156. Tag in Hanoi- Samstag, der 2.10.2010
42
Mein Ausflug in Hanoi war auch heute nur mäßig ertragreich. Wegen der Feierlichkeiten zur 1000 Jahrfeier sind weiterhin Unmengen an Leuten auf der Straße und blockieren diese hoffnungslos. Ein freudvolles Vorankommen ist weiterhin nicht möglich und am Abend bricht alles zusammen.
Mit meinen neuen Mitbewohnern im haus ziehen wir zuerst in den Botanischen Garten, dort wird jetzt erstmals auch ein Eintritt fällig, 2000 Dong, also fast Nichts und das zahlt man ja gerne. Leider werden wir aber nach 10 Minuten von der Armee freundlich wieder heraus eskortiert. Aufgrund der vielen Zelte und Fahrzeuge vermute ich, das hier ein Rückstellungsraum für militärische Sicherheitskräfte geschaffen wird. Auch verständlich, denn nur mit den spärlichen Polizeikräften lässt sich ja eine solche Großveranstaltung über 10 Tage nicht sicherstellen. Also frage ich am Eintritt mal höflich nach, ob denn das Eintrittsgeld nicht zurück gezahlt werden könne, schließlich kann man ja nicht Eintritt für einen geschlossenen Park verlangen und die Dame am Counter reagiert äußerst unwirsch und so etwas provoziert dann natürlich meinen Wiederspruchsgeist. nach einem heftigen Wortwechsel bekomme ich meine 2000 Dong wieder zurück. Unsere vietnamesischen Freunde haben an einigen Stellen eben noch nicht verstanden, dass man für eine Bezahlung auch die Erbringung einer Leistung erwarten kann. Die zurückbekommen Dong spende ich dann postwendend an eine Nonne mit einer Bettelschale, denn es geht ja ums Prinzip.
Am Abend erwartet uns ein kulturelles Highlight, die deutschen Autoren Ingo Schulze und Juli Zeh wurden zur Lesung eingeflogen und in den letzten Tagen kräftig beworben. Die „bedeutendsten zeitgenössischen Schrifsteller“ der jüngeren Generation präsentieren sich so zurückhaltend und sparsam, wie deren Wikipedia-Einträge. Untermalt von einer Powerpoint Präsentation geht es dialoglastig durch den Wenderoman Ingo Schulzes „Adam und Evelyn“. Der Buchausschnitt machte kaum Appetit auf den Wenderoman. Juli Zeh berichtet dann davon, dass sie ja ganz gern ihren Hund mit nach Vietnam genommen hätte, dann dümpelt die kraftlose Moderation ziellose durch alle politischen Großprojekte in den letzten Jahren, ohne irgendwo konkret zu werden. Das letztlich interessante Thema der Juristin und Schriftstellerin Julie Zeh, ob denn die Instrumente der Machtausübung positiv oder negativ sein könnten wurde auch nur kurz angeschnitten und dann wurde weiter im Belanglosen gefischt. Frau Zeh verzichtet dann auch ganz darauf in dieser „Lesung“ ein Kapitel aus ihren Büchern zu lesen. Entsprechend mager fällt die folgende „Diskussion“ aus, es gibt keine Fragen und ich kann mich in einem Punkt der Juli Zeh anschließen, die auf die Frage“ Was will uns der Dichter damit sagen?“ geantwortet haben soll: „Nichts“. Das ist ja dann schon fast mehr Zen als die ultimative Antwort „42“ auf die ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest. (Douglas Adams: „Hitchhiker’s Guide through the Galaxy“)
Frau Zeh und Herr Schulze reisen jetzt noch drei Wochen in Vietnam umher, vielleicht mündet die Reise ja in weiteres schöpferisches „Nichts“, zumindest Frau Zeh wird in einem Blog auf der Goethe-Hanoi Seite davon berichten. (Bis zum 5.10.gab es aber noch keinen Beitrag), Ich bin gespannt, vielleicht gibt es ja auch ein paar interessante Worte zum Thema „Hund“, die einzige Frage, die ich hätte stellen wollen und mir dann doch verkniffen habe, ich will/darf / muss ja noch drei Wochen hier arbeiten. Dann endlich sitze ich wieder auf meinem Rad und hier gibt’s meine Erlebnisse als „Cyclist’s Guide through the eastern Galxies“.
Am 5. Oktober 2010 um 13:18 Uhr
Hallo Tom,
Wenderomane sind IN, also schreibt jeder was.
Sei froh das Du in den letzten Wochen nicht hier warst.
Bei der Berichterstattung in (fast) allen Medien hatte man
den Eindruck man will die Spaltung möglichst lange aufrechterhalten.
Zum Glück erleben wir die Einheit nicht nur bei unseren Radtouren anders, zwischen „normalen“ Ossi und Wessi spielt das keine Rolle mehr. Von den
Frotzeleien (die gab und gibt es auch zwischen Sachsen und Preußen) mal abgesehen. dreiviertel Drei ist nun mal nicht fünfzehn vor Drei! Oder?
Herzliche Grüße
Hajo!
Übrigens: „Fährt eine Person Rad, hat die Gesellschaft einen Nettogewinn von 1,22 DKK [+0,1638 Euro]. pro gefahrenen Kilometer
Im Gegensatz dazu hat die Gesellschaft einen Nettoverlust von 0,69 DKK [-0,0926 Euro] pro gefahrenen Kilometer bei Benutzung des Autos.“
(aus: København – Cyklernes By. Cykelregnskabet 2008, S. 18)