7. Tag: Mittwoch, der 2. Februar 2011
2. Februar 2011Auf Schleichwegen durchs Karstlabyrinth
104 km vom V-Ressort bei Kim Boi nach Ninh Binh, 340 hm auf mittlerer und schlechter Straße durch das Gewirr in der „Trockenen Ha Long Bucht“, bis 18 bis 20 Grad, sonnig
Am Morgen ist es nicht mehr ganz so kühl, wie am Abend, das kann aber auch an unserem geheizten Hotelzimmer liegen. Kaum haben wir unsere zeitiges frühstück hinter uns gebracht realisieren wir einen flachen Reifen bei Armin, eine Ursache lässt sich aber nicht finden.
Gegen 9 Uhr kommen wir dann los und radeln durch Kim Boi, hier gibt es eigentlich einen schönen Markt, der aber heute wegen des Tet-Festes nicht stattfindet, heute ist sozusagen Vietnamesisches Weihnachten und Silvester. Dafür gibt es an jeder Straßenkreuzung und Ecke kleinere Märkte, wo heute wildes Shopping angesagt ist, denn heute Abend muss ein Festessen auf den Tisch und die Verwandschaft muss mit geschenken beglückt werden. Zur Feier des Tages muss auch das Moped schön sauber sein, überall an der Straße werden Mopeds gewaschen, manche Dörfer ähneln einer Waschstraße, auch die Höfe werden signifikant oft gefegt.
Eigentlich kann man kaum zwischen Dorf und nicht Dorf unterscheiden, denn auch zwischen den größeren Siedlungen gibt es Häuschen an Häuschen und dazwischen die Reisfelder. Die liegen natürlich jetzt im Winter brach und die Wasserbüffel suchen hier die letzten verbliebenen Halme. In einer schönen Kurve tauchen plötzlich Glasscherben auf, ich komme nur knapp daran vorbei und Heino kommt nur noch mit einer Notbremsung zum Stehen. Doch in Andreas Reifen steckt eine kleine Scherbe, trotz pannensicheren Schwalbe-Reifens.
Leider ist die Landschaft im Winter nicht so impressiv wie im Sommer, es fehlt das leuchtende Grün des Bambus und der Reisfelder, auch ist es heute Grün, so dass man die Tiefe des Karstgebirges nur erahnen kann.
Mittags erreichen wir ein kleines Städtchen an der Kreuzung zur Haupstraße, hier gibt es zwar jede Menge Restaurants, aber die sind heute alle geschlossen, nicht eine lausige Nudelstube hat geöffnet. Letztlich finden wir ein Cafe und wir versogen uns mit ekligen Keksen anstelle einer ausgiebigen Reismahlzeit.
Die Freude der guten Straße währt nur 10 Minuten und drei Kilometer, dann geht es wieder nach links auf eine kleine löcherige Straße durch weitere dutzende von Dörfern und Siedlungen. Ich habe diese Straße als sehr ruhig in Erinnerung, aber hier setzt der Feiertagsverkehr ein und alle Dörfler sausen mit den Mopeds von Dorf zu Dorf und noch einmal zum Markt, um noch einmal irgend etwas zu kaufen.
Um nach Ninh Binh zu kommen, kann man die Hauptstraße wählen oder aber kleine Wege durch die Karsthügel der „Trockenen Ha Long Bucht“, die jetzt zu unserer rechten Seite auftauchen. Warum die Gegend hier „trocken“ genannt wird, ist mir ein Rätsel, denn Wasser gibt es hier mehr als genug, zahlreiche Flüsse, sehen und kanäle durziehen die Landschaft, und die Wege sind alle auf niedrigen Dämmen durch die Teichlandschaft. Schon zwei Mal habe ich versucht einen schönen Weg durch die Bucht nach Ninh Binh zu finden und bin jedes Mal gescheitert, heute nun ein nächster Versuch. Ich verlasse mich auf mein Bauchgefühl und wir biegen links von der Straße ab, zuerst kleine Sträßchen, dann Feldweg, die Viettnamesen sagen, dass man da nicht langfahren könne, doch dann kommt noch einmal ein Auto und winkt uns weiter. Öhnlich geht es uns noch ein paar Mal. Man kann hier lang fahren, man kann nicht oder doch oder doch nicht. Wir bleiben hart und es lohnt sich.
Wir fahren über schmalsten Feldwege und kleine Holzbrücken, die von grantigen ältlichen Damen bewacht werden, die Wegezoll verlangen, aber nicht nur von uns. Hinter der Brücke kommen wir in ein Dorf am Fluss. Hier leigen vielleicht 300 oder 400 Frachtschiffe vor Anker, es sieht aus wie auf einem Ikea-Parkplatz, die Familien der Schiffer wohnen hier im Dorf und zum Tet-Fest sind alle Binnenschiffer nach Hause gekommen. Weiter geht es hindurch zwischen kleine Karstkegeln und jede Biegung bringt eine neue Sicht. An dem schmalen Weg liegen winzige Häuschen und zwischen den Hügeln kleine Reisfelder.
Unsere beiden Plattfüße haben viel Zeit gekostet und so wird es langsam dunkel und wir radeln im letzten Licht in Ninh Binh ein. In der Stadt sind alle Jugendlichen auf der Straße und schwatzen fröhlich und ziehen mit Freundin oder Kumpels ihre Runden. Restaurants haben nicht geöffnet, aber im „Thanh Binh“ Hotel gibt es Abendessen und wir lassen heute richtig auffahren, denn wir hatten ja kein Mittag und außerdem ist Feiertag. Der Nachteil ist natürlich, dass ich mich danach nur noch in meine Bett bewegen kann.
Gegen Mitternacht knallen dann draußen ein paar Knaller, Feuerwerk gibt es keins, ansonsten ist es ruhig in der Silvesternacht. Morgen haben wir schon wieder einen Ruhetag und wollen mit ausgeliehenen Mopeds durch die „Trockene Ha Long Bucht“ kreuzen.