9. September 2009

9. September 2009

Keine Neuigkeiten aus Xinjiang. Gedanken zu den Unruhen in der Provinz.

Die deutschen Medien haben sich wieder beruhigt und es wird kaum noch über die Unruhen in Xinjiang gesprochen, obwohl erst vor ein paar Tagen wieder eine neue Welle von Demonstrationen die Gegend um Ürumqi erfasst hat.

Aber es sind ja im Moment nicht die angeblich so geknechteten Uiguren, die für Unruhe sorgen, sondern die in der Region ansässigen Chinesen, die rebellieren. Was an den Vorwürfen der Spritzen- Angriffe von moslemisch-uigurischen Terroristen dran ist, ist selbst in der chinesischen Presse umstritten. Die Angriffe haben wohl tatsächlich stattgefunden, aber niemand wurde durch AIDS-Vieren oder Gifte geschädigt. Wie auch immer, die Situation bleibt gespannt und selbst unsere diesjährige Tour an der Seidenstraße mussten wir absagen.

In der Realität ist es nun tatsächlich so, dass die ethnischen Han-Chinesen keine gute Meinung von den Uiguren haben. Sie gelten im kleinen Business auf der Straße mit Obst und Gemüse, Souvenirs, Schmuck und Drogen nicht unbedingt als die zuverlässigsten Handelspartner und im Kernland von China auch als Taschendiebe und Gauner.

Tatsächlich sind die Uiguren ein Turkvolk, das in Wüstenrandgebieten siedelt, hier ist Viehzucht eher verbreitet als Landwirtschaft, Industrie gibt es nur in wenigen Städten und natürlich sind die Möglichkeiten, das große Geld zu verdienen im Kernland größer als in der fernen Provinz Xinjiang.

Schwierig sind also die Bedingungen in Xijiang, aber nicht unbedingt ungünstig. Gerade was die Bevölkerungspolitik angeht, genießen die Minoritäten in China mehr Rechte als die ethnischen Han-Chinesen, die dürfen nur ein Kind haben, die Uiguren in den Städten dagegen zwei oder sogar drei Kinder, wenn die ersten Kinder Mädchen sind. Auf dem Lande gelten noch geringere Einschränkungen.

Gesprochen wird in der Provinz hauptsächlich Uigurisch, Zeitungen erscheinen in der Sprache, offizielle Ortsschilder und Straßen sind in beiden Sprachen beschriftet und auch die kleinen privaten Läden zeichnen in Uigurisch und Chinesische aus, in den Schulen wird Uigurisch als Sprache unterrichtet.

In jeder uigurischen Stadt gibt es Moscheen, die für Moslems frei zugängig sind.

Die Medien haben oft behauptet, dass die Uiguren nicht die Mehrheit in ihrem Lande darstellten, das stimmt nicht, denn im Lande leben knapp 40% Han Chinesen und 45% Uiguren, den „Rest“ bilden vor allem Kasachen und Mongolen.

Interessant ist auch, dass der Großteil der Verhafteten in Ürumqi Han-Chinesen sind und sich genau diese die heftigsten Schlachten mit der Polizei geliefert haben, die Han Chinesen sind im Moment mehr verunsichert und fordern härteres Durchgreifen von der Regierung und gegen diese Demonstrationen wird in Ürumqi mit Polizeieinsatz recht rabiat vorgegangen.

Für die Region bleibt auch die Reisewarnung bestehen, beim Auswärtigen Amt liest es sich wie folgt:

Die Lage in der nordwestchinesischen Stadt Urumqi, der Hauptstadt der Autonomen Region Xinjiang, ist weiterhin angespannt. Nach schweren Unruhen am 05.07.2009 kam es  am 03.09.2009 erneut zu größeren Demonstrationen. Ein starkes Sicherheitsaufgebot ist präsent. Besondere Vorsicht ist weiterhin geboten, insbesondere Menschenansammlungen sollten gemieden werden.

Ein wirkliches Problem in der Provinz ist der Sinisierungsdruck, der auf den Bewohnern der Provinz lastet, denn es sind die Han-Chinesen, die hier Infrastrukturprojekte voran treiben, die Steppe bewässern und beginnen großflächig Landwirtschaft zu betreiben und das mit zum Teil größerem Erfolg als die halbnomadischen Kulturen. Interessant wäre es zu diskutieren, ob der Strukturwandel nicht auch den Uiguren zu gute kommt?

