45. Tag: 10. Mai 2009 „Im Backofen“

11. Mai 2009

90 Kilometer auf guten Straßen von Taihu nach Anqing, kleine Hügel mit 748 Höhenmetern bei Gluthitze und Rückenwind

Schon um 7 Uhr ist es heiß und nur der Wind macht das Wetter erträglich, gleich neben dem Hotel können wir Frühstücken und dann geht es los, mit leichtem Rückenwind durchs flache Land mit leichten Hügeln. Die Nebenstrecke ist gut ausgebaut und wir kommen schnell voran.

In Shipai haben wir schon die Hälfte der Strecke, weniger als erwartet, ein Chinese hatte gestern etwas von 120 km erzählt, aber es werden keine 100 Kilometer werden. Jede Stunde machen wir eine Getränkepause und vernichten große Mengen an Wasser, Nutri-Express und Orangensaft, bevor wir dann schon 13.30 in die Stadt Anqing einrollen und im Zentrum auch ein sehr sauberes Hotel finden, leider funktioniert das Internet nicht.

Dafür bleibt dann Zeit für ein Stündchen Mittagsschlaf und am Nachmittag ziehen wir dann durch die Straßen. Es gibt einen großen Radladen und wir bekommen einen neuen Sattel für Heino, sein alter löst sich in Wohlgefallen auf und ein paar Reservepedalen für mich. Im Buchladen gibt es hervorragende Provinzkarten, nur mein Telefon schaffe ich nicht aufzuladen.

In einer kleinen Fressmeile bekommen wir ein Eiskaffeetee und dann machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant. Eine Art Feuertopfrestaurant bietet für 55 Yuan einen großen Topf mit großen Shrimps an, superlecker und selbst in der milden Version recht scharf.

Zurück im Hotel treffen wir uns noch einmal in der Lobby, für eine halbe Stunde habe ich Internet und schaffe wenigstens meine Mails durchzusehen, dann ist das Netz wieder zu schwach. Am Abend dann noch etwas Körperpflege und ich bringe meine Texte auf den neuesten Stand, dann geht es ab ins Bett, die Hitze macht ordentlich müde und wir sind am überlegen ob wir nicht den Aufbruch auf 6 Uhr verlegen sollen, aber um 5 Uhr aufzustehen ist auch keine schöne Aussicht und so bleibt alles erst einmal noch beim alten.

44. Tag: 9. Mai 2009 „Grüne Hügel, blaue Seen“

11. Mai 2009

120 Kilometer auf kleinen Straßen von Liuhe nach Taihu, über zahlreiche Hügel und Berge, 1327 Höhenmeter

Wieder einmal ist ein Reifen platt und es ist diesmal Philipp, also mit Huberts Rad, der flicken muss. Das ist schnell geschehen und ein Frühstücksladen ist auch gleich neben dem Hotel. Auch hier liegt die Zeitung mit unserem Artikel gleich ganz oben und im Nu sind ein gutes Dutzend Leute zusammen gelaufen, um die „berühmten“ Gäste aus der Nähe zu beschnuppern.

Auf kleiner Straße geht es durch ein breites Tal, die Industrialisierung ist noch nicht bis hierher gekommen und so wird das Leben in den vielen kleinen Dörfern von der Landwirtschaft bestimmt. Die Bauern wurschteln alle auf ihren Feldern, die letzten Rapsfelder sind inzwischen abgeerntet und die Wasserbüffel pflügen die gewässerte Erde um, auf vielen Feldern werden die Reispflanzen gesteckt.

An einer Kreuzung erzeugen wir einen großen Auflauf und die Diskussion setzt ein, welchen Weg wir zu nehmen hätten, die Masse entscheidet dann, dass wir nach links abbiegen müssen.

Der Weg ist klein und schmal, aber frisch asphaltiert und nimmt jeden Hügel mit. Viel schönen Wald gibt es und große Bambushaine. Wie Antennen ragen die neuen Bambuspflanzen in den Himmel und man kann den Pflanzen faktisch beim Wachsen zusehen, noch vor zwei Wochen, waren die Sprosse gerade aus der Erde gekommen, jetzt sind sie schon 5 oder sechs Meter gewachsen.

