14. Tag: Mürrische Mönche und zurück in die Zivilisation

10. Oktober 2009

Vierzehnter Tag: Spaziergang durch den Ta’er Tempel und 27 Kilometer Fahrt nach Xining bei anfangs leichtem Regen, 8 bis 14 Grad

Das Kumbum Kloster oder auch Ta’er ist die größte Sehenswürdigkeit in der Umgebung, deswegen werden jede Menge Touristen herangefahren und wir treffen sogar auf eine kleine Gruppe Langnasen aus Deutschland. Alle schimpfen auf das Wetter, ebenso die Angestellten im Hotel, nur das Frühjahr war schön, der ganze Sommer verregnet und jetzt wo es eigentlich sonnig und trocken sein müsste, auch nur Regen.

Entsprechend ist auch die Laune der Mönche, als wir durch die Tempel und Hallen marschieren. Der Morgen hat den Vorteil, dass jede Menge tibetische Pilger aus ferneren Kreisen hierher zum Pilgern kommen. In eiligen Schritten umkreisen sie acht Mal jeden Tempel und drehen fleißig die Gebetsmühlen. Danach breiten sie vor dem Tempel eine dünne Decke aus und werfen sich 88 Mal zu Boden, alles in der Hoffnung auf ein besseres Leben im dieser und der nächsten Inkarnation.

Die Mönche sind eher mürrisch und hauptsächlich damit beschäftigt, die Touristen am Fotografieren zu hindern, doch wir entwischen in einen kleinen Nebentempel. Dort ist gerade die morgendliche Rezitation an der Reihe, die Mönche brummen ihre Sutras und oben in einem kleinen „Musikzimmer“ wird die Trommel geschlagen und der helle Gong ertönt dazwischen. Nach einem kurzen Smalltalk lässt sich ein Mönch dann auch noch liebend gern mit uns fotografieren.

In der letzten Halle befinden sich buddhistische Kunstwerke aus Yakbutter. In einer großen Glasvitrine werden einmal im Jahr Buddha und Boddhisatva Figuren doppelt lebensgroß aus Yakbutter geformt und bemalt. Den Winter mit minus 20 Grad überstehen die Figuren gut, an heißen Sommertagen kann es schon einmal passieren, dass sich ein Dämon auflöst oder ein Buddha eine Hand verliert.

Im kleinen Städtchen gibt es eine lange Straße mit Kupferhandwerk. Aus Kupferblechen werden hier Buddhafiguren jeder Art und Dachverzierungen für Tempel gefertigt. Die Handwerksbedingungen und Methoden dürften sich in den letzten 500 Jahren kaum verändert haben, bei düsterem Licht sitzen die Handwerker auf kleinen Schemeln und schlagen stundenlang auf die Bleche ein und treiben die gewünschten Formen heraus. Ein Blick auf die rauhen Finger zeigt, dass die Arbeit auch in der Winterkälte halb im Freien abläuft.

Im Städtchen herrscht reges treiben, Mönche probieren in einem Laden eine Winterrobe an, im Fenster hängen Unterröcke aus Fleece, die vor der Kälte schützen soll. Wir ziehen in ein kleines Restaurant ein, in dem eine tibetische Pilgerfamilie gerade laut schlürfend und schmatzend eine große Nudelmahlzeit vertilgt.

Gegen 13 Uhr haben wir unseren Rundgang durch Tempel und Städtchen beendet und schwingen uns auf die Räder und rollen abwärts nach Xining. Wieder müssen wir über die drei Kilometer Schlammpiste und Baustelle. Die Straße war schon vor drei Jahren im Bau und es wird wohl auch noch geraume Zeit dauern, bis die Bauarbeiten beendet sind. Der Handel läuft jedoch weiter, links in einer großen Lagerhalle werden Schaffelle angekauft und wir begegnen Traktoren, die drei Meter hoch mit Fellen beladen sind. Neben der Matschstraße sind Fleischstände aufgebaut, bei dem feuchten Wetter schlammt es ja nur von unten, aber bei Trockenheit wird wohl alles richtig eingestaubt werden.