Nördlich des Altai Gebirges war ich froh, wenn ich morgens sehr zeitig unterwegs war, einen chinesischen Imbiss oder eine chinesische Nudelstube zu finden. Die Chinesen trafen sich wie im ganzen Lande auch zum Frühsport und zogen dann auf die Felder. Vor 9 Uhr klappt noch kein uigurisches Nudelstübchen die Läden hoch und es sind nur wenige uigurische Frauen auf der Straße und bei der Feldarbeit zu sehen.

Und dies scheint mir ein genereller „Vorteil“ der Han Chinesen zu sein, hier herrscht relative Gleichberechtigung bei der Verteilung der Arbeit, man sieht genauso viele chinesische Männer auf dem Felde, wie Frauen oder bei schweren Arbeiten, während man gerade in den moslemisch beeinflussten Gebieten den Eindruck hat, dass gerade die Männer nichts zu tun haben, als zu Rauchen oder zu Schwatzen, so jedenfalls meine Beobachtungen im Lande der Uiguren. Und der sprichwörtliche Fleiß der chinesischen Bauern trägt natürlich nicht zur Beliebtheit der Han-Chinesen bei.

Und genau diese kulturellen Widersprüche sind es, die zu Verstimmungen sorgen und eher weniger die politischen Verhältnisse. Und als kleine Frage nebenbei: Was wird bei der „Ostturkestan“ Debatte aus den 8% Kasachen, Mongolen und Tadshiken? Da sind Fragen, auf die die uigurischen Exilpolitiker keine Antwort haben, weil sie diese gar nicht erst aufwerfen; die chinesische Regierung aber schon, denn die anderen Minoritäten sind den Uiguren gleichgestellt.

Gut, ich denke das reicht zu diesem Thema und auch für den heutigen Tag.

90. Tag: 24. Juni 2009 „Beijing III und Schluss“

9. September 2009

Ein letzter besinnlicher Tag in Beijing und Ende dieses Berichtes

Mir bleibt noch ein Tag im sonnigen Beijing, ich nehme mir die Muse und fahre noch ein wenig auf dem Elektrobike umher, bevor es wieder eingelagert wird. Ein Fahrt durch die alten Stadtviertel, die nach und nach historisch restauriert werden. Vor ein paar jahren wurden die Viertel gnadenlos abgerissen und durch Hochhäuser ersetzt, aber da hat sich im Denken der Stadtregierung von beijing doch einiges getan. Die Hutongs, also die Viertel um den Hou-Hai See sind inzwischen ein Hauptanziehungspunkt für Touristen und für die Hauptstädter um Auszugehen. Vor allem abends tobt das Leben in den zahlreichen Bars und Restaurants um den See und doch findet man mitten im Gewimmel den alten Barbier, der den Leuten auf der Straße den kopf schert. Erstaunlich das trotz der tausenden modernen Friseursalons in der Stadt diese alte tradition noch überleben kann.

Am Nachmittag fahre ich dann in den Buchladen und durchstöbere die Kartenabteilung nach guten Detailkarten der Provinzen Tibet, Qinghai und Gansu, also der regionen, wo ich Ende September hinreisen möchte und ich werde auch fündig. Bleibt mir nur noch ein paar geschenke zu besorgen im „Kaufhaus des Großen Glücks“, wie ich es getauft habe und ich finde auch alles, was ich brauche…..

So liebe Leser, das war es dann von dieser Reise, jetzt warten erst einmal wieder meine Kinder in Berlin auf mich, deren ferien, eine Paddelboottour und viel Bürokratie und Planung fürs nächste Jahr….also bis dann!

89. Tag: 23. Juni 2009 „Beijing II“

9. September 2009

Langer Elektrobike-Ritt bis zum Botanischen Garten, großes Räderputzen und großer Abschied

Die Elektrobikes haben sich gut bewähr gestern auf dem Ritt durch die Stadt. Im nächsten Jahr, denken Hubert und ich darüber nach, auch ein E-Bike-Tour anzubieten, einmal in Shanghai zur Expo und vielleicht dann noch in Beijing, um Beijing und um und um Beijing herum. Deshalb wollen wir heute testen, wie weit wir wirklich mit den E-Rädern kommen und machen uns nach dem frühstück auf den Weg in Richtung Sommerpalast und Botanischer Garten.

