173. Tag in Hanoi – Dienstag, der 19.10.2010

19. Oktober 2010

Hurrah-letzter Schultag!

Ganz plötzlich, scheint es, ist er da, der letzte Schultag, noch wollen wir nicht richtig feiern, denn am Donnerstag und Freitag steht noch die Prüfung bevor, am ersten Tag schriftlich und am zweiten Tag mündlich. Und unter diesem Stern stand auch heute noch einmal der Unterricht,wir haben prüfungsgemäße Dialogsituationen trainiert und ich bin recht optimistisch.

Am Anfang stand das „Nichts“ und wir haben uns mit viel Spaß durch die ersten Lektionen gequält und versucht die ersten Grundlagen für die Grammatik zu legen. Für Schüler aus südostasiatischen Ländern und aus China ist Deutsch besonders schwer, gibt es doch in der Muttersprachen keine grammatischen Zeiten wie Perfekt und Futur, die entsprechend Zeitebene ergibt sich aus dem Kontext oder durch ein entsprechendes Zeitwort. Ebenso kann man beim Lesen eine puren Wortes nicht erkennen, ob es sich um ein Nomen, ein Adjektiv oder um ein Verb handelt und von Schwierigkeiten, dass es im Deutschen auch noch Artikel gibt, ganz zu schweigen.

Aber wir haben sehr viel mit Lernkarten gearbeitet und viel Gruppenarbeit betrieben und vielleicht ist doch etwas dran an den nicht zu grammatikorientierten Lehransätzen der Lehrbücher, hier geht es seit ein paar Jahren sehr kommunikativ zu. Es gibt zwar immer ein paar „Lernfreaks“, die diese Ansätze bemängeln, aber die kann man dann in der Pause mit ein paar anspruchsvolleren Grammatikhäppchen füttern. Die Mehrheit der Schüler kommt mit den vielen Formen der Kommunikation besser klar und so haben wir viel Wortfelder erarbeitet und Dialoge variert und kleiner und größere Projekte in Gruppenarbeit absolviert.

Die größte Schwierigkeit bestand jedoch darin, die Schüler dazu zu bringen, dass eigene Gedanken und Ideen strikt erwünscht sind, vietnamesischer Unterricht reduziert sich sehr oft auf Zuhören und Wiedergeben sowie der Vermeidung des Aufwerfens von Problemen.

Es ist schon erstaunlich, dass unsere Schüler innerhalb von sechs Monaten ein recht ordentliches Niveau der deutschen Sprache erreichen, Gespräche zu einfachen Themen sind möglich, Texte zu etwas anspruchsvolleren Themen können schriftlich bearbeitet werden. Bei den meisten haben wir es geschafft, den vietnamesischen „l“, „m“,“n“,“r“ Knoten aus der Zunge heraus zu bekommen.

Ich werde meine Schüler vermissen, jeden einzelnen, die fleißigen, genauso wie die faulen, haben wir doch in den letzten sechs Monaten Höhen und Tiefen überwunden und uns erfolgreich bis ans Ende des B1 Levels gekämpft (früher hieß das Mittelstufe M1). Mir hat es Spaß gemacht mit Ihnen zu arbeiten und ich habe Ihnen heute eine letzte Hausaufgabe gestellt, nämlich ein paar Sätze über Ihren Deutschunterricht zu schreiben, die werde ich dann in den nächsten Tagen auch hier wiedergeben.

171. Tag in Hanoi – Sonntag, der 17.10.2010

17. Oktober 2010

Bilder einer Ausstellung II


Nachdem es hier zwei Tage kalt war, habe ich mir gleich eine dicke Erkältung geholt und lag das ganze Wochenende flach, wie soll ich den Winter in Berlin bloß aushalten?

Wir starten morgen in die letzte Unterrichtswoche, am Donnerstag und Freitag haben meine Schüler dann Prüfung und ein paar Tage später sitze ich auf dem Rad und fahre in den Süden (sofern mein Pass aus der Botschaft zurück kommt!)

Mit einer Ausstellung sieht es nicht so gut aus in Hanoi, hier sind Bilder aus Deutschland interessanter, aber ich werde euch heute noch einmal den zweiten Teil zu sehen geben, denn die Bilder sind wirklich toll. Irgendwann in der Woche kommt dann auch noch der dritte Teil, aber im Moment habe ich auch sehr viel Arbeit.

167. Tag in Hanoi – Mittwoch, der 13.10.2010

13. Oktober 2010

The Days after

Vergleichsweise ruhig ist es wieder geworden auf den Straßen, es gibt nur noch morgens und abends den üblichen Stau, wenn sich die Rollerkolonne der zur Arbeit fahrenden durch die Straßen schiebt.

Auch die Hanoier trauen sich wieder auf die Straßen, meine Bekannte sagt, es war einfach schrecklich, die ganzen Leute vom Land hier auf den Straßen, das totale Verkehrschaos, gut, dass die nächste 1000 Jahrfeier noch 1000 Jahre hin ist.

