34. Tag in Hanoi

28. Mai 2010

Ärger mit der Wohnung

Eigentlich haben nicht wir Ärger mit der Wohnung, sondern Mr. Hoa. Er war nun schon drei Mal bei mir, um zu jammern, wie schlecht es ihm doch geht. Der Ärmste hat nämlich keine Genehmigung an Ausländer zu vermieten und so musste er wohl eine saftige Strafe zahlen, dazu kommt dann, dass er versucht hat ein solches rotes Papier zu bekommen und seine Bestechungsversuche sind wohl kläglich gescheitert. Deshalb musste er sich dann wohl oder übel aufmachen und eine neue Wohnung für mich suchen und heute will er mir das Resultat präsentieren, vorsorglich hat er schon angekündigt, die neue Wohnung sei teuerer.

Ich bleibe also mehr als skeptisch und bin fest entschlossen, nicht mehr zu zahlen und die Wohnung auch nur zu nehmen, wenn sie mir wirklich gefällt.

Natürlich kommt her Hoa zu spät, er wollte eigentlich einen Termin um 19 Uhr machen, da habe ich aber gesagt, dass mir das wegen Peter zu spät sei und ich um 18 Uhr will. Aber dann kommt er natürlich wieder mit der asiatischen Methode, er kommt dann einfach erst kurz nach halb sieben. Die Wohnung liegt gleich um die Ecke, 50 Meter weiter in der anderen Gasse und ich kann es kaum glauben, unten ein großes Zimmer, Wohnzimmer und Küche, erster Stock ein Schlafzimmer mit bad, dann im zweiten Stock das gleiche noch einmal und im dritten Rumpelkammer, Waschmaschine und Balkon. Soll ich jetzt hier mit der Familie leben, nein, das ganze Haus ist für mich – wenn ich will. Und da gibt es natürlich kein großes Überlegen, denn die Räume haben Airkon, es gibt einen Kühlschrank, Fernseher….. unser einfaches Leben geht wohl zu Ende und Peter bekommt ein eigenes Zimmer…..

Mit dem neuen Vermieter werden ich schnell einig, am Dienstag ziehe ich ein, drei Mieten im Vorraus und die Luxushütte gehört mir und für Peter bleiben die Freunde in der Nachbarschaft auch erhalten. Bleibt nur noch das letzte kleine Problem, Mr. Hoa muss das Geld für die andere Wohnung zurückzahlen und das bis zum Einzug, hoffe, dass er das nicht schon ausgegeben hat.

Heute hatte auch ein Schüler Geburtstag, Minh wird 22, und wir haben ein wenig gefeiert und eine dicke Torte vernascht und natürlich ein paar schöne Bilder gemacht. Das ist hier in Vietnam immer das wichtigste und so gibt es nur ab und zu jemanden, der nicht fotografiert werden möchte. Ich genieße es und wünsche mir nur mehr Zeit zum Fotos machen.

30. Tag in Hanoi

24. Mai 2010

Thomas und Peter im Wunderland

Ein Monat ist wie im Handumdrehen vorbei, der Unterricht läuft gut und mit dem Leben hier haben wir uns einigermaßen vertraut gemacht. Trotzdem gibt es immer wieder viel Neues zu entdecken. Und wenn ich abends müde ins Bett falle, freue ich mich hier zu sein.

Ich hole Peter heute zeitiger ab und wir machen noch eine kleine Stadtrundfahrt. Unser Ziel ist die Eisenbahnbrücke über den Roten Fluss.