Nach vielen kleinen Hügeln erreichen wir den Taihu-See, der von Bergen eingeschlossen ist, die Straße macht zahlreiche Bögen und Windungen und geht kräftig hoch und runter. Philipp hat damit natürlich wieder mächtig zu kämpfen. Unterwegs werden wir von der Polizei gestoppt, die hat aus dem letzten Dorf sogar eine Englischlehrerin organisiert, um unsere Pässe zu kontrollieren. Fünf Minuten später, alles ist in Ordnung und die beiden Genossen salutieren vor uns und verschwinden wieder.

Auch heute ist es wieder sehr heiß, aber es weht immer ein leichter Wind, der das Fahren angenehm macht, außerdem gibt es in jedem Dorf einen Laden mit Kühltruhe und Eis

Obwohl es auf Luftlinie nicht mehr so weit bis Taihu ist kommen wir der Stadt nur langsam näher, denn durch die vielen Bögen, Windungen und Berge haben wir heute einen Verlängerungsfaktor von 2,1, so wird es später Nachmittag, als wir uns noch einmal zwei kräftige Anstiege von jeweils 150 Metern nach oben winden.

Dann kommt endlich die Abfahrt in den Ort und gegen 19.15 Uhr sind wir am Hotel. Die Dame an der Rezeption weiß nichts mit unseren Pässen anzufangen, aber als wir zum Abendessen gehen wollen, ist natürlich auch wieder ein freundlicher Polizist da, der unsere Pässe zum Kopieren einsammelt. Ein nettes Lokal und ein leckeres Mahl findet sich auch, für Philipp unseren neuen „Vegetarier“ gibt’s eine große Portion Fleisch, dann schlendern wir noch einmal ums Eck und dann gehen wir auch schon wieder zurück zum Hotel, morgen erwarten uns wieder 120 Kilometer und wir wissen nicht wie viele berge diesmal im Wege stehen.

43. Tag: 8. Mai 2009 „Fahrt im Backofen“

11. Mai 2009

82 Kilometer von Huangshi nach Liuhe bei 35 Grad im Schatten, 674 Höhenmeter

Wir versuche in halbe Stunde zeitige loszukommen, doch im Frühstückssaal des Hotels herrscht noch gähnende Leere, Frühstück gebe es erst ab 7 Uhr und nicht, wie an der Rezeption mitgeteilt, schon ab 6 Uhr. Also gewinnen wir so gut wie nichts, außer, dass wir schon wieder mitten in der Nacht aufgestanden sind.

Gleich von morgens an ist es ziemlich warm und nur der Fahrtwind macht die Sonne erträglich, sobald man stehen bleibt, bricht der Schweiß aus.

Zuerst geht es über eine riesige Brücke über den Yangtze und dann durch flaches Land. Hier gibt es einige schöne Pappelalleen, die vor der Sonne schützen. Etwas weiter biegen wir auf eine winzige Betonpiste ab, heute habe ich also keinerlei Probleme, den Weg zu finden. Die Straße schlängelt sich in Bögen durch kleine Dörfer, Reis- und Rapsfelder, überall an den kleinen Gewässern stehen Wasserbüffel und schauen uns ausdruckslos und wiederkäuend an.

Etwas abseits der Straße soll ein kleines buddhistisches Kloster liegen, wir biegen ab und fahren gute 150 Höhenmeter den Berg hinauf, den einzigen Berg, den es weit und breit gibt, und erreichen dann auch das Kloster. Hier sind wir schon angemeldet, irgendjemand aus dem letzten Dorf hat die Ankunft der Ausländer schon telefonisch mitgeteilt und der Chefmönch empfängt uns. So bekommen wir eine Führung durchs Kloster und eine Einladung zum Mittagessen. Das Kloster geht zwar bis in die Tang-Dynastie zurück, aber daran erinnern nur noch einige alte Pinien, die im Klostergelände stehen. Der Komplex ist zum großen Teil neu gebaut, aber nicht geschmacklos und kitschig. In dem großen Speisesaal gibt es nur eine Hand voll Mönche und Nonne des Klosters. Ein Teil der Bewohner sei unterwegs auf Schulungen, allerdings kämen auch oft Gäste hierher. Philipp gibt es zu wenig Fleisch auf den vegetarischen Tellern, zum Reis gibt es Lotuswurzeln, Pilze, Erdnüsse und frische Gemüse aus eigenem Anbau. Philipp versuche abzunehmen, weil er in Österreich einen Bürojob habe, versuche ich, die Situation zu retten und treffe damit wohl das Fachgebiet unseres Mönches, Ernährungsberatung. Auf alle Fälle könne wir uns jetzt eine halbe Stunde lang anhören warum und wie man sich angemessen vegetarisch ernährt.

