83. Tag: Donnerstag, der 7. Juli 2011

7. Juli 2011

Schönes Sibirien

128 km von Tjaschinski nach Atschinsk, hügelig durch weite Landschaft, sehr kühl und wolkig mit ein wenig Sonne bis 16 Grad

Erstaunlich, dass man nach einer recht schrecklichen nacht am Morgen doch recht frisch sein kann, zumal auch das Frühstück wieder recht mager ausfällt, es gibt keine Blinui, also Pfannkuchen, sondern nur Suppen oder Plow. Plow ist ein typisch asiatisches Reisgericht, eigentlich mit Lammfleisch zubereitet, aber hier gibt es das mit Schweinefleisch und das ist schon etwas komisch für ein moslemisches Gericht, das ist dann ein bisschen so wie ein Schweinefleischdöner.

Wieder sind wir zeitig auf der Straße und das kühle Wetter hält weiter an. So kommen wir recht zügig durch die Landschaft und die ist heute, wie eigentlich immer in den letzten Tagen, sehr schön. Links und rechts blühen reichlich Blumen und es gibt mehr und mehr Wälder und immer weniger Orte. Die wenigen Orte kann man manchmal nur in ein oder zwei Kilometer von der Straße entfernt erahnen, die hauptstraße geht weitestgehend immer nur durch die „Prärie“.

Nach 40 Kilometern gönnen wir uns dann ein zweites Frühstück und sind dann weiter mit einem guten Schnitt unterwegs. Eigentlich war heute nur ein kurzer Tag mit 75 Kilometern bis nach Bogotol geplant, aber es läuft richtig gut und die einzige Übernachtungsmöglichkeit befindet sich noch im Bau und ist vielleicht 2014 fertig, wenn ich hoffentlich hier wieder durchkomme.

Nachmittags wird die Landschaft wieder weiter und offener, rechts von uns liegen schon wieder etwas höhere Altaiausläufer, die uns nun schon seit drei Tagen begleiten.

Die Stadt Atschinsk grüßt schon aus weiter Ferne mit einer riesigen Abraumhalde und hohen Schornsteinen. Was hier abgebaut wird, lässt sich nicht herausbekommen. Wir beschließen nicht in der Industriestadt zu nächtigen, sondern stoppen an der ersten Raststätte vor dem Ort, wieder einmal genau rechtzeitig vor einem Regenguss. Die raststätte ist recht klein und ordentlich, allerdings muslimisch, das heißt, wir werden auf ein Bier zum Abendessen verzichten müssen. Der Service ist ganz nett und flott und auf meinen Wunsch bereitet die Köchin schon mal Milchreis für den nächsten Morgen vor. Erstaunlich, erstaunlich, kaum wird das Business privat, werden die Leute auch flexibler, während man so oft noch den Eindruck hat, dass an einigen Stellen die Kunde vom Ende der Sowjetunion und des Sozialismus noch nicht bis hierher vorgedrungen ist.

Die langen Etappen machen sich schon bemerkbar, denn nach der Ankunft passiert nicht mehr viel. Meine Gruppe legt sich nach der Ankunft immer gleich aufs Ohr und dann gibt es Abendessen und danch werden alle wieder gleich müde, es wird Zeit, dass der nächste Ruhetag kommt!

82. Tag: Mittwoch, der 6. Juli 2011

6. Juli 2011

Graue weite Weiten

121 km von Krasnui Jar nach Tjaschinski, 400 hm , bewölkt und kühl und grau bei 17 Grad, mittlerer Verkehr auf der M53

Heute ist nicht so richtig mein Tag, der wieder recht zeitig beginnt. Ich höre schon und halb sechs die Dusche rauschen und springe sofort ins Bad, damit noch etwas heißes Wasser übrig bleibt und nicht wieder vom Nachbarzimmer alles weggeduscht wird, danach schlafe ich noch mal ein und werde gerade im schönsten Traum wieder geweckt.

In der Stolowaja unten ist das Frühstücksangebot nicht besonders toll und eine mittelmäßige Soljanka und drei halbe Scheiben Brot sind nicht so der Bringer.

Draußen regnet es nicht mehr, aber es ist recht grau, als wir wieder auf die Piste kommen. Die Landschaft wird wieder etwas eintöniger und bleibt auch den ganzen Tag so. Es gibt ab und zu ein paar schöne Hügel, die für Abwechslung sorgen, aber ansonsten ist heute ein reiner Arbeitstag, also treten, treten, treten. das geht zwar recht gut, weil der leichte Wind wieder von hinten weht. Bei schönem Wetter wären vielleicht ein paar Fotomotive herausgesprungen in der weiten Landschaft mit sanften Hügeln, aber so eben nicht.