Vier Brücken gibt es in der Stadt und drei davon stammen noch aus der Kolonialzeit. Entsprechend bündelt sich hier der Verkehr. Die alte Eisenbahnbrücke ist ein Erlebnis. Fast drei Kilometer geht es über die beiden Arme des Roten Flusses. In der Mitte ein Gleis und rechts und links noch einmal drei Meter Fahrspur, nur für Mopeds. Die ganze Stadt scheint damit beschäftigt zu sein auf der Brücke hin- und her zu fahren und wir reihen uns in den dichten Mopedstrom ein. Zuerst geht es über einige Straßen und an einem Großmarkt vorbei, dann kommt der erste Arm des Flusses. Hier dümpeln ein paar Hausboote vor sich hin. Die Bank in der Mitte ist zur Gemüseanbauzone geworden. Viel sattes Grün, das ansonsten in der Stadt fehlt. In der Mitte der Brücke wird diese etwas breiter und es gibt auf beiden Seiten einen kleinen Markt mit Gemüse und Fisch, perfekt für die faulen Vietnamesen gemacht, Shopping vom Moped im Vorbeifahren. Im Hintergrund liegen die Umrisse der Stadt. Zwei Hochhäuser sind im Bau und das war es dann auch, alles andere sind die typischen schmalen Gebäude Hanois, die aber auch manchmal bis zu sechs Stockwerken hinauf ragen. Eigentlich auch wieder ein Bild wie aus einem Märchenbuch, keine durchgehende architektonische Linie, sondern Jahrzehnte des Bauens übereinander, ohne Stil und ohne Konzept, einfach pragmatisch aller fünf Jahre noch ein Stockwerk obendrauf, weil die Familie größer geworden ist. Und auch nach einem Monat fühle ich mich hier noch, wie in einer anderen Welt oder in einem Film, überall nur Menschen, auf Mopeds oder Fahrrädern, mehr oder weniger schwer beladen, überall Stände, meistens nach Straßen und waren geordnet. An der Uferstraße gibt es einen Kilometer lang nur Brot zu kaufen, dann kommen Blumen, biegt man ein fährt man durch ein kleines Tor in die Altstadt. Wieder ein kleiner Laden nach dem anderen, buntes Spielzeug, dann Süßigkeiten und Kaffe und dann an der Bahnlinie nur Kindersachen, Bude an Bude und dann Obst, fast 50 Meter nur Bananen, dann wechselt die Frucht.

Auf solchen Fahrten genieße ich es hier zu sein, überall geschäftiges Treiben und ich bin mittendrin und habe eigentlich nichts damit zu tun und kann mich einfach satt sehen. Peter hat es da hinten auf den Rad noch bequemer, er braucht nicht zu strampeln und kann einfach in Ruhe nur gucken. Aber müde macht so eine Rundfahrt trotzdem und so starten wir dann auch gleich unser Abendprogramm: Nudelbude, Duschen und Wäsche waschen, Vorlesen und dann ab ins Bett.

29. Tag in Hanoi

23. Mai 2010

Langweiliger Sonntag

Kühl und regnerisch zeigt sich das Wetter heute, kühl bedeutet hier aber etwas anderes, als in Deutschland, das Thermometer pegelt sich also heute bei 26 bis 28 Grad ein, nach dem Schock der letzten beiden Tage sehr angenehm.

Es passiert nicht viel heute, wir schlafen lange und dann ist Putz- und Waschtag angesagt. Mittag fahren wir ins Institut, denn dann gehören die Computer uns, Peter kann ein wenig fernsehen und ich meine Arbeit machen. Außerdem gönnen wir uns einen sonntäglichen deutschen Schmaus im Restaurant nebenan.

Am Nachmittag sind wir zu einer Kaffeeeröffnung eingeladen, aber wir sind viel zu früh und so sind dort die letzten Putz und Aufräumarbeiten noch im Gange und so ziehen wir in die Kneipe am See gleich um die Ecke. Peter hat hier seinen Spaß dabei, mit den vietnamesischen Kindern Steine in den See zu werfen. Nicht einmal Fotos habe ich heute gemacht, aber ich habe noch ein paar schöne Bilder vom Vortage übrig.

28. Tag in Hanoi

22. Mai 2010

Unter Affen und Geflügel

Am Morgen rattert wieder die Baustelle, aber wir waren ja gestern nicht zu spät im Bett und so nutzen wir den Morgen zu einem schnellen Frühstück. Dann bekommen wir besuch, Chung kommt vorbei und wir starten unseren Tag in Richtung Zoo. Die Sonne drückt schon den ganzen Morgen und es verspricht wieder ein sehr heißer tag zu werden, das merkt man vor allem an den roten Ampeln. Wenn hier das Moped stoppt ist man dem Sonnenstich unter dem Helm sehr nahe.

