4. Tag: Dienstag, der 13. November 2012
Bahnritt bei hohem Seegang
knappe 300 Kilometer mit dem Zug von Yangon nach Moulmein, 12 Stunden unterwegs und Abenteuer pur bei ca. 30 Grad
Unglaublich zeitig klingelt das Telefon im Zimmer mit dem Weckruf und schon um halb sieben checken wir aus. Der Bahnhof ist nur einen Steinwurf vom Hotel entfernt, oben aus dem Zimmer im 13.Stock konnten wir die historische Spielzeugeisenbahn sehr gut sehen.
Es gibt drei Klassen, die Holzklasse und zwei Luxusklassen, unsere Sitze sind in der mittleren Klasse. Der Zug ist nicht zu voll, da nur Sitzplätze verkauft werden und wir sind mit vielen Burmesen in dem einfachen Wagon. Einstmals hatten die agen wohl etwas mehr Charme, aber der Zahn der Zeit hat gut an der Hardware genagt. Trotzdem sind die gepolsterten Sitze nicht unbequem.
Pünktlich um 7 Uhr fährt der Zug im Schritttempo los. Die Gleise sind mehr als holperig und schon nach 5 Minuten wird uns klar, warum der Zug für die 300 Kilometer mehr als 10 Stunden brauchen soll. Am Ortsausgang beschleunigt dann der Zug auf 30 km/h und die Schiene hat richtig gute „Schlaglöcher“. Unser Zug rumpelt und wackelt mit fast Ohren betäubenden Lärm, das heißt, die Wagen schaukeln nicht nur beträchtlich nach rechts und links, sondern schwingen auch ordentlich nach oben und unten. Wirt lernen das den ganzen Tag noch richtig zu lieben und wenn es richtig doll wird, so dass man immer mit dem Po kurz aus dem Polster hebt, dann geht der ganze Saal, ob Ausländer oder Burmese begeistert mit.
Währen da nicht die typischen Eisenbahngeräusche, könnte man denken, man befände sich auf einem kleinen Schiff auf hoher See bei starkem Wellengang.
Zusehen gibt es immer mehr als genug, zuerst verlassen wir die Vororte von Yangon und dann fahren durch weite flache Reisfeldlandschaften. Ab und zu gibt es im Reisfeld einen Baum und darunter eine Hütte. Die „Gebäude“ der Bauern sind oft einfach bis sehr einfach, die Hütten bestehen aus Holzgestängen, die mit Laub- oder Strohbündeln gedeckt sind. Meist gehören zum Haushalt dann noch ein paar Wasserbüffel, die ein paar Meter weiter in einem Tümpel stehen und gelegentlich noch ein Ochsenkarren, der vor dem Haus „geparkt“ ist. Das Leben der Reisbauern ist mehr als einfach. Die meisten Reisfelder stehen hier kurz vor der Ernte. Die Bauern stehen knietief im Wasser der Felder mit dicken Handschuhen gegen das scharfkantigen Stängel der Reispflanze. Mit einer Sichel wird geschnitten und die Pflanzen werden zusammen geknotet und irgendwann zu einer provisorischen Tenne gebracht.
Irgendwann dann kommen wir an den ersten Bahnhof, der einem deutschen kleinen Dorfbahnhof ähnelt. Es gibt zwei Bahnsteige und ein paar Hütten, an denen Tee, Getränke und Kram verkauft wird. Auch die ersten Händler kommen in den Zug und drehen ihre Verkaufsrunden. Der Getränkehändler wird bei uns mit einem Schlag seinen gesamten Vorrat an heißem Wasser los für eine Runde Kaffee bei unserer Gruppe. Dann kommen irgendwann auch gedämpfte Maiskolben, geröstete Insekten, kleine Knabberwaren, Reiskekse, Melonen, Klebereis in Bambus, Orangen, Grapefruit und vieles anderes. Gegen Mittag brauchen wir dann gar keine Reismahlzeit, wir beschließen, uns einfach bis zum Abend weiter durchzusnacken.
Ab Mittag wir die Landschaft hügliger und es gibt viel dichtes grünes Gestrüpp und nur noch ab und zu ein Reisfeld, dafür dann kleine Ortschaften. Auch wenn hier die Hütten ebenso armselig und ebenfalls ohne fließend Wasser (abgesehen von dem schlammtrüben Wasserlauf vor den Häusern) und ohne Strom sind, glitzert doch ab und an wieder eine Pagode oder ein goldnerer Stupa auf oder die meist roten Wellblechdächer eines Klosters. Es ist überall auf der Welt das Gleiche, egal wie schlecht es den Leuten geht, für Religion ist immer Geld vorhanden.
Wir haben uns dann langsam an die gemütliche Zugfahrt gewöhnt und sehen uns auch ein wenig im Zug um, oder während der kurzen Stopps auf den Bahnsteigen. In der Holzklasse ist es auch nicht überfüllt, aber ich denke, der „hohe Seegang“ hier wirkt etwas unangenehmer auf die Hinterteile der Reisenden als in den beiden gepolsterten Klassen.
Irgendwann gibt es eine ungeplante Pause in einem kleinen Dorf, angeblich soll die Lok eine Ziege überfahren haben, bei den langsamen Geschwindigkeiten ist das aber kaum möglich oder die Ziege war schon mehr als alt. Es war aber dann doch nur ein kleinerer Gleisschaden, den die Besatzung des Zuges innerhalb von 20 Minuten reparieren konnte.
Die Fahrt in den Abend wird noch einmal richtig schön, denn die Sonne taucht die nun wieder weiter werdende Landschaft in schönes Abendlicht. Auch gibt es ein paar größere Städte und entsprechend viel zu sehen. Nahe den Städten steht wieder auf jedem berg und auf jedem Hügel ein goldener Stupa. Im letzten Licht fahren wir dann über eine fast 2 Kilometer lange Brücke über den Salween Fluss und die letzte halbe Stunde geht es dann im Dunkel auf Moulmein zu. Im Zug gibt es natürlich kein Licht.
Entsprechend abenteuerlich ist dann auch das Ausladen des Gepäcks. Auch die Räder sind mehr oder weniger wohlbehalten angekommen. Wir werfen das Gepäck auf einen LKW und radeln unsere ersten vier oder fünf Kilometer bis zum Hotel.
Zu sehen ist heute nicht mehr viel, auch sind wir von der fast 12stündigen Holperei ordentlich müde und fertig. Kühlung bringt das wunderbar kalte Myanmar Bier und ein großartiges Essen im Restaurant neben dem Hotel mit thailändisch und chinesisch angehauchten Gerichten.