Die Stadt Mariinsk kündigt sich zwar per Plakaten als Stadt der Museen an, aber erst kommen reihen wiese nur mehr oder weniger hübsche Holzhäuser und die Straße durchs Städtchen ist ein Zumutung, Holperpiste mit riesigen Pfützen vom gestrigen Regen. Die Stolowaja, also ein Bistro ist eher mäßig und nach 80 Kilometern haben wir recht großen Hunger. danach ist der Bauch voll und die Beine wollen nicht mehr treten, müssen aber.

Etwas Abwechslung bringt ein rasender Reporter, der uns in der Stadt gesehen hat und Umgehend Kamera und Stativ in den Lada geworfen hat und uns am Ortsausgang abfängt. Ein schnelles Interview und dann geht es weiter. Es sieht so aus, als ob es jeden Augenblick regnen will, dann kommen schon zwei oder drei Tropfen und dann doch nichts mehr. Also rein in die Regenklamotten und dann wieder raus, weil man drei Kilometer weiter bis zum Umfallen schwitzt.

Gut, dass ich mein GPS-Gerät am Lenker habe, das sieht man dann schön, wie der Zielort näher kommt und freut sich auf das Ende des Tages. Die Raststätte ist recht mies, die Zimmer haben keine Fenster, was bei dem kühlen Wetter kein Problem ist. Die Dusche ist ein Abenteuer, aber schön heiß. Die anderen fallen in den Tiefschlaf und ich gehe runter in die Stolowaja und kann meine Notizen nachholen, bevor alle zum Essen eintrudeln. Das eh schon magere Menü ist schon recht ausgedünnt und es gibt dieses nicht und jenes nicht und dieser Salat ist auch alle und Eierkuchen und Milchreis morgen zum Frühstück sowieso nicht. Die hübsche Bedienung sorgt am Abend für etwas optische Abwechslung, aber ansonsten klingt ein doch recht öder Tag im zimmerlosen Fenster aus. Schnell schraubt sich die Temperatur dann doch noch auf 30 Grad hoch und es wird erst gegen Morgen erträglicher.

Naja, man kann ja nicht immer nur gute Laune haben und morgen früh sieht wieder alles ganz anders aus.

81. Tag: Dienstag, der 5. Juli 2011

5. Juli 2011

Insektenfrei im Altai

96 km von Kamerowo nach Krasnui Jar, 900 stattliche Höhenmeter durch den Altaiausläufer, Anfang stressiger, später erträglicher Verkehr auf der M 53 in schöner Landschaft, sonnig, dann wolkig und abends Regen bei max. 17 Grad

Obwohl die Sonne fröhlich leuchtet ist es recht kühl. Auch das hatten wir hier in Sibirien anders erwartet, bis auf die drei wirklich heißen Tage ist es doch recht kühl oder fast schon kalt hier und wir sind ja inzwischen mitten im Sommer angekommen.

Gleich aus Kemerowo heraus geht es kräftig den Berg hoch, wir werden heute einen Ausläufer des Altai durchqueren und das wird sich wohl ziemlich bemerkbar machen. Am Anfang ist die Straße schmal und der Verkehr dicht und stressig, aber das wird rasch besser und auch bergiger. Schöne Anstiege um die drei Kilometer Länge mit 200 Höhenmetern Unterschied, das bereitet mit viel Freude. Ich mag wirklich die langen Anstieg, da kann man Kopf und Körper richtig darauf einstellen, das ist fast wie Meditation, während Hügel oder kurze Berge für mich eher nervig sind. Unten muss man Anlauf nehmen und meistens tritt man dann viel zu „dick“ und ist oben platt wie auf einem Himalya-Pass.

Wenn ich es richtig bedenke, sind es die ersten richtigen Berge, die wir zu radeln haben, alles andere waren bisher, zumindest für mich, nur längere Hügel. Spaß macht es allemal, weil die Temperatur noch nicht einmal 18 Grad erreicht und ein leichter Wind von hinten schiebt. Die Straße ist frisch geteert, an manchen Stellen ein bisschen zu frisch, so dass einem bei entgegenkommenden Fahrzeugen die Steine um die Ohren prasseln, dann heißt es nur, den Helm ganz tief ins Gesicht ziehen. Noch einen Vorteil hat das kühle Wetter, es gibt keine Mücken, keine Bremsen und anderes lästiges Kleingetier und das ist wirklich wunderbar. Der einzige Nachteil ist, dass ich meinen edlen Körper nicht weiter toasten und bräunen kann, aber für die Insektenfreiheit verzichte ich darauf gerne.

