167. Tag in Hanoi – Mittwoch, der 13.10.2010
The Days after
Vergleichsweise ruhig ist es wieder geworden auf den Straßen, es gibt nur noch morgens und abends den üblichen Stau, wenn sich die Rollerkolonne der zur Arbeit fahrenden durch die Straßen schiebt.
Auch die Hanoier trauen sich wieder auf die Straßen, meine Bekannte sagt, es war einfach schrecklich, die ganzen Leute vom Land hier auf den Straßen, das totale Verkehrschaos, gut, dass die nächste 1000 Jahrfeier noch 1000 Jahre hin ist.
Für mich bleibt nur noch, das neue Museum für Stadtgeschichte zu besichtigen, das hatte ich schon letzte Woche probiert, aber es war unmöglich wegen des Besucheransturms dorthin zu gelangen. Um das Museum herum soll es noch eine Bonsaiaustellung geben, die mich natürlich auch sehr interessiert.
Heute sieht es recht gut aus, zwar immer noch viele Leute, aber nicht mehr dieser Massenansturm. Das Museum beeindruckt von weitem mit seiner futuristischen Form, eine auf die Spitze gestellte Pyramide, der Plan dafür stammt von einem deutschen Architeketenteam (Gerkan, Marg und Partner (GMP).
Rund um das Museum gibt es einen halbfertigen Park mit Seen und Landschaften und einem kleinen Berg. Dort wurden mehrere hundert Bonsais, die im ganzen Land eingesammelt worden waren, aufgestellt. Bei den Pflanzen handelt es sich nicht um kleine Fensterbrett oder Balkonbonsais, sondern um größere Exponate mit zwei bis drei Meter Größe oder um ganze Bonsailandschaften. Wirklich beeindruckend, diese Sammlung, auch wenn die kleinen oftmals unter den Bäumchen aufgestellten Porzellan oder Gipsfiguren oft sehr stark in Richtung Kitsch tendieren.
Aber auch hier zeigt sich wieder ein großer Mangel bei der Organisation. Die beeindruckende riesige Bonsaisammlung, die hier zusammegekarrt wurde, ist ohne Plan und Verstand in der Landschaft verteilt worden. Oftmals sind die Bäume und Pflanzenschalen so dicht aufgestellt worden, dass man kaum ein Exponat an sich genießen kann. Da der Landschaftspark um das Museum nur halbfertig ist, stapft man zwischen den Bonsais sehr oft im Matsch, nicht wegen des Regens, sondern wegen der Bewässerung der Bäume und die mit hohem Aufwand hergestellte Begrünung der Flächen hat sich unter den Schuhen der Besucher schon wieder in braunen Matsch aufgelöst.
Einige schön gestaltete Flächen um das Museum, auf denen man die schönsten Exponate hätte wirkungsvoll zur Geltung bringen können, waren dann lieber mit weißen „Bierzelten“ vollgestellt, in denen Kitsch verkauft wird, wie Tische und Stühle aus Wurzelholz oder Buddhafiguren aus allen möglichen Materialien. Ebenso wurden alle größeren Wege an Händler vermietet, die dann dort ihr Stände mit Steinen, Steinskulpturen, Holzfiguren und ähnlichem Trödel vollgestellt haben.
Also ab ins Museum, der umgekippten Pyramide. Der erste Eindruck ist gelangweiltes Ordnungspersonal, das in dem aufwändig gestalteten Eingangsbereich auf roten und blauen Plastehöckerchen lungert, dahinter dann Tische und Kisten mit leeren Getränkeverpackungen und die eher den Eindruck einer Rohstoffsammelstelle vermitteln. Ebenso das „Restaurant“ in der unteren Etage. Auch hier wurden die landesweit üblichen bunten Plastetische aufgestellt und drei Sorten Getränke und zwei Sorten Eis werden aus großen Pappkartons direkt an die Kunden verkauft, ähnlich wie in einer Bahnhofshalle.
Dabei ist die Architektur beeindruckend, in der Mitte gibt es eine breite spiralförmige Rampe, über die man in die oberen Stockwerke gelangt, ähnlich dem System wie in der Reichstagskuppel in Berlin. Im Museum gibt es alles, was man in einem Museum sehen will, Bilder, Steine,Geschirr, Fotos, Vasen, Schmetterling, Pflanzen, Kleider, kunstgewerbliche Gegenstände, Schmuck, Seidenstickerei und alles schön durcheinander, ein Grundkonzept oder eine Grundidee ist nicht zu erkennen. Die Beschriftungen sind fast ausschließlich auf vietnamesisch und auch in der Landessprache eher spärlich. Man wandelt durch die Gänge, wie durch die Schatzkammer eines barbarischen Despoten, der hier die Beutestücke seiner Raubzüge lagert. Inmitten dieser Objekte eine Jesusfigur, vermutlich aus einer der katholischen Kirchen, die die Missionare hier hinterlassen haben, der kleine Jesus auf dem Arm Josefs? hat die Finger zum allasiatischen Fotogruß nach vorn gestreckt, daher kommt das also!
Der Gang durch das riesige Gebäude ermüdet schnell, wegen der riesigen Anzahl unsortierter Exponate, also will ich noch ein wenig durch die Bonsaisammlung streifen, aber leider wird dies von einem kräftigen Regenguss vereitelt und dann muss ich schleunigst zurück in meine Wohnung, denn am Abend bin ich bei den Nachbarn zum Essen eingeladen.
Am 17. Oktober 2010 um 22:11 Uhr
Ne, ne Tom, soweit ich das als Ungläubiger noch weiß, ist das irgend eine Art Segnung. Aber vielleicht haben das ja die Asiaten als „V“ ausgelegt. Worüber sollten wir uns sonst bei unseren Reisen amüsieren? Ich finde es immer wieder beeinrucknd mit welcher Konzequenz sie das beibealten.
Gute Woche Dir
Hajo!
Am 15. Dezember 2010 um 14:11 Uhr
Danke für den tollen Bericht.Schade das es keine Grundrisse im Netz gibt.