Am besten läuft vor Xining das Geschäft mit Autowaschanlagen. Überall gibt es kleine Buden oder Garagen mit Schlauch und Druckanlage und dann stürzen sich drei Leute auf ein Auto und putzen es innerhalb von 10 Minuten blitzeblank, das kostet dann 10 Yuan, also einen Euro. Auch wir lassen unsere Räder abspritzen und rollen dann sauber in die Provinzhauptstadt ein.

Ein Hotel mit Internet im Zentrum ist schnell gefunden, allerdings lässt das warme Wasser noch fast zwei Stunden auf sich warten.

Am Abend treffen wir auf meine Studienfreundin Claudia, sie lebt seit zwei Jahren in einem kleinen Städtchen 150 km in die Berge mit ihrer Familie und wir gehen zusammen in ein tibetisches Restaurant. Leckeren Lammbraten gibt es , Buttertee und die Nationalspeise der Tibeter, Tsampa; das ist geröstetes Gerstenmehl, das zusammen mit einem geriebenen Hartkäse und Buttertee zu einem dicken Teigklumpen geknetet und in kleinen Stücken gegessen wird.

Wir sprechen den ganzen Abend viel über das einfache und harte Leben im tibetischen Grasland, Eigenarten von Land und Leuten und es ist tatsächlich so, im Vergleich zu den Tibetern haben wir überzogene hygienische Ansprüche, gewaschen wird sich in Tibet auch regelmäßig, einmal oder zweimal im Jahr geht auch die tibetische Familie ins Badehaus.

Ein nettes Tagebuch über das Leben einer deutschen Familie im tibetischen Hochland und viele schöne Fotos finden sich auf Claudias Blog: floriinchina.travel-blogger.de

Dreizehnter Tag: Für die einen ist es ein Fresko, für die anderen der längste Tankha der Welt

9. Oktober 2009

67 Kilometer von Datong über Xining bis zum Ta’er Kloster, 520 Höhenmeter bei trübem Wetter, Besichtigung des Museums für tibetische Medizin in Xining, 8 bis 10 Grad, abends Regen

Es hat die ganze Nacht durchgeregnet, aber am Morgen tröpfelt es nur ein wenig. Um morgens aus dem Bett zu kommen hilft nur eins, einen heiße Dusche und ein Kaffee und dann schnell aufs Rad, was aber mit feuchten Schuhen auch nicht sehr angenehm ist.

Datong hat noch einen Tempel zu bieten, Laoyesi, der recht beeindruckend am gleichnamigen Berg über der Stadt thront, aber bei dem trüben Wetter ist von dort keine Aussicht zu erwarten, also verlassen wir die Industriestadt schnell in Richtung Xining. An der Straße, die jetzt ziemlich stark befahren ist liegt jede Menge Industrie und ein riesiges Kohlekraftwerk macht den grauen Tag noch grauer.

Einen Ort weiter finden wir ein kleines Restaurasnt mit dampfenden Baotzekörben dafor. Auch Tghomas ist glücklich, denn es gibt von den gefüllten und gedämpften Teigtaschen auch eine vegetarische Sorte. Danach erreichen wir schnell die Stadgrenze von Xining und finden auch ohne Probleme das Tibetische Medizinmuseum. In einem Industrieviertel mit dutzenden chinesisch-tibetischer Firmen, die Medikament aus Kräutern herstellen liegt der pompöse Bau. 60 Yuan Eintritt ist ebenso pompös und am Eingang gleich der Gesundheitscheck, von allen Gästen wird die Temperatur gemessen, ob das ein Bonus des Museums ist oder Angst vor der Schweinegrippe, das bleibt offen.

