24. Tag: Moslemisches Hochland und buddhistische Grotten

20. Oktober 2009

56 Kilometer von Linxia zu den Bingling Grotten und dann weiter bis nach Liujiaxia, 650 Höhenmeter bei angenehmen 5 bis 15 Grad

 

Von Linxia wählen wir ein winzige Nebenstraße und haben das Glück noch einmal durch viele wunderschöne kleine moslemische Dörfer zu radeln, die Maisernte ist gerade richtig im Gange und an jeder freien Stelle neben der Straße liegt der Mais zum Trocknen aus, ebenso auf den Dächern oder an Pfosten aufgehängt.

Das ganze Gebiet ist ziemlich zerklüftet, die letzten Ausläufer des tibetischen Hochlandes gehen fließend ins Lössgebiet über, dem der Gelbe Fluss seine Farbe und seinen Namen verdankt. Jeder jetzt im Herbst trockenen Bach und Flusslauf hat sich fast 50 Meter tief eingekerbt und die Straße geht natürlich tief hinunter und auf der anderen Seite wieder nach oben.

Hinter sieben Bergen liegt dann der Stausee und der Bootshafen und wir steigen nach einer kleinen Nudelpause auf ein schnelles kleines Motorboot um. Auf der anderen Seite des Sees geht es durch einen Seitenfluss hinauf mit steil aufragenden Steinformationen, bis die ersten Tempelgebäude auftauchen. Dort geht es an Land, es gibt nur wenige Touristen, dafür jede menge Händler, die uns gleich umringen und uns Postkarten und Bücher andrehen wollen.

Die Bingling Grotten gehen gute tausend Jahre zurück bis in die Sui und Tang Dynastie und der Sandstein hier ist recht porös. So ist von den Skulpturen nicht sehr viel übrig geblieben, doch es bleibt ein schöner Spaziergang durch die Anlage in der engen Schlucht. Der große Buddha ist leider unter Rekonstruktion und eingerüstet, so dass es auch hier nicht so viel zu sehen gibt.

Eine halbe Stunde später sind wir wieder zurück am Hafen, wo wir die Räder zurück gelassen haben und wenig später geht es auf die Autofähre. Die bringt uns jedoch entgegen allen Aussagen nicht zu unserem Zielort, sondern einfach nur ans andere Ufer. So müssen wir dann doch noch einmal richtig aufs rad und gute 25 km fahren. Es geht wieder kräftig hoch und runter, aber die Landschaft ist sehr schön und es gibt nette kleine Dörfer.

Gegen 18 Uhr sind wir in Liujiaxia am Gelben Fluss, die Temperaturen sind angenehm und wir brauchen uns nicht mehr so warm einzupacken, um essen zu gehen. Über die Fußgängerbrücke gibt es auf der anderen Seite des Flusses gibt es ein paar nette Läden und wir essen heute wieder einmal etwas gehobener und haben eine schöne Auswahl von Gerichten.

23. Tag: Von nun an geht’s bergab

19. Oktober 2009

105 km von Xiahe nach Linxia bei frostigen 0 bis 15 Grad, 370 Meter hoch und 1250 Meter runter

 

Die Bergetappen liegen hinter uns und es geht langsam wieder nach unten und unserem Ausgangspunkt Lanzhou wieder entgegen. Und nicht nur aus den Bergen müssten wir heute langsam herauskommen, sondern auch aus der Kälte. Beim Start gegen neun Uhr sind es wieder genau Null Grad und wir haben uns wieder richtig warm eingepackt und verlassen Xiahe.

Es geht wirklich den ganzen Tag leicht bergab, immer am Fluss entlang, die Landschaft ist auch nicht mehr so spektakulär wie im Hochland. Ein wenig Abwechslung bringt ein polnischer Radler, den wir nach 30 km treffen, er ist im März in Berlin losgefahren und hat sich allein bis hierher durchgeschlagen, mit wenig Geld, Schlafsack und Zelt. Er hat auch ein Blog: www.noxot.de , aber ichhabe noch keine Zeit gehabt reinzugucken.

Es folgen noch ein paar tibetische Dörfer, dann öffnet sich die Landschaft und wir sind im Land der Moscheen und Hui Minorität, der chinesischen Moslems. Es scheint ein wenig das Schwabenland Chinas zu sein. Überall ordentliche Felder, der trockene Mais wird gerade von den Feldern geholt, eine wenige Hirsfelder werden gerade beerntet, die Getrideäcker sind schon umgepflügt. Die ganze Gegend ist sehr sauber und überall gibt es neue Häuser, die aussehen wie kleine Festungen. Hohe ordentliche Lehmmauern schützen vor dem eisigen Wind im Winter und der Hitze im Sommer und oben ragt der zweite Stock des Wohngebäudes heraus.

