2. Tag: Mittwoch, der 5.Juni 2013
Ohne Gepäck in Buchara
zeitige Ankunft in Buchara, Suche nach einer Herberge und Stadtspaziergänge, sonnig bei 30 Grad
Es ist halb Vier morgens und noch stockduster als der Flieger in Buchara aufsetzt. Die Einreiseformalitäten in Usbekistan verlaufen reibungslos und natürlich bleibt das Gepäckband leer. Das Personal ist trotz der frühen Morgenstunde freundlich und geleitet uns zu dem kleinen Zimmerchen in dem verlorenes Gepäck bearbeitet wird. Eine Dame spricht ein leidliches Englisch und so können wir den gesamten Sachverhalt ganz gut zu Papier bringen. Tatsächlich kommt der nächste Flieger aus St. Petersburg hier erst eine Woche später an, allerdings gebe es mehr Flüge von St. Petersburg nach Samarkand und so soll das Gepäck dann eben nicht hierher, sondern dorthin geschickt werden. Wir erhalten dann eine Telefonnummer, um noch einmal nachforschen zu können und stehen dann im ersten Licht der Morgendämmerung auf einem verwaisten Parkplatz vor dem leeren Flughafen von Buchara. Taxis und Menschen scheint es hier um kurz nach vier Uhr morgens nicht zu geben. Doch wir haben Glück, der Angestellte, der gerade unser Protokoll aufgenommen hat, hat ebenfalls Feierabend und lenkt uns zu dem einzigen Fahrzeug auf dem großen Parkplatz, seinen Lada. Ohne Gepäck passen wir da natürlich alle ziemlich gut rein und werden in die Stadt chauffiert.
Nun das stehen wir hier an der historischen Handelsroute von Europa nach Asien, der Seidenstraße, an einem der historischsten Orte hier in der Region überhaupt. Mehr als 2000 Jahre Geschichte liegen unter unseren Füßen, Alexander der große ist wahrscheinlich hier in der „Glücklichen Stadt“, das bedeutet ‚bukarek‘ in der sogdischen Sprache, abgestiegen wir stehen jetzt hier um 5 Uhr morgens und haben nicht einmal mehr eine Zahnbürste im Gepäck. Zum Glück braucht man heute keine Karawane bepackt mit Gewürzen, Edelsteinen oder wertvollen Seidenstoffen, um eine Herberge zu finde oder zu bezahlen, sondern es reicht eine Kreditkarte oder ein paar von den Euroscheinchen, die wir noch im Gepäck haben. Doch noch, es ist gerade einmal halb sechs morgens, sind alle Bürgersteige hoch geklappt. Das Minihotel, welches ich für uns ausgewählt habe ist noch verriegelt und verrammelt und so beschließen wir, uns die Stadt in der Morgensonne anzusehen.
Gleich in der Nähe gibt es einen großen ehemaligen Wasserspeicher, um den herum viele alte Maulbeerbäume stehen. Der Boden ist blauschwarz von heruntergefallenen Früchten. Das Stadtzentrum ist historisch toll hergerichtet, keins der alten Gebäude zeigt Anzeichen von Verfall. An dem Divan Beghi Wasserspeicher befindet sich ein nettes Restaurant und rundherum schon eine alte Moschee und eine ehemalige Koranschule. Davor eine Statue von Hodscha Nasreddin, dem zentralasiatischen Protagonisten zahlreicher lustiger Anekdoten. Er sitzt hier auf einem Esel reitend, allerdings nicht verkehrt herum auf dem Esel sitzend, wie er in der Türkei oft dargestellt wird.