Im ersten Stock findet sich eine schöne Ausstellung zu tibetischer Medizin, mit feudal anmutenden geräten und guten Illustrationen und da die Medizin von Mönchen ausgeübt wurde auch schon jede Menge Lehrtankhas, zu Kräutern und Wurzel, Krankheiten und ihren Ursachen und Behandlungsmethoden, alles recht interessant, aber noch nicht den Eintritt wert.

Doch im oberen Stockwerk befindet sich dann das Prunkstück des Museums, ein 618 Meter langer Tankha zur tibetischen Geschichte und Kultur. Wie durch ein Labyrinth wandelt man an den 2,5 Meter hohen Wandrollbild entlang. Am Anfang geht es malerisch von der Entstehung der Tibeter durch die tibetische Mysthik bis zum Einzug des Buddhismus. Sämtliche buddhistische Heilige, Wanderprediger, große tibetische Mönche sind abgebildet. Danach folgt eine reiche Sammlung an Buddhas und Boddhisatvas in diversen Reinkarnationen und auch die Dalai Lamas dürfen nicht fehlen (mit Ausnahme des derzeitigen natürlich). Hunderte von Dämonen zeugen vom schamanischen Einfluss auf den tibetischen Buddhismus. Den letzten Abschnitt bilden Mandalas und Darstellungen zum buddhistischen Weltbild. Fast zwei Stunden brauche ich für einen schnellen Rundgang am gesamten Wandbild vorbei und werde drei mal angezählt wegen verbotenen Fotografierens, obwohl ich vorsichtig nach der Lokation der Überwachungskamers ausgeschaut hatte; doch ich denke ein paar schöne Bilder sind mir gelungen. Ich bin beeindruckt von dem Kunstwerk, an dem mehrere hundert Maler mitgemalt haben. Vom ersten Entwurf bis zur ersten Ausstellung haben die Künstler 27 Jahre gebraucht und mehr als 10 Jahre reine Malzeit. Das Ergebnis ist wohl nicht mehr bezahlbar, aber leider wenig bekannt und nicht einmal durch Google zu finden.

Durch Xining fahren wir dann gerade durch, denn wir wollen noch zum größten buddhistischen Kloster hier in der Region. Dafür geht es dann 25 Kilometer aus der Stadt heraus und ein paar Hügel hinauf und dann liegt die Tempelanlage vor uns. Doch dafür wollen wir uns morgen Zeit nehmen, zumal es beginnt zu regen.

Gegenüber dem Tempel befindet sich ein Hotel in tibetischen Stil, mit nett eingerichteten Zimmern. Die Decken sind mit farbenfrohen Stoffen abgehängt und es gibt Podestbetten mit einem flachen Tischchen.

Nach 10 Minuten wird das warmne Wasser richtig heiß und im Badezimmer gibt es eine Badewanne, welch ein Luxus nach einem Tag, an dem die Kälte tief in die Knochen dringt.

Zwölfter Tag: Schneetreiben am höchsten Pass

8. Oktober 2009

93 Kilometer von Qingshui nach Datong, über einen Pass mit 3800 m bei 1 Grad und leichten Schneetreiben

Das Morgenwetter sieht noch ungemütlicher aus als das Abendwetter, draußen graue Suppe und leichter Regen. Bis um 9 sitzen wir noch bei unserer morgendlichen Nudelsuppe unten im Moslemrestaurant, hier sind die gleichen Mädels wie gestern Abend schon wieder am arbeiten. Der Laden wird gewischt, Teewasser auf dem Ofen in der Mitte angesetzt und dabei läuft schon der riesige Plasmafernseher und zeigt eine Lobsendung auf den Lhasa-Express mit viel Tanz und Gesang und rührenden Bildern, wie z.B. ein kleiner Tibeterjunge mit Kreide eine Eisenbahn, also den Lhasa-Express auf die dunkle Zeltwand des Nomandenzeltes malt.

