49. Tag: Sonntag, der 16. September 2012
Auf der Mauer
43 Kilometer von Kangzhuang zum Mingstausee bei warmen 25 Grad und vielleicht 200 Höhenmetern, Besteigung der Großen Mauer bei Badaling, gemeinsam mit zwei Millionen anderen Touristen
Die gestrigen Kilometer machen sich dann am Morgen doch ein wenig bemerkbar, so richtig Lust in die Pedale zu treten haben wir nicht, müssen wir auch nicht, denn bis zur Großen Mauer in Badaling sind es gerade einmal 10 Kilometer. Wir haben Glück, dass wir recht zeitig am Morgen eintrudeln. Obwohl der Parkplatz unter dem Gemäuer noch nicht einmal halbvoll ist, tummeln sich gefühlte zwei Millionen Chinesen hier. Busladungen volle Touristen werden ausgeworfen. Man hört Dialekte aus dem Süden, dem Norden, dem Osten und dem Westen. Deren Reiseleiter sind mit Fähnchen und tragbarem Lautsprecher ausgerüstet und die Gruppen werden fast im Laufschritt die Treppen hinauf und hinunter gehetzt. Dazwischen ein paar Langnasen und eine Gruppe von Angolaner sorgt für aufsehen. „Mein Gott sind die schwarz und dick!“ höre ich ein paar Mädchen tuscheln. Trotzdem wollen sie sich mit den Angolanern fotografieren lassen, oder gerade deshalb.
In der Pekinger Umgebung gibt es fast ein Dutzend mehr oder weniger bekannter Mauerstücke, die man von der Hauptstadt aus besichtigen kann. Badaling ist der beliebteste oder zumindest der meistbesuchte. Die Mauer kommt hier recht spektakulär über die Berge hinunter ins Tal, dort befindet sich um das Tor eine Fortanlage und dann windet sich der Wall wieder auf der anderen Seite den Berg hinauf. Seit mehr als 30 Jahren hat man hier an der Logistik gearbeitet. Es gibt auf beiden Seiten gigantische Parkplätze, eine Autobahn führt hierher und auch die Eisenbahn stoppt hier. Inzwischen hat man auf beiden Seiten Lifte gebaut und rundherum gibt es Restaurants und Hotels.
Der Verdacht liegt nahe, dass die modernen chinesischen Mauerkonstrukteure hier mehr als nur Restauration betrieben haben. Einige böse Zungen behaupten sogar, die Mauer habe hier gar nicht entlang geführt. Uns und den Chinesen ist es egal, denn nur wer einmal im Leben die Mauer beklettert hat, der ist ein „richtiger Chinese“. Für mich ist der Abschnitt eigentlich wegen des bunten Getümmels am interessantesten. In Doppelreihen schiebt sich das bunte Volk nach oben und wieder nach unten und überall klicken die Fotoapparate und die Handykameras. Gut, dass sich bei den vielen Fotos die Landschaft nicht abnutzt, denn sonst wäre hier alles weiß wie Schnee und selbst die hohen Berge wären komplett „wegfotografiert“.
Wir genießen das bunte Treiben und steigen bis zum fünften Turm hinauf, die Sicht ist wirklich spektakulär. Auf beiden Seiten bis zum Horizont der Schutzwall gegen die Steppenvölker voller bunter Punkte. nach zwei Stunden sind wir wieder unten angekommen, wo es noch voller geworden ist. Mit den Rädern gelingt es uns dann sogar durch die Fußgängerzone zu fahren und durch das Tor zu schlüpfen. Dann geht es in schneller Fahrt nach unten der Hauptstadt entgegen. Doch dort wollen wir noch gar nicht hin, sondern nur zum Stausee an den Minggräbern, die wir morgen besichtigen wollen.
Das Abendessen ist wieder einmal grandios. Unweit des Sees gibt es ein hervorragendes kleines Grillrestaurant. Wir bestellen fast alles, was sich grillen lässt: Lammfleisch, Hühnerherzen, Aubergine, Pilze, Schnittlauch …. und schleppen uns dann mit vollem Bauch zum Hotel zurück.