24. Tag: Montag, der 9. Mai 2011

9. Mai 2011

Mit Rückenwind ins Land

90 Kilometer von Riga nach Sigulda, bei bis zu 20 Grad mit Rückenwind, 265 Höhenmeter auf vorwiegend kleinen und guten Straßen

Unser neuer Fahrer Wladimir hat schon nach 5 Minuten gewonnen, nett, sympathisch und voller Energie. Wir werfen unsere überschüssigen Sachen ins Auto und ziehen gleich noch die Jacken aus. Die Kälte ist wirklich vorüber!

Aus Riga heraus ist der Verkehr noch recht straff, obwohl ich nicht die Hauptroute gewählt habe, aber die paar Kilometer, die wir dann auch später noch auf die Fernverkehrsstraße müssen überstehen wir gut, da der Seitenstreifen weit ausgebaut ist.

Ansonsten fahren wir aber nur auf kleinen Straßen in der Nähe des Meeres. Dieses wollen wir heute noch einmal sehen, bevor wir dann endgültig in Richtung Osten abbiegen und finden wieder einen schönen weißen menschenleeren Strand.

Eigentlich müsste man jetzt hier das Zelt aufbauen und noch ein paar Tage bleiben, trotz des frischen Windes, der hier weht.

Doch dieser weht heute endlich einmal aus der richtigen Richtung und treibt uns durch die Landschaft. Die Natur hat wohl an den letzten beiden Sonnentagen einen Schritt vorwärts gemacht, zumindest erscheint es mir heute ein gutes Stück grüner als noch vor drei tagen, als wir in Riga eingefahren sind. Auf den Wiesen blüht der Löwenzahn und wilder Raps. Dazwischen Vergissmeinnicht und in den Wäldern wieder ein Meer weißer Blüten- Buschwindröschen. Überall wo es feucht ist, leuchten grellgelb die Sumpfdotterblumen.

Lettland ist recht flach, habe ich heute noch so bei mir gedacht, aber vor Sigulda geht es dann doch zweimal fast 80 Höhenmeter nach oben, dazwischen liegt natürlich eine schöne Abfahrt.

Sigulda ist ein nettes kleines Städtchen und kündigt sich durch einen Golfplatz an, dann folgt an den Hügeln sogar eine Skipiste und in der Stadt soll es einen Bob- und Rodelbahn geben, in der früher die Sportkader der Sowjetunion trainierten. Die Landschaft um die Stadt herum ist sehr reizvoll, mit Bergen und Seen und einem Fluss namens Gauja. Als die „Lettische Schweiz“ wird die Gegend auch bezeichnet und so weilten hier schon seit Jahrhunderten lettische Adlige zur Erholung. Selbst die russischen zaren sollen hier gelegentlich abgestiegen sein. Deshalb gibt es hier zahlreiche große und großzügig angelegte Parkanalagen mit Jahrhunderte alten Bäumen. Wir sind erstaunt über so viel Grün an einem Ort.

Wir werfen im Hotel nur schnell unsere Sachen ab und drehen noch eine kleine Runde in der übersichtlichen Stadt, es gibt auch noch verschiedene Rundwege, aber 16 Kilometer mit zahlreichen Bergen sind uns auf den sonnigen nachmittag dann doch zu viel. Wir besichtigen die schöne weiß getünchte Kirche. Der Pastor spricht vorzüglichst Englisch und zeigt uns die Kunswerke eines örtlichen“Knopfkünstlers“, dutzende von großformatigen Bildern, die lediglich aus aufgeleimten Knöpfen bestehen. Die Bilder bestechen nicht nur durch die Orginalität des Materials, sondern sind auch recht poetisch und aus mehr als drei Metern Entfernung nicht als „Knopfkunstwerke“ zu enttarnen.

Am Ende des Parkes gibt es ein nettes kleines Schlösschen und dahinter die Ruine einer alten Burg. Alles ist nur ein bischen renoviert und lädt zum Verweilen ein. Wir sitzen in der Sonne und genießen den späten Nachmittag und die herrliche Aussicht über die schöne Landschaft. Dann suchen wir uns ein kleines Buffetrestaurant und verschlemmen fast unser restliches lettisches Geld, denn morgen geht es dann schon wieder ins nächste Land – nach Estland.