Allerdings gibt es kaum einen Laden oder ein Restaurant und dass, obwohl wir eine größere Straße entlangfahren. Erst gegen 14 Uhr, als wir schon in Linxia einfahren, bekommen wir etwas zu essen, auch nicht sehr großartig, eben eine Nudelsuppe; wir sind eben wieder im Moslemland.

Wir diskutieren noch ein wenig, ob wir noch zum Stausee weiter fahren oder hier in Linxia bleiben. Da die Übernachtungssituation am See unklar ist, bleiben wir dann doch in der Stadt und die Entscheidung war richtig. Wir tingeln dann gute zwei Stunden durchs Städtchen und allein der Markt war sehenswert. Jeder kleine Gemüsestand hat ein kleines Megaphon, auf dem automatisch laut krächzend die Ware angepriesen wird. Der Lärm ist noch 5 Straßen weiter zu hören und es klingt wie eine Großdemonstration, solch ein Stimmengewirr geht von dem kleinen Gemüsemarkt aus.

Seit langem finden wir auch wieder einmal ein kleines Cafe und auch die Bankautomaten spucken wieder etwas mehr Geld aus, durfte man in den winzigen Städtchen gerade einmal 100 € abheben, sind hier jetzt wieder 250 € möglich.

Gegen Abend wird gleich beim Hotel der Nachtmarkt aufgebaut und wir essen draußen. Das das wieder möglich ist. Es sind vielleicht 10 Grad  und das erscheint uns fast schon gemütlich warm. Es gibt verschiedene Gerichte, die in kleinen Tontöpfen gegart werden und natürlich Massen von Grillspießen. Da es alles moslemische Stände sind, muss man sich das Bier vom Stand auf der anderen Straßenseite holen, aber das wird allgemein so gehandhabt.

Den Rest des Abends verbringe ich dann im Internet, gleich neben dem Hotel gibt es einen verräucherte Zockerhalle, aber die Verbindung ist recht schnell und so habe ich zwei Tage recht schnell hochgeladen. In Deutschland gibt es nichts Neues und auch die Zwei-Klassen-Vogelgrippe-Impfung wundert mich nicht.

22. Tag: „Om mani patme hum!“

18. Oktober 2009

Ruhetag in Xiahe und Besichtigung des Labuleng Klosters

 

Bei der Kälte im Zimmer möchte man gar nicht unter seiner warmen Decker hervorkommen, doch draußen locken die Sonne und der Tempel. Der unaufhaltsame Strom der Pilger ist wohl schon seit Stunden unterwegs, schließlich gilt es acht große Runden ums Kloster zu laufen. Das Gelände ist riesig und an der Längsseite gibt es einen fast zwei Kilometer langen Wandelgang mit Gebetsmühlen. Die Pilger hasten hier eiligen Schrittes entlang und drehen fleißig mit der rechtren Hand die drehbaren Mühlen, unablässig die Gebetsformel „Om mani patme hum“ murmelnd und in der linken Hand befindet sich ein Rosenkranz, bei dem mit jedem Gebet eine Kugel weiter geschoben wird. Junge und Alte, ganze Familien sind im Stechschritt unterwegs.

Aller hundert Meter befindet sich ein Tempel oder ein Stupa, dann biegt der Trupp ein und umrundet ebenfalls acht Mal den Tempel. Es ist später Vormittag und in den meisten Tempeln sitzen eine ganze Reihe Mönche vor einer Schüssel Tsampa und ein paar Süßigkeiten, vor dem Essen gibt es noch eine Zeremonie und tiefstimmiger Singsang ertönt aus dem Tempelinneren, danach wird gegessen, nur draußen surren und quietschen weiter die Gebetsmühlen.

Wir sind schon nach einer großen runde müde und nutzen den freien Tag zu einem kleinen Mittagsschläfchen und zur Reparatur von Andreas gebrochener Speiche. Dann geht es noch einmal die Hauptstraße in Xiahe hoch und runter, vorbei an den vielen Läden und Shops, aber sobald die Sonne hinter den bergen verschwindet, treibt uns die Kälte in ein tibetisches Restaurant. Wir haben einen guten Laden erwischt und das Essen ist um ein vielfaches besser als gestern Abend im Hotel. Dort verbringe ich dann den Rest des Abends am Computer, komme aber nicht zu sehr viel, denn in Xiahe gibt es jede menge Touristen und so gibt es zu viele Möglichkeiten zu ablenkenden Gesprächen.

