109. Tag in Hanoi-Freitag, der 13.8.2010
Ab nach Hue, in die alte Kaiserstadt
Schon am Donnerstagabend brechen meine Freundin aus China und ich auf, gegen halb sechs sind wir an der Busstation und steigen in den Bus nach Hue. Hue war die Hauptstadt Vietnams während der Dynastie der Nguyen Kaiser von 1802 bis 1945. 13 Kaiser der Nguyen Linie haben hier regiert und entsprechend hoch sind meine Erwartungen.
Der Reisebus ist recht modern, doch eher für kleinwüchsige Vietnamesen bis 1,7o konzipiert und für kleine Füße. Die verschwinden in einem Fußschacht des Klappstuhlbettes und ab Schuhgröße 40 verkantet man da drinnen gnadenlos mit seinem Gehwerkzeug. Wenigstens kann ich den Platz direkt unter der Kühlung noch loswerden, da wäre ich hoffnungslos erfroren. Mehr schlecht als recht kann ich schlafen, als der Bus durch die Nacht nach Süden rumpelt, meiner Freundin ergeht es wesentlich besser, sie schläft von 22 Uhr bis kurz vor 8 durch, als wir in Hue ankommen. Ich kann wenigstens noch einen grandiosen Sonnenaufgang vor den Fenstern des Busses erleben und bewundere eine wunderschöne grüne Landschaft mit vielen Flüssen und einer Gebirgskette im Hintergrund; und ich freue mich auf die Radtour in Februar, ich werde immer zeitig aufstehen, denn die Farben in der Landschaft sind mehr als toll.
Hue ist dann provinzieller als erwartet, es gibt eine kleine Straße mit Hotels und Guesthäusern und für erstaunliche 10 Dollar bekommt man einen angenehmen Raum in einer Seitenstraße, der Ruhe verspricht.
Der erste Tag gehört der Stadt, wir wandeln ein wenig durch die Straße, überqueren den Parfümfluss auf einer belebten Brücke und kommen durch ein altes Stadttor in die Altstadt. Die Stadtmauer ist fast noch komplett erhalten, aber nicht begehbar, sondern zum Teil wild zugewachsen. Vor den kaiserlichen Anlagen befindet sich eine Art Freilichtmuseum, hier ist jede Menge Kriegsgerät aus dem Vietnamkrieg zusammen getragen worden, für einen Ex-Offizier aus der NVA ein schöner Spielplatz und der Platz auf dem Drehsitz einer FLAK lässt Erinnerungen an längst vergessene Zeiten wach werden.
In der Mitte befindet sich der Kaiserpalast. Auch wenn es die Vietnamesen nicht gerne hören, die Anlage der Stadt und des Plastes hat Beijing zum Vorbild. Die rechtwinkligen Straßen und die Aufteilung der Flächen und der Versuch einer imposanten Palastanlage, alles in strenger Nord-Süd Ausrichtung, da höre ich doch die alten chinesischen Baumeister leise hüsteln.
Ein Chor der Vietnamesischen Befreiungsarmee ist heute angereist, um hier ein Video zu drehen, sehr putzig anzusehen der gemischte Chor aus Männern und Frauen in weißen Uniformen. Als ich nach einem Foto frage, wehren ein paar der Unteroffiziere ab, aber es ist schon zu spät, die Damen haben sich sofort in Pose geworfen und zeigen das all-asiatische Foto-Victory, so dass den Männern nichts weiter übrig bleibt, als auch in meine Kamera zu grinsen. Der etwas abseits stehende Major billigt alles mit unbewegtem Gleichmut.
Leider ging im Krieg gegen die Franzosen und Amerikaner der komplette Palast zu Bruch und so ist von der „Purpurnen Stadt“ nicht mehr viel übrig, der Rest ist eher lausig renoviert, also im vietnamesischen Pfusch-Stil, wir machen hier einmal ein bisschen was und dann dort und den Müll lassen wir liegen. Deshalb lassen sich Ausmaße und die Schönheit des Palastes nur erahnen. Überall gab es viel Wasser und es wurden Teiche mit Seerosen und Lotus angelegt, aber auch hier fehlt die pflegende Hand und die Urwüchsigkeit eines Biotops wird durch die zahlreichen Baustellen und Schuttkippen zerstört. An den neu renovierten oder besser dem alten Stil nachempfundenen Gebäuden wurden eher lieblos gearbeitet, keine handwerklich großartigen Details, wie man sie im chinesischen Vorbild findet. dafür blättert schon nach wenigen Jahren wieder die Farbe….ein Wunder, dass die UNESCO, die das Objekt dem Weltkulturerbe zurechnet hier noch nicht mit Sanktionen gedroht hat.
Die Hitze drückt gegen Nachmittag unbarmherzig und wir fliehen vor den Souvenirverkäufern, Rickshaw-Fahrern und Mopedtaxis in ein kleines Cafe an der Stadtmauer.
dann machen wir uns auf zur Thien Mu Pagode, etwas außerhalb der Stadt gelegen. Die Pagode gehört zu einem aktiven buddhistischen Tempel, in dem jede Menge Novizen ausgebildet werden. Das Kloster ist rech beschaulich und am Nachmittag wird das Touristengedränge weniger. Man hat einen wunderschönen Blick über den Parfümfluss, von dem dunkle Gewitterwolken heranziehen. So verzichten wir dann doch auf den Bootstrip zurück und schwingen uns auf eins der allgegenwärtigen „Xe Om“ Mopedtaxis, um zum Hotel zurück zu kommen.
Den Abend verbringen wir bei einem Feuertopf mit Fisch und dem lokalen Bier, dann geht es zeitig zurück, denn morgen planen wir einen längeren Ausflug und ich muss die Nacht im Bus noch nachholen.