Es ist heute wieder glühend heiß, aber auf den Bikes brauchen wir ja nicht zu treten und der fahrtwind kühlt ordentlich. Mit 25 km/h kann man mühelos dahingleiten und mit dem „Turboknopf“ geht es dann auch ab und zu einmal noch schneller. Nach einer Stunde sind wir am Botanischen Garten, mich interesiiert eigentlich nur das Klosrter des Schlafenden Buddhas oberhalb des Gartens, mit einem wunderschönen schlafenden Bronzebuddha aus der Yuan-Dynastie. Da es vom Eingang recht weit zu laufen ist, finden sich auch nicht zu viele Gäste ein und die Anlage unter den alten Pinien ist angenehm ruhig und erinnern mich an meine Studienzeit hier in Beijing, als dieser Park hier mein Lieblingspark war.

Hubert und Barbara haben dann nichts dagegen, allein in den Sommerpalast zu gehen, ich kenne die Anlage schon in und auswendig und fahre deshalb in die Stadt zurück und auch noch ein paar Umwege und genau bei 59 Kilometern ist dann der Akku leer und ich trete die letzten Meter bis zum Hotel in die Pedale, das Rad hat damit also auch seinen Langstreckentest bestanden.

Dann fahre ich noch einmal zum Fahrradladen und sehe mir unser eingelagerten Räder von China by Bike an, es gibt einiges zu tun, zu Putzen zu Schrauben und zu Notieren, welche Ersatzteile noch benötigt werden und ein paar Stunden später bin ich gründlicgh durchgeschwitzt und schwarz.

Am Abend gehen Hubert und Barbara noch einmal gut essen, es ist schließlich unser letzter gemeinsamer Tag hier in China. Wir alle sind ein wenig traurig, weil die schönen Tage hier nun ein Ende haben und doch ganz froh, dass wir alles so gut hinter uns gebracht haben und im nächsten Jahr geht es ja wieder weiter- wie immer!

88.Tag: 22. Juni 2009 „Beijing I“

8. September 2009

Ein ruhiger Tag mit Shopping und Besichtigung des Himmelstempels

Nach dem langen Tag heißt es heute lange lange Schlafen und nichts anstrengendes unternehmen. Nach dem frühstück setzen wir dann den langehegten Entschluss um und klappern ein paar Läden ab, welche Elektrobikes anbieten. Hubert möchte am liebsten einen ganzen Container mit nach Österreich nehmen, aber für heute genügen uns drei Räder. Wir probieren unterschiedliche Modelle, einen schnellen roten flotten Flitzerroller für Barbara, ein richtiges Elektrofahrrad für mich und einen Lastesel mit zwei Akkupaketen für Hubert. Die neuen Bikes müssen natürlich eingefahren werden und schon sausen wir geräuschlos durch die Stadt.

Unser einziges Ziel heute bleibt der Himmelstempel, mit seinem charakteristischen runden Dach das Wahrzeichen Beijings im südlichen Zentrum der Stadt. Wegen der riesigen und wunderschönen Parkanlage treffen sich hier auch die Veteranen der Stadt zum Tanzen, Musik machen, Taichi-Ball spielen oder zu einer Runde am Schachbrett oder zum Karten spielen. Und dort zwischen den gar nicht so alten Veteranen zu schlendern macht immer riesigen Spaß. Chinas Rentner sind die jüngsten der Welt, da die alten Staatsbetriebe an Personal abspecken mussten, wurden viele Arbeiter schon mit Anfang 50 in Rente geschickt, jaja, das ist wahrer Sozialismus! Die jungen rentner nun treffen sich dann täglich und gehen in den Parks stundenlang ihren Hobbys nach.

Aber auch die Tempelanlagen sind immer wieder sehenswert, gemeinsam mit hunderten von chinesischen Touris ziehen wir über die Wege, die früher nur dem Kaiser oder hohen Beamten zugedacht waren.