Wir bedanken uns für die Einladung und setzen unseren Weg fort. Inzwischen ist es heiß, wie in einem Backofen und wir kommen nur recht mühselig vorwärts, Pausieren ist fast noch anstrengender und erst am späten Nachmittag haben wir wieder schöne lange Alleen.

Wir bleiben in dem Straßenstädtchen Liuhe und suchen eine Weile nach einer Herberge und finden diese auch nach 20 Minuten, die wir hin und her geschickt werden, die Zimmer sind ok und es bleibt noch eine Stunde für ein Schläfchen bis zum Abendbrot. Das Angebot ist nicht sehr vielfältig und auch im Fleischgericht befinden sich nur ein paar winzige Stückchen Speck, für Heino und mich kein großes Problem, aber unser „neuer“ Vegetarier ist nicht begeistert, wir weden sehen, dass wir morgen irgendwo ein fettes Stück Tier für ihn auftreiben können.

Zurück im Hotel werden wir noch einmal herzlichst empfange, wir seien heute in der Zeitung gewesen und tatsächlich gab es in der heutigen Ausgabe ein Bild und einen kurzen Artikel über uns.

42. Tag: 7.Mai 2009 „Auf Umwegen zum Ziel“

11. Mai 2009

136 Kilometer auf wechselnden Straßen und relativ viel Verkehr von Wuhan nach Huangshi mit angenehm hügeligen 658 Höhenmetern

Heute war der große Tag der Umwege und das ging schon im stressigen Wuhaner Stadtverkehr los. Es war einfacher in die Stadt zu kommen, als sie wieder zu verlassen. Um über eine Yangtze-Brücke zu kommen müssen wir nach dem Frühstück fast am Ufer noch einmal ein gutes Stück zurück und auf der anderen Seite des Flusses ist dann der Radweg von der Fahrbahn getrennt, biegt nach rechts ab und führt ins Nirwana, wir landen im Dreck hinter einer Neubauzeile.

Durch einen kleinen Park könnten wir die Fahrbahn wieder erreichen, aber ein Ordnungshüter will uns nicht durchlassen und einen Weg außen herum kennt er nicht, Heino und Philipp sausen dann an dem Ordnungsmännchen vorbei und nach ein paar Minuten harschen Wortwechsels schubse ich ihn auch zur Seite und bahne mir meinen Weg durch den Park.

Die Stadt zieht sich in die Länge, erst nach 30 Kilometern ist ein Ende abzusehen, leider sind wir etwas zu weit nördlich abgekommen und keiner kennt einen Weg auf die kleine Straße. Nach GPS in die richtige Richtung zu navigieren geht leider nicht, wegen der vielen kleinen Seen und Flüsse. Dafür finden wir dann eine neue vierspurige Trasse, auf der wir schnell vorankommen und am Ende haben wir dann doch noch eine kleine Strasse gefunden, die uns bis nach Ezhou bringt. Nach dem Stress aus Wuhan heraus ist es angenehm durch die vielen Rapsfelder und kleinen Dörfer zu fahren. Raps, genau, die Pflanze, die uns schon seit Tagen begleitet ist Raps. Meine ehemalige Schülerin Shenying kannte den Namen auch nicht, aber „ die blühen so schön gelb im Frühling und man macht Öl daraus“.