Für mich bleibt nur noch, das neue Museum für Stadtgeschichte zu besichtigen, das hatte ich schon letzte Woche probiert, aber es war unmöglich wegen des Besucheransturms dorthin zu gelangen. Um das Museum herum soll es noch eine Bonsaiaustellung geben, die mich natürlich auch sehr interessiert.

Heute sieht es recht gut aus, zwar immer noch viele Leute, aber nicht mehr dieser Massenansturm. Das Museum beeindruckt von weitem mit seiner futuristischen Form, eine auf die Spitze gestellte Pyramide, der Plan dafür stammt von einem deutschen Architeketenteam (Gerkan, Marg und Partner (GMP).


Rund um das Museum gibt es einen halbfertigen Park mit Seen und Landschaften und einem kleinen Berg. Dort wurden mehrere hundert Bonsais, die im ganzen Land eingesammelt worden waren, aufgestellt. Bei den Pflanzen handelt es sich nicht um kleine Fensterbrett oder Balkonbonsais, sondern um größere Exponate mit zwei bis drei Meter Größe oder um ganze Bonsailandschaften. Wirklich beeindruckend, diese Sammlung, auch wenn die kleinen oftmals unter den Bäumchen aufgestellten Porzellan oder Gipsfiguren oft sehr stark in Richtung Kitsch tendieren.

Aber auch hier zeigt sich wieder ein großer Mangel bei der Organisation. Die beeindruckende riesige Bonsaisammlung, die hier zusammegekarrt wurde, ist ohne Plan und Verstand in der Landschaft verteilt worden. Oftmals sind die Bäume und Pflanzenschalen so dicht aufgestellt worden, dass man kaum ein Exponat an sich genießen kann. Da der Landschaftspark um das Museum nur halbfertig ist, stapft man zwischen den Bonsais sehr oft im Matsch, nicht wegen des Regens, sondern wegen der Bewässerung der Bäume und die mit hohem Aufwand hergestellte Begrünung der Flächen hat sich unter den Schuhen der Besucher schon wieder in braunen Matsch aufgelöst.
Einige schön gestaltete Flächen um das Museum, auf denen man die schönsten Exponate hätte wirkungsvoll zur Geltung bringen können, waren dann lieber mit weißen „Bierzelten“ vollgestellt, in denen Kitsch verkauft wird, wie Tische und Stühle aus Wurzelholz oder Buddhafiguren aus allen möglichen Materialien. Ebenso wurden alle größeren Wege an Händler vermietet, die dann dort ihr Stände mit Steinen, Steinskulpturen, Holzfiguren und ähnlichem Trödel vollgestellt haben.

Also ab ins Museum, der umgekippten Pyramide. Der erste Eindruck ist gelangweiltes Ordnungspersonal, das in dem aufwändig gestalteten Eingangsbereich auf roten und blauen Plastehöckerchen lungert, dahinter dann Tische und Kisten mit leeren Getränkeverpackungen und die eher den Eindruck einer Rohstoffsammelstelle vermitteln. Ebenso das „Restaurant“ in der unteren Etage. Auch hier wurden die landesweit üblichen bunten Plastetische aufgestellt und drei Sorten Getränke und zwei Sorten Eis werden aus großen Pappkartons direkt an die Kunden verkauft, ähnlich wie in einer Bahnhofshalle.

Dabei ist die Architektur beeindruckend, in der Mitte gibt es eine breite spiralförmige Rampe, über die man in die oberen Stockwerke gelangt, ähnlich dem System wie  in der Reichstagskuppel in Berlin. Im Museum gibt es alles, was man in einem Museum sehen will, Bilder, Steine,Geschirr, Fotos, Vasen, Schmetterling, Pflanzen, Kleider, kunstgewerbliche Gegenstände, Schmuck, Seidenstickerei und alles schön durcheinander, ein Grundkonzept oder eine Grundidee ist nicht zu erkennen. Die Beschriftungen sind fast ausschließlich auf vietnamesisch und auch in der Landessprache eher spärlich. Man wandelt durch die Gänge, wie durch die Schatzkammer eines barbarischen Despoten, der hier die Beutestücke seiner Raubzüge lagert. Inmitten dieser Objekte eine Jesusfigur, vermutlich aus einer der katholischen Kirchen, die die Missionare hier hinterlassen haben, der kleine Jesus auf dem Arm Josefs? hat die Finger zum allasiatischen Fotogruß nach vorn gestreckt, daher kommt das also!

Der Gang durch das riesige Gebäude ermüdet schnell, wegen der riesigen Anzahl unsortierter Exponate, also will ich noch ein wenig durch die Bonsaisammlung streifen, aber leider wird dies von einem kräftigen Regenguss vereitelt und dann muss ich schleunigst zurück in meine Wohnung, denn am Abend bin ich bei den Nachbarn zum Essen eingeladen.

