1000 Jahre – 25 Jahre deutsche Einheit
Botschaftseinladungen können ein Vergnügen sein oder auch nicht. Die Einladungen sind heiß umkämpft und so bekomme ich natürlich auch keine. Während andere Vereine hier alle verfügbaren Deutschen hinschicken, bleiben die Leute, die die Basisarbeit leisten zu Hause. Doch ein kleiner Gauner, der ich nun mal bin, will ich mir diese Festivität nicht entgehen lassen. Der Freund einer Freundin hat eine Bekannte, deren Freundin auch eine Einladung ergattern durfte. Und da man ausdrücklich mit „Spouse“ eingeladen wurde, biete ich mich an, diesen Dienst für einen Abend zu übernehmen. Dafür habe ich dann sogar noch ein schickes schwarzes hemd gekauft, 25 USD für ein schönes kragenloses Stück, zu dem man keine Jackett und keine Krawatte braucht und meinen jugendlichen Charme eingerechnet, trotzdem gut aussieht.
Vor der Residenz des Botschafters sind extra Wächter für die Mopeds abgestellt und ich soll gleich mein Fahrrad wieder wegräumen, am besten ganz weit weg, aber ich sage einfach „Nöööööö“, lasse mein Fahrradschloss einrasten und verschwinde Richtung Einlass. Wenn ich schon für uns alle die (Um)welt, rette, dann will ich auch nicht noch wegen meines abgasfreien Fortbewegungsmittels diskriminiert werden.
Viel deutsches Volk hat sich vor der Botschaft versammelt und wird eingelassen. Trotz des weltweiten Terrorismuswahnsinns gibt es absolut keine Sicherheitsvorkehrungen, ohne Vorzeigen irgendeines Dokumentes gelangt man in die heiligen Hallen der Residenz. Ich hoffe nur, dass nicht all zu viele Selbstmordattentäter meine Webseite lesen, sonst sind die Karten für den nächsten Empfang noch schwerer zu bekommen.
Um das große Schwimmbecken herum ist ein gigantische Buffet aufgebaut, aber bis das eröffnet wird werde natürlich noch Reden geschwungen, die des Botschafters steif und formal, die des vietnamesischen Vizepräsidenten langweilig, nur der hessische Ministerpräsident schafft es ein wenig Schwung und Eleganz zu formulieren.
Letztlich ist ja niemand hier wegen der Reden zum 2o Jahrestag der deutschen Einheit, oder wegen der deutsch-vietnamesischen Freundschaft, es geht entweder darum gesehen zu werden (Ich war da, also bin ich wichtig!) oder ums Buffet, das komplett mit einem Bläsertrio, sowie hessischem Rotwein, Weißwein und Sekt eingeflogen wurde.
Das Buffet ist recht einladened und erstaunlicherweise wird nach dem ersten Ansturm nachgelegt, so dass es keine Engpässe gibt. Ich freue mich über Leberkäse und Kartoffelpuffer und halte mich an den Sekt, ein nettes Wässerchen, erfrischend, nicht zu süß, hätte noch einen Spritzer fruchtiger sein können für einen öffentlichen Empfang, aber das ist nach dem dritten Glas egal.
Fotolaune habe ich nicht, denn das Licht ist nicht der Hit, aber ich liebe es die Menschen zu beobachten, die dynamischen Jungmenschen, die sich gegenseitig die Visitenkarten präsentieren, die sie heute eingesammelt haben. Die gelangweilten vietnmesischen „Blondinen“ in als Begleitung der VIPs, das Wichtig-Getratsche, wie man die Steuergelder nutzbringend unter die Leute bringen kann.
Nach dem fünften oder sechsten Glas Sekt, werden dann die Krawatten lockerer, die Köpfe angerötet und man hört breiteste Dialekte heraus, die mit Hochdeutsch nicht mehr viel zu tun haben.
Ein paar witzige Gespräche hatte ich auch, auch wenn ich, nicht einmal offiziell, die deutschen Deutschlehrer meines Institutes vertrete, aber was soll’s ich hab mich ordentlich amüsiert, der Kauf meines Hemdes hat sich komplett amortisiert und ich radle mit einem leichten Champagnerschwips nach Hause. Was will man mehr von einem Montagabend!