Auch aus Ezhou heraus ist die kleine Straße nicht zu finden, wir fahren ein paar Kilometer fast im Kreis und landen dann doch auf der Bundesstraße, die ist in lausigem Zustand und stark befahren. Erst die letzten 20 Kilometer geht es dann endlich wieder ruhiger zu. Gegen 17 Uhr stehen wir dann vor der einzigen Herberge in einem kleinen Ort und entschließen uns, doch noch bis Huangshi weiter zu fahren. Dafür geht es dann noch ein paar Hügel hoch und runter und dann fahren wir mit dem Sonnenuntergang in die Stadt ein, der Tradition des Tages folgend von der verkehrten Seite, also wieder mit ein paar Kilometern Umweg.

Der Rest des Tages ist Entschädigung für die Mühen, Superhotel für 18 Euro und leckere Baotze bis zum Umfallen. Trotz der überwältigenden Müdigkeit nach dem Essen kann ich mich dazu entschließen, noch ein paar Zeilen zu schreiben.

41. Tag: 6. Mai 2009 „Ruhetag mit Freunden“

11. Mai 2009

Ruhetag und Stadtbesichtigung

Ich bin zwei Stunden zu früh wach, weil ich falsch auf die Uhr geguckt habe, schlafen möchte ich nicht mehr, also nutze ich die zeit zum Schreiben und zum Aktualisieren meines Blogs. Um 9 Uhr treffen wir uns mit Shenying, meiner ehemaligen Schülerin zum Frühstück und danach geht es ins Kaufhaus, Philipp braucht ein neues Objektiv, seine altes hat es in der Lenkerbox zerrüttelt. Leider werden wir nicht fündig und so geht es dann zur Gelben Kranich Pagode, wo wir uns mit Shenyings Kusine Peng Rui treffen. Gemeinsam schlendern wir durch den Park und besteigen die Pagode mit den hunderten von anderen chinesischen Besuchern und genießen die Aussicht.

Wir sind heute etwas dekadent nicht mit dem rad unterwegs, sondern mit Yings Auto. Leider bringt das im chaotischen Großstadtverkehr nicht viel, außer das es wegen der Klimaanlage angenehm kühl ist, so kühl, dass sich Heino kräftig erkältet.

Die Stadt beherbergt 8 Millionen Einwohner und hat ein modernes Zentrum, die Schmuddelbauten aus den 70ern sind modernen Hochhäusern gewichen, alles macht einen relativ sauberen Eindruck.

Im Zentrum erobern wir ein weiteres Kaufhaus und hier findet Philipp dann nach ewigem Probieren auch ein neues Objektiv und ist wieder fotobereit.

Luxuriös auch das Mittagessen in einem feinen Lokal mit gutem Kaffee und schlechtem Service, um jedes Stück Zucker für den Kaffee müssen wir drei Kellnerinnen in Bewegung setzen.

Draußen ist es jetzt unerträglich heiß und so wollen wir den Nachmittag an der Ostesee verbringen, nein natürlich am Ostsee in Wuhan. Doch bis wir im Elektroboot über den See schippern können dauert es noch eine sehr lange Weile, denn die gleiche Idee haben an heißen Tagen offensichtlich alle Autobesitzer Wuhans. Viel später können wir dann endlich die leichte Briese genießen und tuckern über den See in die Dämmerung.

Wieder wird es am Abend spät, Abendbrot und danach trinken wir in Yings schicker Wohnung noch einen Kaffee und essen Schwarzwälder Kirschtorte. Sie zeigt uns ihr Hochzeitsalbum und nun sehen wir endlich einmal ein Resultat der Brautfotoorgien, die wir schon so oft gesehen haben, 30 Seiten Romantik pur, Hochglanzfotos in verschiedensten Kostümen, Posen, vor Hintergründen und im Freien, 500 Euro legt man für solche einen Fotoband auf den Tisch.

Wir verabschieden uns von Ying, aber nicht für lange, denn im Juli kommt sie nach Deutschland und wird mich auch in Berlin besuchen.

Danach heißt es für mich noch eine Stunde am Computer arbeiten, den Wecker richtig zu stellen und alles für den zeitigen Aufbruch zurecht zu legen.