18. Tag: Donnerstag, der 16. August 2012

20. August 2012

Durch die Hauptstadt

106 Kilometer vom Hustai Nationalpark bis in die mongolische Hauptstadt, dann mit dem Bus weiter bis in den Terelji Nationalpark, 495 Höhenmeter bei sonnigen 24 Grad und leichtrem Rückenwind

Nachdem es in der Nacht ordentlich gewittert hat, lässt sich die Sandpiste am Morgen wesentlich besser fahren, man bleibt kaum noch stecken und die Reifen greifen besser. Zurück auf der Hauptstraße geht es dann direkt nach Osten auf die Hauptstadt Ulaan Baatar zu. Der Wind treibt uns ziemlich zügig vorwärts von Hügel zu Hügel und dann öffnet sich das Tal und die Stadt mit etwas mehr als einer Millionen Einwohnern liegt vor uns. Die Einfahrt im letzten Jahr war schrecklich staubig gewesen, da die einzige Straße vom Westen eine Baustelle war.

Bis heutre hat sich wenig geändert, die Baustelle ist nur wenig vorangekommen und dann holpert man wieder durch große Löcher. Eigentlich sind die Straßen am Stadtrand breit angelegt, aber oft sind sie so schlecht, dass die Autos nur im Schritttempo durch die Löcher fahren können. So ist nicht die Menge an Fahrzeugen die Ursache für die Staus, sondern einzig die schlechte Qualität der Straße. Im Zentrum ist es dann ein wenig besser.

Durch den dichten verkehr hat man kaum Zeit, die Umgebung zu beobachten, aber die Stadt ist auch keine Perle. Am Stadtrand findet man nur Industrie und kleine Betriebe, die vom Staub der Straße eingehüllt sind und das Zentrum ist eine Mischung aus Bauten der 70er und 80er Jahren mit einigen modernen Gebäuden dazwischen. Aber in drei Tagen sind wir noch einmal hier und dann können wir die Stadt zu Fuß erkunden.

Im Zentrum machen wir halt für einen guten Kaffee und den Besuch einer Wechselstube, dann geht es am Nachmittag schon weiter. Am Ortsausgang steigen wir dann alle auf den Bus und fahren die ebenfalls wieder schlechte Straße nach Osten heraus. Bald biegen wir ab und sind im Terelji Nationalpark. Das Terelji ist ein Gebirgszug mit schönen Granitformationen. Entlang eines kleinen Flusses liegen unzählige Jurtencamps, die im Sommer und an den Wochenenden von den Ulaan Baatarern bevölkert werden, die Nähe zur Stadt macht’s möglich.

Leider hat die Stadtdurchfahrt viel Zeit gekostet, so dass heute Abend kaum noch Zeit zum Umsehen bleibt, aber rund um unser Camp leuchten die Berge und Felsen in der Abendsonne, bis sich wieder eine Gewitterfront über den Himmel zieht und es einen schweren Guss gibt. Der stört uns beim Abendessen sitzend nicht im Geringsten.

17. Tag: Mittwoch, der 15. August 2012

20. August 2012

Auf der Jagd nach dem Wildpferd

72 km vom Jurtencamp in den Hustai Nationalpark, 303 Höhenmeter durch die Grassteppe, die Hälfte davon Piste bei wechselnden Winden, Abstecher in den Park auf der Suche nach dem Przewalski Pferd

Wieder haben wir ideales Radfahrerwetter und die Strecke ist mehr als schön. Anfangs geht es weit ab der Straße über gut zu fahrende Pisten durchs Gelände. Die Weite des Geländes in alle Richtungen ist immer wieder beeindruckend. Nur hin und wieder taucht eine Jurte auf und überall gibt es Tiere, die sich nicht einmal die Mühe machen, den Radfahrern nachzusehen.

Erst nach guten 20 Kilometern erreichen wir wieder die asphaltierte Straße und biegen nach Westen ab. Heute wird der Tag der Radfahrer, wir treffen auf einen Österreicher und zwei Clumbianer, die schon seit einem Jahr unterwegs sind und später auf zwei Taiwanesen, die eine Runde durch den Westen der Mongolei gedreht haben.

Mit dem Wind haben wir mehr Glück als Pech, er bläst recht straff aus Süden und wir bekommen ihn von der Seite und manchmal ein bisschen von hinten bis wir dann auch nach Süden abbiegen. Hier wird es dann richtig anstrengend, denn nun haben wir Sandpiste. Immer wieder müssen wir absteigen und schieben, denn die Räder bleiben einfach stecken, so brauchen wir für die 13 km auch fast eine Stunde und danach dringend ein Bier. In dem großen Camp herrscht reger Betrieb, denn der Hustai Nationalpark gehört zum Standardprogramm hier in der Mongolei und so sind mehr als 100 Touristen hier im Lager. nach einer angenehm heißen Dusche schwingen wir uns in den Bus und machen uns auf die Suche nach dem Przewalski Pferd. Eigentlich waren die Tiere hier in den 50er Jahren ausgestorben und es gab nur noch ein paar Mischlingsexemplare in europäischen Zoos, aber man hat mit dem verbliebenen Bestand zurück gezüchtet und dann begonnen hier wieder Pferde auszuwildern. Mit Erfolg, denn inzwischen gibt es mehr als 250 Tiere im Park und die Herden wachsen langsam auch ohne das helfende Eingreifen des Menschen.