Wir starten in die graue Suppe, zum Glück ist es nicht sehr kalt, oder fühlt sich nicht so kalt an, das Thermometer zeigt 4 Grad. In einem Ruck machen wir gleich 300 Höhenmeter in einer Stunde und dann eine Bananenpause. Es ist noch nebliger und der Regen geht langsam in Schnee über. Das hat den Vorteil, dass die Jacke langsam wieder trocknet. Dann das gleiche noch einmal, wieder eine knappe Stunde und noch einmal 300 Höhemeter, zu sehen gibt es außer etwas nicht ganz so dickem Nebel immer noch nichts, neben der Straße liegt eine dünne Schneedecke. Nach der dritten Pause dauert es dann noch 10 Minuten, wir sind oben, das heißt der alte Pass ist noch 250 Meter höher, jetzt gibt es einen Tunnel. Wir bauen einen Schneemann (zum 8.Oktober) und fahren durch den fast 2 km langen Tunnel. Auf der anderen Seite fehlen uns dann 4 Meter zur 3800 Meter Marke, für Thomas und Andreas wieder einmal Höchstmarke, Tiefstmarke zeigt dagegen das Thermometer, gerade einmal ein grad über Null.

Nach der gestrigen Erfahrung packen wir uns so dick wie möglich ein, um so wenig wie möglich bei der Abfahrt zu frieren. Es wird trotzdem eisig, als wir die Serpentinen herunter kurven, vor allem die Finger sind schon nach ein paar hundert Metern kaum noch zu spüren. Die Brille beschlägt bei fast jedem Atemzug und von außen klatschen dicke Tropfen dagegen, ohne Brille kann man aber auch nicht fahren. Nach knapp 20 km erreichen wir feingefrostet das erste winzige Dorf mit ein paar Lokalen, in der Mitte steht wieder ein schöner eiserner Ofen, den wir sofort okkupieren, einmal um uns zu wärmen und um unsere Sachen wieder trocken zu bekommen.

Nach einer Stunde, einer großen Schüssel Nudeln und viel heißem Tee sind wir wieder aufgetaut und auf „nur“ 2900 Metern Höhe ist es auch nicht mehr ganz so kalt.

Am Nachmittag geht es durch ein wunderschönes Tal, Birken, Pappeln und Eschen stehen in schönen Herbstfarben, auf den Feldern steht das Stroh von Getreide und Raps in großen Garben, fehlt nur noch die Sonne zu einem wirklich goldenen Herbst, doch es regnet gnadenlos weiter und der Himmel zeigt in keiner Richtung irgendein Zeichen der Besserung.

Gegen 17 Uhr erreichen wir Datong und ein ein Hotel, das von außen wieder besser aussieht, als von innen, aber das gilt ja für die meisten Hotels hier im Lande, aber es gibt richtig heißes Wasser und nur das zählt.

Nach einer halben Stunde in der heißen Dusche trinken wir noch einen Kaffee und ziehen dann quer übern Platz vorm Hotel in ein kleines Restaurant, Eselsfleisch gibt es , japanischen Tofu, das ist eine Art Eierstich und hat mit Tofu nichts zu tun und Bittermelone, trocken gebraten, superscharf, aber gut; dazu einen Taschenwärmer mit Magenbitter und drei Flaschen Bier…….das zusammen mit den heutigen Höhenmetern und Tieftemperaturen reicht doch wohl für eine ausreichende Bettschwere.