An den alten Straßenkreuzungen der Stadt befinden sich überdachte Basare, die Kuppelbauten schützten die Händler vor der Hitze, doch heute ist noch alles leer, die Händler sind noch nicht einmal da, um ihre Stände aufzubauen. Folgt man dem Weg noch ein wenig, kommt man zu den fotogensten Plätzen der Stadt. Rund um das hohe Kalan Minarett befindet sich ein erstaunliches Ensemble von Gebäuden. Da ist das blaue Tor der Kalan Moschee auf der einen Seite und auf der anderen befindet sich die Mir-I-Arab Medresa, eine Koranschule, zu sowjetischen Zeiten, die einzige arabische Lehranstalt der Region, in der auch heute noch gelehrt wird. Staunend stehen wir auf dem menschenleeren Registan und bewundern die Bauten mit den typischen blau gefliesten Kuppeln aus dem 16. Jahrhundert. Das Minarett geht sogar bis ins 12. Jahrhundert zurück und selbst Dschingis Khan soll hier staunend vor dem ausgewogenen Ziegelbau gestanden haben und es dann nicht zerstört haben. Etwas weiter hinten dann endet das historische Stadtviertel am Ark, dem festungsartigen Schutzbau der Stadt. Hinter den Mauern dieses Bollwerks residierte bis 1920 noch der letzte Emir des ehemaligen Emirates Buchara.
Nun haben wir erst einmal einen Überblick über das historische Zentrum und wir schlendern zurück. In unserem Minihotel in einer winzigen Gasse ist inzwischen auch schon Leben eingekehrt und wir bekommen zwei nette Zimmerchen zu einem vernünftigen Preis und ein ordentliches Frühstück. Die Kreditkarten nutzen hier im Lande wenig, dafür hilft uns der Besitzer des Hotels, unsere Euro in Sum zu tauschen. Für einen Euro gibt es 3400 Sum, der größte Schein ist 1000 Sum und so bekommen wir für einen Hunderter unserer Währung einen riesigen Packen des usbekischen bedruckten Wertpapiers. Die Sonne steht nun schon hoch am Himmel und es ist ordentlich warm geworden, das Thermometer zeigt 30 Grad an, also Zeit für ein Schläfchen nach dem langen Flug und dem Stress in Petersburg.
Am Nachmittag sehen wir uns dann alles noch einmal an, natürlich nun mit Händlern, Leuten und Touristen, die die Straßen und Plätze bevölkern. Vor allem um den Wasserspeicher tobt das Leben und Hodscha Nasreddin auf seinem Esel dient als beliebt Fotokulisse. Die Besichtigung des Arkes, der Festung, heben wir uns für den nächsten Tag auf und schlendern noch ein wenig weiter durch einen schönen Park bis zum Mausoleum der Samaniden, dem ältesten Gebäude in der Stadt aus dem 10. Jahrhundert. Der Bau wurde lediglich aus Ziegelsteinen errichtet, die in zu abwechslungsreichen Mustern zusammengesetzt wurden und das, obwohl der Islam Verzierungen von Gräbern nicht erlaubt.
Auf dem Rückweg liegt dann einer der Basare der Stadt, hier ist zwar die Haupthandelszeit längst vorbei, aber die Leute sind aufgeschlossen und bei unseren Fotoversuchen ernten wir oft ein breites Lachen, vor allem von den Frauen und die dabei ihre vergoldeten Zähne fröhlich entblößen. Das gilt als schön in der Region und man kann damit natürlich auch seinen Wohlstand präsentieren. Auf dem Touristenbasar könnte man sich dann passend dazu eine dicke und große Pelzmütze zulegen, bei 30 Grad nicht die beste Idee, aber die Winter sind hier doch recht kühl, wie wir auf einigen Fotos gesehen haben: eine dünne Schneedecke rund um die Moscheen und Medresen.
Auf dem Rückweg ziehen wir dann in das Restaurant am See, gleich in der Nähe unseres kleinen Hotels, die Preise sind gepfeffert, aber hier auf dem kleinen Platz hat sich abends halb Buchara versammelt zum Flanieren, Schwatzen oder Eis essen und vom Restaurant hat man einen schönen Überblick.