12. Tag: Donnerstag, der 21. November 2013
Eine Seefahrt die ist lustig!
Abenteuerliche Zugfahrt von Mandalay nach Hsibow
Ich lasse erst einmal wieder Thomas zu Wort kommen und gebe dann nur noch meinen Senf dazu:
„Heute fährt der 4-Uhr Zug-von Mandalay nach Hsipaw. Er ist sogar eine Minute zu früh abgefahren.
Als erster sitzt derjenige unten in der Lobby, der am Abend vorher im Lift verkündet, ihn ginge es nichts an, dass wir um 03:25 startklar sein sollen.
Nur eine gelbe ärmellose Bluse fehlt. Auf Klopfen hin öffnete sich die Zimmertür 305, die Bluse fehlt immer noch, aber die fehlende Person ist wach, knapp bedeckt im Nu startklar.
Vom Hotel ist es nur ein Katzensprung in den Bahnhof, bloß die Rampe hinauf, an einigen friedlich schlafenden Menschenbündeln vorbei.
Nach dem Einsteigen folgte die Panik, die ich auch von Europa kenne – jeder fürchtet, keinen Platz zu bekommen. Nach fünf Minuten sitzen alle.
Bei so 30 km/h kommen die Federn der Drehgestelle in Resonanz. Die Europäer bekommen es beim ersten Schaukeln mit der Angst zu tun, gewöhnen sich aber daran.
Mit dem Lokführer habe ich mich schon vor der Abfahrt angefreundet, vielleicht darf ich ein Stück weit auf dem Führerstand der (chinesischen Tribo-)Lok mitfahren.
Die ersten zwei Stunden werde ich auf der Holzbank in der „ordinary class“ fixiert. Meine Frau brauchte eine Unterlage zum Weiterschlafen.
An einigen Stationen machten wir kurze Halte, bereits kletterten die ersten fliegenden Verkäuferinnen über die Körbe, die Tabakbündel und die Karottensäcke, die den Gang versperren. Immer noch ist es dunkel (Sonnenaufgang 06:20). Der Zug arbeitet sich den Berg hinauf, weit unten sieht man Lichter in der Ebene, näher eine beleuchtete Zementfabrik. Wir sind ja schon in den Spitzkehren! Jetzt muss meine Frau ohne mich weiterdösen.
Bestimmt hat jemand die Strecke schon besser beschrieben. Mich beeindruckt, wie wir einige Male auf dem Grat fahren. Links und rechts des Gleises geht es hinunter.
Modern ist unser Wagen in einer Hinsicht: vier LED-Leuchten erhellen ihn. Der Schmutz hingegen, die Spinnweben, der begleitet ihn seit vielen Jahren. Die siffigen Scheiben versperren uns nicht den Blick, denn die Übersetzfenster sind, kaum ist die Morgenkälte weg, dauernd geöffnet. Durch das offene Fenster lasse ich die Vegetation zu mir kommen, die Pflanzen (wie der zweifiederige Sonnenhut) wachsen auf der Bahntrasse, stehen im ständigen Kampf mit den Wagenkasten des täglichen Zugpaars. Das sieht man der Farbe an.
Den Führerstand besuche ich nur während eines Haltes. Der „station master“ eklärt mir, dass die Lok in China, Dalin, gebaut wurde. Mit -Caterpillar- Dieselmotor und Steuerung aus Deutschland, von -DUD, sagt er. Tatsächlich stehen beim Fahrschalter chinesische Zeichen und daneben das deutsche Wort -SCHALTBAU-. Die Lok wurde 2008 gebaut, könnte eine gründliche Überholung brauchen, z.B. mit Ersatz der Gummibälge bei den Bremszylindern. Bindfäden reichen nur bedingt für Abdichtungen.
Erlebt haben wir einiges:
Den Bettelblätter kauenden Militärpolizisten mit den fürchterlichen Zähnen, der unterwegs ist zum neuen Posten mit mehr Winkeln am Arm und mehr Sold.
Eine nette Birmesin, die an uns allen Bananen verteilt, einfach so.
Einsame Landschaften haben wir durchfahren, sind in zwei offenen Schlaufen zur Stahl-Trestle-Brücke ( Gotteik-Viadukt) gefahren, haben diese überquert. Gegen 14 Uhr aßen wir in den Garküchen auf dem Bahnsteig, inmitten von viel Hektik und Geschrei. Nach 15 Uhr sind wir in Hsipaw, unser Bus bringt uns zu „Lily’s Guesthouse““.
Viel gibt es nicht mehr hinzuzufügen; nach anfänglichem Murren, dass wir nur in der „ordonary class“ untergebracht sind, erfolgt die Begeisterung darüber, denn dort tobt ordentlich das Leben, auch wenn es etwas hart an den Schweinebacken ist. Der “ upper class“ Wagen war nämlich komplett von einer Gruppe belegt, die in Pyinn-o-lowin zugestiegen ist. Dort ist es zwar nicht ganz so hart, aber vom leben im Zug bekommt man nix mit und wir hatten dagegen unsere wahre Freude an der Kommunikation. Außerdem ist es erstaunlich in welch ungewöhnlichen Körperhaltungen der gewöhnliche Burmese noch Schlaf findet. Schaukeln wie auf hoher See tut es doch genauso, Thomas gab uns dazu die physikalischen Grundlagen, ich hätte eher das marode Gleisbett dafür verantwortlich gemacht.
Schön war die Sicht aus dem Fenster durch Hochland, denn überall leuchtet Gelb von den Blüten des schon oben erwähnten Sonnenhutes, der hier auf Birmanisch auch „Deutsche Blume“ genannt wird, warum, war in den letzten 5 Jahren nicht herauszubekommen. Der Höhepunkt der Fahrt war jedoch zweifelsohne die Fahrt im Schritttempo über das stählerne Gerüst der Gotteik Brücke. Mehr als 110 Meter geht es runter über die Schlucht, die Tür des Zuges darf während der fahr geöffnet bleiben und ich klemme mit etwas feuchten Händen im Eingang, auf der Jagd nach einem guten Foto.
Außerdem versucht die Gruppe mir das Fingerpfeifen beizubringen, das klingt noch recht kläglich und als beim Mittag der Zug ohne Thomas und Chow startete, verließ ich mich dann doch auf meine laute Rufstimme, der Lokführer stecket den Kopf heraus und hielt den Zug auf mein wildes Winken hin noch einmal an und die beiden konnten hinten noch aufspringen.
Morgen können wir dann endlich mal etwas ruhiger angehen, erst um halb acht Frühstück und dann ein gemütlicher Bootstrip, auf dem es vermutlich weniger schauklig wird als heute.