76. Tag: Donnerstag, der 30. Juni 2011

 

Hitzewelle II

133 Kilometer von Koschurno nach Tschuluim, 68 hm, sonnig bei 31 Grad im Schatten, relativ ruhiger Verkehr auf der M 51, heute fast durchweg recht guter Asphalt

Unsere zweite Zeltnacht war gelungener als die erste, nicht ganz so viel Kleingetier und man gewöhnt sich an das kleine Zelt. Unser Zeltplatz ist von der Straße kaum zu sehen, denn wir haben vier grüne Zelte, alle bei Lidl gekauft, superleicht, nur 1,5 kg. Dafür kann man natürlich keinen Luxus erwarten, es ist eben ein einfaches Zelt für den Notfall. Gegen Morgen wird es dann an den Zeltwänden recht feucht vom Kondenswasser, aber das ist kein Problem, denn es verspricht wieder ein sonniger Tag zu werden, als wir um 5 Uhr schon wieder aufstehen.

Die Morgenstunden von 6.30 bis gegen 11 Uhr sind wirklich toll auf dem Rad, es ist angenehm frisch und die grüne Landschaft fliegt vorbei. Am Anfang liegen noch einige zarte Nebelschwaden wie feine Spinnweben über der Landschaft und lösen sich schnell auf. Heute wechseln sich weite Flächen mit kleinen Birkenwäldchen ab und ab und an hören wir auch wieder einmal die Transsibirische Eisenbahn in der Nähe vorbei fahren. Welch ein Unterschied ist es hier mit der Bahn nach Beijing durchzurauschen oder mit dem Rad zu fahren. Trotz der Anstrengungen ist mir und meinen Begleitern die zweite Variante immer noch lieber. Es ist schon toll hier in Sibirien, die unendliche Weite der Landschaft ist nur schwer zu fassen. Eigentlich wünscht man sich, dass die kühlen Morgenstunden nicht enden, denn dann ist es richtig schön. gegen Mittag steht dann die Sonne im Zenit und strahlt mit voller Kraft und heute realisieren wir zum ersten Mal bewusst: Es ist Sommer. Und wir werden uns an die Hitze gewöhnen müssen, wohl bis fast ans Ende der Tour in Beijing. Doch vorerst liegt unsere Aufmerksamkeit auf der nächsten großen Stadt Novosibirsk. Ich bin recht zufrieden, denn wir werden es wohl schaffen noch eine Tag heraus zu arbeiten bis dorthin.

Dann kommen wir drei Tage eher am Baikal an und werden Beine und Seele im kühlen Baikal baumeln lassen. ich freue mich besonders, denn ich bekomme Besuch von meiner Freundin. Miriam und Gerhard werden am Baikal den Familienverband verstärken, denn Mirjams Schwester Annabell wird eine Etappe bis nach Ulan Bator mitfahren.

Das Mittagessen kommt bei knapp 75 Kilometern an einer angenehmen Raststätte, zuerst packen wir noch einmal Zelt, Schlafsack und Isomatten zum Trockenen aus und verursachen damit so ziemliches Chaos, doch es wird vom Personal ohne Widerspruch hingenommen. Hier kommen nicht so oft Ausländer durch. In Tjumen haben wir eine französische Familie mit dem Wohnmobil getroffen, gestern in der Raststätte zwei portugiesische Motorradfahrer, das war es dann auch schon. Anhand von Internetberichten schätze ich, dass hier jährlich ein oder zwei ausländische Radfahrer in jede Richtung vorbeikommen, so dass man wirklich noch eine Attraktion für die Trucker ist. das land macht es den Radfahrern auch nicht leicht, einmal ist es schwer ein Visum für drei Monate oder länger zu bekommen. Dann gibt es kaum eine touristische Struktur, die es dem Langstreckenradler einfach macht und es spricht wirklich niemand englisch, das ist hier noch extremer als in China!

nach dem Mittag ziehen wir dann noch einmal 60 Kilometer durch, der unangenehmere Teil des Tages. wir fahren nur mit einer Pause, denn wir sind wieder in einer Gegend in der es nur Wiesen und niedrige Büsche gibt und dazwischen ab und zu einen kleine Sumpf oder See, also wunderbare Zuchtstätten für blutrünstiges fliegendes Kleingetier. Ab 15 Uhr stehen wir voll auf dem Speiseplan und haben wieder eine große Wolke mit Pferdebremsen um uns herum.

Halb fünf sind wir an unserer Zielraststätte und es gibt nur noch ein Dreibettzimmer. Wir können aber unsere Isomatten ausrollen und zu fünft in dem Zimmer übernachten. Willkommen in der Jugendherberge! nach dem Duschen schlagen wir uns den Bauch voll, ich setze mich noch ein wenig an den Computer und die anderen verschwinden schon im Bett. Wie können die nur bei der Hitze schlafen, die Sonne steht noch voll auf dem Zimmer. ich werde noch bis 22 Uhr draußen bleiben, wo es mit jeder Minute angenehmer wird.

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