5. Tag: Samstag, der 8. Juni 2013
Samarkand- der nächste Schock
Zugfahrt nach Samarkand, dann zum Flughafen, dort der nächste Schock, sonnig bei 35 Grad
Um 8 Uhr startet der Zug von Buchara, wir haben es gerade noch so zum Bahnhof geschafft und machen es uns in dem recht komfortablen Abteil bequem, dann geht es auch schon los. Draußen fliegt trockene Steppe vorbei, nur selten ein Dorf, manchmal steht ein Kamel an der Bahnstrecke, ansonsten passiert landschaftlich nicht viel. Auch im Zug ist nicht so viel los, von einer Bahnfahrt in Zentralasien hätte man eigentlich mehr erwartet, aber es ist kein einziger Hammel im Abteil und niemand fängt an, sich sein Essen auf offener Flamme zu kochen, im Gegenteil, es geht so zivilisiert zu wie in einem ICE, selbst die Toilette ist vergleichbar sauber. Die Usbeken, Russen und noch zwei Langnasen im Abteil sind mit Zeitungen oder Handy beschäftigt, hinter mir zeigt ein älterer Mann auf seinem Android Telefon seinem Nachbarn stolz Bilder. Ein prächtiges Schaf nach dem anderen ist da abgelichtet und zu jedem der Tiere kann er eine Geschichte erzählen, wie auch immer landen die Tiere dann aber doch im Plov oder am Grillspieß.
Pünktlich fährt der Zug in Samarkand ein, es ist 11 Uhr und die Sonne ballert ordentlich runter, es sind so um die 35 Grad. Wir steigen ins nächste Taxi und lassen uns zum Flughafen fahren. Der liegt recht einsam und verlassen in der Mittagssonne und das Wachpersonal winkt uns müde durch. Die zuständige Abteilung fürs Gepäck ist schnell gefunden, der Schlüsselinhaber für den Gepäckraum auch und der erste Blick lässt uns frohlocken, da sind die beiden Räder von Monika und Rüdiger, die Radtaschen sind auch alle da. Nur ein Karton fehlt, nämlich der mit meinem Rad! So ein Mist. Der zuständige Beamte erklärt, das sei alles, was in der Nacht mit der Maschine aus St. Petersburg gekommen sei. Wieder werden alle Daten aufgenommen, man könne in Petersburg nicht anrufen, aber ein Fax senden, dann kann das Rad mit der nächsten Maschine geschickt werden. Was für ein Mist. Im Karton ist nicht nur das Rad, sondern auch noch meine halbe Ausrüstung, Schlafsack, Zelt, Isomatte, Kocher, Werkzeugsatz. und nun sind wir in Samarkand und immer noch auf Warteschleife.
Monika und Rüdiger montieren ihre Räder und radeln in die Stadt, ich suche ein Taxi und fahre nebenher. Doro, unsere vierte Reisende erwartet uns hier in einem Hotel, der Taxifahrer kennt aber die Adresse nicht, obwohl das Hotel mitten im Zentrum liegt. Doch wir fragen uns durch und treffen dann im Hotel auf Doro, die erst eine halbe Stunde vor uns aus Tashkent eingetroffen ist, natürlich mit Rad und Gepäck. Tolle Sache, da sitze ich nun hier als Reiseleiter, kenne als einziger Sprache, Land und Leute und habe kein rad für die Radtour, die Situation ist recht zermürbend. Ebenso wie die Diät aus Zwiebeln, Kefir und fettem Hammel. Rüdigers Magen geht es nicht so toll und auch bei Monika und mir grummelt es ein wenig. Wir nutzen den Nachmittag zum Ausruhen und ich fahre noch einmal zum Flughafen, denn die Beamten dort wollten noch einmal den letzten Gepäckabschnitt sehen. Ansonsten bringt die Fahrt keine Neuigkeiten. Der Flughafen in Petersburg habe auf das Fax noch nicht geantwortet.
Am späten Nachmittag drehen wir dann noch eine runde durch das historische Zentrum Samarkands. Die blauen Kuppeln der drei Medressen am Registan, dem zentralen Platz, bestimmen das Bild der Stadt. Die blau gefliesten Kuppeln sind schon von weit her zu sehen und weisen den Weg. Leider ist der Platz mit einer großen Bühne zugebaut und aus einer Lautsprec heranlage dröhnt Musik, dazu marschieren Mädels mit Länderschildern auf die Bühne, dort im Kreis und verschwinden wieder und dann wieder alles von vorn. Geprobt wird eine internationale Miss-Wahl, die in den nächsten Tagen hier stattfindet. Da bin ich nun schon zum dritten Male hier in dieser Stadt und bekomme den tollen Platz nie richtig zu Gesicht. Beim ersten Mal vor 25 Jahren war ich ordentlich krank, 2008 auf unserer Athen-Beijing Tour wurde gerade hier ein indischer Tanzfilm gedreht und in diesem Jahr nun eine Miss-Wahl.
Die Stimmung am Abend ist nicht so toll, denn eigentlich wollten wir morgen dann von hier mit unserer Radtour starten, müssen nun aber hier noch so lange ausharren, bis der Verbleib meines Rades geklärt ist. Durch unseren Transfer mit der Bahn haben wir zwar zwei Tage gespart, aber wir müssen wegen der geschlossenen Grenze ja auch noch einen Umweg fahren, bei dem wir genau diese zwei Tage dann wieder brauchen. Wenigstens hat bei Doro alles geklappt, so dass unsere kleine Gruppe nun vollständig ist.