23. Tag: Sonntag, der Mai 2010

8. Mai 2011

Trachtenfest im Freilichtmuseum

20 Kilometer bei 17 Grad und herrlichem Sonnenschein zum Freilichtmuseum

Endlich sind die Temperaturen wieder da, wo wir sie haben wollen und auch die Prognose für die nächsten Tage ist nicht schlecht. Mit etwas Glück haben wir nun die richtig kalte Zeit hinter uns gebracht, aber es können ja auch noch die Eisheiligen und die Schafskälte kommen…..

Gerhard und Miriam haben Barbara in den deutschen Gottesdienst mitgenommen und erst danach schwingen wir uns auf die Räder. Ganz ohne Gepäck geht es nach Osten raus aus der Stadt. nach 10 Kilometer kommen wir ans Freilichtmuseum am Juglas See. Hier wird heute die Saison eröffnet und deshalb sollen Volkkunstkonzerte stattfinden.

Tatsächlich hat sich auch jede Menge Volk in traditionellen Gewändern eingefunden. In dem weiten Geländen zwischen den einzelnen Bauernhöfen, die man auch besichtigen kann, bilden sich dann kleine Gruppen zum Tanzen oder Singen. Es geht ziemilich spontan zu, ab und zu mischen sich auch litauische Spaziergänger unter die Tanzenden, auch junge Leute.

Wir machen bei herrlichsten Sonnenschein unsere Runde durch das Museum, vorbei an kleinen Kirchen, einer Windmühle und zahlreichen gehöften und landen dann wieder auf dem Hauptplatz mir kleiner Bühne. Hier treten jetzt noch ein kleine Ensemble und eine große Tänzergruppe auf und es macht Spaß und Freude, dort zuzusehen.

Am späten Nachmittag trudeln wir wieder zurück in die Stadt. jetzt schon recht hungrig trteffen wir uns bei Gerhard und Miriam im Zimmer uhnd errichten unsere Tafel aus den gestern auf dem Markt erstandenen Sachen: frischer Käse, Salami, Krautsalat, Karottensalat, Räucherfisch und Kaviar, dazu eine Flasche Wein und und frisches Brot. Ein guter Ausklang für unseren zweiten Ruhetag.

22. Tag: Samstag, der 7. Mai 2010

7. Mai 2011

Kühler Sonnentag in Riga

Ruhetag in Riga mit Stadtbesichtigung

Auch Riga ist eine Stadt mit vielen deutschen Wurzeln und Traditionen. Gegründet wurde sie im 12. Jahrhundert von Kaufleuten, die hier am Unterlauf der Daugava Handel trieben. Durch die strategisch günstige Lage ließ sich von hier der gesamte Ostseeraum gut ansteuern und über die Flüsse auch Handel mit dem Inland treiben.

Die Handelstraditionen haben auch das Stadtbild geprägt, so gibt es tolle Lagerhäuser. Über Flaschenzüge konnten die waren bis zu fünf Stockwerke hochgehievt werden. Einige Häuser sind noch nicht renoviert und man kann sich vorstellen, wie Pferdefuhrwerke über Kopfsteinpflaster holpern und dann schwere Säcke mit waren aus dem gesamten Europa nach oben und wieder herunter geholt werden. Die handwerker waren in Gilden organisiert und haben ihre eigenen Handelshäuser errichtet, je nach Größe der Zunft waren die Häuser mehr oder weniger prachtvoll. Am Markt befinden sich die Häuser der sogenannten kleinen Zünfte. Die Gebäude der großen Zünfte haben dann schon fast palastartigen Charakter. Besonders beeindruckend ist das Schwarzhäupterhaus für die unverheirateten Kaufleute, eine „Zunft“, die es nur in Nordosteuropa gab. Obwohl komplett zerstört, wurde das Gebäude im Stil der Niederländischen Renaissance wieder aufgebaut und strahlt nun in neuem Glanze.

Die russisch-orthodoxe Kathedrale hat heute auch geöffnet, beeindruckend sind die Malereien und die Ikonen. Bei diesen Kunswerken sind besonders die Gesichter, meistens Marien- oder Jesusdarstellungen, besonders fein gearbeitet und dann oft in ein Goldrelief eingearbeitet. Auch breitet sich im ganzen Raum der schwere Duft von Weihrauch aus.

Im Dom gibt es täglich um 12 Uhr ein 20 minütiges Orgelkonzert, aber die Eintrittspreise sind unverschämt hoch, 8 Euro werden kassiert. Karin taucht in einer Reisegruppe unter und ist drinnen und ich entdecke eine nur durch einen Vorhang von der Haupthalle abgetrennten Gebetraum. Hier sind wir dann ganz alleine und haben trotzdem die gesamte pompöse Akustik.

