123. Tag: Dienstag, der 16. August 2011

16. August 2011

Vollmond über der Grassteppe

145 Kilometer mit Rückenwind aus Ulaanbaatar heraus in unser erstes Zeltlager, 789 hm bei sonnigen 25 Grad und ordentlichem Rückenwind.

Mit frischer Kraft nach den vielen faulen Tagen sind wir heute regelrecht gierig aufs Radfahren, auf der Ausfallstraße ist ordentlich was los, wegen eines Unfalls staut sich der Verkehr, aber brav in der Schlange zu warten bis es weitergeht ist nicht des Mongolen Stärke. Die Straße und die breiten Dreckspuren werden komplett zugefahren, bis es keinen Millimeter mehr vorwärts oder rückwärts geht. Hinter der Stadt wird dann auch der Asphalt besser und wir kommen gut voran, auch dank des kräftigen Rückenwindes, der uns die Berge hinauf treibt und auf der anderen Seite mit bis zu 60 km/h wieder hinunter. So wird es heute ein Riesenspaß zu radeln und wir können heute auch so lange fahren, wie wir wollen, denn wir übernachten heute erstmalig in den Zelten übernachten, deshalb haben wir auch ein weiteres Begleitfahrzeug mit weiterem Fahrer und Köchin und damit ist sichergestellt, dass wir in den nächsten Tagen nicht nur fetten Hammel zu essen bekommen.

Die Landschaft ist noch weit von der Wüste entfernt, obwohl es eigentlich mit jedem berg, den wir hinauf und wieder hinunter geradelt sind, trockener geworden ist. Ab und zu sehen wir noch ein paar Jurten und es gibt deutlich weniger Pferde und Kühe als in den grünen Bergen nördlich von Ulaanbaatar. Deshalb nehme ich auch noch einmal die Gelegenheit wahr, zu zwei Flaschen Airag zu kommen, denn in der Wüste wird es den dann wohl nicht mehr geben.

Nach 145 Kilometern reicht es dann mit dem Radfahren, wir haben 25 Kilometer mehr geschafft als geplant und nun wollen wir sehen, was unser Küchenteam kann.

Am Abend zelten wir dann vielleicht 500 Meter von der Piste entfernt und unser Küchenteam zaubert eine wunderbare Mahlzeit mit Salat und getrennt nach vegetarisch und nicht vegetarisch. Bier haben wir bei der Ausfahrt aus der Stadt noch zugeladen und so fehlt es uns an nichts.

Die Sonne geht glutrot am Horizont unter, während wir unsere Energie in Form von Nudeln und Bier nachfüllen und auf der anderen Seite geht ein leicht abnehmender Vollmond auf, der die Halbwüste in ein zauberhaftes Licht versetzt.

Leider ist es die Nacht über nicht so ruhig, wie man eigentlich in der Wüste erwartet, da man ab und zu die Eisenbahn vorbei rumpeln hört und auch der LKW Verkehr nimmt nachts noch ein wenig zu, aber eigentlich ist das auch noch sehr wenig, wenn vielleicht alle 20 Minuten ein LKW vorbeirauscht.

123 Tag: Montag, der 15. August 2011

15. August 2011

Großer Abschied (Fauler Tag VI)

Shopping und großes Abendessen

Heute nun der letzte faule Tag für die Gruppe, für mich wieder einmal nicht, denn es wird wohl bis nach China hinein der letzte Tag sein, an dem ich Internet zur Verfügung habe. Unser Aufklärungsteam ist noch in China unterwegs und klärt ein paar Streckenabschnitte auf und ich hoffe nur, dass ich die Infos noch rechtzeitig bekommen, sonst wird es schwierig in China. Aber eigentlich haben wir schon ganz andere Situationen erfolgreich meistern können.