Elfter Tag: Kalter Tag im tibetischen Grasland

7. Oktober 2009

79 Kilometer durch Grasland mit einem Pass von 3767 m Höhe, 500 Höhenmeter bei leichten Schneefall und Niesel, drei bis acht Grad

Wir starten nicht zu früh, denn gestern Abend war es erbärmlich kalt und heute Morgen liegt eine dünne Schneedecke über dem Grasland. Der Laden neben an führt neben Keksen auch Kaffee und so beginnen wir den Morgen im gleichen Restaurant wie gestern Abend mit Nudeln und Kaffee. Gegen 9 Uhr starten wir, da kein Wind weht ist es trotz der nur 5 Grad nicht unangenehm. Erst geht es ein wenig durch den Nebel, aber etwas später haben wir Blick auf die Ebene, die berge links und rechts bleiben verhüllt. Ab und an gibt es sogar noch ein paar tibetische Zelte, davor stehen Pferde und Yaks. Hier ist kein angenehmer Ort, um den Winter zu verbringen, bis zu minus vierzig Grad soll es hier kalt werden.

Die Fahrt durch die Ebene mit dem dünnen Schnee hat etwas weihnachtliches und schönes, es ist ganz anders, als in der „grünen“ Saison. Hinter einem Hügel eine letzte Kurve und dann sind wir wieder oben am Pass, diesmal noch ein Stück höher, 3767 m. Oben ist gerade eine kleine Gruppe von Taiwanesen, Malaysiern und Überseechinesen aus Singapur, die uns fast 10 Minuten lang fotografieren müssen.

Es gibt einen schönen Gebetshaufen hier mit vielen bunten Flaggen und auch schöne Mani-Stones sind gestapelt, aber das Wetter ist nicht so einladend, als das wir lange verweilen. Vor der Abfahrt packen wir uns warm ein, aber es hilft nicht viel, denn es zieht runterwärts eiskalt durch jede Ritze in die Klamotten, zuerst sind die Finger starr und steif und dann die Fußzehen. Obwohl es nur 300 Höhenmeter runtergeht, brauchen wir dann erst einmal eine Viertelstunde hand und Fußgymnastik, um weiter fahren zu können.

Zum Aufwärmen geht es zum glück noch einmal ein wenig nach oben, dann erreichen wir die nächste Hochebene. Hier geht es dann leicht abwärts durch eine weite Ebene mit halb abgeerneten Rapsfeldern. Von den Schneegipfeln und Gletschern, die links des Plateaus liegen ist nichts zu sehen, alles ist in dichten Wolken verhangen.

Als wir gegen 15 Uhr in Qingshui, einem moslemischen Straßenkreuzungsstädtchen einrollen kommt sogar die Sonne ein wenig heraus und nach einer warmen Dusche machen wir noch einen Bummel, die drei belebten Straßen hoch und runter. Hier herrscht ein wirklich buntes Treiben und Thomas uns Andreas kommen aus dem fotografieren gar nicht mehr heraus. Mit unserem guesthouse haben wir Glück, denn neben den üblichen schäbigen Zimmern gibt es drei „Luxuszimmer“, die fast chinesischen Hotelstandard haben. Nur in meinem Zimmer funktioniert die Elektrik nicht und so muss ich ins Nachbarzimmer zum Duschen. Die anderen Absteigen im Städtchen dagegen sehen mehr als schäbig aus. Unten im moslemischen Restaurant drängt sich alles um den Bollerofen, der Laden lebt hauptsächlich von den Kleinbussen zwischen Xining und Zhangye, die hier stoppen und die Gäste zum essen auswerfen. Wir ordern drei Gerichte, die nicht so besonders sind und danach ist auch die Elektrik in meinem Zimmer repariert. Ich nutze die Gelegenheit zu einer zweiten Dusche und danach ist es zu kalt um etwas anderes zu tun, als ins Bett zu gehen. Draußen hat sich der Himmel wieder zugezogen und es regnet leicht, soll es doch die ganze Nacht regnen, morgen am hohen Pass wären ein bisschen Sonne und nicht ganz so winterliche Temperaturen sehr willkommen.