In der lettlischen Hauptstadt prallen die sozialen Unterschiede hart aufeinander, härter als ich es anderswo in Europa gesehen habe. Vor den Kirchen stehen reihenweise verhärmte alte Mütterchen mit Bettelschalen, aber auch reichlich Behinderte finden sich in der gesamten Stadt zum betteln. Dazu kommt dann auch noch eine große Anzahl sehr rotnasiger Männer und manchmal Frauen, die ihren Bettelstand gleich in der Nähe des nächsten Schnapsladens aufgebaut haben.

Der Gegensatz dazu sind die neureichen Letten und Russen in großen Autos, schicken Klamotten, die die Fußgängerzone besiedeln und keine Probleme mit den überhöhten Preisen in den Cafés und Restaurants haben. Souvenirhändler handeln hier hauptsächlich mit Bernstein und Matroschkas, den russischen Holzpüppchen, die ineinander gesteckt werden können. Von der klassischen Figur bis hin zur Madonna, Putin oder Beckham-Matroschka ist alles zu haben, ich vermisse lediglich die Ossama Bin Laden Ineinandersteckfigur.

Zahlreiche Straßenkünstler mühen sich redlich ihren Schnitt vom Neureichtum abzubekommen, auch eine Gruppe von Punks mit dem Motto: „Help the Punk to get drunk: 1 Foto 1 Let!“

Einige Leute spielen Instrumente, aber Eindruck schindet nur eine Kapelle von Bläsern mit feurigen Rockadaptionen, die alle in Hausfrauenkostümen auftreten. Auch nicht ganz schlecht weg kommt ein Flötist in einer kleinen Gasse, obgleich des schrecklichen unendlichen Gedudels von „La Plaoma ole“; er hat sich ein paar Brotkrumen auf den Arm gestreut und so sitzen die Tauben während des Spieles auf ihm herum. Also auch hier in Letland zählt nur die Vermarktungsstrategie. Und auch auf eine Gruppe von „Dinosauriern“ treffen wir, vielleicht 20 Leute in nachthemdähnlicher Kleidung mit Trommeln und Ziehharmonika und „Haare Krishna, haare Krishna“ singend durch die Stadt ziehend. Wer hätte gedacht, dass es so etwas noch gibt.

Wir pilgern zu den riesigen Markthallen. In der ersten Halle nur Fisch und Kaviar, verschiedenste Sorten und Größen und Qualitäten der Fischeier. Für das morgige Abendessen nehme ich hundert Gramm einer mittleren Qualität roten Forellenkaviars mit und etwas Räucherfisch, der lecker aussieht, aber nur so vor Fett trieft.

In der nächsten Halle gibt es frisches Gemüse, dann kommt eine Halle mit Honig, Bienenwachs, sowie Marmeladen und Konfitüren, dann geht es weiter mit einer Fleisch und einer Käsehalle. Hier lässt es sich gut eine Stunde schlendern und gucken.

Auch draußen stehen dann noch unzählige Händler mit Gemüse und Kartoffeln, sowie Waren des täglichen Bedarfs. Aber auch hier vor dem Markt eine lange Reihe mit Bettelnden und alten Mütterchen die drei Paar hangestrickte Socken auf einer Zeitung zum Verkauf anbieten.

Am frühen Abend ziehen wir dann in ein kleines Lokal, Favorit ist wieder marinierter Hering mit Kartoffeln, ich nehme heute Kartoffelpuffer mit Schweinefilet, letzteres mit Kreuzkümmel mariniert, keine schlechte Variante, sollte man einmal probieren. Am Abend begebe ich mich noch ein wenig in die Tiefen des Internets, obgleich die Berichterstattung sich ja nur noch um Bin Laden dreht. Mit etwas Häme nehme ich zur Kenntnis, dass die Uni dem Kopierminister nun doch Vorsatz bei der „Erstellung“ seiner Doktorarbeit nachgewiesen hat.

21. Tag: Freitag, der 6. Mai 2011

6. Mai 2011

Vom Strand in Lettlands Big City

35 Kilometer von Jurmala nach Riga auf Autobahn und Radweg, 60 hm bei sonnigen 5 bis 7 Grad, abendlicher Stadtspaziergang

Für heute habe ich unseren Fahrer abbestellt, einmal sind es nur 25 Kilometer von hier bis nach Riga und zum anderen wollen wir einmal ausprobieren, wie es sich mit dem gesamten gepäck fährt und ich will Barbara noch überreden ein wenig abzuspecken, natürlich nur gepäcktechnisch.