Die hügelige Berglandschaft ist wunderschön, es gibt sogar ab und zu einmal wieder ein Dorf, irgendwo idyllisch auf eine Gebirgswiese verteilte Gehöfte und Holzhäuschen. Überall blühen mehr als bunte Blumen und alles ist sehr farbenprächtig. Leider zieht der Himmel recht schnell zu und als wir nach ordentlicher Anstrengung dann Krasnui Jar erreichen, fängt es an zu regnen. Sehr schade, denn der Ort sah ganz nett aus, wir sind zeitig eingetrudelt und ich hätte ganz gern noch einen Spaziergang gemacht. So legen wir uns alle auf die Betten und schlummern ein wenig, bevor es dann nach unten zum Abendessen geht.

Abwechslung bringt dann ein Amerikaner, der mit seinem Rad aus entgegen gesetzter

Richtung eintrudelt und gründlich durchgeweicht ist. Wir fangen an Geschichten zu erzählen und bieten dann noch einen Platz in unseren Zimmern an, da alle anderen Zimmer belegt sind und das nächste Hotel oder Motel erst 50 Kilometer weiter ist, bei Regen und am frühen Abend kein richtiger Spaß!

80. Tag: Montag, der 4. Juli 2011

4. Juli 2011

Tag mit Höhen und Tiefen

121 km von Schurawlewo nach Kamerowo, 30 km recht gute Piste, Sonne und Wolken bis 18 Grad, 306 hm auf ruhiger Straße

Obgleich gestern Abend noch recht frisch nach den 150 Kilometer, fühlen wir uns heute morgen alle etwas zermatscht, aber im Lokal unten gibt es Michreis und Pfannkuchen, das geht gut ohne zu denken und zu kauen runter und schmeckt dazu auch noch.

Am Abzweig nach Norden dann die erste Überraschung, die Straße, obgleich als Straße zweiten Ranges in der Karte verzeichnet, ist nicht asphaltiert, aber die Piste ist recht ordentlich zu fahren. Eigentlich ist es erstmals richtig so, wie man sich Sibirien vorstellt: richtig weite Landschaften, ab und zu ein kleines, lumpiges Dorf und eine einsame Piste, die immer geradeaus führt. Rechts und links der Straße wächst Getreide. In die Reihen wurde gleichzeitig Hanf mit ausgesät, obwohl das eigentlich keinen Sinn macht. Oder ist das vielleicht eine neue Methode, um den „Nutzhanf“ besser zu tarnen, aber dann doch nicht direkt an der Straße…..oder vielleicht gerade deshalb.

Nach 30 schönen Kilometern kommt der Asphalt zurück und es sind sofort auch wieder mehr Autos auf der Straße. Wo kommen die auf einmal alle her, es gab weder einen größeren Ort, noch einen Abzweig oder Zubringer, aber es bleibt wenigstens immer noch wesentlich ruhiger als auf der Hauptstraße, leider wird es uns wohl bis Irkutsk kaum gelingen, weitere Nebenstrecken zu finden.

Am Nachmittag geht es dann recht hügelig auf die nächste größere Stadt, Kemerowo, zu und kurz vor dem Ziel habe ich dann einen Plattfuß. Ursache ist der Mantel, der sich langsam an der Seite auflöst. So scheibnt uns die Ursache, weil wir nix anderes finden. Kaum ist der Schlauch geflickt und wieder eingezogen und das Rad bepackt, wird der Mantel schon wieder „matschig“, also wieder alles abbauen und die Ursache ist wieder einmal bnicht zu finden. Erst beim vierten Versuch, natürlich wieder ohne Ursache klappt es endlich und die komprimierte Luft bleibt dort, wo sie sein soll. Das hat natürlich jede Menge Zeit gekostet und so ist es dann doch schon wieder 18 Uhr, als wir in die Stadt einrollen und für einen Spaziergang bleibt kaum noch Zeit.

Im ersten Hotel sind die Preise utopisch hoch und es gibt kein warmes Wasser, also ziehen wir noch ein Stück weiter. Dieses land ist schon unglaublich, da wird in der halben Stadt für mehr als 2 Wochen das Warmwasser abgedreht und die Leute machen das ohne zu murren mit (…..vielleicht kommt ja Wodka als Ersatz aus dem Hahn).