Zehnter Tag: Der große Sprung nach oben

6. Oktober 2009

64 Kilometer und 1200 Höhenmeter bei kühlen 6 bis 10 Grad, 3685m hoher Pass und tibetisches Grasland

Heute ist es erstmals trüb und wolkig und damit auch recht frisch, aber es weht kein Wind und so werfen wir uns dann nach einer Baotze Mahlzeit auf den Weg nach oben. Erst geht es noch ein paar Kilometer durch kleine Dörfer in denen gerade der Raps geerntet wird und wir rücken den Bergen immer näher. In der Nacht hat es oben geschneit und auch die nicht ganz so hohen Gipfel sind weiß. In einem kleinen Dorf gibt es noch einmal einen kleinen Laden und wir tanken Getränke und Kekse und danach führt der Weg straff nach oben in ein schmales Flusstal hinein.

Viel gibt es beim Aufstieg nicht zu erzählen, es heißt treten und treten und geht nur langsam vorwärts, nur der Höhenmesser zeigt schnell Fortschritte, bald sind wir über 3000 Meter, dann 3300. Hier merken wir langsam, dass die Luft dünner wird. Bei 3400 Metern öffnet sich das Tal etwas. Ab und zu sehen wir in der Ferne eine Schafherde, aber die Hirten haben ihre Sommerlager schon abgebaut und das Vieh wieder ins Tal getrieben. Wir schnaufen weitere 200 Meter nach oben, dann können wir den Pass sehen, der dann eine Kurve weiter auch kommt: 3685 Meter Höhe, für Thomas und Andreas ist es wieder ein Rekord.

Oben gibt es einen großen tibetischen Gebetshaufen mit bunten Gebetsflaggen, wir machen schnell unser Foto und schieben noch einen Schokoriegel ein, denn besonders gemütlich ist es nicht. Gut eingepackt geht es dann knappe dreihundert Meter nach unten und dort liegt dann auch schon E’bao, unser Zielort. Ort ist schon übertrieben, denn hier wohnen vielleicht 500 Familien und das Dorf lebt nur von den paar Restaurants und Läden, die hier wegen der Straßenkreuzung sind. Hinter dem Dorf beginnt eine große Graslandebene, vielleicht 15 Kilometer breit und dahinter liegt dann die nächste Bergkette. Das erste Guesthouse am Platze ist geschlossen, also fahren wir 50 Meter weiter und finden noch eine Herberge, es gib 5 Drei und Vierbettzimmer, die Übernachtung kostet 1,5 €, entsprechend einfach sind die Verhältnisse, es gibt kein Bad, nur einen Wasserzuber im Gang, die Toilette ist über dem Hof und wird von einem geifernden räudigen Hund bewacht, der sich wütend und heißer gebellt hat, die leckeren Waden der Gäste sind nur zwei Meter entfernt und mehr lässt die rasselnde Kette nicht zu.

Wir haben uns ein nettes kleines Restaurant mit Bollerofen in der Mitte ausgesucht, das Angebot ist ok., Nudeln und dazu Schweinefleisch und Wildpilze mit Rührei. Draußen ist es elendig kalt und so fällt die Runde durchs Dorf entsprechend kurz aus, der Ort ist ja auch nicht groß, man kann jeweils 100 Meter in jeder Richtung der Kreuzung gehen und dann landet man in der Pampas. Trotzdem herrscht recht reger Verkehr. Ab und zu kommen Tibeter aus den Dörfern in versteckten Seitentälern, um einzukaufen oder ein paar Chinesen auf der Durchreise verspeisen schnell eine Portion Nudeln. Zwei neue LKWs gibt es im Dorf und die werden roten Tüchern geschmückt und es wird reichlich Feuerwerk verballert.

Auch die Polizei hat unsere Ankunft nicht übersehen und besucht uns im Hotel mit dem Registrierbuch, zwei Kanadier, drei Franzosen und zwei andere Deutsche sind in dieser Saison schon hier durchgeradelt und radelnde Touristen sind eh die einzigen, die hier übernachten. Wir verziehen uns dann schon gegen halb neun in unsere Schlafsäcke und hoffen nachts nicht auf die Toilette zu dem grimmigen Köter zu müssen.