Langsam tuckert der Bus über die Hügel und Berge auf einer sehr zerfahrenen Spur, aber von den Pferden keine Spur. Im letzten Jahr waren wir bis auf 50 Meter auf eine Herde herangekommen, ob uns das heute wieder gelingen wird?

Dann die ersten Pferde, weit, weit Weg an einem Berghang, nur als kleine braune Punkte auszumachen, dann endlich hinter der nächsten Biegung eine kleine Herde von acht Tieren.

Langsam können wir uns heranpirschen, die Tiere sind aufmerksam und beobachten das Tun der Touristen, laufen aber nicht weg und lassen sich beim Grasen kaum stören. nach einer halben Stunde ziehen wir uns zurück, doch auf dem Rückweg sehen wir weitere Herden und nun richtig nah, kaum 30 Meter entfernt suchen die Tiere am schmalen Bach im Tal nach Wasser und Futter. Obgleich recht schnell viel mehr Touristen als Pferde beobachten zeigen die Tiere auch hier keine Scheu.

Kurz nach Sonnenuntergang kehren wir ins Lager zurück. In dem großen Touristenlager ist es nicht so angenehm, wie in den kleinen Camps, überall hört man Leute in den Nachbarjurten schnarchen und im Zelt wimmelt es von kleinen Käferchen, die nach einem warmen Ort suchen und mir ständig übers Gesicht krabbeln.

 

 

16. Tag: Dienstag, der 14. August 2012

20. August 2012

Von Camp zu Camp

90 Kilometer durch die mongolische Grassteppe, 830 Höhenmeter bei angenehmen 22 Grad und wechselnden Winden

Das Jurtencamp liegt hinter uns, die Bedienung aus dem Restaurant schaut uns nach und winkt, wir sollen wiederkommen. Warum nicht? Die mongolische Grassteppe ist immer ein reise wert und vielleicht bekommen wir im nächsten Jahr wieder eine Radlergruppe zusammen.

Es ist frisch in der Steppe am Morgen, vor uns liegt unendliches Grün und die Straße teilen wir heute mir nur wenigen Autos. Die sind nicht so unfreundlich wie die Sonntagsfahrer aus der Hauptstadt mit ihren zu dicken Geländewagen. Meist sind Kleinbusse russischer Bauart unterwegs. Die AUS-Busse sind robust, geländegängig und man kann sie mit Hammer und einem Schraubenschlüssel reparieren. Das Modell aus den 80er Jahren wird bis heute produziert und man bekommt einen solchen fahrbaren Untersatz für knapp über 10.000 €. Dafür kann man darin zwei mongolische Großfamilien und Reisegepäck für eine Woche transportieren, also das ideale Fahrzeug für die ländliche Bevölkerung. In der Hauptstadt, wenn man einen „wichtigen“ Job hat, kann man mit dem Fahrzeug natürlich keinen Eindruck machen, aber der UAS erfüllt alle Bedingungen eines flexiblen Arbeitstieres.

Unsere Straße führt durch leichtes Hügelland. Links und rechts gibt es viele Jurten, rundherum größere und kleinere Herden von Tieren, zumeist Pferde oder Kühe, manchmal auch Schafe oder Ziegen gemischt. Hier an der Hauptstraße kann man das Familienbudget etwas auffrischen, indem man Airag, vergorene Sturenmilch verkauft. Für eine Plastikflasche von 1,5 Litern legt man 4500 Tugrug hin, das sind knappe 3 Euro. Wir werden in das Zelt einer kleinen Familie zu einer Schale eingeladen, dazu werden getrockneter Käse und Schmand gereicht. Die Familie besitzt um die 200 Tiere: Schafe, Pferde und Kühe, das ist mittlerer Wohlstand auf dem Land. Die Stuten werden aller drei Stunden gemolken und der Airag wird in einem großen blauen Plastikkübel angesetzt, das Getränk braucht etwa 24 Stunden, bis es angesäuert ist und getrunken werden kann. Erfrischend und nahrhaft ist es beste Radfahrernahrung.

Unterwegs treffen wir heute ein Radlerpärchen aus Frankreich, die in Gegenrichtung unterwegs sind, aus China kommend mit dem Ziel Russland, von Irkutsk aus wollen sie dann zurück in die Heimat.