Das Frühstück im Hotel war mehr als grandios, es gab Schlemmereien wie Pfannkuchen und Milchreis mit Sauerkirschkonfitüre, aber auch schwere mayonaiselastige Salate und eingelegten Knoblauch. Und dann weiß ich, warum ich diese langen Radreisen mache, einfach schon aus dem Grund, überall ungehemmt alles genießen zu können.

Danach überlege ich, ob ich noch zu einem Spaziergang aufbreche, der wird aber recht kurz, denn obwohl die Sonne verlockend warm durch fenster schien, ist es richtig frisch draußen, gerade einmal vier oder fünf Grad.

Jurmala ist wirklich das, was man sich unter einem alten Badeort vorstellt. Faszinierend suind die alten Holzvillen, mand durfte nicht zu dicht bauen und musste sich auch an einen bestimmten Stil halten. Trotzdem sind die alten, manchmal verfallenen oder aber schick neu renovierten Holzhäuser alle verschieden. Manchmal glatte fassaden ohne Schnörkel und klare Linien, daqnn wieder kleine Türmchen, Anbauten oder oroginelle Giebel und Dachkonstruktionen. Leider ist das alles nicht so gut auf Bildern festzuhalten, weil immer entweder Bäume oder Autos davor stehen.

Auch stehen direkt am Strand keine Häuser, sondern ein vuielleicht 300 Meter breiter Kiefernstreifen trennt den ersten Straßenzug vom Meer.

Wie ich schon gestern geschrieben habe sind die Häuser der neureichen und die mordernen Hotels schrecklich. Es ist ja schön, wenn sich Architekten austoben können, und man kann auch verschiedenen Ansichten zu den einzelnen Gebäuden haben, aber ein teuere Gebäudekomplex, der aussieht wie gestapelte Baucontainer passt nicht in ein Landschaft, die aus baudenkmalen besteht.

Wir versuchen einen kleinen Weg zu finden, aber es gibt nur eine Brücke über die Lielupe. Der Fluß schlägt hier in Jurmala einen Bogen und mäandriert mehrere Kilometer fast parallel zum Strand dahin, an der schmalsten Stelle trennen vielleicht nur 300 Meter den Fluss vom Meer und genau auf dieser Landzunge liegt Jurmala.

So landen wir dann auf der sechspurigen Autobahn, aber es ist gar nicht so unangenehm, trotzdem fahren wir die erste Ausfahrt wieder runter und finden dann einen kleinen Radweg bis ins Zentrum von Riga immer direkt an der Eisenbahn entlang.

Dann trennt uns nur noch die Daugava von der Stadt. Auf der anderen Seite des Flusses ein imposantes Bild. Moderne Häuser und in der Mitte Kirchtürme und altes Gemäuer. Wir stehen eine ganze Weile und staunen, bis es uns zu kalt wird, denn es weht hier ein frisches Seelüftchen. In der Stadt wimmelt es von Menschen, rund um die Altstadt gibt es reichlich Touristen. Nach dreimaligem Fragen erreichen wir unser Hotel. Der gepäcktest war recht erfolgreich, wir sind gut durchgekommen, wir werden das vor Moskau noch ein paar mal machen, denn ab dann sind wir ohne Begleifahrzeug auf uns allein gestellt.

Doch heute hält es uns erst einmal nicht zu lange im Hotel, sondern das interessante Zentrum dieser fast-Millionenstadt ruft. Seit 1997 gehört die Innenstadt mit ihren zahlreichen Jugenstilgebäuden zum UNESCO Welkulturerbe.

Es ist wirklich toll die Fassaden der Gebäude zu studieren, immer wieder tauchen schöne Kirchen auf, die wir dann morgen besichtigen wollen. Auf dem Boulevard versuchen alle, die letzten Sonnenstrahlen zu erhaschen.

Und wir treffen weitere Radler, ein Pärchen aus Jena, die seit 1.4.2011 mit dem Tandem unterwegs sind und zwei Jahre radeln wollen. Rasch kommen wir eine Weile ins Gespräch und wir beneiden die beiden um ihre Erlebnisse, einfach so abends von der Straße „weggefangen“ zu werden, auf der anderen Seite sind wir aber auch froh, nicht bei knapp über Null Grad früh aus dem Zelt zu kriechen und abends immer eine warme Dusche zu haben. Die Abenteuer der „Tandemtrotter“ Thomas und Sabiene könnt ihr im Internet finden.

