21. Tag: Sonntag, der 19. August 2012

Kalter Regen

Ruhetag und Stadtrundfahrt in Ulaan Baatar, abendlicher Besuch eines Konzertes bei regnerischen 13 Grad

Graue Wolken hängen über einer grauen Stadt und es regnet leise vor sich hin, schon die halbe Nacht, so dass sich die die Bürgersteige und Straßenränder in kleine Ozeane verwandelt haben, denn so etwas wie Kanalisation gibt es kaum in Ansätzen in der mongolischen Hauptstadt. Man trägt in >Berlin Gummistiefel, weil es schick ist, hier in Ulaan Baatar ist es notwendig, wenn man an solchen Tagen etwas in der Stadt zu erledigen hat.

Wir sind froh, dass wir heute nicht auf den Rädern sitzen müssen, aber auch unser Ausflugsprogramm wackelt, was sollen wir bei dem Wetter auf dem mongolisch-sowjetischen Ehrenmal und von dort die Aussicht über die Stadt genießen, die es heute nicht gibt. Wir weden diesen Programmpunkt gegen einen Museumsbesuch tauschen.

Auch das große buddhistische Kloster macht heute einen trübseligen Eindruck, zwischen den Tempeln huschen ab und zu einmal ein paar Mönche über den Platz, die Tauben, die sonst von den Pilgern gefüttert werden hocken mürrisch um die Pfützen herum, ebenso wie die Körnerverkäufer eine Miene ziehen: schlechtes Wetter heißt auch wenig Pilger und das bedeutet kaum Umsatz. Im Guanyin Tempel läuft gerade eine Zeremonie, wir sind die einzigen Zuschauer, während die vielleicht 10 Mönche ihre tibetischen Gesänge heruntersingen, wenigstens ist es im Tempel nicht ganz so kalt. Im hinteren Tempel befand sich früher eine riesiger Buddha, der wurde aber während der Sowjetzeiten abgerissen und erst 1996 wieder errichtet. Heute thront die vergoldete Statue wieder in ihrem engen Gebäude. Die stehende Figur ist 27 Meter hoch und lächelt erhaben über die wenigen Touristen und Pilger und ebenso über das schlechte Wetter. Kein Problem, wenn man ein Dach über dem Kopf hat und der Raum mit hunderten von Kerzen geheizt wird. Eigentlich wollte ich hier ein paar Fotos machen und ein kurzes Filmchen von der beeindruckenden Statue drehen, aber 15 € Gebühr für die Fotogenehmigung erscheinen mir nicht angemessen für meine 30 Sekunden bewegte Bilder, die ich für mein Video gebrauchen könnte.

Vom Tempel fahren wir direkt ins Zentrum und besuchen das Historische Museum der Mongolei. Die Ausstellung ist gut gegliedert und ordentlich englisch untertitelt, so dass es auch für Ausländer ein Wissensgewinn ist.

Der ur-und frühgeschichtliche Teil unterscheidet sich nur wenig von dem anderer Museen in der Welt, interessanter wird es bei den Hunnen und natürlich bei der Geschichte des Mongolischen Großreiches unter Tschingis Khan. Die Ausstellungen lassen erahnen, wie die Krieger des Khans einstmals ausgerüstet waren und was die Überlegenheit über die angrenzenden Nationen ausgemacht hat. Leicht und beweglich war die Ausrüstung der Mannen, Lederpanzerungen und leichte Kettenhemden bestimmten das Bild der Krieger.

Interessant auch der ethnographische Teil des Museum mit Trachten aus Teilen des Landes. Interessant sind die die schweren Schmucksstücke, die die Frauen der adligen als kunstvolle Haartrachten herumtrugen und auch die Übernahme von chinesischen Schmuckgegenständen, nicht zu vergessen, dass die Kleider der Adligen aus wunderschönen Seidenstoffen bestanden. Die sozialistische Periode wird nicht ausgelassen, hier finden sich Fotos der „Ersten Traktoren Helden“, der „Erste Heldennäherin der Textilindustrie“ und natürlich sind die Mongolen stolz auf ihren ersten und einzigen “Helden des Weltall“, der in den 70er Jahren eine Sojus Mission der Sowjetunion begleitet hat.

Ausführlich wird auch dann über die friedliche Revolution auf dem Suchbaatar Platz berichtet, die dem Land die Freiheit vom Einfluss der Sowjetunion und China brachte, ausgelöst durch eine Hand voll Intellektueller, die eine medienwirksamen Hungerstreik begannen, der sich zu einer regelrechten Revolution entwickelte. Wer die Früchte der Revolution erntet steht wieder auf einem anderen Blatt, wenn man aus dem Museum wieder heraus kommt und durch die riesigen Pfützen waten muss, während auf den nassen Straßen sich zwischen den überfüllten Bussen dicke japanische Geländewagen den Weg um die Löcher im Belag suchen. Ich habe in keiner Stadt, auch nicht in Moskau, mehr Wagen der Marke „Hummer“ gesehen, als hier in Ulaan Baatar und die Besitzer sehen nicht aus, als ob sie jemals an einem Hungerstreik teilgenommen hätten, obwohl sie einen solchen sicherlich sehr, sehr lange überstehen könnten.

Auch wir wollen nicht hungerstreiken, sondern suchen uns eine Cafe in der Friedensstraße mit passablem Latte Machiato und gutem Quarkkuchen.

Abends hat es dann aufgehört zu Regnen und wir treffen uns wieder zum Konzert. Einmal geht es kreuz und quer durch die mongolische Kultur, das mongolische Staatsorchester ist hauptsächlich mit traditionellen Instrumenten bestückt und das Ballet versucht die Tänze und Bewegungen der einzelnen ethnischen Gruppen ins moderne Ballet zu integrieren. Regelrecht begeistern uns vor allem die solistischen Darbietungen mit der Pferdekopfgeige, die Kehlkopfgesänge, die Obertonmusik und die akrobatischen Darbietungen der Schlangenfrau.

 

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