Von dem vielen Grün kann man sich gar nicht satt sehen, noch schöner wird es dann, als wir von der Hauptstraße abbiegen und auf die Piste kommen. Bis zu unserem Camp sind es noch einmal 20 Kilometer, aber die Piste, oder besser das Geflecht von zwei bis drei Fahrspuren durch die Wiese ist gut zu fahren, fast genauso gut wie die Straße. Wird die Spur zu wellig, dann weicht man auf die Nachbarspur aus. Dafür liegt links und recht ein Teppich von bunten Blumen.

Unser heutiges Camp ist ein wenig einfacher, dafür ist die Lage einzigartig, von Zivilisation weit und breit keine Spur und auch bis zum nächsten Camp sind es ein paar Kilometer. Die Küche ist einfach, aber hervorragend, auf unseren Wunsch nicht so fleischlastig. Der Abend ist frisch und kühl, die Sterne leuchten hell und die Milchstraße zieht sich deutlich über den ganzen Himmel. Nur im Südosten ein leuchtende Schimmer am Horizont, dort liegt die mongolische Hauptstadt Ulaan Baatar, nur vier Fahrradstunden entfernt, aber viel, viel weiter weg von den Sternen.

 

 

15. Tag: Montag, der 13. August 2012

20. August 2012

Ruhiger Ruhetag

leichter Regen bei 23 Grad, deshalb nur ein kleiner Spaziergang, ansonsten eben ein ruhiger Ruhetag

Die Nacht war wunderbar ruhig und wir treffen uns halb neun zum gemütlichen Frühstück. Da es draußen ordentlich tröpfelt verschieben wir unseren Ausflug in einen Nomadenzelt auf den Nachmittag. Ich mache den Fehler, mich noch eine halbe Stunde aufs Ohr zu legen, doch das Geräusch des Regens lässt mich noch einmal fast drei Stunden schlafen, also bis zum Mittag. Es regnet immer noch ein wenig, aber wir stapfen los und suchen uns ein zelt in der Umgebung aus, welches wir besuchen wollen, doch unterwegs fängt uns ein 12 jährige Junge auf einem gescheckten Pferd ab und fragt uns, wohin wir wollen. Wir sagen in welche Jurte wir wollen und er lädt uns mit der Bemerkung, dort sei der Hund arg böse, in eine andere Jurte ein. Hier sind nur die drei Kinder zu Hause. Wir bekommen trotzdem eine Tasse Buttertee und ein Stück getrockneten Quark und machen es uns in dem gemütlichen runden Zelt gemütlich. Gar nicht so unwirtlich, links und rechts befinden sich jeweils ein Bett, dazwischen stehen bunte Truhen und ein Fernsehtisch mit DVD-Player und Stereoanlage, am Eingang stehen eine Waschmaschine und ein Kühlschrank. Gekocht wird in einer zweiten, kleineren Jurte. Leider kann ich nur noch zwei Bilder machen, dann gibt mein Akku den Geist auf, was mich ein wenig ärgert, denn ich habe den Reserveakku nicht dabei.

Den Kindern lassen wir einen Satz Buntstifte und Schreibmaterialien da, worüber sie sich freuen und was sie hoffentlich in der Schule gut gebrauchen können. Der Junge besucht eine Schule in 25 Kilometer Entfernung, während der Schulzeit wohnt er dann in dem Dorf bei einer Tante. Die 8jährige Tochter wohnt dann in Ulaan Baatar bei ihrer Großmutter am Stadtrand in einer Jurte. Stolz ist sie auf eine Medaille, die sie als beste Schülerin ihres Jahrgangs auszeichnet. Der Kleinste, ein vierjähriger Knirps erklärt uns, dass er schon reiten könne, wobei die beiden Geschwister grinsend mit dem Kopf schütteln, aber ich bin mir sicher, dass der Zwerg auf einem Pferd eine bessere Figur abgibt als ich.

Am späten Nachmittag setze ich mich (natürlich ohne Interne) noch ein wenig an den Computer und lese ein bisschen, die anderen gehen in der Umgebung spazieren oder in die Sauna. So werden wir nach diesem ruhigen Ruhetag morgen wieder ausgeruht die nächsten 100 Kilometer in Angriff nehmen können. Die Abendsonne hat auch die Regenwolken vertrieben, so dass wir auf einen schönen Radeltag morgen hoffen.

