23. Tag: Mittwoch, der 26. Juni 2013
Flutsch und weg
85 Kilometer von Pietch bis irgendwo im Nix, 1800 hm hoch und 600 hm runter, bei Sonne und 10 bis 25 Grad, Rückenwind, Asphalt und schlechte Piste
Am Morgen kommt uns der Nachbar noch einmal besuchen, er hat schon die hacke mit dabei, um sich auf den Weg zu seinem Feld zu machen. Er erzählt noch ein wenig, dass er ganz zufrieden mit dem leben hier sei. Zu Zeiten der Sowjetunion habe er in Duschanbe Russische Literatur studiert, wir sind erstaunt, ein Literaturwissenschaftler mit der Hacke in der Hand, aber das bestätigt wieder unsere Eindrücke von Chorog, dass die Menschen hier im Pamir alle sehr viel für ihre Bildung tun.
Weiter oben im Tal macht die Straße eine leichte Kurve, oder besser machte die Straße noch bis gestern Abend eine Kurve. Heute hat sich der Fluss sein Bett zurückerobert und die Straße ist auf gute hundert Meter einfach weggespült. Für uns kein größeres Problem, es finden sich massenhaft Helfer und so tragen wir die Räder und das Gepäck erst die steile Böschung hinauf und dann auf die andere Seite. Nach 10 Minuten sind wir dann schon wieder startklar. Für die Autos und die schweren chinesischen Laster sieht es schlecht aus, da werden die Fahrer wohl ein paar Tage Pause haben, bis die Stelle hier wieder zu befahren ist. Die Chinesen haben es sich schon zwischen den LKW bequem gemacht und fangen an sich etwas zu essen zu kochen, die PKW kommen und drehen um und verschwinden wieder, ab und zu wechselt ein Passagier zu Fuß von der einen Seite zur anderen. Mit Hilfe der vielen Helfer wird noch ein Jeep, der bis zum Rand mit Schafshälften gefüllt ist, umgeladen. Die Männer Schultern das blutige Fleisch und tragen es zur anderen Seite, wo schon ein anderer Jeep darauf wartet. Für uns ist die weggespülte Stelle mehr als ein Segen, denn von nun an werden die Straßen so gut wie verkehrsfrei sein.
Ein Junge lotst uns zu einer kleinen Tasse Tee in das Haus seiner Mutter. Ein Fenster an der Decke sorgt für Beleuchtung, kunstvoll ist der Rahmen aus verdrehten Vierecken zusammen gesetzt, eigentlich die traditionelle Bauweise, aber man sieht dies nur noch ganz selten. Heute bekommen die meisten neuen Häuser hier ein Wellblechdach, die älteren Häuser sind flacher und haben ein Flachdach aus gestampftem Lehm, mit eben diesem Fenster oben.
In Jelondy, das wir zu Mittag erreichen, wollen wir eigentlich noch einmal Lebensmittel tanken, aber das Angebot ist mehr als begrenzt, wir bekommen eigentlich gar nix, außer einer leicht verbogenen Dose mit Fisch. Das Datum ist ok, die Verbeulung kommt wohl eher von dem Höhenunterschied, hoffe ich zumindest. Wir werden aber dann noch von der Familie der Verkäuferin eingeladen auf Kefir, Brot und Tee und so können wir dann gestärkt an den ersten 4000er Pass gehen. Am Anfang treibt uns der Wind sogar ordentlich den Berg hoch, dann hört aber leider der Asphalt auf und es geht in Serpentinen mit 10 bis 12 % nach oben. Der Pass mit 4290 ist dann recht unspektakulär und unwirtlich, der Wind pfeift heftig im Kreis und so haben wi wenig Muse zu einer längeren Pause. Oben bleibt die Straße schlecht, auch wenn ab und zu mal wieder ein Stück Asphalt kommt.
Auf der anderen Seite geht es dann etwas runter in eine Hochebene. Oben gibt es noch jede Menge Schafe, nach unten hin wird es immer trockene und öder und lädt nicht sonderlich zum Zelten ein. Außerdem geht es noch einmal über einen kleinen Pass. Wir hoffen, dass es dahinter etwas besser aussieht und fahren noch einmal 200 Höhenmeter nach oben. Die Piste ist jetzt richtig mies, hinter dem Pass sieht es noch öder aus und auch die Straße wird nicht besser. Also suchen wir uns ein ebenes Fleckchen und bauen unsere Zelte auf. Wasser zum Trinken und Kochen haben wir genug, das Waschen muss einen Tag warten. Warum fährt man vormittags immer an den tollsten Zeltplätzen vorbei und am Abend wird es öde. Das wird heute eine unsere höchsten Übernachtungen auf knapp über 4000 Metern Höhe. Trotzdem wird es nachts nicht kälter als 10 Grad.