164. Tag in Hanoi – Sonntag, der 10. 10.2010

10. Oktober 2010

Einmal in 1000 Jahren

Heute ist es nun so weit, Hanoi wird 1000 Jahre alt und ich bin dabei. Bisher waren die Höhepunkte ja eher mäßig und nicht so brauschend, mal sehen, was der letzte tag der Feierlichkeiten bringt. Schon um 6 Uhr dringt die erste Musik vom Ho Chi Minh Mausoleum herüber und und um 7 Uhr ist das halbe Volk auf der Straße. Ich unternehme gar nicht erst den Versuch, direkt zum Platz zu kommen, da hätte man wohl dort nächtigen müssen. Auch in Richtung Kim Ma Straße wird es schon wieder rappelvoll und die Ordnungskräfte versuchen die Leute hinter die Markierungen zu drängen. Erst nachdem sich die ersten Reihen gesetzt haben gelingt dies. Auf einem Balkon sehe ich eine kleine Gruppe hübscher Mädchen, die mir zuwinken. Ich frage per Zeichensprache nach, ob ich raufkommen könne und tatsächlich lässt rapunzel ihr Haar herunter, die Tür öffnet suich unten für drei Sekunden und ich darf reinschlüpfen und klettere eine kleine Stiege bis ganz nach oben auf den obersten Balkon. Die Aussicht ist grandios. Unten säumen tausende von Menschen die Straße und werden wohl kaum einen Blich auf die Parade werfen können. Je später es wird, desto größer werden unten die Drängelleien und Rempelleien. Auf der anderen Seite müssen ab und zu die Ordnungskräfte eingreifen, um schlimmeres zu verhindern. Es ist interessant, die Dynamik da unten zu beobachten, wie Stress an Stellen entsteht und sich wieder auflöst. Wenn da unten eine Panik ensteht, wäre wohl auch mit vielen Opfern zu rechnen, aber es bleibt ruhig, vielleicht auch weil ja die gesperrte Straße immer noch als Überdruckventil funktioniert.

Mit ein paar Hubschrauberüberlügen beginnt das Spektakel, ich hätte mich ja noch über eine Fliegerstaffel gefreut, aber alles kann man nicht haben. Dann taucht der erste Marschblock auf. In 8er Formation kommen die Fahnenträger, dann der Spielmannszug und danach die verschiedenen Waffengattungen, zwei Kompanien mit Frauen, dann eine Formation aus Damen der Minoritäten. Danach wird es etwas ziviler mit einer Formation von Kriegsveteranen, Müttern und Religionsvertretern. Gut und gerne 25 oder 30 Formationen. Gutes Paradetraining hatten aber nur die rein miltitärischen Formationen und man kann vom Militär halten, was man will, eine Parade ist immer schön anzusehen. Leider fehlt jegliches miltärisches gerät und nach einer knappen Stunde ist das Sprktakel wieder vorrrüber, aber es hat sich gelohnt, vor allem von hier oben und natürlich fototechnisch.

In der Stadt gibt es dann nur wieder Verkehrschaos, alle wollen ins Zentrum, da ist aber keine einzige Veranstaltung mehr, also zieghen viel in Richtung Stadion, in dem es heute Abend die Abschlussveranstaltung geben soll. Alles ist hoffnungslos verstopft und ich bin froh, dass es auch dort nicht viel zu sehen gibt, denn da habe ich einen Grund, den massen zu entfliehen und wieder nach Hause zurück zu kehren und ein wenig zu schlafen.

Am Abend sollte es eigentlich 32 Feuerwerke in der Stadt geben, die wurden aber abgeblasen, wegen der schweren Explosion vor drei Tagen. Vermutlich wegen Schlamperei sind zwei große Container mit den Feuerwerkskörpern für diesen Tag mittags in die Luft gegangen. Es gab vier Tote, darunter zwei deutsche Pyrotechniker. Dann sollte das einzige Feuerwerk im Stadion stattfinden, und zwar um 20 Uhr, aber es wurde auf 21.45 Uhr verschoben, doch dann begann es schon 21.30. Von den versprochenen 30 Minuten gab es auch nur 15. Ich hatte zwar auch wieder einen guten Platz auf einem Hochhaus, aber es war dann doch zu weit weg, so dass man nur einen kleinen Abglanz zu sehen bekam. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass es eher zusammengepfuscht, als künstlerisch durchgestylt war, schade, schade aber auch.

Ab morgen wird es dann wohl wieder ruhiger in der Stadt, falls so etwas überhaupt möglich ist.

162. Tag in Hanoi – Freitag, der 8.10.10

8. Oktober 2010

Kleine Orgie

Seit einer Woche habe ich ja Mitbewohner im Haus und heute gab es eine kleine Party. Frederik hat sich ein Soundsystem gekauft und sorgt für Beschallung und trotz der drei Motorräder in der Küche haben wir eine lustige Party mit viel Wodka und Bier. Und gegen 23 Uhr sind selbst die lärmgewohnten Nachbarn gesteresst und bitten darum, die Musik leiser zu drehen. Warum? Na doch nur, damit morgen früh um 7 Uhr die Bohrmaschine und der Motorhammer wieder angeworfen werden können.