Doch bevor ich zum Schreiben komme muss noch Biggis Rad verpackt werden. Die Toilettenpapier und Klebeband-Methode, die wir in Moskau entwickelt haben kommt auch heute wieder zum Einsatz. Nach knapp 30 Minuten ist das Rad dann zum Transport vorbereitet. Für Biggi, Annabelle, Ulli und Armin ist heute der letzte Tag auf reisen, morgen früh um 6 Uhr geht es für die Vier dann vom Flughafen wieder in Richtung Heimat. Damit ist heute noch einmal Shopping angesagt, auch ich kann mich dem nicht entziehen, doch ich steuere das große Kaufhaus ohne Umwege an und nach 35 Minuten habe ich meine Einkäufe hinter mir: 3 Paar Filzhausschuhe und ein mongolisches für meinen Sohn.

Auf dem Rückweg statte ich dem im Aufbau befindlichen Goethe-Institut noch einen Besuch ab, Arbeit gäbe es hier für einen Sprachlehrer auf der Suche nach Abenteuer, allerdings ist die Bezahlung nur mittelprächtig.

Am Abend treffen wir uns dann noch einmal in der großen Gruppe und ziehen in ein Grill Restaurant, hier gibt es ein leckeres großes Salatbuffet und viel totes Tier zum Grillen auf den Teller. Wir trinken noch einmal gut Bier und genießen guten Kaffee und verabschieden uns von unseren vier Mitstreitern, die gut 1000 Kilometer mit uns geradelt sind.

121. Tag: Sonntag, der 14. August 2011

14. August 2011

In der Steppenmonopole (Fauler Tag V)

Besuch des Gandan Klosters und einer Hurtensiedlung in der Vorstadt, Stadtbummel und zahlreiche Museen, abends mongolisches Konzert und traditioneller Tanz

Das Gandan Kloster ist das religiöse Zentrum der Mongolei und auch das einzige Kloster das in der Sowjetzeit seinen Betrieb nicht vollständig einzustellen hatte. Mit der Demokratisierung in den 90er Jahren lebte auch die buddhistische Religion im Lande wieder auf und das Gandan ist ein wichtiges Zentrum für den Lamaismus in der Mongolei. Deshalb sind hier auch immer viele Pilger aus allen Landesteilen anzutreffen, die dem Kloster und den Mönchen spenden. Dafür werden in zwei Hallen gleichzeitig Zeremonien für die Pilger und Gläubigen abgehalten. Wir mischen uns unter den Strom der Einheimischen und der vielen ausländischen Pilger und beobachten lange die Zeremonie der Mönche, die mit tiefen Stimmen tibetische Manuskripte in typischem Singsang herunterleiern, ab und zu durch Gongs unterbrochen.

Der Höhepunkt des Rundgangs ist die 26 Meter hohe Statue des Boddhisattva Avalokiteshvara in stehender Position. Die ursprüngliche Statue war 1938 von sowjetischen Truppen eingeschmolzen worden und die heutige Figur ist 1990 mit Spendengeldern von 5 Millionen Dollar wieder errichtet worden. Man kann ehrfürchtig seine Runde an dem streng blickenden Boddhisatva Gebetsmühlen drehend seine Runde im Strom der Pilger ziehen.


Nach dem Besuch im Kloster fahren wir durch die nördliche Vorstadt, in der zwischen einigen Holzhäusern noch zahlreiche Jurten stehen. Viele der Familen aus der Steppe haben noch „eine Jurte in Ulaanbaatar“, hier lebt dann ein Familienmitglied oder die Großeltern und beaufsichtigen die Kinder, die hier in den Herbst und Wintermonaten die Schule besuchen. Im Winter werden die Jurten mit Kohle, holz oder Kuhdung beheizt, wesewegen die Stadt unter furchtbartem Smog leidet, so dass sich die Ulaanbaataer nicht trauen die Fenster zu öffnen. DieLage der Stadt im Talkessel und die kalten rockenen Wetterlagen begünstigen natürlich die Smogbildung.