Was uns hier nun richtig auffällt sind die horrenden Preise in der Stadt, im Vergleich zu Litauen ist alles doppelt so teuer und die Restaurantpreise können mit gehobener Mittelklasse in Deutschland mithalten, nach einigem Suchen sind wir richtig durchgefroren und entscheiden uns für eine schnelle, preiswerte und sättigende Variante in einem kleinen türkischen Restaurant und heben uns das Gourmetschlemmen auf, schließlich haben wir zwei ganze Ruhetag in der Stadt!

20. Tag: Donnerstag der 5. Mai 2010

5. Mai 2011

Am Meer

110 Kilometer von Bauska nach Jurmala, auf Europastraße, Piste und kleinen Straßen und 6 km direkt am Strand der Ostsee entlang, Kälterekord bei vielleicht 1 Grad bis nachmittags 7 Grad bei Sonne und Wolken, 85 Höhenmeter

Der Schritt aus der Tür ist ein Frostschock, zum Glück scheint die Sonne, aber der fahrtwind zieht doch recht kühl durch jede Bekleidungsritze. Die ersten 10 Kilometer teilen wir uns die Europastraße mit dickem Verkehr, dann können wir auf eine kleine Straße abbiegen, die natürlich wieder einmal keinen Asphalt hat, aber inzwischen sind wir schon daran gewöhnt und auch heute tuckeln wir wieder 15 km über die Piste.

Die Landschaft hier ist auch toll, flach wie ein Brett und nur selten Hügel. Überall riesige Felder und Birkenhaine und da wir ja gegen die Jahreszeit fahren ist der Frühling hier gerade einmal so weit, wie vor drei Wochen in Berlin mit Osterglocken und Forsythien und frischestem Birkengrün. Leider fehlen die schönen Holzhäuser, die das Land Litauen so symphatisch gemacht haben. Hier findet man in den Dörfern nur schlecht verputztes Mauerwerk oder angeranzten sozialistischen Plattenbau. Dafür sind die Preise höher als im Nachbarland und da der Let im Kurs von 0,65 zum Euro getauscht wird, verstärkt sich dieses Gefühl noch.

In Jelgava gibt es dann auch ein nettes Zentrum, schöne Bürgerhäuser und ein paar Kirchen, sowie ein Schloss, welches gerade renoviert wird.

Die meeresnähe kann man schon riechen und der boiden wird immer sandiger. Dann führt die Straße parallel zum Ufer, aber ein dicker Kiefernwald versperrt uns die Sicht. Irgenwann biegen wir ab und entdecken, dass es eine Sandspur direkt am Strand gibt, die sogar recht fest gefahren ist und so haben wir idyllische 6 Kilometer bis nach Jurmala direkt an der Ostsee entlang. Viel iszt hier noch nicht los, lediglich ein paar ordentlich vermummte Spaziergänger, aber etwas anderes kann man zu der Jahreszeit ja hier auch nicht tun.

Viel Treibgut gibt es und damit natürlich auch jede Menge angespülter Dreck, aber ich kann mir vorstellen, dass zur saison der Strand hier auch täglich gereinigt wird. Im Moment genießen die Möwen und ein einem Bieber ähnliches Geschöpf den einsamen Strand.

Jurmala ist, abgesehen von der durchführenden großen Straße fast ein Museumsdorf. Überall Holzhäuser im russischen Stil, dicht an dicht, einige wegen Baufälligkeit gesperrt, andere liebevoll restauriert. Dazwischen dann die Schandtaten aus sozialistischen Zeiten, große Gewerkschaftsbunker ohne jeglichen Charme und inzwischen verrottetem Glanz. Daneben dann die genauso schrecklichen Schandtaten der „Nachwende“. Jeder drittklassige Architekt kann nun hier seine pseudofuturistischen Ergüsse ohne Rücksicht auf die Umgebung in den Kiefernwald am Strand klatschen, eine hohe mauer schützt dann die Edelkarossen der reichen Badegäste aus dem gesamten Baltikum und Russland.

Unser Hotel ist renoviert im alten Stil und sehr nett anzusehen und es gibt eine Badewanne, was für ein Gefühl nach dem langen schönen Tag draußen in der frostigen Frische, nachdem wir noch über die Flaniermeile spaziert sind.