54. Tag: Mittwoch, der 8. Juni 2011
8. Juni 2011Durch Udmurtien
110 km von Warzi Jatschi nach Ischewsk, 470 hm auf teilweise ruhiger Straße, trüber Himmel ohne Regen und am Abend richtig schön
Es regnet die ganze Nacht und am Morgen immer noch. Erst als wir aufbrechen hört es auf -so muss das sein. Zwar sieht es immer noch düster aus, aber vielleicht kommen wir ja trocken ein wenig vorwärts. Natasja begleitet uns auch am Morgen wieder, sie hat das Formular mitgebracht, damit wir auf dem Parkplatz auch unsere Räder wieder mitnehmen dürfen. Es gibt wirklich noch richtig liebenswürdige Dinge aus alten Zeiten in diesem Land. Zum Abschied bekommt unsere nette Begleitung wieder ein Lied von Gerhard und Barbara gesungen.
Die dunklen Wolken halten sich, aber wir bleiben trocken und kommen gut vorwärts, heute sind die Hügel auch nicht mehr ganz so bissig. Die kleinen Dörfer hier in Udmurtien beherbergen auch zahlreiche Tartaren, zu erkennen an einer kleinen Moschee im Dorf, denn die Udmurten sind russisch-orthodox oder gar noch an schamanistischen Traditionen hängend, aber davon ist nichts zu erkennen, außer vielleicht, dass die Friedhöfe in einem dichten Waldstück liegen und ziemlich stark verwildert sind.
Auch heute scheinen wir wieder auszusehen wie die Profis mit immensem Insiderwissen und werden nach dem Weg gefragt, dabei sind mir meist froh, wenn wir den richtigen Abzweig gefunden haben.
Arguis ist eine hässliche Kleinstadt auf halbem Wege, hier hat sich seit 20 Jahren kaum etwas verändert, ich sehe mich wie üblich nach einem Hotel um, um die karte einzusammeln, aber es gibt erst an der M7 wieder zwei Motels. Davon hat eins geschlossen und das andere ist so schäbig, dass es hervorragend als Kulisse für einen Horrorfilm dienen könnte.
Auf den letzten Kilometern nach Ischewsk ist die Regengefahr dann ganz gebannt, im Gegenteil es wird sogar noch richtig schön. Einzig ärgerlich ist, dass die Stadt noch einmal auf einem Berg liegt und das Zentrum sich ganz oben befindet. Dafür hat man dann natürlich eine gute Aussicht über den See bis hin zu einem riesigen Stahlwerk.
Bekannt ist die Stadt vor allem für die Produktionsstätte der Kalshnikow AK-47, die hier bis heute gebaut wird. Mit 100 Millionen Stück ist sie die weltweit am meisten Produzierte Waffe und alle meine Ostleser haben das gute Stück während des NVA Dienstes noch in der Hand gehabt.
Besonders schön leuchtet die Sankt Michaels Kathedrale in der Abendsonne, ein schönes Stück russischer Sakralbauten und fast so schön, wie die Basilius-Kathedrale in Moskau.
Entlang der Flaniermeile in der Stadt, hier keine Einkaufsmeile, sonder es reihen sich Kino, Theater und Kulturpalast hintereinander trifft sich auf den Abend die halbe Stadt, um noch ein wenig Abendsonne zu tanken. In der Nähe finden wir auch ein nettes Restaurant mit Schaschlik und Plov, einem eigentlich eher zentralasiatischen Reisgericht, aber bis Asien ist es ja nicht mehr weit und wir alle hoffen, dass es einen schönen Strich über die Straße oder ein Schild gibt.
Ab morgen endet meine gut aufgelöste Karte und dann tasten wir uns auf nicht so tollen Maßstäben durch die Landschaft, Perm habe ich aus dem Programm gestrichen, da ist nicht zu viel zu sehen und es geht immer auf der M7 entlang und so wollen wir uns auf kleinen Straßen einmal quer durch den Ural wurschteln.