Am Nachmittag pilgert die Gruppe getrennt durch verschiedene Museen, während ich mich an den Schreibtisch setze, nicht ohne vorher einmal durchs Zentrum gelaufen zu sein. Moderne und Tradition prallen hier zusammen. man sieht die alten Leute in traditionellen Kleidern, während auf dem Suchbaatar Platz im Zentrum Streetbaketball gespielt wird. Entsprechend hippig ist auch das Publikum. Die jungen Mädels zeigen freizügig sehr viel Bein und kleiden sich kurz und trendig, den Jungs gelingt das meist noch nicht so gut.

In den Straßen rollt dichter Verkehr und das Auto ist ein Statussymbol, man sieht verdammt viele dicke „Hummer“ in den Straßen der Steppenmetropole, ich möchte behaupten noch mehr als in Moskau.


Am Abend treffen wir uns alle zum Konzertbesuch. Es ist ein beeindruckendes Potpourri aus Tanz, Volksmusik und mongolischer Klassik. Das Ballet in bunten pseudotraditionellen Kleidern ist etwas kitschig, die Tänze zu buddhistischen Rhytmen von Tänzern in Dämonenmasken und schweren Kostümen schon glaubhafter. Die Darbietungen der Kehlkopf und obertonsänger sind noch besser als im Restaurant gestern Abend und reißen und uns und das gesamte Publikum, das nicht nur aus Touristen besteht mit. Die Darbietung einer Schlangenfrau gehört natürlich auch zum Programm, die Frauen könne ihren Körper dermaßen elastisch verbiegen, dass man aus dem Staunen nicht mehr heraus kommt und sich meine Yogaübungen dagegen eher lächerlich anfühlen.

Das Mongolische Nationalorchester besteht hauptsächlich aus traditionellen Instrumenten und adaptiert dabei auch westliche Klassik und die Pferdekopfgeige kann gut und gerne mit einer Violine mithalten. Wirklich restlos begeistert verlassen wir das Konzerthaus.

120. Tag: Samstag, der 13. August 2011

13. August 2011

Kaschmir-Shopping und sowjetisches Heldentum (Fauler Tag IV)

Rückkehr aus dem Hustai Nationalpark in die mongolische Hauptstadt, Besuch einer Kaschmir Verkaufsshow und des sowjetischen Heldendenkmals, Abendessen in einem traditionellen Restaurant mit Kehlkopf und Obertongesang

Bevor wir die Steppe vorerst wieder verlassen besuchen wir noch eine Nomadenfamilie mit mehreren hundert Pferden. Die Frau des Hauses ist besonders Stolz auf ihre neunjährige Tochter, nicht nur wegen der Medaillen, die sie auf dem Pferderücken errungen hat, sie ist eine begnadete Reiterin, sondern auch, weil sie die Beste in ihrer Schulklasse ist und so hoffentlich einmal ein gutes Leben führen kann. Bei einer Schale Airag nehmen wir dann vorerst Abschied von der Steppe und dem touristischen Nomadenleben und schaukeln im Bus zurück nach Ulaan Baatar.

Am Rande der Stadt gibt es eine große Produktionsstätte für Kaschmirwaren mit teurem Shopping Bereich und Verkaufsshow. Langbeinige Models zeigen kleines Schwarzes und dickes Warmes in wolligem Edelmaterial. Natürlich interessiert sich vor allem die mitreisende Damenwelt für das Paradies und kauft Teilbestände auf, während ich natürlich eher gelangweilt einen Kaffee trinke.