21. Tag: Ein wahrhafte Königsetappe

17. Oktober 2009

108 Kilometer von Tongren nach Xiahe über drei Pässe bei gutem Wetter, erfrischenden 0 bis 12 Grad und rekordverdächtige 2006 Höhenmeter Kletterei

 

Sieben Uhr ist es draußen verdammt kühl, ein halbes Grad über Null zeigt das Thermometer, doch wir müssen zeitig los, denn heute erwarten uns hohe Berge und eine lange Strecke. Am Anfang geht es über kleine Hügel wieder das Tal hinunter. Über der Stadt und den kleinen Siedlungen hängen dicke Dunstglocken, denn geheizt wird hier hauptsächlich mit Yakmist und der räuchert unwahrscheinlich. Wir verlieren noch einmal 200 Höhenmeter und sind dann „unten“ auf 2300 Metern. An unserem Abzweig findet sich eine Nudelstube und wir tanken noch Wasser und Kekse, dann geht es im Nebental bergan und es kommt wieder etwas Leben in die Fingerkuppen. Ein wenig später schafft dann auch die Sonne den Sprung über den Kamm der Berge und dann können wir uns der dicken Sachen erledigen. Von Anfang an geht es straff aufwärts, ab und an kommen wir durch ein kleines tibetisches Dorf. Die kleinen Höfe sind von hohen Lehmmauern eingefasst und nur ab und an kann man von der höher gelegen Straße einen kleinen Blick in den Innenhof erhaschen. Meistens gibt es ein Gebäude mit Wintergarten, der Lehmgrund ist sauber gefegt und an den Wänden kleben Yakfladen zum Trocknen.

Etwas weiter oben fahren wie durch ein schönes Tal mit viel Tannenwald, sehr lieblich und mit leichtem Rückenwind wirklich gut zu fahren. Schon gegen 11 Uhr sind wir am ersten Pass mit nur 3320 Metern Höhe und dahinter liegt weites Grasland, ich befürchte, dass dies noch nicht der Hauptpass ist. Nach einer kurzen Abfahrt in das kleine Städtchen Repung bewahrheitet sich meine Vermutung. Der Pass liegt noch 10 Kilometer hinter der Stadt. Recht gemütlich schraubt sich der Weg nach oben und wir erreichen wieder einmal 3650 Meter. Auf beiden Seiten liegt weites Grasland und überall in den Bergen gibt es weiße Punkte von Schaf und Ziegenherden. Unten im Tal dominieren große Yakherden. Bis auf 3300 Meter Höhe wird Landwirtschaft betrieben. Die niedrigeren Felder sind bereits abgeerntet, aus den höheren Feldern arbeiten die Frauen mit sicheln und binden die abgeschnittenen Halme zu großen Garben.

20 Kilometer müssen wir überunasphaltierte Piste, aber es geht abwärts und so lassen wir die Räder laufen und rumpeln über die Löcher. Das rächst sich dann bei Andreas Rad, der auch mit 28’ fährt und nicht wie Thomas und ich mit 26’ und eine Speiche fliegt heraus und er muss den Rest des Tages mit einer kräftigen „8“ leben.

Am späten Nachmittag erreichen wir wieder eine kleine Stadt, bis Xiahe, unserem Zielort sind es nur noch 25 km, aber es geht noch einmal über einen Pass. Der zieht sich dann endlos in die Länge und wir sind wirklich froh, als wir gegen halb sechs Uhr die Passhöhe mit 3350 Metern erreichen. Hinter uns können wir noch einmal einen wunderbaren Blick über die weite grüne Ebene werfen und dann packen wir uns ein für die Abfahrt. Eine halbe Stunde später rollen wir dann im Ort Xiahe ein und finden auch schnell ein Hotel. Der Höhenmesser zeigt, dass wir mehr als 2000 Meter heute geklettert sind und so fühlen wir uns auch, nicht sonderlich schlapp, aber ausgelaugt und ein wenig unterkühlt. Dementsprechend faul sind wir dann nach einem dünnen heißen Duschstrahl und bleiben im mäßigen Hotelrestaurant. Danach geht es gleich ins Bett, zumal die Zimmer nicht geheizt sind und draußen schon wieder alles in eisiger Kälte erstarrt.

