23. Tag: Montag, der 17. Oktober 2011
Über den letzten Pass
90 Kilometer von Tongren bis ins Grasland plus 30 km Transfer nach Xiahe, 1600 hm bei sonnigen -2 bis 15 Grad, zwei Pässe und wunderschönes Grasland auf einsamer Straße und 20 km Piste
Morgens zeitig ist es mehr als eisig, deshalb wähle ich am Anfang eine Route in der aufgehenden Sonne. Leider segelt die Gruppe vor mir am Abzweig auf die Hauptroute vorbei und Angela und mir bleibt nichts anderes übrig als hinterherzufahren. Fast wie erwartet gibt es keinen weiteren Weg über den Fluss, erst viel weiter unten und das kostet uns 10 Kilometer Umweg und noch 100 hm zusätzlich und damit natürlich eine gute Stunde Zeit. hoffentlich fehlt uns die nicht am Abend.
Eine gute Nudelsuppe gibt uns Kraft für die letzten großen Pässe auf der Tour und dann geht es zwei Kilometer durch schlechte Baustelle, danach haben wir eine mehr als ruhige, neu ausgebaute Straße ganz für uns alleine. Jeder Pass ist ein anderes Erlebnis. Heute geht es erst durch kleine tibetische Dörfer. Auch hier wieder jedes Haus eine kleine Festung aus Lehm, dazwischen große Schober mit zum trocknen aufgehängtem Stroh. Dann geht es durch ein recht gut bewaldetes Gebiet in einer schmalen Schlucht nach oben, nicht sonderlich spektakulär, aber sehr schön heimisch, durch die vielen Wälder. Oben öffnet sich das Tal und wir erreichen eine weite Grasebene. Nur ganz weit am Horizont Gebirgszüge mit Schneekappen, sonst nichts als herbstbraunes Grasland. Und ein tibetischer Marktflecken. Dort wird emsig Handel getrieben und es gibt wieder ein idyllisch gelegenes Kloster. Die einzelnen Tempel bleiben uns zwar verschlossen, aber vom Dach des Haupttempels hat man einen sehr schönen Ausblick.
Dann heißt es noch einmal kämpfen, die Straße hat sich leider wieder in eine Baustelle verwandelt und durch den Staub geht es noch einmal knappe 500 hm nach oben bis auf 3650 Meter über dem Meer und auf der anderen Seite wieder unendlich Weite. Oben flirten wir ein wenig mit den Mädels von der Baustelle. Die drei jungen Frauen haben nicht viel zu tun, aller 15 Minuten kommt ein Bagger und sie müssen nur die Drahtketten durch die Hohlblocksteine ziehen, zwei Minuten später beginnt die nächste „Pause“ von 15 Minuten. Wir teilen unsere Kekse und machen Bilder von unseren vermummten Gesichtern.
Leider zieht sich die Baustelle noch viel weiter, so dass es nichts aus einer zügigen Abfahrt wird und die Sonne schon recht niedrig steht, als wir den Abzweig zu den Jurtencamps erreichen. Die Aussagen der Lokals können sich nicht stärker widersprechen. Dort gibt es Übernachtungen, dort gibt es nur im Sommer Übernachtungen und dort gibt es nie Übernachtungen, es ist zum Mäuse melken! Die Polizei im Ort bestätigt leider die letzte Aussage und auch in dem kleinen Kreuzungsdorf sieht es mehr als mies aus, es gibt eine Herberge mit zwei Zimmern. In einem Zimmer sind auf 15 Quadratmetern 5 Betten um einen Kanonenofen postiert, in den zweiten Zimmer gibt es nur ein schäbiges „Doppelbett“ von 1,2 m Breite, also müssen wir weiter, aber nicht auf dem rad, denn die Sonne steht nur noch ein paar Zentimeter über dem Horizont und es wird schnell und merklich kälter. Die halbe Gruppe bleibt deshalb im Dorf und unser Fahrer Pang heizt mit der anderen Hälfte die 30 Kilometer bis Xiahe, wo eine angemessene drei Sterne Herberge schnell gefunden ist. Nach 95 Minuten sind wir alle wieder beisammen und ziehen zum Abendessen, aber das Lokal ist nicht so toll und nicht beheizt, im Gegensatz zu den überheizten Zimmern in denen wir heute schlafen dürfen. Der Transfer hat aber auch seine guten Seiten. Wir haben somit hier in Xiahe einen weiteren Ruhetag und noch einmal die Möglichkeit im größten tibetischen Kloster außerhalb der eigentlichen Provinz Tibet das Pilgerleben mitzuerleben, doch davon dann morgen.