Wir sind nicht die einzigen Gäste im Zoo und es wirkt alles sehr chinesisch, das heißt, wenig Tiere, viele Verkaufsbuden und Stände und andere gewerbliche Einnahmequellen, man kann Rollschuh laufen oder seine Kinder auf einem Dutzend Karussells oder kleiner Berg- und Talbahnen sich vergnügen lassen.

Die wenigen Tiere finden dann auch gut die Aufmerksamkeit der Betrachter. Laut rufend versucht man die Affen auf sich aufmerksam zu machen, wenn das phlegmatische Tier aber nicht will, dann hilft auch einmal ein Stupser mit einem Stöckchen. Tierliebe manifestiert sich hauptsächlich in dem Drang zur Fütterung und so sitzt der Schimpansenopa auf einem Ast und öffnet eine Tüte Chips und kaut diese genüsslich. Entsprechend schlecht ist es um sein Gebiss bestellt.

Auch hier müssen die Affen wieder vorsichtig sein, wer zu dicht am Rande des Geheges sitzt wird mit einem Stock angestupst.

Ein Elefant hat ein Riesengehege für sich, ist aber an der Fressstelle im Pavillon angekettet und wackelt gelangweilt von einem Bein auf das andere.

Was gab es noch außer Affen, einem Elefanten und brüllend lauten Lautsprechern mit Kindermusik an den Karussells, ein paar Hühner und Fasan, Rehe und ein paar Krokodile, und jede Menge Federvieh, und es ist ganz lustig, wie dann die ganz normalen Hühner und Hähne mit Kranichen und Pelikanen zusammen in einem Gehege ausharren müssen. Ich habe auch eine Theorie dazu, die Wärter haben hier ein Gehege mit Zusatznutzen entwickelt und ziehen ihre eigenen Hühner hier kochtopfreif.

Mit Peter fahre ich eine Runde auf der Berg- und Talbahn und dann müssen wir dringend in den Schatten. Draußen vor dem Tor gibt es dann auch ein paar ruhigere Stände mit Getränken, allerdings kein Eis, aber das heben wir uns dann für den Abend auf. Drei Stunden im Zoo und in der Sonne, danach sind wir total geplättet und Peter will sogar ganz schnell zurück nach Hause und ins Bett. Nach zwei Stunden Mittagsschlaf sieht die Welt wieder viel angenehmer aus und es wird auch langsam kühler, zumindest knallt die Sonne nicht mehr gar zu schlimm.

Am Kiemsee ist großer Fotobetrieb, hier pilgert halb Hanoi am Wochenende her, auch wir machen unsere Runde bis zur Eisdiele und verschlingen einen großen Eisbecher, das Eis ist hier zwar nicht so gut, wie am Westsee und schon gar nicht so gut wie in einer italienischen Eisdiele, aber Peter mag die kleine Schirmchen auf dem Eisbecher und ich mag den Trubel hier am See. Genial heute die Szene mit der alten Vietnamesin am Seeufer, die in tiefer Meditation versenkt ist und das bei dem Lärm und Krach drumherum.

Am Abend packt uns dann noch der Hunger und wir gehen in den Nudelladen, den ich in dieser Woche neu entdeckt habe und der auch ziemlich bekannt in der Stadt ist. Die Nudeln sind mehr als frisch und das Fleisch wird kurz im Wok angebraten und dann wird aufgegossen, dazu gibt es dann noch eine Hand voll Wasserspinat.

Am Abend bin ich dann noch müder als Peter und wir fallen zusammen ins Bett, hoffentlich wird es morgen nicht ganz so heiß!

27. Tag in Hanoi

21. Mai 2010

Fress- und Lichtorgie im Goethe-Institut

In dieser Woche haben die Temperaturen noch einmal angezogen und wahrscheinlich pendelt sich die Quecksilbersäule so knapp unter 40 Grad ein. Im Klassenraum ist es dann angenehm kühl und auch im Lehrerzimmer, aber verlässt man das Gebäude, fängt der Schweiß sofort in Strömen an zu laufen.

Morgens auf dem Rad kühlt der Fahrtwind und am Nachmittag müssen wir es irgendwie bis zum Eisladen schaffen. Auch die Straßenhändler haben alle ihre Fächer oder ein Pappe ausgepackt und bewegen eifrig die warme Luft, um durch den Chill-Faktor ein wenig Kühlung zu erreichen.

