Ort und kehren dann zum ersten Hotel zurück. Ein nettes Gebäude im traditionellen Miao Stil, ebenso die Zimmer. Dann heißt es Wäsche waschen und den Staub der Berge ausspülen und noch ein wenig am Computer arbeiten.

Am Abend drehen wir dann noch eine Runde durch den Ort, diesmal zu Fuß und in der falschen Richtung, jedenfalls finden wir die Restaurants erst wieder kurz vor unserem Hotel.

Von drei singenden Miao Ladys werden wir dann noch zu einem schrecklichen chinesischen Schnaps verführt und es gelingt uns nur mit Mühe dort wieder loszueisen. Zurück im Hotel ist leider keine Verbindung ins Internet mehr zu bewerkstelligen, also gehe ich zeitig ins Bett und hoffe mich morgen ums so fitter zu fühlen.

21. Tag: 16. April 2009: „Durchs wilde Land der Dong“ (Teil II)

18. April 2009

74 beinharte Kilometer gemischt auf guter, mittlerer und miserabler Piste, von Daxiang nach Nanshao kein Zentimeter Asphalt und knüppelharte 1723 Höhenmeter verteilt auf drei Pässe

Wie immer geht es um 7 Uhr los, Nudeln in der ersten besten Bude am Straßenrand und dann ab in die Berge. Auch ein Wunder erwartet uns nicht, die Straße bleibt weiterhin unasphaltiert und nichts deutet darauf hin, dass sich dies heute noch ändern könnte.

Im Grau der morgendlichen Nebel geht es straff nach oben, ab und zu gibt es noch eine kleine Siedlung mit Holzhäusern, ansonsten geht es durch dichten Wald, viel Fichten und viel Bambus. Irgendwann zeigt der Höhenmesser genau 1000 Meter und wir kommen an eine Kreuzung, dann geht es ein wenig bergab und wieder bergauf und dann ab in das nächste große Tal hinunter. Obwohl die Piste nicht zu schlecht ist, kann man kaum mehr als 15 km/h rollen lassen, denn immer wieder tauchen größere Löcher und Steine überraschend auf.

Mir liegen diese Abfahrten überhaupt nicht, das Geholpere geht nicht nur aufs Material, sondern auch auf die Handgelenke, der ganze Körper verkrampft und ab und zu muss man stehen bleiben und sich wieder einrenken.

Für die ersten 25 Kilometer brauchen wir fast 4 Stunden, das hätten wir gestern Abend auf keinen Fall mehr geschafft. Dann geht es vor dem Mittagsort Shangchong noch einmal einen kräftigen Hügel hinauf und dann zum Nudelrestaurant nach unten. der ort hat ein schönes altes Zentrum mit verspielten Holzhäusern und ebenso wie in der „Neustadt“ gibt es hier Laden an Laden, Klamotten, Lebensmittel, Industriewaren, Mobiltelefone….Wer kann das hier in den ländlichen Gegenden alles bezahlen und kaufen und wie können die vielen Läden überleben.

Hinter dem Dorf beginnt die nächste Steigung, die Straße ist jetzt deutlich schmaler und die Piste schlechter. immer wieder gibt es stark steigende Abschnitte mit bis zu 11 % Steigung, dann geht es wirklich nur noch auf dem kleinsten Gang vorwärts und nach oben. Oben liegt dann bei fast 1200 Metern und wir haben einen schönen rundblkick über das bewaldete Tal. Zwischen den Bäumen ab und zu halbmondförmige, glänzende Flächen, die gefluteten Reisfelder, die in den nächsten tagen wohl bestellt werden. Ab und zu treffen wir einen Bauern, der mit Pflug und Wasserbüffel unterwegs ist. Entsprechend dem Anstieg geht es die rauhe Piste hinunter und nachdem wir von der „Hauptstraße“ noch einmal abzweigen wird es noch schlimmer. Hier unten im tal kommt jetzt ab und zu noch Schlamm und Matsch dazu.

Im nächsten Dorf sieht es aus wie vor 20 Jahren und genauso lange wird sich hier wohl kaum etwas verändert haben, die Betonbauten wirken angemodert und halb verfallen, die Straße ist gleichzeitig Müllhalde und Bachbett für das regenwasser der letzten Nacht.

Hinter dem Dorf geht es dann einen schmalen, wilden, holprigen Feldweg hoch und runter, nur zwei oder drei Mai quält sich hier auch ein Motorrad durch, ich halte es für unmöglich, dass hier ein Lkw durchkommt, bis uns in der nächsten Kurve einer entgegenkommt. Das Staunen über die entgegen kommenden Radler ist recht groß, der Fahrer verschaltet sich und es knallt ganz laut im Getriebe. Wir entfernen uns und hören dann erst ganz nah, später immer weiter weg, den Motor im Leerlauf brüllen, einen Gang bekommt der Fahrer jedenfalls nicht mehr herein.

Für uns geht es dann wieder auf einen Pass hinauf, auf halber Höhe wird die Piste wieder ein wenig besser, das ist auch gut so, denn die Sonne steht schon recht tief und die Aussagen der Bauern, wie weit es bis nach Nanshao sei, liegen zwischen 5 und 35 Kilometern.

Ganz so weit wird es nicht, aber nach einer langen und anstrengenden Holperfahrt nach unten, lkiegt dann irgendwann der Ort vor uns. Es gibt neben den üblichen drei oder vier Herbergen auch ein Hotel mit einfachen Zimmern, wir bekommen noch zwei mit Dusche und eins ohne, weil der Laden fast ausgebucht ist, mit einer „Regierungsdelegation“. Bei der Registrierung hat man natürlich auch wieder Riesenprobleme mit unseren Pässen, aber wir helfen dem Hotelchef alle daten einfach abzuschreiben, soll sich das die Polizei dann doch selbst zurecht suchen, was sie von den Angaben benötigen.

Heute war dann wohl der anstrengendste tag auf unserer bisherigen Tour, die 1700 asphaltfreien Höhenmeter haben mächtig geschlaucht und entsprechend müde hängen wir beim Abendessen in dem kleinen Lokal gegenüber und haben Mühe zu Dritt unsere zwei Flaschen Bier alle zu bekommen.

Auch zum Wäsche waschen habe ich keine Lust mehr, ein Tag mehr oder weniger im angeschmutzten T-Shirt macht ja bei der dreckigen Piste eh keinen Unterschied.