Am Abend geht es dann auf einen kurzen Abstecher in den Hongjiao-Markt, den ich immer „Kaufhaus des Großen Glücks“ nenne, denn hier gibt es alles, was der Mensch nicht braucht, als Original oder Kopie zu tiefen Preisen, die immer noch verhandelt werden können und müssen.

Nach dem kleinen Kaufrausch dann der große Hunger und wir haben Glück in einem der Peking-Enten-Restaurants und bekommen noch eine der marinierten und in Kirschbaumholz geräucherten Tiere auf den Teller, als krönenden Abschluss eines ruhigen Tages.

87. Tag: 21. Juni 2009 „Langer Ritt in die Nördliche Hauptstadt“

30. Juni 2009

151 frische Kilometer von der Mauer bis nach Beijing, 549 Höhenmeter und trotzdem schon um 15 Uhr frisch geduscht

Tatsächlich kommen wir schon um 5.00 Uhr morgens los, nach einer angenehmen Nacht war es gar nicht so tragisch, trotzdem komme ich erst nach einem Kaffee so richtig in Fahrt. Den gab es dann beim Frühstück nach 10 Kilometern, heißes Wasser war nicht aufzutreiben, aber der Instant Kaffee löst sich auch in Sojamilch.

In Gubeikou heißt es dann Abschied nehmen von der Großen Mauer, die uns in den letzten Tagen begleitet hat und dann wird es ein ganzes Stück bis Miyun ziemlich hügelig. Um schneller zu sein fahren wir die Hauptstraße, wegen Bauarbeiten wurden die Fahrzeuge unserer Spur umgeleitet und wir haben deshalb weniger Stress mit dem Verkehr.

Das Wetter ist komplett auf unserer Seite, ein Wolkenschleier hängt vor der Sonne und die Temperaturen steigen wohl nicht über 28 Grad, am nächsten Tag soll sich dann zeigen, was für ein glück wir hatten, da ballerte die Sonne dann mit 38 grad vom Himmel.

Die zweite Hälfte der Strecke ist flach wie ein Brett und wir kommen gut voran, vor dem 6. Ring machen wir ein zeitiges Mittagessen und dann kommen wir der Stadt schnell näher. Gegen 13.30 erreichen wir das Zentrum und hinein geht es in das Gewühl der Großstadt und auf den riesigen Alleen sechsspurig tobt der verkehr. Doch in Beijing lässt es sich gut radeln, überall gibt es Fahrradspuren und daran, dass niemand die Verkehrsregeln beachtet, gewöhnt man sich schnell.

Eine Ehrenrunde fahren wir dann auf dem Platz des Himmlischen Friedens, vor den historischen Museum steht wieder einmal eine rückwärts zählende Uhr, etwas mehr als 300 Tage sind es noch bis zur Eröffnung der Expo 2010 in Shanghai, ich werde dort sein, versprochen und natürlich wieder mit dem Rad. Diese Tour von Hongkong nach Beijing war einfach toll und abwechslungsreich. Anstrengend ging es am Anfang durch den bergigen Süden mit seinen Minoritätenvölkern und mehr kulturlastig war es um Shanghai und hier im Norden wird trifft man auf den Widerspruch von Moderne und Geschichte, Große Mauer und wirtschaftliche Sprünge.

Also liebe Leser, in den nächsten Tagen werde ich am Programm für die Wiederholungstour arbeiten, die Etappen werden kürzer, zur Expo gibt es ein spezielles Kurzprogramm mit elektrischen Fahrrädern für Gelegenheitsradlern, die Megaetappen werden ein wenig gekürzt, aber im großen und ganzen bleibt die Strecke so, wie wir sie gefahren haben.

Die letzten Kilometer legen wir dann noch bis zum Hotel zurück, dann um 15 Uhr stehe ich unter der Dusche und danach bleibt immer noch Zeit für einen Spaziergang und ein Restaurant mit Pekinger Gerichten findet sich auch gleich um die Ecke. Satt, müde und zufrieden, dass sind meine drei Attribut des Tages, die Tour ist gelaufen und wir sind gesund und gut gelaunt durchgekommen und mit wesentlich weniger Stress als im letzten Jahr bei Athen-Beijing.