20. Tag: Tankhas, Mönche, Tempel

16. Oktober 2009

Ruhetag in Tongren, Besichtigung des Longwu Tempels, Mittagsschlaf und weiterer Tempel

 

Wieder ein sonniger Morgen und gegen halb 10 sind wir bereit, die Stadt zu erobern. Auf dem Weg zum Longwu Tempel gibt es zahlreiche tibetische Läden, es werden Industriewaren verkauft und eiserne Heizöfen, die uns schon viel Freude gebracht haben. Da die Stadt ein religiöses Zentrum ist, gibt es auch Mönchaustatter und Läden mit Räucherstäbchen, Gebetsfahnen und religiösem Klimbim. Dann kommen moslemische Nudelstübchen, tibetische Gersteröstereien, in denen das Mehl für Tsampa, der tibetischen Nationalspeise, zubereitet wird. Und es gibt jede Menge Schneidereien mit den verrücktesten Stoffen, Leopardenfellimitationen und gelbem und rotem Plüsch. Die Tibeter und Tibeterinnen lieben es, ihre dicken Jacken und Mäntel mit bunten Stoffen oder Fellimitaten zu verfeinern.

Am Tempel herrscht reger Betrieb, die Pilger aus allen Regionen des Landes sind schon mächtig am Runden um den Barkhor, also den Weg um den Tempel, zu laufen und die Gebetsmühlen rotieren zu lassen. Vor einer großen Buddhastatue sind einige Frauen dabei sich 88 Mal oder mehr auf den Boden zu werfen. Im inneren des Tempels herrscht noch regerer Betrieb. In eiligen Schritten umlaufen die Pilgermassen jeden Tempel 8 Mal im Uhrzeigersinn, Gebetsmühlen rasseln und Glöckchen klingen.

Im Gegensatz zum Ta’er Kloster sind die Mönche hier locker und entspannt, man darf faktisch überall fotografieren, selbst im Tempelinneren. Die einzelnen Gebäude beherbergen verschieden Gottheiten, die tausendarmige Guanyin spielt hier eine wichtige Rolle und Tsonkhapa, der Religionsstifter in Tibet, wird verehrt.

Wir durchschreiten gemütlich die vielen Tempel und werfen auch einen Blick in die hinteren Gebäude. Hier haben die Mönche ihre Quartiere und von den hinteren Tempeln am Berg hat man eine schöne Sicht über die gesamte Anlage.

Interessant ist, dass man in den meisten Tempeln wieder ein Bildnis des Dalai Lama findet, seit zwei Jahren sei das wieder möglich erklärt mir ein Mönch, erlaubt wäre es nicht, aber die Mönche scheren sich nicht um die Einhaltung des Verbotes und die „da oben“ nicht umn die Durchsetzung.

Unten am Tempel sind dann drei Tankha Malstudios und wir werfen einen Blick auf die Kunstwerke. Leider ist alles zu groß, um auf dem Fahrrad transportiert zu werden.

Mittags schlendern wir dann wieder durch die Straßen des Städtchens und über den belebten Markt. Ein großer Teil des Handels ist in moslemischer Hand, genauso wie die Restaurantszene von den Hui bestimmt wird.

Am Nachmittag fahre ich mit Thomas zu dem Tempel zurück, den wir gestern Abend nur kurz von außen gesehen haben. Zuerst drehen wir mit einem alten Mann eine Runde um den Barkhor und besteigen dann einen der beiden großen Stupa. Der linke Stupa ist reich mit Buddhafiguren verziert und der rechte ganz mit Kupfer verkleidet und strahlt in der Nachmittagssonne, genau wie die Dächer der Tempel. Ein Mönch führt uns bereitwillig durch die gesamte Anlage, die während der Kulturrevolution komplett zerstört war und in den letzten 15 Jahren wieder errichtet worden ist, in völlig neuem Glanz. In der Haupthalle ein tausendarmige stehend Guanyin von vielleicht 12 Metern Höhe zeugt von der Handwerkskunst der heimischen Buddhamachergilde. Alle Tempel sind noch mit 1000 Buddhanischen versehen, in denen, wie nicht anders erwartet noch einmal 1000 kleine Buddhafiguren aufgestellt sind. Alle noch freien Wände sind reich mit Tankhas geschmückt die aus den Klosterwerkstätten stammen. Und auch unser Mönch malt und wir besichtigen seine kleine Stube und eine nette Kollektion an Bildern.

Richtig überzeugen kann jedoch der Künstler direkt am Eingang und hier gibt es auch endlich schöne kleine Bilder, Thomas ersteht einen Manjusri, den Boddhisatva der Weisheit, der mit dem Schwert die Unwissenheit zerteilt und ich entscheide mich für eine Weiße und eine Grüne Tara.

Glücklich über den Kauf und einen eindrucksvollen Tag kehren wir zurück und verkraften sogar das lausige Abendessen, dann heißt es schon wieder packen, denn morgen haben wir eine lange und schwere Etappe vor uns.