Danach geht es in den Süden der Stadt. Da hier im Winter die Luft am besten ist, wenn über dem Rest der Stadt eine dicke Dunstglocke wegen der mit Kohle und Holz beheizten Jurten hängt, wachsen hier Luxuswohnviertel mit teuren Apartments. In der Mitte befindet sich ein Hügel mit einem Ehrenmal, dass noch die Sowjets hier hinterlassen haben und das von den gemeinsamen Heldentaten im Kampf gegen die Japaner und den Hitlerfaschismus berichtet. Auch zeigt es natürlich das friedliche Nebeneinander der beiden ehemaligen sozialistischen Länder. Das ist natürlich alles schon ein Weilchen her und der Putz bröckelt auch mächtig am Ehrenmal. Geblieben ist die gute Sicht über die Stadt und deshalb pilgern nicht nur die ausländischen Touristen hierher, sondern auch verliebt Pärchen, Gäste aus der Provinz und auch die Soldaten veranstalten Gruppenausflüge. Wir genießen den Blick, die Sonne und die Stimmung hier oben, bevor wir dann ins Hotel „Edelweiß“ einkehren. Nach unserem Ausflug in den Terelji Nationalpark erscheint uns der Name nicht mehr so idiotisch für ein Hotel in Zentralasien.

Und immer noch haben wir keine Zeit fürs Zentrum der Stadt, denn wir haben noch ein Abendprogramm. In einem traditionellen Restaurant gibt es ein Konzert mit Kehlkopfgesang, einer Kunst, die es nur in der Mongolei gibt, ebenso wie der Obertongesang. Beides ist in den Weiten der Steppe entstanden und soll die Geräusche der natur und der Tiere widerspiegeln. Zu den tiefen rauchigen Stimmen mischt sich ein melodisches Pfeifen, anfangs dachte ich, dies rühre von einer Flöte her, das ist aber dieser faszinierende Obertongesang. Wir sind alle mächtig begeistert und das Essen passt dazu, gebratene oder gebackene Teigtaschen, hier Buuz genannt.

119. Tag: Freitag, der 12. August 2011

12. August 2011

Auf der Suche nach dem Przewalski Pferd (Fauler Tag III)

Transfer vom Terelji Nationalpark in den Hustai Nationalpark und erfolgreiche Suche nach dem Przewalski Pferd

Auch heute wieder ein langer Tag im Bus, zuerst geht es wieder in Richtung hauptstadt, dann auf der staubigen Umfahrung durchs Industriegebiet und auf der anderen Seite der Stadt nach Westen wieder in die Steppe. Hier liegt ein weiterer Nationalpark, der ganz anders geartet ist, wesentlich weiter ist die Landschaft, doch zum Zentrum des Parkes hin erheben sich doch recht ordentliche Berge und Hügel, allerdings ohne Steinformationen, sondern sanft und grün.

Im Nationalpark gibt es nur eingeschränkten Tourismus und es darf keine Viehzucht betrieben werden und die touristischen Jurtencamps liegen am Rande des Parkes. Wir können am Nachmittag nicht all zuviel tun, denn es regnet gemütlich vor sich hin.

Im Park darf sich Flora und Fauna vom Menschen unberührt entfalten. Die Besonderheit des Parkes sind jedoch die Przewalski Pferde, die Vorfahren unserer Hauspferde, die einstmals in ganz Transeurasien zu Hause waren und die in den 60er Jahren ausgestorben waren, bis auf nur noch 13 Exemplare, die in einigen Zoos gehalten wurden. Durch Züchtung, Kreuzung und Rückzüchtung hat man aber den Bestand vermehrt und hier im Hustai Nationalpark wurde eine Herde ausgewildert, die sich auch ordentlich vergrößert hat.


Natürlich gelingt es nicht jeden Tag allen Touristen die scheuen Tiere zu gesicht zu bekommen, aber wir haben mehr als Glück, als wir uns am Abend in die Nähe der Stellen bewegen, zu denen die Tiere abends gerne zum Fressen und Trinken kommen. Auch lassen uns die Tiere bis auf 50 Meter heran und alufen auch dann nicht weg, sondern ziehen einfach weiter des Weges. Wir beobachten die kleine Gruppe von vielleicht 15 Tieren fast eine halbe Stunde und kehren dann zufrieden ins Jurtencamp zurück.