49. Tag: Freitag, der 3. Juni 2011
Russisches Konstantinopel
Ruhetag in Kasan, Stadtspaziergnag und Besichtigung der Kasaner Kremls, der Innenstadt; Multi-Kulti an der Wolga
Schon im Speisesaal zum Frühstück geht es bunt her. Die Tische sind mit schweren Tischdecken belegt und die Wand ist geschmückt mit großflächigen Mosaiks: Tataren und Tatarinnen bei der Feldarbeit und beim Reichen von dampfenden Tee an Gäste. Im Saal geht es recht asiatisch her. Es sind ein paar Gruppen anwesend. Erst ein paar Asiaten mit großen runden Gesichtern, die ich für Mongolen halte, dann kommen aber ein paar Männer mit hohen Filzmützen dazu, also Kirgisen. Ausländer, also im westlichen Sinne, scheinen wir die einzigen zu sein.
Am Buffet geht es recht sozialistisch zu, wenn etwas alle ist, dann ist es erst mal 20 Minuten alle und so wird es recht schwierig sich sein Frühstück zusammen zu suchen und ich beginne mit Nudeln und Klopsen, dazwischen ein Gang mit cremegefüllter Schokolade und dann Wurst und Käsebrot. Tassen mit Kaffeepulver gibt es an der einen Ecke, heißes Wasser an der nächsten und die Milch für den Kaffee wieder woanders.
In meinem Zimmer sieht es wild aus. Da wir gestern zeitig aufgebrochen sind, müssen Zelt und Schlafsack zum Trocknen ausgebreitet werden. Das Internet ist rech schwachbrüstig, gestern hatte ich wenigstens die Möglichkeit zum Skypen, heute schmeißt mich die Verbindung immer wieder raus, ich komme nicht einmal auf meine Webseite.
Die Stadt ist sehenswert, der erste Eindruck von gestern Abend bestätigt sich. Reihenweise Häuser aus dem letzten jahrhundert machen die übersichtliche Innenstadt aus. Eine breite Fußgängerzone lädt zum Bummeln ein und es geht bunter zu als auf dem Moskauer Arbat.
besonders stechen hier die wirklich schönen Frauen ins Auge. Man sieht nicht wie in Moskau massenhaft überstylte Blondinen mit großen Brüsten, sondern leicht asiatisch-türkisch angehauchte Gesichter mit dunklen Augen und scharf gezeichneten Nasen. Die Kopftücher, die manche Frauen tragen, verhüllen eigentlich Nichts, sondern in Kombination mit bunten Kleidern sind sie eher ein Hingucker. Die moderne Tatarin trägt aber auch hochhackige Schuhe und Minirock und neigt im Allgemeinen wohl weniger zum Auseinandergehen, als die russischen Frauen.
Der Kreml ist beeindruckend, schon weil die Kul-Sharif-Moschee im Mittelpunkt steht, neben dem klassizistischen Palast des tatarischen Präsidenten und den russisch-orthodoxen Kirchen mit Zwiebeltürmchen. Mit der Eroberung der Stadt durch Iwan den Schrecklichen begann die Erschließung und Angliederung Sibiriens an das russische Reich und es war der Beginn der Vielvölkerpolitik. Interessant ist, dass der Islam und die russisch-orthodoxen Christen hier gut nebeneinander ausgekommen sind. Bis heute zeigt sich das, wenn russische Paare neben der Moschee Hochzeitsfotos machen. Aber auch Zeuge einer tatarischen Hochzeit werden wir. Die Frauen sind alle in langen Gewändern aus wirklich schöner Seide eingepackt und die Männer tragen kleine runde tatarische Mützen.
Hier lässt es sich also recht schön spazieren und wandeln, aber am Nachmittag ist es richtig heiß und es zieht mich zu einem Schläfchen zurück in Hotel. Dort ist auch noch jede Menge zu tun, wir tauchen ab morgen erst einmal für 10 Tage im wilden Tatarestan ab und werden uns wohl erst aus Ekatarinenburg wieder melden können.