In meinem Zimmer hatten wir nachts ohne Ventilator geschlafen, dann haben wir ihn auf die erste Stufe gestellt und inzwischen rotiert er mit Geschwindigkeitsstufe drei.

Mein Unterricht lief wieder gut die Woche, bei den Tests sind wieder alle über die 90 % gekommen. In der nächsten Woche kommen dann die ersten grammatischen Problemchen, wir führen den Akkusativ ein und die Possessivpronomen, mal sehen, wie sich meine Klasse dann schlägt.

Da mein Internet jetzt in der Wohnung wieder einmal nicht funktioniert, schleppe ich meinen Computer mit ins Institut. Das hat den Vorteil, dass ich meine „Internetabhängigkeit“ zwangsläufig etwas reduziert habe und nun abends zeitig ins Bett gehen kann, was auch ganz angenehm sein kann. Auf jeden Fall schläft dann Peter auch schneller ein und morgens nicht so zerknüllt.

Während Peter und ich also heute, am Freitag, an unserem Lieblingseistand am Westsee sitzen, ziehen dunkle Wolken heran und ein straffer Wind entlaubt in Böen die Bäume an der Straße. Schnell schwingen wir uns aufs Rad und fahren nach Hause. Die dunklen Wolken werden immer dunkler und kommen erste einzelne Tropfen. Noch ein Kilometer bis nach Hause. Dann wird es windstill, geht aber immer noch nicht los. Noch 500 Meter bis in unsere Gasse. Dann die ersten dicken Tropfen. Plötzlich, wie auf ein vereinbartes Zeichen fahren alle zwei Millionen Mopeds in der Stadt an den rechten Straßenrand, springen vom Sitz und kramen nach der Regenplane. Für Peter und mich ist die Straße frei, ich gebe noch einmal Gas und wir biegen in die Gasse 79 ein. Die dicken Tropfen plätschern schon etwas dichter, als ich unser Tor geöffnet habe und meine Wäsche oben von der Terrasse rette.

Als es dann so richtig plattert guckt Peter Tom und Jerry und ich bewaffne mich, nur mit einem Handtuch gegürtet mit dem Besen und setzte die Reinigung meiner Terrasse fort, noch einen oder zwei Güsse von der Art und da oben glänzt es richtig. Abend noch kämpfe ich mich durch die Dreckschicht und als der regen nachlässt kommt an vielen Stellen wieder die Originalfarbe hervor.

Am Abend ist ein Empfang im Goethe Institut. Es soll eine Lichtinstallation gehen und der Lichtkünstler aus Deutschland hat schon eine Woche lang werkeln, bauen und schrauben lassen, selbst im Fischteich und auf dem Pfosten des Eingangstores prangt ein Leuchtelement in Form eines weißen Glaskastens, ich bin gespannt, wie das im Dunkeln aussieht.

Als wir dort ankommen, wird gerade schon ein dickes Buffet aufgebaut und wohl alles was Deutsch spricht in Hanoi trudelt hier ein und für die Lichtinstallation dann wohl sogar ein paar Leute zuviel.

Der Sturm auf das Buffet lässt die Worte von Goethe-Cheffin und Lichtkünstler untergehen und auch danach gibt es im kleinen Goethe-Hof eher ein großes Gedränge, als das die meditativ ruhige Musik und die sanften Farben der Lichter noch Wirken könnten, ich werde mir das noch einmal in Ruhe in der nächsten Woche ansehen müssen. Aber dann wird es wohl leider nicht die sphärischen Klänge und Melodien dazu geben, schade!

Nachdem das Buffet bis auf die letzte Garniturtomate leergefegt ist, (Peter ist auch satt geworden), beginnt auch schon wieder der massive Rückzug der Leute, alle schwingen sich auf die Mopeds und fahren von dannen, irgendwo in der deutschen gemeinde gibt es noch ein oder zwei Partys und ich bin ganz froh, als wir wieder unter unsere vietnamesischen Nachbarn kommen. Hier röhrt zwar gegen 21 Uhr 30 noch die Karaokemaschine, aber nach einer Stunde wird auch die abgeschaltet und dann ist es im Viertel angenehm ruhig, zumindest bis morgen früh um sechs Uhr!