 

14. Tag: Sonntag, der 12. August 2012

19. August 2012

Sonntagsfahrer

116 Kilometer von Darcham ins Jurtencamp, 1100 Höhenmeter bei schönstem Wetter und unerwartet straffen Verkehr, dafür aber wieder unendlich weite Landschaften

Eigentlich sollte um 7.30 Uhr Frühstück geben, aber das Lokal ist abgesperrt, 5 Minuten später erscheint der Mann vom Empfang und schließt mürrisch und umständlich die Tür auf. Doch in der Küche ist natürlich noch niemand. Also ergreifen Mugi und ich sofort Eigeninitiative, ich hole Eier und Gemüse aus dem Kühlschrank und nach fünf Minuten brutzelt ein großes Gemüseomelett in der Wokpfanne, während Mugi Tee, Kaffe, Brot und Marmelade auftreibt. Die inzwischen eingetroffene Managerin des Hotels ist wenig begeistert. Wegen der Verständigungsprobleme bleibt ihr nichts weiter übrig als mich anzulächeln, die Debatte auf Mongolisch mit Mugi ist dann etwas straffer. In Deutschland dürfe doch sich wohl auch nicht irgendjemand in der Küche aufhalten. Dem stimmt Mugi zu, gibt allerdings zurück, dass man in Deutschland kein Lokal zu spät öffnen und die Gäste warten lassen würde. Mit dieser Pattsituation duldet dann die Chefin unser Tun und wenige Minuten später sitzen wir bei unserem selbst bereiteten leckeren Frühstück. Die langsam eintrudelnde koreanische Gruppe wird dann mit einem einfachen Rührei und einer Scheibe trockenen Toast abgespeist.

Fast pünktlich lassen wir dann Darcham hinter uns liegen und tauchen wieder in die grüne Weite ein. Nachdem die letzten Gebäude und eine Metallfabrik hinter uns verschwunden ist, gibt es nur noch die Eisenbahnlinie, unsere Straße und die unendliche Steppe. Wieder haben wir blendendes Wetter und die Sonne hat die morgendliche Kühle schnell vertrieben, so dass wir heute erstmals richtig ins Schwitzen kommen. Auch haben wir heute keine Rückenwindunterstützung, sondern leichten Gegenwind. Das stört nicht viel und macht sich erst auf die Länge des Tages bemerkbar.

Gegen Mittag nimmt der Verkehr immer stärker zu und die Fahrer der großen Geländewagen sind auch oft nicht mehr freundlich und gefährden uns ab und zu mit ihren waghalsigen Überholmanövern. Manchmal werden wir angehupt, doch es ist oft nicht mehr das freundliche Hupen der LKW Fahrer vom Vormittag, sondern aggressiv versucht man uns auf den geschotterten Seitenstreifen zu drücken. Die Ursache dafür ist der Sonntag. Morgen müssen die Leute wieder arbeiten und deshalb vom Wochenendausflug zurück in die Hauptstadt Ulaan-Baatar, die noch 180 Kilometer vor uns liegt. Außerdem boxt heute Abend ein mongolischer Boxer bei den Olympischen Spielen in London gegen einen Kubaner um die Goldmedaille und das will natürlich niemand verpassen, weshalb die Sonntagsfahrer auch ordentlich aufs gas drücken und sich nicht einmal von dem Unfall abschrecken lassen, der sich ereignet hat. Ein arg zerbeulter Jeep hat einen PKW in den Straßengraben gestoßen, noch an der Unfallstelle rangeln sich die Fahrzeuge und entgehen nur um Haaresbreite dem nächsten Unfall.

Im zweiten Teil des Tages sammeln wir reichlich Höhenmeter an den langen und sanften Anstiegen. Es geht auch bis auf 1280 Meter nach oben. Oben auf dem Pass gibt es dann ein kleines Denkmal, an dem endlich auch Airag, also vergorene Stutenmilch verkauft wird, seit einem Jahr endlich wieder ein Schluck von dem leckeren, obgleich recht saueren, Getränk, welches nicht nur den Durst löscht sondern auch noch sättigt, wegen des recht hohen Fettgehaltes. Oben dürfen wir mit einer Gruppe Mongolen reichlich Fotos machen, hier freut man sich über die bunten Touristen und alle wollen mit aufs Bild.

Dann geht es in rasche Fahrt in ein weites Tal, hier wird auch etwas Landwirtschaft betrieben, zu unserer Linken befinden sich Rapsfelder, die gerade beginnen in leuchtendem Gelb zu blühen. Die Mongolen, die hier in der Umgebung ihre Jurten aufgeschlagen haben leben von ihren Pferde-und Rinderherden. Wir biegen auf einen Feldweg ab und strampeln noch einmal drei Kilometer eine berg hinauf. Hier befindet sich inmitten einer wunderschönen Wildblumenwiese unser Jurtencamp. Im Hauptgebäude erwarten uns dann eine warme Dusche und eine reiche Mahlzeit. Zum Abschluss gibt es einen Schluck „Dschingis“ Wodka auf unseren 1000sten Kilometer den wir heute seit Irkutsk zurückgelegt haben.