Am Ufer des Tom-Flusses steht dann ein sowjetischer Kasten, der ebenso heißt wie der Fluss und ich. Der Laden hat zwar die Duschen im Keller, aber in den Zimmern gibt es ein Waschbecken und ein Radio aus den 70er Jahren, also ein an die Wand montierter Lautsprecher mit einem Sender und auch ansonsten geht es eher sowjetisch rutikal zu, nach Internet brauche ich gar nicht erst zu fragen.

Am Ufer des Flusses findet sich eine schöne Promenade, hier spaziert in der Abendsonne die halbe Stadt und man zeigt, was man hat. Die Mädels haben sich schick gemacht und die Jungs posieren mit freiem Oberkörper auf ihren Mountainbikes.

Der Duft einer Grillbude zieht uns magisch an und ein Schaschlik wird dann auch unser Abendbrot, das ist zwar ziemlich lecker, aber nach 120 Kilometern nicht ganz ausreichend und so brauche ich noch fast 2 Tafeln Schokolade zum Nachtisch, um meine „Gier“ nach Energie zu stillen.

79. Tag: Sonntag, der 3. Juli 2011

3. Juli 2011

Der perfekte Tag

148 Kilometer von Novosibirsk nach Schurawlewo, hügelig auf nicht zu großer Straße durch den Altaiausläufer, 656 hm bei Wolken und Sonne und zwei kurzen Schauern bis 18 Grad

Morgens ist es recht kühl, nur 14 Grad, aber sehr schön. Mit steigender Morgensonne verlassen wir Novosibirsk. Ein paar tage haben wir nun wieder einmal Nebenstrecke vor uns und nicht die Hauptmagistrale, die weiter im Norden einen Bogen um den Altaiausläufer macht, den wir durchqueren wollen.

Am Rande der Stadt gibt es einen riesigen „Chinesenmarkt“, hier findet man unter Zelten und an Ständen, alles was billig im Reich der Mitte produziert wird. Unter den Händlern sehe ich meistens aber turkstämmige Gesichter, also Kasachen oder Kirgiesen, aber ein paar „richtige“ Chinesen sind auch dabei.

Noch in der Stadt kommen die ersten Hügel des Altaivorgebirges, aber die Steigungen sind sanft und gemütlich und nicht zu lang. Die Landschaft hat sich gegenüber den riesigen Ebenen der letzten tage grundlegend verändert, vor allem am Vormittag gibt es viel Wald. An der Nebenstrecke sieht man auch ab und an ein Dorf. An den Abzweigen zu den Dörfern stehen reihenweise Ladas, der Kofferraumdeckel ist hochgeklappt und darin befindet sich ein frisch geschlachtetes Schwein. Hinter dem Auto steht ein schwerer Hackklotz und der abgehackte Schweinekopf soll dem vorbeirauschenden potentiellen Kunden sagen, was es hier zu kaufen gibt.

Die Bewölkung hat dramatisch zugenommen, aber zwischen dicken und dunklen Wolken gibt es immer wieder große Sonnenlöcher. Ein paar Mal sausen wir an einem Regenguss knapp vorbei und nur zwei Mal erwischt uns ein Schauer und fünf Minuten später kommt die Sonne wieder hervor. Wunderbar sind der leichte Rückenwind der uns voran treibt und die angenehmen Temperaturen.

Am Nachmittag wird die Landschaft etwas offener und manchmal kann man am Horizont einen bewaldeten Zug des Altai im Süden erkennen. Seit langem sehen wir wieder einmal Getreidefelder und dazwischen viele Gruppen mit Birken und Wiesen und Weiden. Jetzt im Sommer gibt es überall Blumen in allen Farben.

Schurawlewo liegt malerisch an einem See und wir genießen noch ein wenig die abendliche Aussicht, trotz der knapp 150 Kilometer fühlen wir uns noch recht frisch, auch Dank des leichten Windes, der heute wieder einmal von hinten blies. Das Restaurant ist außergewöhnlich gut, mal wieder kein Essen, das mit der Mikrowelle aufgewärmt wurde, sondern frische Salate und alles sehr lecker und hasugemacht. Und auch die Russen wissen das zu schätzen, denn der Laden macht außergewöhnlich guten Umsatz. Auch die Zimmer sind recht schnuckelig, auch wenn das Ausziehsofa nicht sonderlich bequem ist.